Heute mal Zivilrecht…

Vor kurzem habe ich über einen Streit berichtet, den ich mit der Deutsche Bank Bauspar AG führe. Es geht um die Darlehensgebühr für einen uralten Bausparvertrag. Früher hat man als Kunde solche Gebühren ja bezahlt, weil irgendwie niemand an der Rechtmäßigkeit von so einer Darlehensgebühr zweifelte. Bis jetzt der Bundesgerichtshof ein Machtwort sprach und die Darlehensgebühr in Bausparverträgen für rechtswidrig erklärte.

Dass sie die Darlehensgebühr verlangen durfte, behauptet die Deutsche Bank Bauspar AG gar nicht. Vielmehr beruft sie sich mir gegenüber – etwas unfein, wie ich finde – auf Verjährung, weil das Bauspardarlehen schon vor knapp zehn Jahren ausgezahlt wurde, nämlich am 31.03.2007. Nach meiner Meinung beträgt die Verjährungsfrist aber nicht drei Jahre, wie die Deutsche Bank Bauspar AG geltend macht. Die Frist beträgt vielmehr zehn Jahre.

Warum das so ist, habe ich in der Anspruchsbegründung an das Amtsgericht Frankfurt am Main dargelegt. Weil der eine oder andere Bausparer ja vielleicht ebenso zu Unrecht eine Darlehensgebühr an eine x-beliebige Bausparkasse gezahlt hat und sich eventuell ein paar hundert Euro wiederholen möchte, veröffentliche ich die Anspruchsbegründung (es ging ein Mahnverfahren voraus) einfach mal im Wortlaut. Hier also der Text:

In dem Rechtsstreit
Vetter . Deutsche Bank Bauspar AG
31 C 905/17 (23)

werden wir beantragen, wie folgt zu erkennen:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 603,42 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Es wird wegen der Entfernung des Klägers und seiner Bevollmächtigten zum Gerichtsort höflich angeregt,

den Rechtsstreit im schriftlichen Verfahren zu entscheiden.

Den Anspruch begründen wir wie folgt:

I. Vertragliche Grundlage

Der Kläger schloss bei der Beklagten einen Bausparvertrag ab. Der Vertrag hatte die Konto-Nummer xx-02.

Die Bausparsumme betrug 51.129,19 €. Die Darlehenssumme belief sich auf 24.136,70 €. Der Vertrag wurde am 31. März 2007 zugeteilt.

Zum 31.03.2007 ließ sich der Kläger das Bauspardarlehen auszahlen.

Dem Vertrag lagen Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten zu Grunde. In diesen Bedingungen wurde dem Kläger eine Darlehensgebühr auferlegt, die € 603,42 € betrug. Diese Darlehensgebühr zahlte der Kläger bzw. diese Darlehensgebühr wurde dem Darlehen aufgeschlagen und vom Kläger mittlerweile getilgt.

Die vorgenannten Vertragsdaten und die Auszahlung zum 31.03.2007 ergeben sich aus der als

Anlage K1

beigefügten Zuteilungserklärung der Beklagten.

Die Konditionen des Bausparvertrages, insbesondere die mittels AGB ausbedungene Darlehensgebühr, dürften im übrigen zwischen den Parteien unstreitig sein. Jedenfalls hat die Beklagte in der vorgerichtlichen Korrespondenz den geltend gemachten Anspruch als solchen nicht bestritten.

II. Ziel der Klage

Mit seiner Klage verlangt der Kläger die von ihm gezahlte Darlehensgebühr zurück.

Für die geltend gemachte Darlehensgebühr bestand keine rechtliche Grundlage.

III. Rechtslage

Die Vereinbarung einer gesonderten Darlehensgebühr mittels AGB ist in Bausparverträgen unwirksam. Dies hat der Bundesgerichtshof mit seiner Grundsatzentscheidung vom 8. November 2016 in der Sache XI ZR 552/15

Anlage K2

festgestellt. Ebenso wie im entschiedenen Fall handelt es sich um eine eindeutig als solche deklarierte „Darlehensgebühr“. In Anwendung der vom Bundesgerichtshof herangezogenen Erwägungen hatte die Beklagte keinen Anspruch auf die Darlehensgebühr, weil die zu Grunde liegende Klausel den Kläger unangemessen benachteiligte.

Die Beklagte hat in der Vorkorrespondenz auch nicht geltend gemacht, dass der Kläger zur Zahlung der Darlehensgebühr rechtlich verpflichtet gewesen wäre. Das wäre angesichts der deutlichen Worte, welcher der Bundesgerichtshof findet, auch ein untaugliches Unterfangen gewesen.

IV. Keine Verjährung

Die Beklagte machte vorgerichtlich lediglich Verjährung geltend. Das entsprechende Schreiben der Beklagten ist als

Anlage K3

beigefügt.

Sollte die Beklagte auch im Verfahren die Einrede der Verjährung erheben, wird nachfolgend schon vorsorglich begründet, warum der Anspruch nicht verjährt ist.

Die Darlehensgebühr wurde frühestens mit der Auszahlung des Guthabens zum 31.03.2007 fällig. Denn ein Anspruch auf die Darlehensgebühr entstand nach den Bausparbedingungen der Beklagten erst mit der Auszahlung des Darlehens. Auf den vorherigen Abschluss des Bausparvertrages kommt es insoweit nicht an. Zu diesem Zeitpunkt stand ja noch gar nicht fest, ob der Kläger überhaupt ein Darlehen in Anspruch nimmt. Ebenso hätte er sich sein Guthaben nach Zuteilungsreife auch auszahlen lassen und auf ein Darlehen verzichten können.

Grundsätzlich verjähren Ansprüche innerhalb der sogenannten regelmäßigen Verjährung von drei Jahren, § 195 BGB.

Allerdings kann es besondere Umstände geben, die den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist hinausschieben (§ 199 Abs. 1 BGB). Voraussetzung für den Verjährungsbeginn ist nämlich nicht nur das Entstehen des Anspruchs (§ 199 Abs. 1 Ziff. 1 BGB). Vielmehr muss der Gläubiger außerdem von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt haben bzw. infolge eigener Fahrlässigkeit kenntnislos geblieben sein (§ 199 Abs. 1 Ziff. 2 BGB).

Hier ist es so, dass der Kläger – wie alle anderen Bausparer auch – keine Kenntnis von den Umständen hatte, welche den Anspruch begründen.

Tatsache ist nämlich, dass die Darlehensgebühr in Bausparverträgen über Jahrzehnte von den Gerichten als zulässig angesehen wurde. Der Kläger konnte mit seinen Möglichkeiten eine Vielzahl von Instanzentscheidungen recherchieren, in denen über Jahrzehnte hinweg die Darlehensgebühr als zulässig und insbesondere AGB-konform eingestuft wurde.

Eine anderslautende Entscheidung konnte der Kläger noch nicht einmal auffinden. Sofern es so eine oder mehrere Entscheidung mit diesem Tenor geben sollte, wären diese lediglich abweichende Stimmen im Vielklang einer – vermeintlich – gefestigten Rechtsprechung.

Demgemäß musste der Kläger wie jeder andere Bausparer davon ausgehen, dass die mittels AGB vereinbarte Darlehensgebühr in einem Bausparvertrag wirksam ist.

Dies änderte sich erst, als die anderslautende Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8. November 2016 bekannt wurde.

Die in § 199 genannten „Umstände“ müssen nicht unbedingt tatsächlicher Natur sein. Vielmehr hat der Bankensenat des Bundesgerichtshofs ebenfalls in einer Grundsatzentscheidung festgestellt, dass auch eine gefestigte Rechtsprechung zu Lasten des Verbrauchers ein Umstand sein kann, der diesem keine hinreichende Kenntnis (oder zumindest fahrlässige Unkenntnis) von den anspruchsbegründenen Umständen vermittelt.

Zu verweisen ist insbesondere auf einen ähnlich gelagerten Fall. Hier hatte der Bundesgerichtshof über die Frage zu entscheiden, wann die Rückforderung von Kreditbearbeitungsgebührungen verjährt. Hierbei handelte es sich ebenfalls um Bankengebühren für andere Verbraucherdarlehen, welche die Banken ebenfalls über viele Jahre mittels ihrer AGB verlangten.

Es handelt sich also um eine parallel gelagerte Rechtsfrage. Im Urteil über Kreditbearbeitungsgebühren vom 28. Oktober 2014 in der Sache XI ZR 348/13

Anlage K4

führt der Bundesgerichtshof instruktiv aus, dass eben auch die durch eine (falsche) Rechtsprechung vermittelte Unkenntnis über den bestehenden Anspruch Umstände im Sinne des § 199 Abs. 1 Ziff. 2 BGB sind.

Auf die Entscheidungsgründe wird insoweit ergänzend Bezug genommen.

Es sind auch keine Gründe ersichtlich, wieso die Situation bei einer Kreditbearbeitungsgebühr und bei der streitgegenständlichen Darlehensgebühr für einen Bausparvertrag unterschiedlich sein sollte. Die vom Bundesgerichtshof zur Verjährungsfrage herausgearbeiteten Grundsätze gelten vielmehr auch vorliegend.

Dem Kläger ging es, wie gesagt, so wie allen anderen Bausparern. Er konnte weder wissen noch ahnen und schon gar nicht „prophetisch“ davon ausgehen, dass der Bundesgerichtshof die bislang unisono für zulässig erachtete Bearbeitungsgebühr bei Bausparverträgen für nicht AGB-konform hält.

Die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Ziff. 1 BGB liegen somit vor.

Der Anspruch des Klägers wäre frühestens am 01. April 2017 verjährt (10-Jahres-Frist gemäß § 199 Abs. 4 BGB).

Der Kläger hat seinen Anspruch rechtzeitig vor Ablauf dieser Verjährungsfrist durch den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides im März 2017 geltend gemacht. Die Durchführung des streitigen Verfahrens wurde schon im Mahnbescheidsantrag beantragt. Die angeforderten Gerichtskosten wurden sofort bezahlt. Der Mahnbescheid wurde der Beklagten auch innerhalb kürzester Frist gerichtlich zugestellt.

Somit wurde die Verjährung rechtzeitig vor Ablauf der 10-Jahresfrist durch die Zustellung des Mahnbescheids gehemmt (§ 204 Abs. 1 Ziff. 3 BGB).

V. Zinsanspruch

Der Kläger macht lediglich Zinsen seit Rechtshängigkeit geltend. Der Anspruch ergibt sich aus § 291 BGB.

Mit freundlichen Grüßen

Udo Vetter
Rechtsanwalt

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