Für die Polizei und die Staatsanwaltschaft war der Fall klar. Mein Mandant soll ein Drogendealer sein, und zwar gar nicht von einem kleinen Kaliber. Das alles soll sich aus den WhatsApp-Chats meines Mandanten mit einem anderen Mann ergeben, der wegen Drogenhandels observiert wurde. Angeblich hatte mein Mandant bei dem Betreffenden „2 Pizza“ gekauft…
… wobei „1 Pizza“ laut den Erkenntnissen der Polizei 200 Gramm Marihuana bedeutet. Das sei der einschlägige Code, den die Beamten entschlüsselt haben wollten. Die Sache schien so klar, dass man es gar nicht für nötig hielt, den (mittlerweile inhaftierten) vermeintlichen Geschäftspartner meines Mandanten zu befragen. So ein WhatsApp-Verlauf ist ja auch ein quasi amtliches Ding, das trägt locker einen Verbrechensvorwurf mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr Gefängnis. Demzufolge erfolgte die Anklage auch nicht vor dem Strafrichter, sondern gleich beim Schöffengericht.
In der Hauptverhandlung erlaubte ich mir für meinen Mandanten den Hinweis, dass die Pizza-Connection tatsächlich auf einem wenig soliden Fundament ruht. Sowohl die Polizei als auch der Staatsanwalt hatten bei ihrer Begeisterung für den großen Fang (weit über 50 Beschuldigte) übersehen, dass mein Mandant mit dem Verkäufer zwar mal über Marihuana verhandelt hatte. Von „Pizza“, wie wohl bei anderen Beschuldigten, stand da aber nichts. Vielmehr war in den Chats stets nur von „2 Stück“ die Rede. Der Begriff Pizza taucht schlicht und einfach nirgends auf.
Tja, und so bestätigte dann der im Gericht nun erstmals zu meinem Mandanten befragte Dealer zwar, dass mein Mandant einmal was bei ihm gekauft hat. Aber halt nur zwei Joints, das Stück für zehn Euro. Das wiederum entsprach eigentlich dem Befund der Hausdurchsuchung bei meinem Mandanten. Auf dessen Handy war nämlich überhaupt nichts gefunden worden, das auf eine Verkaufstätigkeit hindeutet. In der Wohnung fanden sich auch nur ein paar Krümel Marihuana auf dem Nachttisch. Also Eigengebrauch.
Binnen zehn Minuten waren wir weg vom Verbrechensvorwurf – und bei einer Einstellung des Verfahrens. Hierfür zahlt mein Mandant gerne eine ganz, ganz kleine Geldauflage, damit der Albtraum nun wirklich ein schnelles Ende hat. Ich für meinen Teil bin noch nicht so ganz darüber hinweg, wie schlampig in diesem Verfahren ermittelt und Anklage erhoben worden ist.