Vom Leihrad zum Gratisrad – das kann Ärger geben

Leihfahrräder scheinen ein großer Markt zu sein. Hier in Düsseldorf mischt derzeit mobike das Stadtbild auf. Die Leihräder der Firma stehen praktisch an jeder Ecke, können per App entriegelt und genutzt werden. Das Fahrtende ist an jedem beliebigen Ort im Stadtgebiet möglich.

Damit hat mobike einen großen Vorteil zu anderen Anbietern wie Call-a-Bike. Deren Räder sind nämlich stationsgebunden, und von den Stationen gibt es gar nicht mal so viele. Wenn man seinen Start- noch Zielort nur mit zusätzlichem Fußmarsch erreicht, ist das Angebot für mich eher reizlos. Auch wenn ich ein eigenes Fahrrad habe, habe ich mich mal bei mobike angemeldet und bin auch schon ein paar Mal damit geradelt. Das System ist simpel, die Bikes mit ihren Vollgummireifen und geringer Höhe tierisch unbequem und behäbig. Aber wenn die Alternative eine stickige Straßenbahn ist, reicht es für die Kurzstrecke allemal.

Ob man Sharing-Unternehmen seine persönlichen Daten anvertraut, ist Geschmackssache. Klar sollte sein, dass Ausleihzeiten und Fahrtstrecken penibel dokumentiert werden. Das macht die eigenen Wege nicht nur nachträglich überprüfbar (zum Beispiel durch die Polizei), sondern die generierten Daten sind garantiert ein lukrativer Zweitmarkt für die Firmen. Mobike zum Beispiel nutzt die Daten schon selbst nicht nur für Abrechnungszwecke. Vielmehr wird jeder Nutzer anhand seines Miet-, Fahr- und Rückgabeverhaltens gescored. Pflegeleichte und emsige Nutzer erhält Rabatte, andere, deren Räder verschwinden oder beschädigt werden, müssen am Ende bis zu 100 Euro für eine 20-minütige Nutzung zahlen. Das Ganze erinnert stark an das Sozialkredit-System, das gerade in China flächendeckend eingeführt wird.

Was mich eigentlich auf das Thema bringt: Ein anderer Anbieter, der an mehreren Orten jeweils hunderte Fahrräder ins Stadtbild gekippt hat, ist mutmaßlich pleite. Die Firma Obike (Sitz in Singapur) soll Insolvenz angemeldet haben. Für die Berliner Behörden ist das Unternehmen nicht erreichbar (Bericht im Tagesspiegel). Die App scheint nicht mehr zu funktionieren; die Räder sind also nutzlos.

Das wiederum bringt findige Aktivisten auf Ideen, etwa die Initiative LibreBike. Der Name ist an sich selbsterklärend. Nutzer sollen die nun „herrenlosen“ Räder befreien. Sozusagen ein erster Schritt zu einem kostenlosen Bikesharing-System. Für die Befreiung der Räder gibt es auf der Seite von LibreBike eine sehr detaillierte Anleitung.

Man könnte allerdings auch von einem Aufruf zu Straftaten sprechen.

Denn aus gutem Grund verliert die Infoseite kein näheres Wort über die juristischen Aspekte. Herrenlos habe ich im letzten Absatz nicht ohne Grund in Anführungszeichen gesetzt. Denn selbst im Fall einer Insolvenz des Anbieters ist es natürlich keinesfalls so, dass man sich die Bikes jetzt unter den Nagel reißen kann. Sie haben nach wie vor einen Eigentümer, im Zweifel wird es nach wie vor der bisherige sein. Ein Insolvenzverfahren ändert insoweit nichts.

Die Manipulation am Radschloss inklusive Entfernung des Solarpanels ist eine strafbare Sachbeschädigung (§ 303 StGB). Und selbst wenn man ein von anderen befreites LibreBike nur für eine kleine Fahrt nutzen will, sollte man vorsichtig sein. Nicht nur der unbefugte Gebrauch eines Kraftfahrzeuges ist strafbar. Sondern auch der unbefugte Gebrauch eines Fahrrades (§ 248b StGB). Wer also auf einem bereits geknackten Leihfahrrad angetroffen wird, riskiert ganz eindeutig ein Strafverfahren. Da hilft dann auch die Ausrede nichts, dass man das Rad gar nicht behalten wollte. Denn auf diesen Willen kommt es gar nicht an.

Wenn man sich ein Leihfahrrad dann auch noch dauerhaft in den Keller stellt, wäre es ohnehin ein Diebstahl (§ 242 StGB). Aber das sagt einem ja fast schon der gesunde Menschenverstand.