Die Vollmacht, bitte

Muss ein Anwalt eine schriftliche Vollmacht vorlegen, wenn er seinen Mandanten verteidigen will? Die Antwort darauf ist einfach: nein.

An dieser Rechtslage ändert es auch nichts, wenn Staatsanwälte und Amtsgerichte auch heute noch mitunter penentrant auf die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht pochen. Bei einer Nachfrage hört man dann oft, das haben wir schon immer so gemacht, wo kommen wir denn hin.

Gut, könnte man sagen, ist für einen Anwalt doch nicht schwer, seine Vollmacht auch schriftlich nachzuweisen. Immerhin wird der Mandant ja eine unterschrieben haben. Doch so einfach ist die Sache nicht. Wenn man als Verteidiger eine schriftliche Vollmacht einreicht, sind daran auch Rechtsfolgen geknüpft. Diese sind für den Mandanten nur nachteilig.

Ist eine schriftliche Vollmacht zur Akte gereicht, darf das Gericht zum Beispiel dem Anwalt Briefe zustellen, die es sonst dem Angeklagten schicken müsste. Etwa eine Ladung. An dem Anwalt klebt dann sozusagen die Verantwortung dafür, dass der Mandant auch von dem Schreiben erfährt. Gerade bei Ladungen kann das zu sehr unerfreulichen Situationen führen.

Über eine Problematik, auf die man nicht gleich kommt, berichtet Rechtsanwalt Thomas Will in seinem Blog. Da hat ein Verteidiger die unterschriebene Vollmacht eingereicht. Seinem Mandanten, der wegen Kreditbetruges angeklagt war, hat er damit keinen Gefallen getan.

Das Gericht beauftragte einen Schriftsachverständigen. Dieser sollte prüfen, ob die Unterschrift auf dem Kreditvertrag vom Angeklagten stammt. Das konnte der Sachverständige mit einem Vergleichsschriftstück erledigen: der vom Mandanten unterschriebenen Vollmacht.

Kein Wunder, dass der Angeklagte nach dieser Erfahrung den Anwalt gewechselt hat.