Böhmermann: Quatsch bleibt Quatsch

Die Mainzer Staatsanwaltschaft wird den Satiriker Jan Böhmermann nicht wegen Beleidigung des türkischen Staatspräsidenten anklagen. Das von Böhmermann im ZDF vorgelesene und kommentierte „Schmähgedicht“ lasse, so die Ankläger, eine strafbare Herabwürdigung des türkischen Staatspräsidenten „nicht naheliegend“ erscheinen.

Das Schmähgedicht sei eine „geradezu absurde Anhäufung vollkommen übertriebener, abwegig anmutender Zuschreibung negativ bewerteter Eigenschaften und Verhaltensweisen, denen jeder Bezug zu tatsächlichen Gegebenheiten – offensichtlich beabsichtigt – fehlt“. Oder anders ausgedrückt: Böhmermann habe sein Sendeformat und das Schmähgedicht mehrfach ausdrücklich als „Quatsch-Sendung“ tituliert – ein ernstlicher Angriff auf die Ehre des Staatsoberhaupts sei ihm angesichts dieser eindeutigen Distanzierungen letztlich nicht nachzuweisen.

Demnach fehlte es Böhmermann zumindest persönlich am Beleidigungsvorsatz – selbst wenn viele andere seinen Auftritt vielleicht anders verstanden haben. Sehr zutreffend und auch im Detail nachvollziehbar führt die Staatsanwaltschaft Mainz in ihrer Pressemitteilung aus, dass trotz der harschen Worte eben doch eine sachliche Kritik an Staatspräsident Erdogan im Vordergrund stand. Das Schmähgedicht und der hierzu in der Sendung abgegebene Kommentar Böhmermanns waren nämlich eine Reaktion auf durchaus fragwürdigen Umgang der Türkei mit der Meinungsfreiheit in früheren deutschen Fernsehsendungen.

Sehr deutlich ordnet die Staatsanwaltschaft das Schmähgedicht auch als Kunst ein, weil es eben den wesentlichen Stilelementen der Kunstgattung Satire genügt: Übertreibung, Verzerrung und Verfremdung. Völlig zu Recht kommen die Ankläger zu dem Schluss, dass auch in diesem Kontext die denkbare persönliche Diffamierung Erdogans weit weniger wichtig war als die (letztlich) sachliche Auseinandersetzung mit dem, was Herr Erdogan unter Meinungsfreiheit versteht.

Letztlich hat Böhmermann auch eine offensichtlich kluge Einlassung seiner Anwälte geholfen. Diese wiesen nämlich darauf hin, Böhmermann habe die extreme Zuspitzung eben gerade deswegen gewählt, damit nur ja keiner seiner Zuschauer auf die Idee kommt, er wolle Erdogan persönlich zu nahe treten. Böhmermann habe deshalb jedenfalls nicht vorsätzlich gehandelt, auch wenn sein frommer Wunsch nach dem aufgeklärten Zuschauer sich nicht erfüllte. Auch dieser Argumentation folgt die Staatsanwaltschaft.

Dieses Ende eines Strafverfahrens ist eine gute Nachricht. Eine nur vorläufige allerdings – der türkische Staatspräsident kann Beschwerde einlegen.