„Ich und Ich“ dudelten auf dem Polizeirechner

Auch bei der Polizei geht nicht immer alles mit rechten Dingen zu. So hat jemand aus der Polizeibehörde des Hochsauerlandkreises über einen längeren Zeitraum Musik und anderes urheberrechtlich geschütztes Material aus Tauschbörsen gezogen – über den Anschluss seines Dienstherren. Wer genau dafür verantwortlich ist, lässt sich allerdings nicht mehr klären. Die Kündigung eines „Hauptverdächtigen“ erklärte das Landesarbeitsgericht Hamm jetzt für unwirksam.

Ausgelöst hatte den Fall im Jahr 2010 eine ganz normale Filesharing-Abmahnung, wie sie jeden Tag tausendfach verschickt werden. Empfänger war jedoch nicht der normale Internetnutzer, sondern die Polizeibehörde im Hochsauerlandkreis. Leider ist nicht bekannt, ob die Polizei die Abmahnung bezahlt und so der Plattenfirma der Band „Ich und Ich“ ein kleines Zubrot beschert hat. Unter anderem sollen Songs aus deren Album „Vom selben Stern“ online über die Polizeirechner getauscht worden sein.

Gefunden wurden allerdings derartige Titel in der Tat, außerdem diverse Filme. Das löste natürlich interne Ermittlungen aus. Fündig wurde man auf dem Arbeitsplatzrechner eines Mannes, der für die Funk- und Telefontechnik der Polizeiwachen im Hochsauerlandkreis zuständig war. Allerdings reichten letztlich die Beweise nicht, um den Mitarbeiter haftbar zu machen. So war der Mitarbeiter laut Gericht oft im Außendienst. Und einen funktionierenden Passwortschutz für die Rechner gab es nicht. Über spezielle Profile konnte vielmehr so gut wie jedermann ohne Passwort auf den Rechner zugreifen.

Überdies waren die Ermittlungen nach Einschätzugn der Richter eher schlampig. So seien die fraglichen Rechner nicht sofort sichergestellt worden. Somit sei später nicht mehr zu klären gewesen, wer eventuell noch Änderungen vorgenommen hat. Deshalb erklärte das Landesarbeitsgericht die Kündigung für unwirksam.

Die Kreispolizeibehörde muss den Mann nun weiter beschäftigen und natürlich auch sein Gehalt rückwirkend zahlen (Aktenzeichen 13 Sa 596/13).

Abmahnzug vor Vollbremsung

Die Massenabmahnung der Anwaltskanzlei Urmann + Collegen (U + C) sorgt weiter für Wirbel. Nach meiner Einschätzung sind deutlich mehr als 10.000 Anschlussinhaber (bislang alle Telekom) angeschrieben worden mit der Aufforderung, 250 Euro zu zahlen und eine Unterlassungserklärung abzugeben. Hierbei geht es erstmals nicht um klassisches Filesharing über Tauschbörsen. Vielmehr wird den Betroffenen vorgeworfen, „Redtube.com“ genutzt zu haben. Die Internetseite ist so eine Art Youtube für Pornos. Mit dem kleinen Unterschied, dass Redtube nach den eingenen Bedingungen keine Videos von „Privaten“ einstellen lässt.

Hier eine Übersicht der aktuellen Entwicklungen:

* Es sind Trittbrettfahrer auf den Abmahnzug aufgesprungen. Als E-Mail versandte ZIP-Dateien erwecken den Eindruck, es handele sich um eine Abmahnung von U + C. Die Anwaltskanzlei hat jedoch nach meiner Kenntnis noch nie Abmahnungen per Mail verschickt, sondern nur per Post. Für eine Fälschung spricht auch, dass die im Text angegebenen Daten so nicht stimmen dürften.

Wer eine angebliche Abmahnung per Mail erhält, kann diese getrost ignorieren.

Achtung: Die mitgesandte ZIP-Datei soll sogar mit einem Trojaner verseucht sein.

* Die (echte) Abmahnung von U + C ist möglicherweise schon aus formalen Gründen unwirksam. Die beigefügte Unterlassungseklärung, die der Empfänger unterschrieben zurücksenden soll, ist nämlich weitgehender als der Rechtsverstoß, den U + C beanstandet. Das ist juristisch zwar zulässig. Allerdings muss die Unterlassungserklärung den Empfänger dann zwingend aufklären, dass er etwas unterschreibt, was über sein eigentliches Vergehen hinausgeht (§ 97a Abs. 2 S. 1 Ziff. 4 UrhG). Dieser Hinweis scheint in den Abmahnungen zu fehlen.

Das Gesetz ist hier eindeutig:

Eine Abmahnung, die nicht Satz 1 entspricht, ist unwirksam.

Doch damit nicht genug. Wer so eine unwirksame Abmahnung erhält, kann sogar seine eigenen Anwaltskosten ersetzt verlangen. Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass auch dies wiederum mit Kosten und Aufwand verbunden ist, zumal sich ein Prozess wegen des Minimalstreitwerts nicht wirtschaftlich führen lässt. Überdies sitzt die angebliche Rechteinhaberin in der Schweiz, was die Sache nicht einfacher macht.

* Es verdichtet sich der Eindruck, dass sich das Landgericht Köln bei der Herausgabeanordnung für die Nutzerdaten hinter den IP-Adressen hat übertölpeln lassen. In den mittlerweile bekanntgewordenen Auskunftsbeschlüssen des Gerichts finden sich lediglich Formulierungen, die auf klassische Tauschbörsen zutreffen. Streaming funktioniert aber grundlegend anders. Zum Beispiel stellen die Abgemahnten mit dem Betrachten des Streams diesen nicht gleichzeitig anderen Internetnutzern zur Verfügung. Genau das passiert aber in Tauschbörsen, so dass die Gerichte bei letzteren schnell eine „Zugänglichmachung“ des Inhalts für Dritte und damit eine schwerwiegende Urheberrechtsverletzung bejahen können.

Möglicherweise hat beim Landgericht Köln niemand den Antrag sorgfältig gelesen. Der Anwalt, der die IP-Adressen herausverlangte, schreibt nämlich selbst gar nicht explizit von Tauschbörsen. Sein Text eiert eher um die Frage herum, was da technisch genau passiert sein soll. Allerdings finden sich viele Textschnipsel, die den normalen Filesharing-Anträgen entsprechen.

Es scheint deshalb durchaus möglich, dass die zuständigen Richter schlicht nicht aufgepasst haben. Jedenfalls kann momentan keine Rede davon sein, dass das Landgericht Köln mit seinen Beschlüssen explizit die Auffassung vertritt, auch das bloße Ansehen eines Streams verletzte das Urheberrecht. Ich meine nach wie vor, dass man – und das sogar aus mehreren Gründen – mit dem Betrachten eines Streams das Urheberrecht nicht verletzt.

* Nach wie vor ist unklar, wie die angebliche Rechteinhaberin überhaupt an die IP-Adressen der betroffenen Telekom-Kunden gekommen sind. In dem Antrag wird eine Technik beschrieben, die nach Einschätzung von Experten nur dazu taugt, Tauschbörsen zu überwachen. Es bleibt also auch die Frage offen, ob und inwieweit möglicherweise Datenschutzbestimmungen missachtet wurden.

Fazit: Es spricht einiges dafür, dass man sich keine schlaflosen Nächte machen muss. Selbst bei den echten Abmahnungen von U + C ist schlichtes Ignorieren derzeit eine vertretbare Option. Dem Abmahn-Express dürfte nämlich ohnehin eine Vollbremsung drohen.

Stress mit dem Reiserücktritt

Die Reiserücktrittsversicherung einer Kreditkarte gilt nur, wenn der komplette Reisepreis mit der Kreditkarte gezahlt wurde. Wenn eine Teilzahlung auf anderem Weg erfolgte, muss die Versicherung gegebenenfalls nichts zahlen. Dies hat das Amtsgericht München entschieden.

5.004 Euro ließ sich ein Reisender seinen Urlaub und den seiner Frau kosten. Es sollte nach Südafrika gehen. Die Anzahlung für die Reise in Höhe von 1.509 Euro bezahlte der Mann per Überweisung. Den Restbetrag glich er über seine Lufthansa Miles & More Credit Card Gold aus. Der Mann musste die Reise wegen Krankheit stornieren. Von der Rücktrittsversicherung, die zu seiner Kreditkarte gehört, verlangte er die Stornokosten von 3.610 Euro zurück.

Die Versicherung weigerte sich zu zahlen, weil der Reisepreis nicht vollständig mit der Kreditkarte bezahlt wurde. Das verlangen aber die Versicherungsbedingungen von Miles & More. Das Amtsgericht München sah keine Möglichkeit, die Klausel zu umgehen. Diese sei eindeutig formuliert. Sie benachteilige den Kunden auch nicht über Gebühr. Die Kreditkartenfirma finanziere ihre Zusatzleistungen ja gerade über die Umsätze, die der Kunde mit der Karte generiere. Von daher habe sie ein nachvollziehbares wirtschaftliches Interesse, dass der Reisepreis vollständig mit der Karte bezahlt wird.

Ähnliche Klauseln verwenden die meisten Kreditkartenanbieter. Wer sich den Reiseschutz also sichern will, sollte darauf achten, dass er den Reisepreis komplett mit der Karte bezahlt (242 C 14853/13).

Auf tönernen Füßen

Die Anwaltskanzlei U + C sorgt gerade mit einer Abmahnwelle für Verunsicherung. Es geht um angebliche Urheberrechtsverletzungen, die Betrachter der Pornostreaming-Seite „Redtube“ begangen haben sollen. Hierfür sollen die Abgemahnten jeweils 250 Euro bezahlen.

Die Augsburger Allgemeine hat mit mir über den Fall gesprochen. Ich meine, die Abmahnungen stehen auf tönernen Füßen. Zum Interview.

Nachtrag: Laut einem Bericht der Welt hat das Landgericht Köln möglicherweise Streaming und Tauschbörsen verwechselt.

Supermans Landeplatz

Zum Start ins Wochenende noch eine Anfrage, die mich schmunzeln ließ. Wer weiß, vielleicht hat ja jemand Lust, die intergalaktische Problematik zu lösen. Hier die Leserpost:

Ich habe mal eine Frage aus purem Interesse heraus.

Wenn Supermans Raumschiff nicht in Smallville Kansas, sondern in
Buxtehude gelandet wäre, würde er als illegaler Einwanderer gelten?

Ist er gemäß deutschem Recht eine natürliche Person und unterliegt damit denselben Rechten und Pflichten wie ein Homo Sapiens?

Oder wäre das deutsche Recht (wie das US-Recht sicherlich auch) gar
nicht wirklich vorbereitet auf diese Frage?

Streaming-Abmahnung mit vielen Fragezeichen

Gestern habe ich über eine neue Form der Abmahnung berichtet. Es geht nicht um Filesharing im klassischen Sinne. Vielmehr verlangt die Regensburger Anwaltskanzlei Urmann + Collegen (U + C) im Namen einer „The Archive AG“ 250 Euro Schadensersatz für das Betrachten eines Videostreams auf der Pornoseite „redtube“.

Es handelt sich offensichtlich um eine veritable Abmahnwelle. Unser Kanzleipostfach quillt über mit Rückfragen von Betroffenen. Auch die Leserdiskussion zum erwähnten Beitrag im law blog verläuft mit bislang rund 220 Kommentaren lebhaft.

Ich habe jetzt selbst einige der Abmahnschreiben vorliegen. Die Kanzlei U + C fordert 250 Euro. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus 169,50 Euro Anwaltskosten, 65 Euro Ermittlungskosten und stolzen 15,50 Euro (!) Schadensersatz für den angeblichen Filmgenuss. Außerdem sollen die Anschlussinhaber eine Unterlassungserklärung abgeben. Bislang berichten nur Kunden der Telekom von solchen Abmahnungen. Den Beschluss des Landgerichts Köln, der die Herausgabe der IP-Adressen anordnet, fügen die Rechtsanwälte nicht bei.

Das ist der Stand der Dinge. Hier meine Meinung zu den wichtigsten Punkten:

Es ist höchst zweifelhaft, ob überhaupt eine Urheberrechtsverletzung vorliegt. Die wesentlichen Gründe:

Das bloße Betrachten eines Streams ist nach der derzeit gültigen Rechtslage keine „Vervielfältigung“. Das Gesetz fordert aber gerade diese „Vervielfältigung“ für eine Urheberrechtsverletzung. Ob das eventuelle Zwischenspeichern auf dem Gerät schon eine Vervielfältigung ist, haben die Gerichte bislang nicht geklärt.

Die Rechtsanälte U + C berufen sich lediglich auf das Urteil des Amtsgerichts Leipzig im Fall kino.to. Dort ging es aber um die Verantwortung von Betreibern einer Streaming-Plattform, nicht um deren Nutzer. Die Abmahner vergleichen hier Äpfel mit Birnen.

Wenn man das Gesetz ernst nimmt, ist das Betrachten eben noch keine Vervielfältigung. Deshalb sehe ich, wie andere Juristen auch, schon gar keine Urheberrechtsverletzung.

Eine Urheberrechtsverletzung beim Anschauen eines Streams setzt weiter voraus, dass die Quelle „offensichtlich rechtswidrig“ ist. Die Streams sollen auf der Plattform „redtube“ gehostet worden sein. Redtube ist Teil des Erotikkonzerns Konzerns Manwin, der unter anderem auch die weltweit größte Streamingseite Youporn betreibt. Manwin dominiert das Sexgeschäft im Internet, und zwar international.

Nicht mal ein aufmerksamer Nutzer wird Anhaltspunkte dafür finden, dass Manwin außerhalb der Legalität operiert. Fragen des örtlichen Jugendschutzes ausdrücklich ausgenommen, aber die tun hier nichts zur Sache.

Wie Youporn hostet redtube riesige Mengen an Videoclips. Eine große Zahl der Videos wird offensichtlich von den Produzenten selbst eingestellt, da neben den Filmen oft auch gleich Banner und Links auf die Bezahlseiten der Anbieter führen. Es handelt sich also definitiv nicht um ein Angebot, das ein Nutzer als „illegal erkennen kann. Das gilt dann eben auch für einen Film, der – wie auch immer – ohne Einverständnis des Rechteinhabers auf redtube gelandet sein könnte.

Von daher hätte sich ein argloser Nutzer also gerade nicht bei einer offensichtlich rechtswidrigen Quelle bedient. Selbst wenn man also beim Streamen ein Vervielfältigen annehmen will, würde das jeden Schadensersatzanspruch zunichte machen. Der Nutzer hätte zwar die Datei vervielfältigt, aber es würde sich um eine zulässige Privatkopie handeln. Raum für Ersatzansprüche besteht da nicht.

Überdies – das gilt für alle Filesharing-Fälle – haftet jemand keinesfalls einfach so für jede Urheberrechtsverletzung, die über seinen Anschluss begangen wurde.

Die Rechtsanwälte U + C behaupten dies in ihrem Schreiben zwar, aber die Rechtsprechung sieht mittlerweile anders aus. So kommen meist auch Ehegatten, Kinder, Mitbewohner oder schlicht Besucher als Bösewichte in Betracht. Für deren Fehlverhalten haftet ein Anschlussinhaber nicht, wenn er die Mitnutzer darüber belehrt hat, dass sie keine Urheberrechtsverletzungen begehen sollen.

Gleiches gilt natürlich auch für den Fall eines technischen Missbrauchs, der ebenfalls möglich ist. Kann der Anschlussinhaber darlegen, dass er seinen Internetanschluss ausreichend abgesichert hat, muss er für eventuellen Missbrauch ebenfalls nicht haften.

Von daher gibt es insgesamt gesehen keinen Grund, die 250 Euro eilfertig zu überweisen. Selbst dann nicht, wenn einem die Sache peinlich ist. Eine große Zahl – um nicht zu sagen fast alle – Empfänger der Schreiben beteuern uns gegenüber, dass sie definitiv keine Pornos auf redtube angeschaut haben. Damit ist zumindest nicht ausgeschlossen, dass U + C hier auf einen komplett falschen Zug aufgesprungen sind.

Als nächstes wird es sicher Beschwerden gegen die Entscheidung des Landgerichts Köln geben, der die Telekom zur Herausgabe der IP-Adressen angeblicher Nutzer verpflichtete. Aus den oben obigen Gründen hätte das Landgericht Köln kritisch hinterfragen müssen, ob überhaupt eine Urheberrechtsverletzung plausibel ist. Das ist sie bislang keinesfalls, so dass die Freigabe nicht hätte erklärt werden dürfen.

Interessant ist abschließen, dass der Schadensersatz von 250 Euro nicht auf das Anwaltskonto der Rechtsanwälte U + C gezahlt werden soll, obwohl die geltend gemachten Anwaltskosten 2/3 des Betrages ausmachen. Vielmehr sollen Abgemahnte das Geld direkt an den angeblichen Rechteinhaber überweisen, die mir bislang unbekannte Aktiengesellschaft namens „The Archive“. Diese sitzt in der Schweiz. Das wird es eher nicht leichter und vor allem billiger machen, eventuell zuviel gezahltes Geld wieder zu bekommen.

Drossel-Debatte erreicht Mobilfunktarife

Mit ihren Flatrate-Tarifen wird die Telekom momentan nicht glücklich. Jetzt nehmen Verbraucherschützer auch die Mobilfunktarife ins Visier. Die Verbraucherzentrale Sachsen mahnte das Telekommunikationsunternehmen ab, weil es bei bestimmten LTE-Tarifen eine Drosselung gibt.

„Surfen mit bis zu 100 MBit/s“ – so warb die Telekom für ihre Internettarife „via Funk“. Verbraucher in überwiegend ländlichen Regionen ohne DSL sollen damit in den Genuss schnellen Internets kommen können. Doch das Vergnügen währt laut den Verbraucherschützern nicht lange. Je nach gebuchter Tarifklasse greift die Drosselungsklausel, wenn man ein bestimmtes Surfvolumen verbraucht hat, sehr schnell. So beim Tarif S Standard zu 34,94 € ab 10 Gigabyte und beim Tarif M zu 39,95 € ab 15 Gigabyte. Für den Rest des Monats werden dann für den Rest des Monats auf eine Geschwindigkeit von max. 384 KBit/s für den Downstream zurückgesetzt.

Die Verbraucherzentrale Sachsen rügte eine Irreführung der Kunden. Sobald das Volumen für schnelles Internet erschöpft sei, könne dieser die Verbindung nicht mehr sinnvoll nutzen.

Die Telekom reagierte schnell auf die Abmahnung. „Wo Flatrate drauf steht, soll auch Flatrate drin sein. Wir werden beim Tarif Call & Surf via Funk deshalb nicht mehr von einer Flatrate sprechen“, kündigte laut Süddeutscher Zeitung heute ein Unternehmenssprecher an. Den Rückzieher wertet die Telekom als weiteren Schritt auf dem Weg zu mehr Transparenz. Dieser sei längst nicht abgeschlossen.

Vor kurzem hatte die Telekom nach einem negativen Gerichtsurteil schon zugesagt, bei Festnetztarifen nicht mehr von einer Flatrate zu sprechen, wenn die Geschwindigkeit nach gewisser Zeit gedrosselt wird.

Der Schritt der Telekom könnte auch für andere Mobilfunkfirmen Handlungsdruck erzeugen. Viele Anbieter bewerben fürs mobile Internet ihre Tarife als „Flatrates“. Gleichwohl drossen sie die Datengeschwindigkeit ab gewissen Grenzen. Es wird sich also die Frage stellen, ob das zulässig ist.

Gutjahrs Fail

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Endlich macht mit Richard Gutjahr mal jemand den Versuch, sich auf das Niveau jener zu begeben, die Vorratsdatenspeicherung und Überwachung für (über)lebensnotwendig halten. Und denen zur Verteidigung ihrer Meinung keine Platitüde zu schade ist. Als aktuelle Beispiele sind SPD-Chef Sigmar Gabriel und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich zu nennen.

Gleichwohl schwächelt Gutjahr leider auf der Zielgeraden. Im Laufe seines Beitrags lässt er dann doch wieder sachliche Argumente sprechen. Also irgendwie ein Fail. Aber ein unbedingt lesenswerter.

Kein FDP-Bonus fürs Frühstück im Hotel

Der ermäßigte Umsatzsteuersatz für Hoteliers in Höhe von 7 % gilt nur für die Übernachtung. Für das Frühstück muss dagegen der Regelsteuersatz von 19 % abgeführt werden, auch wenn das Hotel Übernachtung und Frühstück zu einem Pauschalpreis anbietet. Das hat der Bundesfinanzhof entschieden.

Das Finanzamt hatte von einem Hotelier verlangt, dass er für den anteiligen Frühstückspreis 19 % Umsatzsteuer abführt. Der Unternehmer wollte für diesen „kalkulatorischen Anteil“ am Gesamtzimmerpreis aber nur die ermäßigte Umsatzsteuer von 7 % zahlen.

Der Bundesfinanzhof gab dem Finanzamt recht. Der ermäßigte Steuersatz beziehe sich lediglich auf die reine Übernachtung. Sonstige Dienstleistungen wie das Frühstück seien von der Steuerbefreiung nicht umfasst. Gegenüber dem Finanzamt müssen Hoteliers deshalb auch bei Pauschalpreisen für den Anteil des Frühstücks den normalen Steuersatz zahlen.

Die schwarz-gelbe Koalition hatte nach ihrem Amtsantritt 2010 die Umsatzsteuer für Hoteliers auf 7 % Prozent ermäßigt (Aktenzeichen XI R 3/11).

Abmahnung gegen Stream-Nutzer

Spätestens mit kino.to ist Streaming im Internet salonfähig geworden. Viele nutzen die Angebote. Und das nicht nur, um urheberrechtlich unproblematische Inhalte anzuschauen. Bislang galt das als relativ risikolos. Denn die Contentindustrie ging nur gegen die Betreiber von Streaming-Portalen vor, nicht gegen einzelne Nutzer. Das könnte sich jetzt ändern.

Der Mainzer Rechtsanwalt Karsten Gulden berichtet von einer Abmahnung, die ein Nutzer des Streaming-Portals redtube.com bekommen hat. Der Nutzer soll sich über Redtube den Porno „Amanda’s Secrets“ angeschaut haben. Einzelheiten zur Abmahnung sind dem Juristen nach eigenen Angaben bislang nicht bekannt.

Interessant wäre insbesondere, wie die Rechteinhaber an die IP-Adresse des Abgemahnten gekommen sind. Das Landgericht Köln soll sie, das weiß RA Gulden aus der Abmahnung, über eine ganz normale Abfrage an die Rechteinhaber herausgegeben haben, wie sie bislang in Filesharing-Fällen üblich ist.

Für mich ist nicht ganz klar, wie die Rechteinhaber in dem Fall feststellen konnten, ob der betreffende Anschluss Daten beim Streamingdienst abfragte – und insbesondere welche. In Frage kommt in erster Linie eine „Überwachung“ der von Redtube ausgelieferten Streams. Ich ging bisher davon aus, dass dies (rechtssicher) nicht möglich ist.

Sollten die Contentindustrie tatsächlich selbst den Streaming-Verkehr analysieren können, wäre das natürlich ein Alarmsignal für die Nutzer von Streaming-Portalen. Aber nicht nur für diese. Auch Filehoster wie das selige megaupload.com galten bislang als relativ „sicher“, weil der Nutzer im Gegensatz zum Filesharing seine IP-Adresse ebenfalls nicht quasi öffentlich stellt.

Eine andere – vielleicht näherliegende – Möglichkeit ist natürlich, dass Redtube die beim Abruf festgehaltenen Nutzerdaten herausgegeben hat, möglicherweise auf juristischen Druck.

Ohnehin ist höchst fraglich, ob der Abgemahnte tatsächlich eine Urheberrechtsverletzung begangen hat. Denn bislang streiten sich Juristen noch intensiv darüber, ob das Betrachten einzelner Streams nicht möglicherweise schlicht und einfach zulässig ist.

Belästigung aus Köln

Die Gebühreneinzugszentrale gibt es nicht mehr. Damit ist auch das Schreckenskürzel GEZ weg. Aber die Methoden haben sich offensichtlich kaum geändert.

Die Quälgeister des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nennen sich jetzt „Beitragsservice“. Und der bleibt penetrant. So setzt er, nur ein Beispiel von vielen, einer Dame im Düsseldorfer Stadtteil Wittlaer zu.

Die ist verheirat mit einem Mann, der die Gebühren für die gemeinsame Wohnung in einem 2-Familien-Haus zahlt. Das könnte dieser (er nennt sich wahrhaftig so) „Service“ durchaus wissen, denn die Verhältnissse im Haushalt sind nicht neu – und waren schon zu Zeiten der GEZ bekannt. Stattdessen vergeudet der GEZ-Nachfolger Porto und Papier und will immer wieder wissen, wer der Familienangehörige der Dame ist.

Für die Antwort soll sie sogar zahlen. Entweder das Porto für den „Antwortbogen“. Oder 6,5 Cent pro Minute für ein klärendes Telefonat. „Bitte bedenken Sie,“, so droht der Service aus Köln, „dass Sie gesetzlich verpflichtet sind, uns Auskunft zu geben“. Wörtlich: „Bitte in BLOCKSCHRIFT“. Und weiter: „In den Farben Blau oder Schwarz!“ Aber gerne. Hier kommt die Antwort. In Blockschrift. Und sozusagen schwarz auf weiß: NEIN!

Denn das alles ist, auch juristisch, absurd. Und wer das weiß, hat stets den zweckmäßigen Platz für diese belästigenden Briefe aus Köln: den Papierkorb. (pbd)

„Nichts in der Hand“

Nicht mit Ruhm bekleckert hat sich die Polizei bei den Ermittlungen rund um eine Drogenplantage im Kreis Vorpommern-Greifswald. Das Landgericht Neubrandenburg attestierte den Ermittlern in einem Urteil wenig Fingerspitzengefühl.

Tatsächlich, so das Gericht, beruhte die Verurteilung zweier Helfer nur auf deren Geständnissen. „Ohne die Geständnisse der Angeklagten hätten wir gar nichts gehabt“, zitiert N24 den Vorsitzenden Richter. Die Hintermänner der Aktion seien entwischt, weil die Polizei die Plantage nicht erst beobachtete, sondern gleich mit einem Sondereinsatzkommando zuschlug und sonstigen Spuren nicht energisch nachging.

Die jetzt verurteilten Helfer stufte das Gericht als „kleine Lichter“ ein. Da sie noch nicht einmal am Tatort waren, hätten sie ohne ihre eigenen Geständnisse nach Auffassung des Gerichts gar nicht verurteilt werden können.

An sich eine alltägliche Geschichte. Sie bestätigt aber mal wieder schön die Erfahrung, dass redselige Beschuldigte meist das beste Beweismittel – und oft das einzige Beweismittel – gegen sich selbst sind. Selbst wenn man im Gegensatz zu den Angeklagten tatsächlich nichts zu „verbergen“ hat, lohnt es sich auf jeden Fall, das Recht zu schweigen als Option im Auge zu haben.

Mordparagraf unter der Lupe

Mord. Ausgerechnet eine der schwersten Strafvorschriften passt nicht recht ins sonstige System des Strafgesetzbuches. Der Mordparagraf geht in erster Linie von den Beweggründen des mutmaßlichen Täters aus, nicht wie sonst üblich von der eigentlichen Tat. Jetzt gibt es mal wieder Initiativen, das Relikt in eine sinnvollere Fassung zu bringen.

Der Mordparagraf erklärt unter anderem jenen zum Mörder, der einen Menschen aus bestimmten Motiven tötet. Genannt werden Mordlust, die Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier oder niedrige Beweggründe. Der Katalog hat keine sonderlich sympathischen Urheber. Seine nach wie vor aktuelle Fassung erhielt er 1941 unter Federführung Roland Freislers.

Schleswig-Holsteins Justizministerin Anke Spoorendonk möchte mit dem unglücklichen Paragrafen nun brechen. Sie hat eine Bundesratsinitiative eingebracht, um die Vorschrift zu ändern. Mit guten Gründen, wie ein Bericht der Zeit belegt.

Interessant finde ich auch den Aspekt, dass ein weiteres Mordmerkmal, die Heimtücke, strukturell schwache Täter benachteiligt. Zum Beispiel Frauen, die aus körperlicher Unterlegenheit zu Gift greifen. Hätten sie die Möglichkeit, ihrem Opfer offen gegenüber zu treten, stünde ihre Chance auf eine mildere Strafe deutlich besser. Denn ist eine Tat erst mal als Heimtückemord eingeordnet, hat das Gericht kaum noch eine Möglichkeit, die lebenslange Freiheitsstrafe zu umgehen.