Klausuren fallen unter die DSGVO

Nach der Datenschutz-Grundverordnung hat jeder Anspruch auf Auskunft darüber, welche Daten über ihn gespeichert sind. Hiervon sind auch Examensklausuren nicht ausgeschlossen, stellt das Bundesverwaltungsgericht klar. Das Land Nordrhein-Westfalen muss einem Rechtsassesor die Klausuren komplett zur Verfügung stellen – und zwar kostenlos.

Auch Prüfungsleistungen sind nach dem Urteil personenbezogene Daten. Nach geltender Rechtslage kann man bei Firmen, Organisationen und Behörden jederzeit sämtliche gespeicherten Informationen anfordern, sofern die Auskunft zumutbar ist. Gebühren dürfen dafür nicht berechnet werden. Das Land Nordrhein-Westfalen wollte von dem Kandidaten dagegen 69,70 € auf der Grundlage der Gebühren des Justizausbildungsgesetzes haben.

Laut dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist die Übermittlung der Klausuren kein großer Aufwand, auch wenn es in dem Fall um 348 Seiten ging. Ausschlussfristen im Prüfungsrecht schränken den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch laut dem Urteil ebenfalls nicht ein (Aktenzeichen 6 C 10.21).

Beilenker auf dem E-Scooter

Fast schon tragisch ist das Schicksal eines (mutmaßlich jungen) Mannes, der als Sozius auf einem E-Scooter mitfuhr. Er stand also hinter dem Fahrer, hielt sich aber mit am Lenker fest. Weil beide um 4.05 Uhr morgens auf einem Radweg in unzulässiger Richtung fuhren, nahm das Unglück seinen Lauf.

Der Beilenker musste eine Blutprobe abgeben. 1,2 Promille. Damit war er absolut fahruntüchtig – wenn er gemäß § 316 StGB als „Führer“ des Scooters anzusehen ist. Das Landgericht Oldenburg hat daran keinen Zweifel. Ein Fahrzeug führe jeder, der für die zielgerichtete Fortbewegung des Vehikels sorge. Dazu gehöre auch das Lenken bzw. Festhalten am Lenker, selbst wenn der Betroffene selbst die Fahrtrichtung nicht verändert habe.

Die Fahrerlaubnis des Mannes durfte also vorläufig entzogen werden. Zu der Frage, ob der eigentliche Fahrer nüchtern war, schweigt sich der Gerichtsbeschluss aus, es würde in rechtlicher Hinsicht aber wohl auch nichts ändern.

Polizistin scheitert mit Beschwerde

Polizisten können zum Tragen von Namensschildern verpflichtet werden. Das Bundesverfassungsgericht wies die Beschwerde einer Kommissarin aus Brandenburg zurück. Diese befürchtete, dass ihr Name nach dem Einsatz gegoogelt wird und ihr dadurch Nachteile entstehen.

Wie schon die Verwaltungsgerichte weisen die Verfassungsrichter darauf hin, dass jeden Tag auch eine Vielzahl anderer Beamte ihren Namen preisgeben, wenn sie mit Bürgern sprechen, Briefe rausschicken und Bescheide erlassen. Die Polizistin habe nicht nachvollziehbar dargelegt, wieso sie stärker gefährdet sei als viele andere Angehörige des öffentlichen Dienstes.

Die Polizistin wandte außerdem ein, eine Dienstnummer reiche im Zweifel aus. Allerdings, so das Bundesverfassungsgericht, gehe es den Polizeibehörden auch um Bürgernähe. Dieses Ziel werde mit einer Dienstnummer eher nicht erreicht. Letztlich weisen die Verfassungsrichter darauf hin, dass die Beamtin mit entsprechenden Privatsphäreeinstellungen in sozialen Netzwerken und einer Sperre ihrer Meldedaten selbst den von ihr befürchteten „Google“-Effekt mindern könne (Aktenzeichen 2 BvR 2202/19).

Mit dem Tretroller unterwegs

Auch wenn die Dinger heutzutage an jeder Ecke stehen, sollte man in angeschickertem Zustand die Finger von E-Scootern lassen. Die Nutzung kann den Führerschein kosten und (Geld-)Strafen nach sich ziehen. Aber ganz so einfach ist es dann doch wieder nicht, wie ein aktuelles Urteil des Landgerichts Hildesheim zeigt.

Ein Mann war nach einigen Joints mit einem unversicherten E-Scooter unterwegs. Allerdings funktionierte der Antrieb nicht, so dass der Betroffene das Gefährt mit bloßer Muskelkraft bewegte. Es handelte sich also um einen E-Scooter, der als Tretroller genutzt wurde. Laut Gericht hat sich der Tretrollerfahrer nicht strafbar gemacht, denn sein Gefährt habe er nur damit jedenfalls nicht als Kraftfahrzeug genutzt. Fürs Tretrollerfahren bedürfe es aber keiner Versicherung, keiner Fahrerlaubnis – und die Regeln übers Fahren unter Drogeneinfluss seien auch nicht anwendbar.

In dem Prozess konnte der Mann belegen, dass er den defekten Roller gerade in die Werkstatt bringen wollte. Das half ihm sehr (Aktenzeichen 13 Ns 40 Js 25077/21).

„Faktische Öffentlichkeit“

Bei Polizeieinsätzen kommen Betroffene und Zuschauer aus naheliegenden Gründen auf den Gedanken, den Vorfall zu filmen oder zumindest den Wortwechsel aufzunehmen. Ob und inwieweit Tonaufnahmen bei Polizeieinsätzen in der Öffentlichkeit zulässig sind, damit hat sich nun das Oberlandesgericht Düsseldorf beschäftigt. Laut dem Urteil kann es jedenfalls nicht grundsätzlich unzulässig, Gespräche mit Polizeibeamten aufzunehmen (Aktenzeichen 3 RVs 28/22).

Am Rande einer Kundgebung in Wuppertal wurde eine Teilnehmerin von der Polizei kontrolliert. Sie soll gegen das Vermummungsverbot verstoßen haben, weil sie ihre Kapuze hochgezogen hatte. (Von diesem Vorwurf wurde sie später freigesprochen, weil sie sagte, sie habe an dem kalten Novembertag an den Ohren gefroren.) Während des Gesprächs mit den Polizeibeamten ließ sie ihr Smartphone laufen, welches aber nur den Ton aufnahm. Die Beamten hatten die Frau zwar etwas zur Seite genommen, diese hatte andere Teilnehmer aber darauf aufmerksam gemacht, so dass – möglicherweise – mehrere Personen zuhörten.

Bei dieser Ausgangssituation ist die Tonaufzeichnung keine Straftat nach § 201 StGB, so das Oberlandesgericht Düsseldorf. Die Richter vergleichen die Situation mit einem Stammtisch in einem Gasthaus. Wer da lauter rede, mache seine Worte auch öffentlich, selbst wenn er diese nur an seine Stammtischbrüder richte. Es gebe eine „faktische Öffentlichkeit“ jedenfalls dann, wenn die Äußerung unter Umständen erfolgt, in denen mit einer Kenntnisnahme durch Dritte gerechnet werden könne. Ob die Polizeibeamten tatsächlich wussten, dass Dritte zuhören, spiele keine Rolle.

Mit dem Begriff der „faktischen Öffentlichkeit“ wird man in solchen Fällen künftig gut arbeiten können. Allerdings gibt es auch schon diverse Gerichtsentscheidungen, die in eine völlig andere Richtung gehen. Hier wurde Polizeibeamten der Schutz vor Ton- und Bildaufnahmen zugebilligt.