„Ich verzichte auf einen Schlussvortrag“

Die Frau Staatsanwältin macht den Job schon seit einiger Zeit, ich bin ja mittlerweile auch nicht mehr ein unbedingter Neuling im Strafrechts-Business. Allerdings gibt es doch immer mal wieder Dinge, die einem noch nicht begegnet sind. Da ging es mir und der Staatsanwältin heute gleichermaßen.

Ich hatte heute die Sitzposition im Verhandlungssaal getauscht und vertrat eine Nebenklägerin. Ich will gar keine großen Details über den Fall sagen, sondern nur berichten, was der Verteidiger nach dem Schluss der Beweisaufnahme tat.

Nichts.

Ans sich hätte er ein Plädoyer halten können und wohl auch sollen. Tat er aber nicht. Nachdem die Staatsanwältin und ich als Vertreter der Nebenklage unsere Vorstellungen dargelegt hatten, erklärte der Kollege:

Ich verzichte auf einen Schlussvortrag.

Gut, man kann den (Pflicht-)Verteidiger natürlich nicht zwingen, sich für seinen Mandanten noch mal ins Zeug zu legen. Aber die Kürze und Bestimmtheit, mit der dieser „Verzicht“ erklärt wurde, war schon erstaunlich. Irgendwie habe ich das Gefühl, das Schauspiel bzw. Nicht-Schauspiel wird mir so schnell nicht mehr geboten werden.