Hausinterne Amnestie

In Leipzig steht ein KSK-Soldat vor Gericht, weil er in seinem Garten Munition, eine Waffe und Sprengstoff aus dienstlichen Beständen vergraben haben soll.

Das ist schon interessant genug. Ich möchte jedoch auf ein Detail hinweisen, bei dem mir dann doch der Atem stockt. So kam in dem Prozess heraus, dass alle KSK-Soldaten Anfang 2020 Munition, die sie zuvor hatten mitgehen lassen, zurückgeben konnten – ohne dass sie irgendwelche Sanktionen zu befürchten hatten. Also eine behördeninterne „Amnestie“, und zwar offenkundig in größerem Stil.

Da stellt sich schon die Frage, ob die Behördenleitung nicht verpflichtet gewesen wäre, solche Vorfälle nicht unter den Teppich zu kehren. Immerhin reden wir hier über handfeste Straftaten, angefangen bei Unterschlagung/Diebstahl bis zu handfesten Verstößen gegen das Waffenrecht.

Gesetzlich vorgesehen ist so ein amtliches Wegsehen jedenfalls nicht. Im Gegenteil. So bestimmt beispielsweise Art. 59 Abs. 2 der Landesverfassung in Nordrhein-Westfalen, dass Amnestien nur aufgrund eines (formellen) Parlamentsgesetzes erfolgen dürfen. Das gesamte Gnadenrecht ist darauf ausgerichtet, in Ausnahmefällen juristische Gerechtigkeit durch wohldosierte Menschlichkeit zu ersetzen. Aber auch erst, nachdem sich die Strafjustiz damit beschäftigt hat, wobei ja auch diese viele Möglichkeiten hat Augenmaß zu beweisen (zum Beispiel durch Verfahrenseinstellung bei geringer Schuld oder tätiger Reue). Derart krasse Missstände unter den Teppich zu kehren, ist vor diesem Hintergrund schon ein starkes Stück.

Bericht in der Zeit.

RA Dr. André Bohn