Zum Pflichtverteidiger „befördert“

Mir ist es – natüüüüürlich – noch nicht passiert, aber es gibt schon mal Zwistigkeiten zwischen Mandant und Verteidiger. Am Ende steht die Kündigung des Mandats, was gerade in einer laufenden Hauptverhandlung Probleme mit sich bringt. In erster Linie für das Gericht. Die Terminsplanung gerät ins Schwimmen, das schätzt kein Gerichtsvorsitzender.

Am elegantesten ist es, wenn der Vorsitzende den Ball wieder ins Feld von Anwalt und Mandant zurückspielt. Beispiel ist ein aktueller Fall. Dort setzte der Vorsitzende den durch Rausschmiss beschäftigungslos gewordenen Wahlverteidiger auf die Gehaltsliste des Staates. Er ernannte ihn zum Pflichtverteidiger. Der Anwalt protestierte zwar dagegen, aber er war erst mal dienstverpflichtet. So konnte weiterverhandelt werden.

Der Anwalt wehrte sich vor Gericht erfolglos gegen seine Bestellung als Pflichtverteidiger. Zur Sicherung des laufenden Verfahrens sei das durchaus denkbar, meint das Oberlandesgericht Brandenburg. Sonst könnte jeder Angeklagte das Verfahren dadurch torpedieren, dass er zu einem günstigen Zeitpunkt seinen Wahlverteidiger feuert und die Verhandlung platzen lässt. Dem nun quasi dienstverpflichteten Anwalt ist so was zuzumuten, es sei denn das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und Mandant ist komplett zerrüttet. Das ist allerdings etwas anderes als ein bloßer Streit über die Strategie. Nachweis also sehr schwierig.

Auf der Seite des Angeklagten, der sich ebenfalls wehrte, sah die Sache anders aus. Der Vorsitzende hat nämlich den Fehler gemacht, ihn nicht vor der Bestellung seines bisherigen Verteidigers zum Pflichtverteidiger anzuhören. Genau das ist in § 142 Abs. 5 StPO aber vorgeschrieben. Der Angeklagte darf sich einen Anwalt wünschen. Das Gericht hätte zwar wichtige Gründe finden können, dem Wunsch des Angeklagten nicht zu entsprechen. Aber um die Anhörung kommt es halt nicht herum, so das Oberlandesgericht Brandenburg.

Die betreffende Stellungnahmefrist für den Angeklagten muss auch bei einem Anwaltswechsel im laufenden Verfahren angemessen sein. Deshalb lässt sich, so das Oberlandesgericht, selbst ein Platzen des Prozesses nicht immer vermeiden. Der Zweck heiligt halt nicht jedes Mittel.

Der Beschluss ist bei Rechtsanwalt Detlef Burhoff nachzulesen.