SELBST VERANLASST

Im Beitrag Sieben Stunden hatte ich vor einiger Zeit geschildert, wie mein Mandant auf einer Polizeiwache festgehalten wurde. Währenddessen fuhren Beamte mit dem Schlüssel zu seiner Wohnung und durchsuchten diese.

Wie sich nun herausstellt, hatte gar nicht die Polizei diese Idee. Sondern mein Mandant. Jedenfalls findet sich im Beschluss des Landgerichts Düsseldorf, mit dem meine Beschwerde zurückgewiesen wird, folgende Formulierung:

Diese – letztlich so vom Beschuldigten veranlasste – Durchsuchung führte schließlich zum Auffinden der Kontobelege.

So weit sind wir also schon, dass Beschuldigten die Durchsuchung ihrer eigenen Wohnung veranlassen. Das ist dann sozusagen die Steigerung der Behauptung der Polizeibeamten, mein Mandant habe seine Schlüssel freudig herausgegeben und sich mit der Durchsuchung seiner Wohnung einverstanden erklärt.

Mit der Frage, wie „freiwillig“ jemand handelt, der auf einer Polizeiwache festgehalten wird, setzt sich das Landgericht Düsseldorf mit keinem Wort auseinander. Auch nicht mit der nahe liegenden Frage, ob der Beschuldigte in solchen Fällen qualifiziert darüber belehrt werden muss, dass er mit einer Zustimmung zur Durchsuchung auf Rechte (z.B. die ansonsten zwingende Anordnung durch einen Richter) verzichtet und dass er hierzu nicht verpflichtet ist. So eine Belehrung behaupten jedenfalls nicht einmal die Polizeibeamten.

Ich schreibe am Wochenende eine Gegenvorstellung. Die kann dann ja gleich als Gerüst für die Verfassungsbeschwerde dienen.

PARLAMENT BASTELT PAPIERTIGER

Von EBERHARD PH. LILIENSIEK

DÜSSELDORF. Der erste Korruptionsverdacht gegen einen hochrangigen Politiker kam vor genau vier Jahren auf: Gegen Hans Kremendahl, den ehemaligen Oberbürgermeister von Wuppertal, wird noch immer verhandelt. Gleichzeitig wurde in Köln der Bestechungsskandal um die Müllverbrennungsanlage bekannt. Die Ermittler sahen höchste Verwaltungsbeamte und Angehörige des Rates in einem Sumpf von Kriminalität. Das Parlament war alarmiert – und brachte vor einem Jahr das Korruptionsbekämpfungsgesetz auf den Weg.

Doch das Regelwerk, gespickt mit Pflichten für Gemeinderäte und deren direkt gewählte Köpfe, kennt keinerlei Folgen bei Verstößen. Und die gibt es. Allein im Regierungsbezirk Düsseldorf haben bislang vier von 17 Oberbürgermeistern und Landräten jede Auskunft über Beraterverträge, Aufsichtsratsposten und Vereinsfunktionen beharrlich verweigert. Die Stadt Düsseldorf hat eine „Liste der Personen, die noch keine Auskunft nach § 17 Korruptionsbekämpfungsgesetz erteilt haben“; im Internet veröffentlicht.

Danach scheren sich vier Ratsmitglieder keinen Deut um die gesetzliche Forderung. Wozu auch? Das Gesetz setzt keine Frist. In Essen sind zwar die meisten Fragebögen beantwortet zurückgekommen, aber „einige Bezirksvertreter“ verweigern sich noch immer. Die Stadt Duisburg stellt im Internet die Ratsmitglieder vor, aber in der Rubrik „persönliche Angaben zum Ehrenkodex“ steht meistens das ignorierende Zeichen „./.“ Während jeder Autofahrer ein saftiges Knöllchen riskiert, wenn er ohne angeschnallten Gurt fährt, bleibt die dickfellige Ablehnung der Politiker ohne jede Sanktion.

Ein Ordnungsgeld ist im Korruptionsbekämpfungsgesetz nicht angedroht, geschweige denn eine Strafe. Außerdem gibt es auch für interessierte Bürger keine Möglichkeit, auf Auskunft zu klagen. Sie sind, wie Juristen das ausdrücken, nicht „aktiv legitimiert“. „Das Korruptionsbekämpfungsgesetz hat lediglich Appellcharakter“, heißt es aus dem Innenministerium. Und Ex-Innenminister Fritz Behrens (SPD) spricht von einem „Kompromiss“ der Fraktionen von CDU, Grünen und SPD: „Das Gesetz ist wenigstens ein Versuch. Wir wollten öffentlichen und politischen Druck schaffen“.

Wenn sich ein Mandatsträger weigere, werde sich die Partei überlegen, ob sie ihn noch einmal kandidieren lasse. So gesehen haben speziell die Christ- und Sozialdemokraten in Düsseldorf noch jede Menge Stoff zur Diskussion. 20 Bezirksvertreter der CDU und fünf der SPD strafen von Beginn an das Gesetz mit Verachtung. (pbd)

Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)

BRAUCHBAR

Keine Lust. Zum Sport. Da fällt mir ein, dass das Auto in der Werkstatt ist. Und mir sicher niemand die Sporttasche in den schnuckeligen Leihwagen umgeladen hat.

Das ist doch mal eine brauchbare Entschuldigung.

BITTET UM RÜCKRUF

… bittet um RR. Betr.: Er hatte heute einen Termin um 16 Uhr bei Ihnen…
Er möchte wissen, ob er trotzdem noch verbeikommen kann, da die Sache wohl wichtig ist und sein Flug Verspätung hatte. Er wußte leider seine Rückruf-Nr. nicht.

Ich auch nicht.

ÄRGER UM NOTEN FÜR PROFS

Sie wollten ihren Professoren nicht länger hilflos ausgeliefert sein, deshalb haben Berliner Studenten das Internetportal MeinProf.de gegründet. Auf der Website können Studenten ihre Dozenten und deren Vorlesungen bewerten. Schon in den ersten drei Monaten kamen 25.000 Bewertungen zusammen. Den Professoren gefällt das nicht: Sie wollen jetzt gegen das Internetportal klagen, berichtet heute.de.

Dem Prozess sollen die Gründer gelassen entgegensehen. Sie hoffen, dass spendenfreudige Leser die Kriegskasse füllen.

(Link gefunden bei Weblawg.de)

RABATT

Rabattwünsche an Mitarbeiter. Mit der Begründung: „Der Herr Vetter hat gesagt …“

Dabei hat der Herr Vetter gar nichts gesagt.

HOCHZEITSLISTE

Liebe Firma Amazon,

kannst du bitte den Button Auf die Hochzeitsliste wieder streichen, der nach dem Einloggen plötzlich auf jeder Produktseite steht?

Und wohin darf ich die Rechnung des Therapeuten schicken?

DON CORLEONE

Der Don behandelte ihn eher wie ein Vormund als wie ein Vater. Er zeigte keine Zuneigung, doch seltsamerweise behandelte er Hagen mit weit größerer Höflichkeit als seine Söhne und zwang ihm niemals seinen väterlichen Willen auf. Es war der freie Entschluss des Jungen gewesen, nach Absolvierung des College Jura zu studieren. Er hatte Don Corleone einmal sagen hören: „Ein Anwalt mit seiner Aktentasche kann mehr stehlen als hundert Männer mit Pistolen.“

Mario Puzo, Der Pate

RAZZIA AUF SCHULHOF

Die Polizei hat an einer bayerischen Schule die Handys von 200 Schülern beschlagnahmt und ausgewertet, berichtet Focus online. Die Razzia fand statt, weil es Beschwerden über pornografische bzw. gewaltverherrlichende Videos gegeben hatte, die angeblich auf dem Pausenhof getauscht wurden. Auf 16 Handys sei derartiges Material gefunden worden.

Abgesehen davon, dass der Besitz derartiger Videos – mit Ausnahme von Kinderpornografie – auch für Minderjährige straflos ist und die Weitergabe erst mal nachgewiesen werden muss, stellt sich wieder einmal die Frage nach der Eingriffsschwelle und der Verhältnismäßigkeit.

Und danach, ob Pädagogen, die ihre Schüler kriminalisieren, nicht besser an einem anderen Arbeitsplatz aufgehoben wären. Versagt haben sie jedenfalls, auf ganzer Linie.

(Danke an Florian Burkert für den Link)

Nachtrag: Über einen anders gelagerten, aber ebenso merkwürdigen Fall berichtet die schreibmaschine.

KEINE EILE

Die Terminslage war eigentlich entspannt. 9.30 Uhr, Amtsgericht: Frau streitet sich mit Vodafone über Gesprächsgebühren aus einer Partnerkarte, die ihre 16-jährige Tochter heimlich beantragt hat. Leider wollten sich um die Uhrzeit auch noch ca. 15 x 2 andere Prozessparteien streiten.

Normalerweise stehen wir Anwälte uns ja klaglos die Beine in den Bauch bei Richtern, die gerne ein volles Haus vor sich haben. Aber um 10.10 Uhr kam dann sowohl bei mir als auch bei einem Kollegen ein gewisser Unmut auf. Der andere Anwalt musste um 11 Uhr in Bochum sein; ich in Wuppertal. Dort sollte gegen einen Mandanten vom Landgericht ein neugefasster Haftbefehl verkündet werden. Situationen, in denen ich Auftraggeber nie alleine lasse. Denn sie werden von Gerichten immer gern genutzt, noch schnell ein Geständnis oder zumindest eine weitere Stelllungnahme herauszukitzeln.

„Wo müssen Sie denn so eilig hin?“ erkundigte sich der Amtsrichter. Es war mittlerweile 10.12 Uhr. Und unsere Verhandlungen hatten noch nicht einmal angefangen. Bochum? Wuppertal? „Also, meine Herren, das ist doch wirklich kein Problem. Ich wäre froh, wenn meine Termine so großzügig verteilt wären.“

Dazu sagten wir dann lieber nichts. Weil es sonst ja noch länger gedauert hätte. Aber einig waren wir uns darin, dass die viel beklagte Weltfremdheit mancher Richter sich nicht nur auf exotische Themen wie das Internet erstrecken muss.

Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)

KEINE MEDIKAMENTE FÜR SUIZID

In der Diskussion um die Sterbehilfe in Deutschland hat das Verwaltungsgericht Köln jetzt ein klares Urteil gesprochen: Kein Mensch ist berechtigt, sich Medikamente zur Selbsttötung zu verschaffen. Eine Medizin darf demnach nur zur Linderung und Heilung von Krankheiten dienen.

Ein Witwer hatte nach dem Tod seiner Frau geklagt, um nachträglich deren Recht auf Suizid durchzusetzen. Solch ein Anspruch aber ist nicht vererbbar, urteilte das Gericht. Es bestätigte damit grundsätzlich die Haltung des Bonner Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte, das der querschnittsgelähmten Frau ein tödliches Betäubungsmittel verweigert hatte. Die reiste Anfang 2005 in die Schweiz und bekam dort legal das Mittel, mit dem sie sich doch noch ums Leben brachte.

Das Kölner Urteil (AZ 7 K 2040/05) ist allerdings noch nicht rechtskräftig. (pbd)

KEINE BELEHRUNG

Normalerweise lassen es sich Richter nicht nehmen, den Angeklagten zu belehren. Über seine Rechtsmittel. Deshalb war ich heute etwas verdutzt über die Frage:

„Verzichten Sie und der Angeklagte auf eine Rechtsmittelbelehrung?“

Wir verzichteten. Natürlich. Im Zweifel kann es ja nur günstig sein, wenn das Gericht seinen Belehrungspflichten nicht nachkommt.

Leider wird das wohl eher nicht helfen. Der Bundesgerichtshof hält es – ohne nähere Begründung – für zulässig, wenn der Angeklagte auf die Rechtsmittelbelehrung verzichtet (NStZ 1984, 329). In den Kommentaren findet man eine Art Umkehrschluss: Wenn man auf das Rechtsmittel verzichten kann, dann erst recht auf die Belehrung.

Ob man es sich so einfach machen kann? Wenn der Angeklagte auf Rechtsmittel verzichtet, bringt er damit zum Ausdruck, dass er sich mit der Strafe abfindet. Verzichtet der Angeklagte auf eine Rechtsmittelbelehrung, bleibt er möglicherweise unwissend darüber, welche Möglichkeiten er überhaupt hat, um gegen das Urteil vorzugehen. Wenn er annimmt, dass er sowieso nichts erreichen kann, würde der Verzicht auf die Rechtsmittelbelehrung zu einem kapitalen Irrtum führen.