Brief an T-Mobile

Aus aktuellem Anlass ein Schreiben an T-Mobile:

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir vertreten die rechtlichen Interessen Ihres Kunden Peter J.

Unser Mandant hat einen iPhone-Vertrag der 1. Generation. Mit dem Softwareupdate für das iPhone unseres Mandanten haben Sie die Möglichkeit gesperrt, dieses iPhone als Datenmodem für Netbooks etc. zu verwenden (Tethering).

Hierzu sind Sie nicht berechtigt. Laut Vertrag ist Leistungsgegenstand, dass unser Mandant über das iPhone oder andere Geräte ins Internet gehen kann. Gemäß der nach wie vor für unseren Mandanten gültigen AGB und der Preisliste ist die Nutzung als Modem nicht untersagt und somit als übliche Nutzung zulässig. Nur vorsorglich weisen wir darauf hin, dass in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen im 3. Abschnitt „Netzleistung“ sogar ausdrücklich die Nutzung als Modem erwähnt und zugelassen wird.

Auch beim eingeräumten Datenvolumen laut Preisliste werden keine Einschränkungen gemacht.

Eine einseitige Änderung des Vertragsinhaltes, wie von Ihnen vorgenommen, ist nicht zulässig. Sie erbringen derzeit Ihre vertragliche Leistung nicht hinreichend, indem Sie unserem Mandanten eine für ihn wichtige Nutzungsmöglichkeit des iPhones vereiteln. Wir fordern Sie auf, unserem Mandanten das Tethering bis spätestens 24. September 2009 zu ermöglichen.

Sollte die Frist erfolglos verstreichen, wird unser Mandant den Vertrag aus wichtigem Grund fristlos kündigen und Schadensersatz geltend machen. Herr J. nutzt das iPhone mit dem Netbook. Er ist hierauf beruflich wie privat angewiesen. Die einseitige Sperrung stellt also eine gravierende Vertragsverletzung dar, welche zur fristlosen Kündigung berechtigt.

Wir machen vorsorglich darauf aufmerksam, dass die Problematik in Ihrem Hause bekannt ist. T-Mobile hatte zunächst ausdrücklich zugesagt, dass Kunden der ersten Vertragsgeneration wie unser Mandant weiter Tethering nutzen können. Aus nicht nachvollziehbaren, juristisch jedenfalls unhaltbaren Gründen ist diese Zusage dann wieder zurückgenommen worden.

Wir bitten Sie ausdrücklich darum, diese Mail der Rechtsabteilung oder der Geschäftsleitung vorzulegen.

Nachtrag: Facebook-Gruppe zum Thema

Medialer Effekt

Straftaten wie sexueller Missbrauch von Kindern sind in der Statistik stetig rückläufig. Das sollte man vorausschicken, wenn man sich ansieht, wie das Bundeskriminalamt in jüngster Zeit öffentlich nach Straftätern in diesem Bereich sucht. Seit heute wird nach einem Mann gefahndet, der wahrscheinlich vor 16 Jahren zwei damals 11 bis 15 Jahre alte Jungen am FKK-Strand bei sexuellen Handlungen angeleitet und gefilmt hat.

Dabei handelt es sich nicht um eine normale Öffentlichkeitsfahndung. Nein, der Verdächtige erscheint gleich auf der Startseite in der Rubrik „meistgesuchte Personen“. Wenn derartige Delikte reichen, um die Spitze der bundesweiten Fahndungslisten zu stürmen, dürfte es auch ansonsten gut um die Kriminalitätsentwicklung in Deutschland stehen. Freuen wir uns also.

Stören wir uns auch nicht daran, dass die mitgeteilten Fakten eher dafür sprechen, dass der Täter gar nicht mehr verurteilt werden kann. Der schwere sexuelle Missbrauch von Kindern, dazu gehört auch das „Anstiften“ zu sexuellen Handlungen an Dritten, verjährt in zehn Jahren. Dank einer Sonderregel beginnt die Verjährung frühstens mit Vollendung des 18. Lebensjahres.

Wie das BKA selbst schreibt, dürften die Opfer heute 27 bis 31 Jahre alt sein. Sie müssten also im Video eher älter wirken als sie tatsächlich waren, damit die Straftat heute überhaupt noch verfolgt werden kann. Möglich ist das. Aber auch so naheliegend, um noch einen derartigen Aufruf zu rechtfertigen?

Aber womöglich geht es ja auch ums große Ganze. Der mediale Effekt, der so wunderbar die Angst schürt, bleibt natürlich unbezahlbar – abseits von grauen Zahlen.

Nachtrag: Laut Bild wurde der inzwischen ermittelte Mann bereits 1994 wegen des Videos verurteilt.

Zeit verschwenden

Mit Kontoauszügen halte ich mich normalerweise nicht lange auf. Doch zum Glück habe ich im Urlaub meine Barabhebungen mit der Kreditkarte gecheckt. Und stolperte dabei über umgerechnet knapp 410 Euro, die ich aus einem Automaten der thailändischen Krungsri Bank gezogen haben soll.

Richtig ist, dass ich am 29. August an einem Krungsri-Automaten 20.000 Baht abheben wollte. Allerdings erschien eine Meldung: „No connection to Bank.“ Ich habe den Vorgang dann gecancelt, meine Karte zurückerhalten und den Automaten einer anderen Bank genutzt. Da der andere Automat gleich daneben stand, kann ich auch sicher sagen, dass weder Geld noch Quittung aus dem Krungsri-Automaten kamen. Wobei man in Thailand Geld und Quittung ohnehin immer vor der Karte zurückerhält. (Weshalb täglich unzählige Touristen ihre Karten im Automaten vergessen.)

Nun ja, die 410 Euro wurden meinem Konto belastet. Sie standen auch am 8. September noch online – zehn Tage nach der fehlerhaften Transaktion. Ich schickte am gleichen Tag eine Mail an meine Bank und beschwerte mich über die Abbuchung. Gestern, mehr als zwei Wochen nach der gescheiterten Abhebung, wurden die 410 Euro wieder gutgeschrieben. Übrigens ohne Kommentar.

Ich glaube, ich werde auf Kontoauszüge künftig mehr Zeit verschwenden.

„Uneinbringlich“

Unser Schreiben an die Schufa:

… Namens und im Auftrag unserer Mandantin fordern wir Sie auf, die von den Firma Arvato Infoscore GmbH sowie Arcor AG & Co. KG Finanz- und Rechnungswesen gemeldeten Daten zu löschen.

Die von den genannten Firmen gemeldeten Informationen sind unzutreffend. Es handelte sich um bestrittene Forderungen, da die Firma Arcor den Telekommunikationsvertrag nicht ordnungsgemäß erfüllt und auch sachlich falsche Rechnungen gestellt hat. Frau W. hat dies auch mehrfach mitgeteilt.

Insbesondere hat Frau W. aber gegen den Mahnbescheid Widerspruch eingelegt. Auf diesen Widerspruch hin hat Frau W. nichts mehr gehört. Somit ist die Forderung, zumindest nach dem Kenntnisstand unserer Mandantin, nicht tituliert. Es kann auch keine Rede davon sein, dass die Forderung, wie in der Schufa-Eintragung formuliert, „uneinbringlich“ sei. Dies kann schon deswegen nicht zutreffen, weil die Forderung nicht tituliert wurde und gegen unsere Mandantin auch keine Vollstreckung stattfand.

Überdies würde unsere Mandantin im Falle eines Prozessverlustes die Forderung selbstverständlich auch ausgleichen. Da die Forderung aber mit guten Gründen bestritten ist, meinen wir, dass Frau W. den Rechtsstreit gewinnen würde.

Wir geben Ihnen Gelegenheit, den Schufaeintrag unserer Mandantin bis zum … in Ordnung zu bringen. Frau W. entstehen bereits jetzt erhebliche Nachteile durch die falschen Einträge. Unter anderem sind Verträge abgelehnt worden.

Wir bitten deshalb um schnellstmögliche Bearbeitung.

Die Schufa sperrte zügig die Daten und teilte dann nach einigen Tagen folgendes mit:

Aufgrund Ihrer schriftlichen Mitteilung haben wir bei der Firma Arvato Infoscore GmbH für Vodafone AG eine Rückfrage zu der zu ihrer Mandantin vermerkten Forderungen gehalten. Aufgrund der uns vorliegenden Informationen haben wir die in Rede stehenden Informationen aus dem Schufa-Datenbestand entfernt.

Sicher nur ein bedauerlicher Einzelfall.

Blinddarm-Eingriff war eine Brust-OP

Duisburg/Mülheim.War es Gier? Der Mülheimer Frauenarzt Georges P. (55) ist vom Landgericht Duisburg jetzt zu 3 Jahren und 4 Monaten Haft wegen Betruges verurteilt worden, weil er innerhalb von 5 Jahren mit wenigstens 126 vorgetäuschten Operationen diverse Krankenkassen um rund 300 000 Euro geschädigt hat.

Rund 250 Frauen haben sich zwischen 2002 und 2007 von P., so die Staatsanwaltschaft Wuppertal, die Bäuche straffen oder ihre Brüste operieren lassen – der Kasse aber jeweils eine gefälschte Rechnung wegen eines „Eingriffs am Blinddarm“ geschickt. Die Betrugsserie war aufgeflogen, weil Krankenkassen mißtrauisch geworden waren. Bei denen hatten sich Frauen aus Süddeutschland privat zusätzlich versichert, drei Monate gewartet, um sich dann alle ausgerechnet von P. in Mülheim behandeln zu lassen.

Die „Schwerpunktabteilung für Ärztesachen und Korruptionsverfahren” der Staatsanwaltschaft Wuppertal ermittelte dann hunderte solcher Fälle. Neben P. sind, so Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert, bereits 150 Frauen zumeist aus dem Ruhrgebiet wegen Betruges verurteilt worden. Gegen P. erging durch die 2. große Strafkammer des Landgericht Duisburg auch ein 3-jähriges Berufsverbot. (pbd)

GEZ-Mini-Update

Vor ziemlich genau zwei Jahren machte die Nachricht die Runde, dass ein „Rundfunkgebühren-Beauftragter“ (Volksmund: „GEZ-Fahnder“) vom Amtsgericht Neumünster zu einer Geldstrafe verurteilt worden war. Seine Methoden waren als versuchte Nötigung eingestuft worden.

Laut FAZ wollte der Mann dieses Urteil aber nicht hinnehmen, er ging in die Berufung. Das Urteil war damit nicht rechtskräftig. Durch Zufall bekam ich die Geschichte von damals auf den Bildschirm und fragte mich, was aus der Sache geworden ist. Vielleicht war der „Rundfunkgebühren-Beauftragte“ (Volksmund: „GEZ-Fahnder“) ja sogar freigesprochen worden.

Die Recherche war kurz, das Ergebnis eindeutig: Das Urteil ist längst rechtskräftig. Nachdem das zuständige Landgericht Kiel die Hauptverhandlung anberaumt hatte, nahm der Angeklagte die Berufung zurück, heißt es in einer Pressemitteilung des Landgerichtes Kiel vom Juni 2008.

Vielleicht war der Mann einfach motiviert durch die GEZ-Kampagne: „Natürlich zahl´ich“. In dem Fall die Geldstrafe wegen versuchter Nötigung.

Zoff zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft

Essen/Mülheim/Duisburg. Die Mülheimerin Marion W. könnte noch leben – sie wurde am 8. März 2009 erdrosselt in ihrer Wohnung gefunden. Der 38-jährige Thorsten D. hatte die Möglichkeit und die Zeit zu dieser Tat. Obwohl gegen ihn die Essener Kriminalpolizei schon fünf Monate vorher wegen einer anderen Tat gute Gründe für die Untersuchungshaft hatte, lehnte die Staatsanwaltschaft Duisburg den Antrag auf U-Haft dankend ab: „Die Polizei hat die Anregung erwogen“, schob Oberstaatsanwalt Bernd Englisch den Schwarzen Peter von der Behörde, „aber nicht zeitnah weiter verfolgt“. „Das ist eine Lüge“, konterte Polizeisprecher Ulrich Faßbender. Englisch begebe sich mit seiner „falschen Behauptung auf dünnes Eis“.

Fakt ist: Thorsten D. blieb nach dem sexuellen Missbrauch der 13-jährigen Tochter seiner Ex-Frau bis zum Prozess 9 Monate lang auf freiem Fuß. Er wurde erst vor knapp 3 Monaten zu 3 Jahren und 3 Monaten verurteilt. Und sitzt wegen Verdacht des Totschlags an seiner ehemaligen Geliebten Marion W. seit 8 Tagen in Untersuchungshaft. „Das alles ist nur noch frustierend“, kommentiert Wilfried Albishausen vom Bund Deutscher Kriminalbeamten den Fall – die Essener Kriminalpolizei habe alles richtig gemacht. Die hatte im September vorigen Jahres durch eine Anzeige vom sexuellen Mißbrauch der 13-jährigen in Mülheim erfahren. Dem Mädchen soll Thorsten D. vorher Schlaftabletten gegeben haben, um sie zu betäuben. Einen Monat später regte die für Mülheim zuständige Kripo in Essen die Untersuchungshaft bei der Staatsanwalt Duisburg an. Wegen der Höhe der für den Täter zu erwartenden Strafe. Und wegen Verdunkelungsgefahr. Diese Gründe hielt die Staatsanwaltschaft für „nicht ausreichend“.

Dem widerspricht Oberstaatsanwalt Bernd Englisch zwar, kann aber keine Tatsachen nennen: „Die Akte ist unterwegs“. Danach ist er nicht mehr erreichbar. Unterdessen untermauert Polizeisprecher Ulrich Faßbender die Aktivitäten der Kripo. Als Thorsten D. ein Geständnis abgelegt hatte, sei der Eildienst der Staatsanwaltschaft Duisburg nicht erreichbar gewesen. Auch deswegen habe die Kripo einen Monat später noch einmal auf Untersuchungshaft gedrängt. Doch den Antrag der Staatsanwaltschaft habe es nicht gegeben. Unterdessen war in Mülheim die Leiche der erdrosselten Marion W. (49) gefunden worden. Die Essener Kripo ging zunächst von einer Selbsttötung aus, sicherte aber DNS-Spuren. Die wiederum führten nach Untersuchungen des Landeskriminalamtes zu Thorsten D. – er wurde am Donnerstag vergangener Woche an seiner Arbeitsstelle in Mülheim festgenommen und in Untersuchungshaft geschickt. Er hatte die Zeit und die Möglichkeit, Marion W. zu töten.

Dortmund: „Antikriegstag“ verboten

Münster/Dortmund. Weil ein gewalttätiger Verlauf nicht auszuschließen ist, bleibt der von einer privaten Person angemeldete Aufzug zum „Antikriegstag“ am kommenden Sanstag in Dortmund verboten. Das hat der 5. Senat des nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts beschlossen und ist damit den Entscheidungen des Polizeipräsidenten Dortmund und des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen gefolgt.
In der Vergangenheit war es zu Übergriffen eines „Schwarzen Blocks“ aus rechten Kreisen gegen Polizeibeamte gekommen. Vergleichbare Gewalttaten hatte der Veranstalter für Dortmund nicht ausschließen können. Im Gegenteil: Er hatte versucht, Angriffe auf seiner Meinung nach rechtswidrig handelnde Polizisten zu rechtfertigen. (pbd)

Die Geisterarmee als Kündigungsgrund

Manche Selbstständigen dirigieren in ihrer Ein-Mann-Wohnzimmer-Firma eine wahre Geisterarmee.
Der Chief Operating Head of irgendwas ist natürlich nur über ein ausgefeiltes Ticket-System zu erreichen, spricht in der Korrespondenz ausschließlich im Plural („Wir werden Ihren Auftrag schnellstmöglich bearbeiten“) und von der Internetseite lächeln angebliche Team-Mitglieder aus dem Fotofundus des Homepage-Baukastens. Unverzichtbar dabei: das professionelle Headphone im Ohr.

Das schindet vielleicht Eindruck – kann aber allergrößte Schwierigkeiten mit dem Vermieter bringen, wie ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshof zeigt (VIII ZR 165/08, Volltext).

In dem Fall ging es darum, ob die Kündigung eines Mieters gerechtfertigt war, der in einer Privatwohnung ohne Erlaubnis als Immobilienmakler arbeitete. Der Bundesgerichtshof blieb im Prinzip auf der Linie der bisherigen Rechtssprechung: Gegen eine berufliche Mit-Nutzung einer Privatwohnung ist generell nichts einzuwenden, wenn die Außenwirkung gering bleibt, also niemand gestört wird.

Ein Ausschlusskriterium sei aber, wenn der Selbstständige zu Hause Mitarbeiter beschäftige. Der Immobilienmakler bestritt zwar, Mitarbeiter gehabt zu haben – allerdings hatte er auf seiner Firmen-Homepage von einem „Team“ gesprochen. Ob es eine Geisterarmee war oder nicht, muss nun die Vorinstanz klären, an die der BGH den Fall zurückverwiesen hat.

Leicht wird es für den Immobilienmakler nicht: Der Bundesgerichtshof hat ihm die Beweislast aufgebürdet, dass das „Team“ ein Fake war, sozusagen ein Dream-Team.

Köln: Denkmal-Demo verboten

Eine rechtsextreme Gruppierung wollte in Köln gegen die Einweihung des Denkmals für die Opfer der NS-Militärjustiz demonstrieren. Das hat der 5. Senat des Oberverwaltungsgerichts Münster (OVG) mit der Begründung verboten. Allein der Aufruf zur Demonstration sei „in strafbarer Weise“ darauf ausgerichtet, die Opfer der NS-Militärjustiz „massiv in ihrer Würde herabzusetzen und verächtlich zu machen“ (AZ: 5 B 1265/09).

Das Denkmal soll daran erinnern, dass unter anderem die Tatbestände der Wehrkraftzersetzung und der Desertion in besonderer Weise in den Dienst der nationalsozialistischen Unrechts- und Willkürherrschaft gestellt worden seien und die Bejahung dieser Tatbestände auch in völlig belanglosen Fällen regelmäßig zur Verhängung der Todesstrafe geführt habe.

Das OVG folgte mit seinem Beschluss der Verbotsverfügung des Kölner Polizeipräsidenten und des Verwaltungsgerichts Köln. Dazu heisst es: „In der öffentlichen Identifikation mit der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft liegt stets ein Angriff auf die Menschenwürde der getöteten und überlebenden Opfer“. (pbd)

OLG Köln: Kredit-Werbung mit “Ab”-Zins zulässig

Das Oberlandesgericht Köln hat rechtskräftig entschieden, dass eine Kreditwerbung mit der Aussage „ab 4,44 % eff.p.a.“ zulässig ist. Sie enthalte kein Irreführungspotenzial (6 U 4/09, Volltext):

Sie ist vielmehr eindeutig und besagt, dass der Kredit je nach den Umständen zu unterschiedlichen Zinssätzen und im günstigsten Falle zu 4,44 % effektivem Jahreszins ausgegeben wird. (…) Entgegen der Meinung des Klägers enthält das Angebot nicht allein deshalb nur die „halbe Wahrheit“ im vorstehenden Sinne, weil der Nutzer auch noch ein Interesse hat, die Bedingungen für die Vergabe des Kredits zu erfahren. Dem entspricht es, dass in der Rechtsprechung – worauf die Parteien übereinstimmend hinweisen – die Werbung mit „ab-Preisen“ nur in Fällen als irreführend beanstandet worden ist, in denen – was hier nicht in Rede steht – Ware zu den beworbenen günstigsten Preisen nicht in ausreichendem Umfang vorrätig war.

Das Gericht lies offen, ob es anders entschieden hätte, wenn die neue „Verbraucherkreditrichtlinie“ bereits in Kraft wäre. Das Urteil enthält lediglich die Andeutung, dass „die Richtlinie in der Sache auch nicht so weitgehende Anforderungen stellt, wie der Kläger ihr entnehmen will.“

Neue „Kronzeugen“-Regelung ab 1. September

Das Bundesjustizministerium gibt bekannt:

Am 1. September 2009 tritt eine neue Strafzumessungsregel in Kraft. Bei Straftätern, die zur Aufklärung oder Verhinderung von schweren Straftaten beitragen, können Richterinnen und Richter die Strafe künftig mildern oder ganz von Strafe absehen.

Die Reform knüpft an frühere Möglichkeiten an, die Kooperationsbereitschaft von Straftätern zu honorieren. Bis 1999 galt das Kronzeugengesetz, das für die Bildung krimineller oder terroristischer Vereinigungen und damit zusammenhängende Taten die Möglichkeit eröffnete, das Verfahren einzustellen, von Strafe abzusehen oder die Strafe zu mildern. Das geltende Strafrecht kennt spezifische („kleine“) „Kronzeugenregelungen“ für bestimmte Delikte, nämlich bei der Geldwäsche (§ 261 StGB), im Betäubungsmittelstrafrecht (§ 31 BtMG) und in sehr engem Umfang bei der Bildung einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung (§§ 129, 129a StGB).

Praktisch bedeutsam ist vor allem § 31 BtMG, dessen Anwendung in den vergangenen Jahrzehnten gute Ermittlungserfolge bei der Aufklärung organisierter Rauschgiftkriminalität ermöglichte.
„Die neue Strafzumessungsvorschrift unterscheidet sich vor allem in zwei Punkten von den bisherigen Kronzeugenregelungen: Wir fassen den Anwendungsbereich breiter und treffen Schutzvorkehrungen gegen Missbrauch“, so Bundesjustizministerin Zypries.

Einzelheiten der Neuregelung sind in der Pressemitteilung genannt.

Durchsuchung auch nachts nur mit Richter

Hamm. Die Vorschriften sind schräg. Auf der einen Seite zeigen sie sich streng grundsätzlich, lassen aber ganz klar auch Ausnahmen mit vielen Lücken zu. Die schlichte Frage heißt: Wer darf wann, warum und wie die Grundrechte anderer Menschen verletzten?

Da ist etwa kleiner Verkehrsunfall zur Abendzeit passiert. Dabei ist nur Blechschaden entstanden, nichts Schlimmes also. Dann aber meint ein Polizeibeamter, bei einem der Autofahrer eine Alkholfahne zu riechen. Der Fahrer verweigert den Atemtest, der Beamte will möglichst schnell Beweise sichern und setzt nun – notfalls auch mit Gewalt – die Entnahme einer Blutprobe durch. Das aber ist ein schwerwiegender Eingriff, den grundsätzlich nur ein Richter anordnen darf. Was nun? Der 3. Senat des Oberlandesgerichts Hamm (OLG) hat ein Urteil nun veröffentlicht, das Pflöcke setzt und die Justiz in die Bredouille bringt (AZ 3 Ss 293/08). Eigenmächtige Entscheidungen von Schutzpolizisten und Kriminalbeamten darf es nicht geben. Deswegen muss nun immer ein Richter erreichbar sein. Selbstverständlich auch nachts.

Das war bislang nicht so. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts war seit 5 Jahren bei den meisten nordrhein-westfälischen Amtsgerichten ein Eildienst für Richter geschaffen worden. An den konnten und mussten sich die Ermittler der Polizei aber nur zwischen 6 Uhr in der Früh und abends bis 21 Uhr wenden. Danach herrschte Stille. So war es auch der tiefen Nacht am 13. April 2007 in der Nähe von Minden. Nicht weit von einem Asylbewerberheim kontrollierte ein Polizeibeamter einen Mann. Der roch wohl stark nach Cannabis. Im Rucksack wurde denn auch Marihuana gefunden. Damit war der Verdacht auf eine Straftat mit illegalen Betäubungsmitteln deutlich geworden. Der Beamte dachte weiter. Er meinte, wenn der Mann schon Cannabis bei sich habe, könnte in dessen Wohnung noch mehr sein.

Also telefonierte der Beamte mit der Leitstelle seiner Behörde und die mit dem Eildienst der Staatsanwaltschaft. Danach ordnete der Beamte die Hausdurchsuchung an, wurde auch fündig. Eine Platte Haschisch, mehrere einzeln verpackte Haschischbrocken lagen da, drei Tüten mit Marihuana, Verpackungen und eine Feinwaage. Deshalb verurteilte das Amtsgericht Minden den Täter zu einer sechsmonatigen Haftstrafe auf Bewährung. Dieses Urteil aber hat der 3. Senat des OLG Hamm nun aufgehoben. Und auch gleich verboten, die in der Wohnung gefundenen Beweise gerichtlich zu verwerten. „Eine Durchsuchung greift schwerwiegend in die grundrechtlich geschützte persönliche Lebenssphäre ein“, mahnt der Senat und bemängelt die fehlende richterliche Entscheidung – die Durchsuchung war also rechtswidrig. Der Senat beruft sich vehement auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und fordert den richterlichen Eildienst auch nachts. Doch woher soll das Personal kommen? Der Landesverband des Deutschen Richterbundes sieht ein „unlösbares Problem“, 500 Richter fehlen eh schon. „Wir arbeiten in enger Absprache an einem Konzept“, ließ gestern Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) wissen. Das Ziel sei es, mit personellen und organisatorischen Maßnahmen „binnen weniger Wochen“ eine Eildienstregelung für Richter und Staatsanwälte sicher zu stellen. Die Ministerin ist – nach einem Mord im Siegburger Gefängnis und Skandalen bei der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach – mal wieder in Not. (pbd)

Stichwort Richtervorbehalt
Schutzpolizisten, Kriminalbeamte, Zöllner und Steuerfahnder sind zwar Staatsbeamte, gehören aber zu vollstreckenden Behörden. Bestimmte Maßnahmen jedoch – beispielsweise das Abhören von Telefonaten, die Hausdurchsuchung und wie die Blutprobenentnahme auch andere Eingriffe in die Grundrechte – müssen von einem Richter angeordnet werden, der zur Justiz gehört („Richtervorbehalt“). Nur in seltenen Fällen, etwa „bei Gefahr im Verzuge“ erlauben Gesetze und Ordnungen den Vollstreckungsbeamten auch Maßnahmen, die sie mit Gewalt durchsetzen können. Aber auch diese Handlungen können von einem Richter überprüft werden. (pbd)

Wahlkampffluchturlaub

Bei der Planung meines Spätsommerurlaubs vor vielen Monaten war mir gar nicht bewusst, dass ich so dem Wahlk(r)ampf einige Zeit praktisch überhaupt nicht mitbekommen werde. Ein willkommener Nebeneffekt ist das aber auf jeden Fall.

Ich verabschiede mich hiermit für einige Tage in die Sonne. Falls mir gar nichts Berichtenswertes (über 140 Zeichen) begegnen sollte, ist mit mir wieder ab dem 15. September zu rechnen.

Bis dahin wird wieder Andreas Kunze im law blog schreiben. Herzlichen Dank an ihn für die Urlaubsvertretung.