Müder Richter

In Kassel muss ein Prozess wegen Steuerhinterziehung neu verhandelt werden.

Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Landgerichts aufgehoben, weil ein Schöffe bei der Verlesung der Anklage geschlafen hatte. Der Verteidiger, der dies bemerkt hatte, informierte den Vorsitzenden über seine Beobachtung, wonach der Schöffe döse bzw. gedöst habe. In dem Verfahren ging es um 180 Fälle der Steuerhinterziehung, bei den Punkten 176 und 177 übermannte den Schöffen die Müdigkeit.

Nachdem der Schöffe die Augen wieder geöffnet und sich – erkennbar – neu orientiert hatte, wurde die Anklage weiter verlesen. Und zwar, ohne den vom Schöffen verschlafenen Teil zu wiederholen. Damit war das Gericht während eines kurzen, aber wesentlichen Teils der Hauptverhandlung nicht vorschriftsgemäß besetzt. Ein schlafender Richter gilt nämlich als nicht „anwesend“. Der Bundesgerichtshof bejaht in dem Fall einen absoluten Revisionsgrund, die Sache muss komplett neu verhandelt werden (Aktenzeichen 1 StR 616/19).

Autor: RA Dr. André Bohn