Gerichtsbesuch bleibt auch im Lockdown erlaubt

Strafprozesse sind grundsätzlich öffentlich, jedermann darf sich ins Publikum setzen und zuhören. Wegen der Cornona-Pandemie gibt es aber in etlichen Bundesländern massive Einschränkungen der Bewegungsfreiheit. Darf man also die eigene Wohnung verlassen, wenn man im Gericht zuschauen möchte? Auf diese Frage findet der Bundesgerichtshof nun eine klare Antwort.

Ein Angeklagter in einem Prozess vor dem Landgericht Chemnitz hatte gerügt, die örtliche Corona-Schutzverordnung habe zum Zeitpunkt seiner Verhandlung für Sachsen bestimmt, dass man die eigene Wohnung nur aus triftigem Grund (Arbeit, Schule, Einkaufen, Arztbesuche etc.) verlassen darf. Das habe Interessenten möglicherweise davon abgehalten, von ihrem Recht auf Teilnahme an Gerichtsverhandlungen Gebrauch zu machen.

Hierzu der Bundesgerichtshof:

Der in § 169 GVG niedergelegte Öffentlichkeitsgrundsatz soll eine Kontrolle der Justiz durch die am Verfahren nicht beteiligte Öffentlichkeit ermöglichen und ist historisch als unverzichtbares Institut zur Verhinderung obrigkeitlicher Willkür verankert worden (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10, BVerfGE 133, 168, 217 f. Rn. 88). Angesichts dieser Bedeutung der
grundsätzlichen Öffentlichkeit eines Strafverfahrens, die auch dadurch belegt wird, dass ein Verstoß gegen die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens einen absoluten Revisionsgrund gemäß § 338 Nr. 6 StPO darstellt, steht außer Frage, dass das Verlassen der häuslichen Unterkunft zur Teilnahme an öffentlichen Gerichtsverhandlungen einen triftigen Grund begründet, der der Ausnahmeregelung der Nr. 2 der Allgemeinverfügung vom 22. März 2020 unterfällt.

Selbst im härtesten Lockdown wird es also zulässig bleiben, dass man zu einer Gerichtsverhandlung fährt und daran teilnimmt – sofern Strafprozesse stattfiinden. Interessant ist nach dieser Klarstellung natürlich nun die weitergehende Frage, ob sich das Interesse an Gerichtsverhandlungen auf die Gericht am eigenen Ort beschränken muss. Auch in dieser Hinsicht kennt der Grundsatz der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen an sich keine Einschränkungen (Aktenzeichen 4 StR 390/20).