Schwule Ampelpärchen dürfen bleiben

In München dürfen auf Ampeln weiter schwule Ampelmännchen und -pärchen Fußgängern Signale geben. Solche Ampeln sind in München an ganzen sechs Übergängen installiert. Gleichwohl sah sich ein Bürger in seinen Rechten verletzt. Mit seiner Klage beschäftigte sich jetzt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

In erster Instanz hatte das Verwaltungsgericht schon geurteilt, dass an den Piktogrammen nichts auszusetzen ist. Der Verwaltungsgerichtshof stellt in seinem Beschluss fest, die Ampeln seien „ersichtlich eine Botschaft der Sympathie und Toleranz an homosexuelle Menschen“, überdies auch „eine Aufforderung an die Mehrheitsgesellschaft zu Toleranz gegenüber Menschen mit abweichender sexueller Orientierung“. Demgegenüber habe der Kläger nichts vortragen können, was ihm einen juristischen Unterlassungsanspruch geben könnte. Ein Rechtsmittel hat der Kläger nicht (Aktenzeichen 11 ZB 21.1777).

Leise Zweifel

Es ging um ein paar Stundenkilometer zu viel, aber für einen Taxifahrer ist jeder Punkt in Flensburg eine doppelte Bürde. Ganz aussichtslos war die Sache nicht. Das Radarfoto zeigte zwar den Fahrer des Wagens, aber dieser hatte eine FFP2-Maske auf. Was man sonst vom Kopf sah, war nun auch nichts, was besonders ins Auge stach. Ist halt manchmal auch vorteilhaft, wenn man ein Allerweltsgesicht besitzt.

Der Mandant machte, was sein gutes Recht ist. Er bestritt, die Person auf dem Fahrersitz zu sein. Damit war ein Sachverständigengutachten im Gerichtstermin quasi obligatorisch. Mir persönlich schienen die Erfolgsaussichten aber nicht besonders ausgeprägt. Jedenfalls fiel mir auf, dass der Mandant unter dem linken Auge eine deutliche sichtbare Warze hat. Ausgerechnet an dieser Stelle zeigte auch das Messfoto einen dunklen Punkt.

Der Sachverständige erstellte im Gerichtstermin seine Vergleichsfotos und vertiefte sich sehr lange in die Daten, die über sein Notebook liefen. Schließlich winkte er ab: „Es passt einiges, aber die Warze ist an einer leicht anderen Stelle als der dunkle Fleck auf dem Messfoto.“ Er wollte sich also nicht auf eine Wahrscheinlichkeit festlegen, die für eine Verurteilung reicht. Dem folgte der Richter, was blieb ihm auch groß.

Also Freispruch. Kosten zahlt die Staatskasse. Das ist natürlich erfreulich. Nur mit den gegenüber dem Mandanten gehegten leisen Zweifeln, mit denen muss ich jetzt leben. Demnächst ist wieder etwas mehr „Professionalität“ angesagt.

Handels- und Vereinsregister nun kostenlos und durchsuchbar

Die Abfrage öffentlicher Register war noch nie ein Vergnügen. Dienstleister forderten happige Gebühren, teilweise musste auch noch ein berechtigtes Interesse nachgewiesen werden. Das ist seit heute anders. Registereinträge sind nun online über ein gemeinsames Portal der Länder abrufbar – kostenlos und ohne Registrierung.

Konkret lassen sich über das Registerportal sämtliche Einträge im Handels-, Genossenschafts- und Partnerschaftsregister aufrufen. Außerdem die kompletten Vereinsregister. Ich habe es gerade mal mit ein paar Firmen und Vereinen probiert. Es klappt.

Ein cooles Feature ist die Schlagwortsuche. Das heißt, man muss noch nicht wissen, wie das gesuchte Unternehmen oder der Verein genau heißen. Wer zum Beispiel Lust hat, kann sich alle Firmen mit dem Namensbestandteil „Pommes“ auflisten lassen. In diesem Sinne herzliche Grüße an die mir bislang unbekannte „Schnelle Theke“ in Viersen.

Link zum Registerportal

„Du bist so 1 Pimmel“ bleibt wohl ungesühnt

Die als „Pimmelgate“ bekanntgewordenen juristischen Verwicklungen haben ein stilles Ende gefunden. Wie jetzt bekannt wurde, hat die Hamburger Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren vor einiger Zeit eingestellt – die Behörde sieht kein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung. Das ist durchaus nachvollziehbar.

Für eine Hausdurchsuchung hatte es noch gereicht. Diese richtete sich gegen einen Twitternutzer, der in Richtung des Hamburger Innensenators Andy Grote geschrieben hatte: „Du bist so 1 Pimmel.“ Grote hatte Strafantrag gestellt.

Der Bemerkung waren weniger freundliche Äußerungen des Innensenators vorangegangen. Unter anderem hatte er Menschen, die trotz Corona im Hamburger Schanzenviertel feierten, als „ignorant“ bezeichnet. Ob das Verfahren nun wirklich ganz zu Ende ist, wird sich zeigen. Denn wie jedem „Beleidigten“ steht dem Politiker der Privatklageweg offen. Allerdings müsste er dann auch erst mal den gesetzlich vorgesehenen Sühneversuch beim Schiedsmann über sich ergehen lassen.

Bericht im Nordkurier

Im Auftrag des Staatsanwalts

Die Vorladung eines Beschuldigten bei der Polizei. Ein alltäglicher Vorgang. Ich weise an dieser Stelle nicht zum ersten Mal darauf hin, dass eine Vorladung eigentlich keine ist. Höchstens eine Einladung. Der kann man folgen. Muss es aber nicht.

Das ziemlich umfassende Schweigerecht des Beschuldigten gefällt natürlich nicht jedem bei der Polizei. Gut möglich, dass Rechte heute auch weiter bekannt sind – oder zumindest selbstbewusster wahrgenommen werden. Da möchte man natürlich gegensteuern. Selbstverständlich bildet die Strafprozessordnung den Rahmen, aber ein bisschen Segeln unter falscher Flagge hat noch niemandem geschadet.

Ein Beispiel hierfür sind Vorladungen, die man als Anwalt seit einiger Zeit immer öfter sieht. Da wird der Beschuldigte einbestellt, und zwar so:


Klingt ja schon mal wichtig, wenn die Staatsanwaltschaft einen „Auftrag“ erteilt hat. Aber welche juristische Relevanz hat dieser Satz? Führt er dazu, dass man einer polizeilichen Vorladung im Auftrag der Staatsanwaltschaft folgen muss? Oder, wenn nicht, um die Obrigkeit jedenfalls nicht zu verärgern?

Tatsächlich ist die Formulierung relativ neu. Einen Sinn macht sie mittlerweile zweifellos. Aber nur wenn Zeugen vorgeladen werden. Ein Zeuge ist jemand, der vielleicht was gesehen hat. Eine Tat wird ihm aber nicht vorgeworfen. Jedenfalls nicht derzeit. Bei Zeugen ist es in der Tat so, dass diese durch eine Rechtsänderung wirklich auch bei der Polizei erscheinen müssen. Und zwar, wenn eben jener Auftrag der Staatsanwaltschaft vorliegt. So steht es in § 163 Abs. 3 StPO:

Zeugen sind verpflichtet, auf Ladung vor Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und zur Sache auszusagen, wenn der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt.

Bei einem Zeugen macht es also Sinn, wenn die Polizei auf den ausdrücklichen Auftrag der Staatsanwaltschaft hinweist. Polizeibeamte sind Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft. Mit entsprechendem Auftrag können sie also darauf bestehen, dass Zeugen erscheinen – und Angaben zur Sache machen. Widerspenstige Zeugen können mit Ordnungsgeldern oder gar Haft belegt werden.

Für Beschuldigte findet sich so eine Regelung aber gerade nicht. Allerdings gibt es einen Paragrafen, der in diesem Zusammenhang gerne instrumentalisiert wird. § 163a Abs. 3 StPO bestimmt:

Der Beschuldigte ist verpflichtet, auf Ladung vor der Staatsanwaltschaft zu erscheinen.

Wenn der Staatsanwalt einen sehen will, geht demnach heute kein Weg daran vorbei. Das heißt natürlich nicht, dass man als Beschuldigter mit dem Staatsanwalt sprechen muss. Das Schweigerecht gilt auch bei ihm. Mir ist deshalb bis heute noch nicht so ganz klar, was diese Rapportpflicht bezweckt. Außer dem denkbaren Nebeneffekt, dass die Vorladung vor den Staatsanwaltschaft eine Art Lackmustest für die Frage sein kann, ob der Beschuldigte es nicht ohnehin vorzieht, im weiteren Ermittlungsverfahren durch Abwesenheit zu glänzen.

Wenn man es auf dem Boden des geltenden Rechts betrachtet, macht der Hinweis in der polizeilichen Vorladung des Beschuldigten auf den Auftrag der Staatsanwaltschaft keinen Sinn. Auch mit Auftrag der Staatsanwaltschaft wird der Polizeibeamte kein Staatsanwalt, so dass er sich nicht auf § 163a Abs. 3 StPO berufen kann.

Zusammengefasst: Wenn die Polizei in der Vorladung des Beschuldigten etwas von einem Auftrag der Staatsanwaltschaft erzählt, ist das sachlich nicht falsch. (Vorausgesetzt, der Auftrag findet sich wirklich in der Akte, was mitunter dann doch nicht der Fall ist.) Aber genau so gut könnte der Beamte auch was zum Wetter schreiben. Oder einen Lottotipp abgeben. Die Rechte des Beschuldigten beeinflusst der Hinweis nicht.