Freigabe im Gesprächsgepäck

Mein Mandant hat die Vorfahrt missachtet, es kam zu einem Verkehrsunfall. Der Blechschaden hielt sich in Grenzen, aber die gegnerische Autofahrerin klagte über leichte Kopfschmerzen.

Ein sehr alltäglicher Fall, wie man unschwer erkennt. Der Staatsanwalt beschäftigte sich ganz normal mit der Sache. Leider ließ er sich auch durch freundliche Anrufe meinerseits nicht dazu erweichen, die Sache gegen eine Zahlungsauflage einzustellen. Vielmehr musste es ein Strafbefehl sein wegen fahrlässiger Körperverletzung, nämlich 30 Tagessätze á 30,00 Euro.

Nun sind wir bei dem Punkt, wegen dem ich die Geschichte überhaupt erzähle. Die Höhe des Tagessatzes orientiert sich bei einer Geldstrafe am Einkommen des Betroffenen. Wer viel verdient, soll auch mehr bezahlen. Die verhängte Höhe des Tagessatzes von 30,00 Euro entspricht einem monatlichen Nettoeinkommen von 900,00 Euro. Eine Zahl, die nach meiner Erfahrung gerne genommen wird, wenn man als Staatsanwalt keine näheren Erkenntnisse über die finanzielle Situation des Beschuldigten hat.

Ich sage es mal so, mit der Einkommensschätzug lag der Staatsanwalt leicht daneben. Der Mandant ist Seniorpartner in einer großen Anwaltskanzlei für Wirtschaftsrecht. Mehr sage ich lieber nicht. Allerdings wollte mein Mandant keine noch so kleine Vorstrafe haben, weshalb mir die Aufgabe zufiel, doch noch einmal beim Richter für eine Einstellung des Verfahrens zu werben.

Der Richter war aufgeschlossen, sagte aber gleich, dass der betreffende Staatsanwalt ein scharfer Hund ist und höchstens dann zustimmt, wenn die Auflage „angemessen“ erhöht wird. In diesem Augenblick hoffte ich inständig, dass das Thema jetzt nicht auf die Einkommensverhältnisse des Mandanten schwenkt. Tat es nicht. Ob 1.500 Euro machbar sind, fragte der Richter? „Ich gehe davon aus“, sagte ich, „dass ich das meinem Mandanten vermitteln kann.“

Jetzt kann ich es ja sagen: Für das Gespräch mit dem Richter hatte mir der Mandant einen Betrag für die Einstellung freigegeben, bis zu dem ich gleich einschlagen durfte. 40.000 Euro wären es gewesen…