Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt

Gut, es ist nicht sonderlich weit von meinem Büro zum Amtsgericht Ratingen. Weil mein Mandant, der in Ratingen lebt, in einer Strafsache freigesprochen wurde, habe ich mir erlaubt, neben den Anwaltsgebühren Fahrtkosten geltend zu machen. So wie das halt gesetzlich vorgesehen ist.

Doch die Fahrtkosten von 5,40 € netto für den langen Weg von Düsseldorf nach Ratingen und zurück möchte die Staatskasse partout nicht zahlen. Begründung: Es sei kein Grund ersichtlich, warum mein Mandant einen Düsseldorfer Anwalt beauftragt habe.

Ich dagegen habe mehrere Gründe angeführt. Insbesondere den Umstand, dass ich den Betroffenen schon in drei anderen Strafverfahren vertreten habe. Durchaus erfolgreich, und das ebenfalls am Amtsgericht Ratingen. So was, habe ich argumentiert, schaffe doch schon ein spürbares Vertrauen. Überdies ist es so, dass ein nach reinen Kostengesichtspunkten gewählter Anwalt sich in die „Vorgeschichte“ des Mandanten hätte einarbeiten müssen. Deswegen hätte er auch mehr Arbeit gehabt. Was es wiederum wahrscheinlich gemacht hätte, dass er wegen des Mehraufwandes auch ein paar Euro mehr berechnet als ich. Jedenfalls mehr als 5,40 €.

Außerdem machte ich geltend, dass sich eine „kleinliche Betrachtungsweise“ nicht mit dem berechtigten Interesse des Angeklagten verträgt, sachgerecht verteidigt zu werden. Das mit der „kleinlichen Betrachtungsweise“ hatten wir jahrelang bei der Frage, wie viele Seiten Papier der Anwalt aus der Ermittlungsakte kopieren darf. (An sich ist es ja schon ein Unding anzunehmen, dass der Anwalt ohne eine komplette Kopie der Unterlagen, die auch dem Richter vorliegen, überhaupt sachgerecht verteidigen kann.) Bei den Kopierkosten mahnen die Gerichte Kostenbeamte in der Regel heute dringend, es mit der Pfennigfuchserei nicht zu übertreiben.

Nun ja, die Staatskasse gibt aber bei den Fahrtkosten nicht auf. Ich aber auch nicht. Ich habe zwar schon Arbeitszeit verplempert, und die Beamten werden ja ohnehin vom Steuerzahler alimentiert. In meinem letzten Schriftsatz war ich es dann aber auch mal leid. Ich habe auch noch das Abwesenheitsgeld von 25 € netto geltend gemacht, das mir bei einer Dienstreise in eine andere Gemeinde ebenfalls zusteht. Das Abwesenheitsgeld hatte ich zunächst schon mal weggelassen, weil ich in Ratingen nichts gegessen oder getrunken hatte.

Aber wenn es jetzt doch zu einer gerichtlichen Entscheidung kommen muss, dann fahren wir halt das volle Programm. Jetzt muss sich ein Richter um die Sache kümmern. Früher habe ich übrigens schon mal auf ein paar Euro verzichtet, die mir nach meiner Meinung zugestanden hätten. Leider lehrt die Erfahrung, dass dies nur in einer Form honoriert wird: Beim nächsten Mal wird von der Staatskasse noch unverschämter gekürzt.

Deshalb streite ich jetzt auch um Kleckerbeträge.