Alles abgetreten

Neulich haben wir die Honoraransprüche eines Arztes bei der Kassenärztlichen Vereinigung gepfändet. Zu meiner Überraschung hatte das Gericht keine Rückfragen, sondern erließ den Pfändungsbeschluss ohne Murren.

Die Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung war heute im Briefkasten:

Die Forderungen werden nicht anerkannt. Sämtliche Ansprüche sind an die Sparkasse Unna abgetreten.

Wenigstens ist jetzt klar, wer als nächstes Post bekommt.

Werden Sie gebeten

In einer Strafsache hatte ich Terminsverlegung beantragt, weil ich an dem Tag nicht kann. Nun schreibt mir der Richter am Amtsgericht Düsseldorf:

… werden Sie gebeten, den Urlaub durch Belege nachzuweisen.

Das Wort eines Rechtsanwalts ist halt auch nicht mehr das, was es mal war. Schicke ich dem misstrauischen Herrn halt eine Kopie der Buchungsbestätigung für das E-Ticket.

Zu meiner Freude ist auch darauf vermerkt, dass dass das Ticket schon vor etlichen Monaten gekauft wurde.

Die Pflichten eines Volksvertreters

Beim SPD-Bundestagsabgeordneten Jörg Tauss soll „einschlägiges Material“ gefunden worden sein. Wie es aussieht, erklärt Tauss die Funde mit seiner Tätigkeit als Abgeordneter. Ganz aussichtslos ist das nicht. Denn das Gesetz verbietet den „Besitz“ von Kinderpornografie nicht in allen Fällen:

§184b Abs. 5 Strafgesetzbuch:

Die Absätze 2 und 4 gelten nicht für Handlungen, die ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten dienen.

Darunter fallen nach den Vorstellungen des Gesetzgebers die Tätigkeit verdeckter Ermittler, von Sachverständigen, Anwälten, Ärzten und Wissenschaftlern. Sicherlich kann man auch als Bundestagsabgeordneter, der mit der Thematik vertraut ist, einige Gründe für das Vorhandensein solchen Materials anführen.

Ob es gute Gründe sind, wird sich wohl auch anhand der Auffindesituation bewerten. Material auf einem Rechner in der Privatwohnung dürfte anders zu bewerten sein als zum Beispiel Daten auf einem Rechner im Abgeordnetenbüro oder in einer Akte, insbesondere wenn diese sauber geführt werden und einem konkreten Projekt im Zusammenhang mit der Abgeordnetenätigkeit zuzuordnen sind.

Die Verbreitung von Kinderpornografie ist übrigens nicht privilegiert. Das setzt aber voraus, dass das Material an einen größeren, vorher nicht bestimmten Personenkreis weitergegeben wird. Die Abgabe an eine Person ist keine Verbreitung.

E-Book-Feeling fürs Internet

Der Browser wird zum E-Book-Reader – auch für Internetcontent. „Readability“ entfernt von jeder Internetseite unerwünschten Inhalt wie Fotos, Werbung und doofes Layout. Übrig bleibt der nackte Text – super lesbar aufbereitet.

Einfach das Bookmarklet abspeichern und nach Aufruf der Originalseite anklicken.

Höflichstes Ersuchen

Die Kriminalpolizei lädt vor und merkt an:

Im Falle einer anwaltl. Bestellung wird höflichst um Übersendung der anwaltlichen Bestellung nebst Vollmacht per FAX an hiesige Dienststelle ersucht.

Hat sich da ein Volljurist in den Ermittlungsdienst verirrt?

Getränkeservice

Eine Flasche Wasser und ein Plastikbecher für den Angeklagten, der absehbar sehr viel sagen würde. Da haben seine Verteidiger wirklich gut vorgesorgt.

Werde das körperliche Wohlbefinden der eigenen Mandanten bei nächster Gelegenheit auch stärker berücksichtigen.

Abgeordneter im Kinderporno-Verdacht

Gegen den SPD-Bundestagsabgeordneten Jörg Tauss wird wegen des Verdachts des Besitzes oder der Verbreitung von Kinderpornografie ermittelt. Tauss soll mit einem Norddeutschen in Kontakt gestanden haben, der ebenfalls solcher Taten verdächtigt wird.

Hierzu Spiegel online:

Bei einem Mann, der wegen der Verbreitung von Kinderpornografie beschuldigt wird, fand man zwei Handynummern, die Tauss zugeordnet werden konnten, außerdem seine Berliner Wohnadresse. Insgesamt sollen 23 Kontakte vermerkt sein, unter anderem per SMS und MMS, wobei auch ein Video- Sequenz mit kinderpornografischem Inhalt von Tauss‘ Handy an den Bremerhavener verschickt worden sein soll. In mindestens einem Fall soll Tauss auch eine DVD von dem Norddeutschen erhalten haben.

Tauss soll auch persönlich mit dem Mann kommuniziert und ihm möglicherweise Filme übers Handy geschickt haben. Der Bundestag hat mittlerweile die Immunität des Abgeordneten für die Ermittlungen aufgehoben.

Tauss selbst befürchtet einen Revancheakt. Er hat sich in der Vergangenheit kritisch mit den Internetzensurplänen der Familienministerin auseinandergesetzt. Er gehörte auch zu den Kritikern neuerer Sicherheitsgesetze wie der Vorratsdatenspeicherung.

Mein Nachbar soll ein Nazi sein

Im Briefkasten ein Flugblatt:

Ein Neonazi-Aktivist wohnt in Ihrer Nachbarschaft

090304da

Dem angeblichen Neonazi gucke ich quasi ins Wohnzimmer. Woher ich das weiß? Das Flugblatt nennt nicht nur seinen vollen Namen, sondern auch seine Adresse. Das Haus liegt gegenüber.

Damit ich den Herrn auch erkenne, ist noch ein Bild von ihm abgedruckt. Verbunden mit der Aufforderung:

Machen auch Sie deutlich, dass Neonazis hier in Ihrem Stadtgebiet nicht erwünscht sind!

Jetzt ist mir gleich doppelt schlecht. Wegen des Nachbarn und wegen der Methoden, die zu seiner Bloßstellung angewendet werden.

Hexenjagd 2009

Der Landrat des Kreises Heinsberg warnt die Bevölkerung vor einem Sexualstraftäter. Er nennt öffentlich den Vornamen des Mannes, den ersten Buchstaben des Nachnamens und den Heinsberger Ortsteil, in den der Betreffende gezogen ist.

Wie die Rheinische Post berichtet, handelt es sich um einen 57-Jährigen, der eine Haftstrafe wegen Vergewaltigung verbüßt hat und aus dem Gefängnis entlassen worden ist. Das Landgericht München soll eine Sicherungsverwahrung abgelehnt haben.

Zur Rechtfertigung seiner „Warnung“ beruft sich der Landrat darauf, er verspüre „Unbehagen“ über die Entscheidung des Gerichts. Er teile dieses Gefühl mit dem bayerischen Innenminister.

Es gibt auch eine Pressemeldung der Polizei.

Nachtrag: SZ-Interview mit einem beteiligten Richter

Gewisse Freiräume beim mobilen Internet

Vorhin habe ich mit einem Journalisten über Telekommunikationsüberwachung gesprochen. Dabei stellte er auch die Frage, was für Daten bei Mobilfunkfirmen abgefordert werden. Normal sind:

– Sprachkommunikation.

– SMS-Nachrichten.

– Geodaten.

Bislang habe ich noch keinen Beschluss gesehen, der auch die Überwachung des mobilen Internetverkehrs anordnet. Aber das Internet für unterwegs nimmt ja gerade erst seinen großen Aufschwung. Mit etwas zeitlicher Verzögerung dürfte es auch ins Blickfeld der Ermittlungsbehörden geraten.

Erst mal ohne Wahlcomputer

Der Bürger muss seine Wahl und die Abstimmung insgesamt nachvollziehen und überprüfen können. Die bisher zum Beispiel bei Bundestagswahlen verwendeten Wahlcomputer genügen diesen Anforderungen nicht. Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht die bisherige Verwendung von Wahlcomputern für grundgesetzwidrig erklärt.

Pressemitteilung des Gerichts