Vor Gericht und auf hoher See …

Heute schickt mir ein (neuer) Mandant den Beschluss des Landgerichts über den Widerruf seiner Bewährungsstrafe:

Die sofortige Beschwerde ist unzulässig, weil diese nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von einer Woche eingelegt worden ist.

Der Widerrufsbeschluss wurde gemäß der vorliegenden Zustellungsurkunde am 10.11.2018 in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten übergeben. Rechtsmittelbelehrung wurde erteilt. Die Frist zur Einlegung des Widerrufs war somit am 18.11.2018 bereits abgelaufen und das Rechtsmittel vom 19.11.2018 somit verspätet eingelegt.

Ich meine, hier geht es immerhin um die Freiheit eines Menschen. Da sollte man als Vorsitzende einer Strafkammer am Landgericht wenigstens das kleine Einmaleins der Jurisprudenz beherrschen, wozu auch die korrekte Berechnung der einfachsten Fristen gehört.

Wenn ein Schreiben wie hier am Samstag, 10.11.2018 zugestellt wird, verlängert sich die Wochenfrist bis zum Ablauf des nächsten Werktages – hier also bis einschließlich Montag, 19.11.2018. Es kommt aber nicht auf den Tag der Zustellung an, sondern darauf, ob das rechnerische Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder einen Feiertag fällt. Das alles steht so in § 193 BGB. Wobei man da eigentlich nur noch wissen muss, dass Sonnabend ein früher gebräuchliches Wort für Samstag ist.

Die Richterin hätte ja auch schon deswegen stutzig werden können, weil der Mandant seine Beschwerde genau an jenem Montag, den 19.11.2018, eingelegt hat. Und zwar persönlich auf der Rechtsantragsstelle des Gerichts. Da sitzen durchaus ausgebildete Kräfte. Denen fällt es es regelmäßig auf, dass eine Frist schon abgelaufen ist (worauf sie den Betroffenen dann auch hinweisen, damit der nach Möglichkeit gleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen kann).

Seien wir mal gespannt, ob das betreffende Gericht eigene Fehler einzuräumen vermag. Darauf wetten würde ich nicht.