Verjährung, die gar keine mehr ist

In der Diskussion um den Regisseur Dieter Wedel spielen Verjährungsfristen eine Rolle. Nachfolgend einige Worte zur aktuellen Rechtslage:

Seit 2015 gilt die Regelung, wonach die Verjährung bei den weitaus meisten Sexualstraftaten frühestens ab Vollendung des 30. Lebensjahres beginnt. Ab dann läuft die normale Verjährung, die je nach Schwere der Tat zwischen 10 und 20 Jahre beträgt. Diese Verjährungsfrist kann sich durch diverse Unterbrechungsmaßnahmen (z.B. die erste Vernehmung des Beschuldigten, Anklageerhebung etc.) verlängern – und zwar jeweils bis zum Doppelten. Die maximale Verjährungsfrist beträgt in solchen Fällen 40 (!) Jahre.

Das bedeutet ganz praktisch, und ich zitiere aus dem Kommentar Dölling pp. zum Gesamten Strafrecht:

Mag die Regelung dazu dienen, dass erst dann das Opfer in vielen Fällen den Entschluss zur Strafanzeige aufgrund vorher bestehender Abhängigkeiten realisieren wird können, so können durch die ja erst dann beginnende Verjährung Fälle verhandelt werden, die bereits Jahrzehnte zurückliegen.

Schwere Sexualdelikte können daher frühstens mit Vollendung des 50. Lebensjahres des Opfers verjähren, wobei sich die Frist durch Unterbrechungshandlungen sogar bis zur Vollendung des 70. Lebensjahres des Opfers verlängern kann.

Die Glaubhaftigkeit einer Aussage wird dann nur sehr schwer zu beurteilen sein.

Eine Verjährung gibt es also in diesem Deliktsbereich faktisch schon jetzt nicht mehr. Ob das noch verfassungsgemäß ist, wurde bislang noch nicht entschieden. Ich habe da so meine Zweifel. Aber vielleicht macht uns ja ausgerechnet der Fall Wedel schlauer.