Beware of the Stiefmutter

„Wir sollen dem Gericht innerhalb von drei Wochen Auskunft geben. Über das Vermögen des Sohnes, den mein Mann aus erster Ehe hat.“ Ich verstand zuerst gar nicht, was die Mandantin mir am Telefon sagte. Familiengericht Düsseldorf. Fragebogen. Vermögensverzeichnis. Und was hatte das mit der zwei Jahre zurückliegenden Scheidung des Mannes zu tun, den sie vor einigen Monaten geheiratet hat?

Nun, der Staat ist eben fürsorglich und misstrauisch. Deswegen hat er Paragraf 1683 des Bürgerlichen Gesetzbuches eingeführt. Zugegeben, ich hatte bislang von der Vorschrift nicht den blassesten Schimmer. Der kleine Rat in Familiensachen ist bei mir ja auch eher eine Serviceleistung am Rande. Aber der Paragraf ist so eindeutig, den verstehe sogar ich. Das Elternteil, das für die Vermögenssorge zuständig ist, muss bei einer beabsichtigten Wiederheirat dem Familiengericht das Vermögen des Kindes auflisten.

Offenbar ging man davon aus, dass Stiefkinder schon mal unter die Räder kommen. Sinn und Zweck der Vorschrift legt der Standardkommentar Palandt jedenfalls so dar:

Damit soll verhindert werden, dass die Vermögensverhältnisse des Kindes durch die Eheschließung unübersichtlich werden und Vermögensminderungen oder Vermögensvermischungen stattfinden.

Nun könnte man darüber nachdenken, ob das alles bei einem 17-Jährigen, der gerade eine Lehre macht und vermutlich bald in eine eigene Wohnung zieht, noch groß Sinn macht.

Muss man aber nicht. Der Abteilung 250 F des Amtsgerichts Düsseldorf ist nämlich schlicht und einfach noch nicht aufgefallen, dass der Paragraf just in diesem Monat ersatzlos gestrichen worden ist.

Haue und Tritte

Der Zeuge kam zu seinem Auto zurück und dachte, mein Mandant haut gerade die Seitenscheibe des Wagens ein. Grund dafür hätte es wohl gegeben – auf dem Beifahrersitz lag ein Handy. Der Zeuge packte meinen Mandanten, schlug ihm die Nase blutig und warf ihn auf den Boden. Zumindest nach Angaben meines Mandanten, der seine Unschuld beteuert, soll es noch Fußtritte gesetzt haben.

Ein Missverständnis? Etwas deutet darauf hin. Als die Polizei eintraf, verzichtete der Zeuge nämlich ausdrücklich auf Strafanzeige und Strafantrag. Sehr zum Frust der Polizeibeamten. Die notierten in der Anzeige, dass sie den Zeugen einfach nicht zu näheren Angaben bringen konnten. Trotzdem wird gegen meinen Mandanten wegen versuchtem schweren Einbruchdiebstahls ermittelt.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass der vermeintlich Geschädigte in einer eventuellen Hauptverhandlung auskunftsfreudiger sein wird. Also mal sehen, ob im Vorfeld was zu machen ist, in Richtung Einstellung.

Türkei: Stürzen Juristen die Regierung?

In der Türkei bahnt sich heute ein Showdown zwischen Regierung und Verfassungsgericht an. Die Richter entscheiden darüber, ob die Regierungspartei AKP verboten wird und führende Politiker ein Berufsverbot erhalten. Betroffen wäre auch Ministerpräsident Tayyip Erdogan.

Die Generalstaatsanwaltschaft wirft der AKP vor, die weltliche Türkei in einen iran-ähnlichen Gottesstaat verwandeln zu wollen. Wie auch immer die Sache ausgeht, in der Türkei scheint es mutige Juristen zu geben.

Hintergründe berichtet die Frankfurter Rundschau

Fähige Beamte

Zwei aktuelle Meldungen:

In Mönchengladbach hat ein Polizist (über 30 Dienstjahre) eine Bank überfallen. Als Fluchtfahrzeug nutzte er ein Fahrrad, das er einem Kollegen im Polizeipräsidium gestohlen hatte (Meldung 1). Der radfahrende Beamte erkannte auf Pressefotos sein Fahrrad wieder. Später identifizierten weitere Kollegen den Täter auf dem Überwachungsvideo der Bank.

In Gladbeck überfiel ein 26-jähriger Polizeibeamter einen Getränkemarkt. Er fuhr mit dem eigenen Auto vor und sprühte der Kassiererin Pfefferspray ins Gesicht (Meldung 2). Ein Zeuge notierte sich das Nummernschild des Fluchtfahrzeugs.

Gottseidank ist die Polizei diese beiden Versager los. Damit dürfte die Quote fähiger Beamter wieder bei 100 % liegen.

Rufumleitung kostet plötzlich extra

Seit einigen Monaten fiel mir bei einem Blick in die Abrechnung meiner Mobilfunknummer auf, dass ich Kosten für „Gespräche aus dem deutschen Vodafone-Netz“ hatte. Immer ein paar Euro. Das ist deshalb verwunderlich, weil der gewählte Tarif Inklusivminuten in alle Netze beinhaltet. Die ich niemals aufbrauche. Nun ja, dachte ich zuerst, vielleicht mit einer Auslandsrufnummer telefoniert. Oder sonst was.

Aber nein, die Ursache ist eine andere. Ich leite alle Anrufe aufs Handy auf unseren Festnetzanschluss um, wenn ich im Büro bin. Anrufer auf dem Mobiltelefon erleiden dann das gleiche Schicksal wie jeder, der gleich die Büronummer wählt. Sie landen bei meiner Sekretärin.

Als wir den Tarif gebucht haben, wurden Rufumleitungen ins Festnetz mit den Inklusivminuten verrechnet. Das hat Vodafone geändert, und zwar klammheimlich. Rufumleitungen kosten jetzt, je nach Vertrag, zwischen 25 und 45 Cent pro Minute.

Es wäre schon nett, wenn man als Kunde von Vertragsverschlechterungen verschont bleibt. Zumindest sollte man aber unterrichtet werden. Ich hätte wahrscheinlich gar nicht groß gemeckert und die Mehrkosten geschluckt. Oder nach einer Möglichkeit gesucht, sie künftig zu vermeiden. Aber so was ist kein guter Stil.

Abwarten, was die Kundenbetreuung auf meine Kritik antwortet. Bisher ist das einer der wenigen Anlässe, bei dem ich mich über Vodafone ärgern musste. Und das will was heißen, immerhin bin ich bzw. das Büro schon etwa 15 Jahre Kunde.

Newspick und eine alte Idee: Andere arbeiten lassen

Nur damit später niemand sagt, ich hätte es nicht im Guten probiert:

info@epublicon.de

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich betreibe das law blog, https://www.lawblog.de.

Auf Ihrer Seite „Newspick Recht“ veröffentlichen Sie die Inhalte meines Weblogs. Sie haben nicht nach meiner Zustimmung gefragt. Ich hätte sie auch nicht erteilt.

Die Veröffentlichung verletzt das Urheberrecht. Ich fordere Sie auf, bis Montag, 28. Juli 2008, 13 Uhr, sämtliche Inhalte des law blog von Ihrer Seite zu entfernen.

Ansonsten müssen Sie mit einer förmlichen Abmahnung rechnen. Außerdem behalte ich mir einen Strafantrag und Schadensersatzansprüche vor.

Wenn Sie meinen, Ihr Angebot sei rechtmäßig, fragen Sie bitte erst einen kompetenten Anwalt. Alles andere wird nur teuer und ärgerlich.

Abschließend weise ich darauf hin, dass auf dem law blog auch Inhalte der Nachrichtenagentur pbd veröffentlicht sind, welche Sie ebenfalls ohne Zustimmung 1:1 abkupfern. Ich gehe davon aus, dass Sie von dort ebenfalls noch Nachricht erhalten.

Mit freundlichen Grüßen

Udo Vetter, RA und Fachanwalt für Strafrecht

Hintergrund: RSS-Feeds sind kein Gemeingut

(Danke an Thomas Knüwer)

Wo fängt Willkür an?

Das Amtsgericht verhängt gegenüber einem nicht einschlägig vorbelasteten Beschuldigten per Strafbefehl 100 Tagessätze zu je 40,00 € für Drogenbesitz:

Sie verfügten unerlaubt über 0,7 g brutto Marihuana.

Es gab mal ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Danach sind die Strafvorschriften für weiche Drogen nur verfassungsgemäß, wenn die Verfahren beim Besitz geringer Mengen zum Eigengebrauch regelmäßig eingestellt werden. Als geringe Menge gelten – je nach Bundesland und immer inoffiziell – 4 bis 13 Gramm brutto.

Die Einstellung selbst liegt im Ermessen des Richters. Aber auch dieser ist an das Gesetz und an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebunden. Im vorliegenden Fall kann man nur hoffen, dass der Richter vielleicht noch nicht so lange mit Strafsachen betraut ist. Oder aufgrund Arbeitsüberlastung blind jeden Strafbefehlsantrag abzeichnet, dem ihm verkniffene Staatsanwälte vorlegen.

Falls nicht, wäre das schlecht. Dann wäre nämlich die Frage zu stellen, wo Willkür anfängt. Weit entfernt scheint mir diese Entscheidung nicht zu liegen.

Mach‘ mal den Adler

„Mach‘ mal den Adler.“ Ist doch immer interessant, wenn man mal einen Polizeieinsatz erlebt. Die Aufforderung kannte ich bislang nicht. Der Beschuldigte aber schon, er brachte sich für seine körperliche Durchsuchung in die richtige Positur.

Unfall: Anerkenntnis ist relativ

Ein Schuldanerkenntnis nach einem Verkehrsunfall ist erst mal keins. Zu diesem überraschenden Urteil ist der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG) gekommen. Selbst das mündliche Geständnis „Ich erkenne die Schuld an“ und eine handgeschriebene Notiz, in der sich ein Autofahrer als „Verursacher“ bezeichnet, ist demnach rechtlich nicht bindend.

Es sei doch klar, so sagt es der fünfköpfige Senat, dass jemand gleich nach einem Unfall mit solchen Äußerungen nur unüberlegt die Gegenseite beschwichtigen will. Ein 77-jähriger Mercedes-Fahrer war verklagt worden. Er wollte – es dämmerte am 4. Dezember 2006 in Velbert – über eine Straßenkreuzung fahren, glaubte an ein Hindernis und bremste. Deshalb fuhr ein Schüler mit dem Opel-Astra seines Vaters auf den Mercedes.

Der Mercedesfahrer beteuerte „Meine Versicherung wird den Schaden sofort ausgleichen“. Darauf und auf das Geständnis berief sich der Vater des Schülers, und weil er Halter des Opel Astra war, reichte er eine Klage beim Landgericht Wuppertal ab. Diese Klage wies das Gericht ab. Einen Teil der Begründung dazu übernahm das OLG auch, sinngemäß: Wer auffährt, hat Schuld. Demnach der Schüler also. Dessen Vater aber wies beharrlich auf das Schuldanerkenntnis. Doch darin sieht der OLG-Senat lediglich einen Anhaltspunkt für ein mögliches Fehlverhalten. Und entschied deswegen (AZ: I-1 U 246/07): Der 77-jährige Mercedes-Fahrer muss ein Drittel des Schadens zahlen. (pbd)

Outing

Aushang auf der „Besuchertoilette“ für Frauen und Männer. So kann man sich natürlich auch als Stehpinkler outen.

Das Erbe in Sicht

Ich hatte mich gestern über die Qualität eines Gutachters beschwert. Wie es aussieht, hat der Richter ebenfalls nicht die Absicht, so eine Stümperei zu akzeptieren. Er habe schon „stärkere Gutachten“ gesehen. Für den Fall, dass unsere Sache weiter geht, werde er jedenfalls ein komplett neues Gutachten in Auftrag geben. Aber auch nur dann, wenn er es nach weiterem Nachdenken für nötig hält.

Mir soll es recht sein. Ein weiteres Gutachten ist nämlich überflüssig, wenn man bereit ist, bestimmte juristische Schlüsse zu ziehen. Das würde aber bedeuten, dass meine Seite recht bekommt. Das Gericht scheint jedenfalls in diese Richtung zu tendieren. Ein Vergleichsvorschlag 70 % zu 30 % zu unseren Gunsten erscheint mir vielsagend.

Mein Mandant und ich haben uns nach dem Termin gleich mal den Hauptteil des Nachlasses angesehen. Ein beachtliches, mit zwei Häusern und einer ehemaligen Speditionshalle bebautes Grundstück. Meinen Einwurf, aus dem hinteren Teil könnte man prima einen Saunaclub machen, fand der Mandant erheiternd. Dabei war er völlig ernst gemeint.