Liebe auf der Richterbank

In einem Augsburger Strafverfahren haben es die Anwälte – ohne ihre Schuld – als letzte erfahren: Der Vorsitzende Richter und eine Berufsrichterin in der Strafkammer sind ein Paar. Die Partnerschaft sei besonders eng, haben die Richter in einer Stellungnahme eingeräumt. Ja, sie lebten auch zusammen. Einzelheiten zu dem Fall schildert Spiegel Online.

Ganz so einfach ist die Rechtslage in so einem Fall sicher nicht. Der Strafprozessordnung kann man zunächst entnehmen, dass enge Beziehungen zwischen Verfahrensbeteiligten sogar ein zwingender Befangenheitsgrund sind. Das ist nach § 22 StPO der Fall, wenn ein Richter Ehegatte, Lebenspartner, Vormund oder Betreuer des Beschuldigten oder des Verletzten ist oder gewesen ist. Dabei kommt es auf das juristische Verhältnis zwischen den Beteiligten an. Somit sind Liebesbeziehungen, die nicht in eine Ehe oder Lebenspartnerschaft gegossen sind, ohnehin nicht erfasst.

Diese sehr enge Fassung der gesetzlichen Ausschlussgründe führt dann aber jedenfalls nicht dazu, dass man in dieser Kosntellation eine allgemeine Besorgnis der Befangenheit einfach vom Tisch wischen kann. § 24 StPO, das kann man nicht oft genug sagen, fordert gar keine tatsächliche Befangenheit. Es reicht, wenn der Angeklagte zu Recht annehmen darf, die Richter stünden ihm womöglich nicht unvoreingenommen gegenüber.

Tja, und da haben die Verteidiger in dem Augsburger Verfahren sicher einen Punkt. Zu Recht verweisen sie und auch zitierte Experten darauf, dass jeder Richter unabhängig sein soll – und das Gericht an sich kein Familienbetrieb ist. Letztlich kommt es auf Details hier nach meiner Einschätzung aber gar nicht an. Denn den Anwälten ist die Beziehung zwischen den Richtern nicht offenbart worden, obwohl sie laut dem Gericht schon länger bekannt ist.

Die betreffende Richterin soll sogar trotz dieser Kenntnis vom Gerichtspräsidium erst vor kurzem in die Strafkammer (zurück-)versetzt worden sein. Schon allein dies sieht ja doch eher merkwürdig und weniger nach einem schlichten Zufall aus. Dass diese Prozesse und die persönliche Beziehung der Richter an sich nicht offenbart wurden, mag formaljuristisch nicht zu beanstanden sein. Allerdings muss sich eine Besorgnis der Befangenheit nicht zwingend aus einem Gesetzesverstoß ergeben.

Schon ein schlechter Odem kann ausreichen. Am Ende wird der Bundesgerichtshof uns sagen, ob die Sache stinkt. Ich tippe auf ja.