ABGEBÜGELT

Ich habe zwei Tage versucht, einen Anwalt ans Telefon zu bekommen. Seine Mitarbeiterin sagte mir mehrfach einen Rückruf zu. Da dieser nicht erfolgte, habe ich es gerade noch einmal probiert. Jetzt erfahre ich:

Herr H. ist einer wichtigen Besprechung. Aber er hat ein Schreiben für Sie diktiert. Das erhalten Sie dann per Fax, wenn es getippt ist.

Keine Ahnung, warum er nicht mit mir reden will. Eigentlich kennen wir uns noch nicht einmal.

DIE ANDERE SEITE

Amtsrichterblog.

Wenn das nicht mal der Richter ist, der mir die Tage gesagt hat, eigentlich müsste ja auch mal ein Richter ein Weblog aufmachen.

Falls P. Schwarz ein Pseudonym ist: Keine Sorge, ich halte dicht.

Nachtrag: Das Blog ist schon wieder am Ende. Wie sich aus dem letzten Eintrag (mit einem vielsagenden Link) ergibt, war es wahrscheinlich ein Fake. Ich habe die Links hier entfernt, weil ich für gewisse Leute keinen Traffic generieren will.

(Link gefunden bei Jurabilis)

24 JAHRE

21,7 % Zinsen. So was gab es früher mal, auch bei Verbraucherkrediten. Und die Mandantin wundert sich, dass sie wegen knapp 4.000 Mark, die in einem Vollstreckungsbescheid tituliert worden sind, jetzt schon über einen längeren Zeitraum Raten zahlt.

24 Jahre, um genau zu sein.

Grausam ist, dass sich die Forderung praktisch nicht verändert hat. Im Gegenteil: Aus den 4.000 Mark sollen inzwischen rund 4.000 € geworden sein. Wenn man dem Inkassobüro glaubt.

Aber das tun wir zunächst mal nicht…

ICH WOLLTE

Ich bin unterwegs, und schon passieren im Büro lustige Dinge:

Es klingelt. Die Sekretärin öffnet, ein neuer Mandant steht vor der Tür:

Guten Tag, ich wollte zum Sekretariat von Vetter & Mertens.

Ja, das bin ich, was kann ich für Sie tun?

Sie sind also Frau Mertens?

Nein, ich bin das Sekretariat.

(Aufgezeichnet von Sascha Kremer)

FALSCHE RUBRIK

Geschlecht: männlich. Geburtsdatum: 11. Januar 1978. Geburtsort: Tschirtschik / Usbekistan. Häh, denke ich, die Angaben passen doch gar nicht zu meinem Mandanten.

Bis ich merke, dass ich das Feld „Anzeigenerstatter“ lese. Es handelt sich um die Daten des – übrigens sehr korrekten – Polizisten, der die Sache ins Rollen gebracht hat.

UNVERSCHULDET ÄRMER

Es kommt vor, dass Staatsanwaltschaften doppelt ermitteln. So auch im Fall des Herrn S. Aus irgendeinem Grund entstanden zwei Verfahren, eines in der Abteilung 40 Js und eines in der Abteilung 70 Js. Vom Verfahren in der Abteilung 70 Js kriegte Herr S. auch früh etwas mit, denn die Kriminapolizei lud ihn zur Vernehmung vor. Er schaltete mich als seinen Verteidiger ein. Ich legte eine Verteidigungsschrift vor.

Die Abteilung 40 Js war aber deutlich flinker. Dort wurde nämlich sogleich Anklage erhoben. Womöglich unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Aber daran ist halt nichts zu ändern. Mit der Anklageschrift erfuhr ich, dass gegen meinen Mandanten zweifach ermittelt wird.

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TAUCHSTATION

Ein Möbelhaus hatte bei der Anlieferung das Treppenhaus beschädigt. Eine Wand wurde verkratzt sowie eine nicht ganz billige Lampe von der Decke geholt.

„Damit haben wir nichts zu tun, das regelt unsere Haftpflicht“, sagt mir der Geschäftsführer auf die Frage, wieso mein Mandant auf seine Schreiben keine Antwort erhält. Ich habe ihm erklärt, dass uns die Versicherung herzlich egal ist. Das Möbelhaus kriegt die Klage zugestellt, wenn die Assekuranz weiter auf Tauchstation verbleibt.

„Da muss ich denen wohl noch mal auf die Füße treten“, schlug der gute Mann vor. Besser wäre das. Wiedervorlage: 10 Tage.

VERFÜGUNG GEGEN WIKIPEDIA

Die Wikipedia darf (weltweit) den verstorbenen Hacker „Tron“ nicht bei seinem wirklichen Namen nennen. So jedenfalls sieht es eine einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Berlin vor. Hintergründe bei Telepolis.

(Danke an Mathias Schindler für den Link)

ÜBERFLÜSSIG

Ich habe festgestellt, dass ich am Anfang jedes Diktates sage:

„Das Diktat beginnt.“

Wohl einer der überflüssigsten Sätze überhaupt. Ist schließlich eher unwahrscheinlich, dass ich der Schreibkraft mit der üblichen LUBRA steno-cassette 30 nicht einen Briefentwurf, sondern einen Podcast zukommen lasse.

Man müsste das mal auf zwölf Jahre hochrechen. Aber vielleicht überlege ich besser gar nicht, wie sich die vertane Zeit hätte sinnvoller nutzen lassen.

SOFORT GEKLÄRT

Mauern, so wie wir es gestern Nachmittag erleben durften, ist übrigens keine allgemeine Erscheinung.

In derselben Sache erreichte mich heute um kurz vor neun der Anruf des Jugendrichters, der für den Erlass eines Haftbefehls zuständig ist. Er hatte die Unterlagen gerade auf den Tisch bekommen und teilte mir sofort mit, dass die Vorführung um 11 Uhr stattfinden wird.

Ich kann mich momentan auch nicht erinnern, dass mich ein Haftrichter in jüngster Zeit hat auflaufen lassen. Auch wenn es manchmal wirklich schwierig ist, alle Beteiligten unter einen Hut zu kriegen, konnten die Termine doch immer koordiniert werden.

SCHRUMPEL-PARADE

Blogscout zählt nicht nur die Visits. Der Counter erfasst auch die Besucher, die über Suchanfragen kommen. Je mehr es im Verhältnis zur Gesamtzahl sind, desto schrumpeliger wird das Weblog in der Hitparade geführt.

Das law blog kam gestern auf 19 % Searches und verdiente sich damit eine recht ordentliche Typo. So, jetzt gehe ich n ckt schlafen, lese etwas in meinen F hrtenbuch und höre noch ein wenig T kio H tel. Dann träume ich von H idi K um und den P ssycat D lls. Btw, wer sind J ssica A ba und A izee?

UMWEGE

Die Angehörigen in Aufruhr, der Beschuldigte vom Rest der Welt abgeschnitten. So ist die Situation nach einer Festnahme – wenn die Polizeibeamten mauern. Wie vorhin, als mich eine Frau beauftragte, was für ihren Bruder zu tun. Der war heute Morgen verhaftet worden.

Zwar gelang es der Frau, mit einem der Beamten zu sprechen. Über das Handy ihres Bruders. Auf die Bitte, zu sagen, wo sich ihr Bruder befindet, wurde sie abgebügelt. Auch auf die Frage nach einer Telefonnummer für einen Rückruf, damit sie einen Anwalt beauftragen kann, will sie nur eine unfreundliche, man könnte auch sagen skandalöse Antwort erhalten haben:

Ihr Bruder braucht keinen Anwalt.

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ABGEWIESEN

Der Kollege K. rief mich gerade an und sagte nur: „Im D.-Prozess wurde die Klage abgewiesen.“ Zunächst fiel mir nur ein, dass es in der Sache um ca. zehn Millionen Euro geht. Erst Sekunden später hatte ich gedanklich aussortiert, dass wir die Beklagte vertreten.

Die Formulierung „Wir haben den D.-Prozess gewonnen“ hätte meinem Blutdruck besser getan.