DREI TAGE, UNVERSCHÄMT

Telefonnotiz von heute, 8.32 Uhr:

Frau N. bittet um Rückruf. Sie wartet seit 3 Tagen auf Ihren Anruf.

Zwei Tage waren Samstag und Sonntag. Und der Anruf am Freitag stammt von 17.52 Uhr. Da war ich aber schon mit Julius im Kino, beim rülpsenden Elch.

NICHT VORSÄTZLICH

In dem Ermittlungsverfahren
gegen S.

äußern wir uns zum Tatvorwurf wie folgt:

Frau S. hat sich nicht strafbar gemacht. Frau S. handelte zumindest nicht vorsätzlich.

Meine Mandantin wohnt in Bielefeld. Sie besucht sporadisch Freunde und Bekannte im Ruhrgebiet. Von daher hat meine Mandantin keinerlei Grund, sich ein Ticket 2000 für den Verkehrsverbund Rhein-Ruhr zu besorgen. Dieses Ticket 2000 gilt nämlich nicht in Bielefeld.

Meine Mandantin hat wenig Geld. Wenn sie ins Ruhrgebiet fährt, fragt sie in der Regel am Bahnsteig oder nach dem Einsteigen in den Zug Fahrgäste, ob diese ein Ticket 2000 haben. Mit diesem Ticket 2000 dürfen zumindest am Wochenende mehrere Personen mitfahren. Wenn meine Mandantin jemanden gefunden hat, der sie auf dem Ticket 2000 mitnimmt, unternimmt sie die Fahrt. Dies ist völlig legal und nicht zu beanstanden.

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ANWÄLTIN UNTER DRUCK

Die Verteidigerin des angeklagten Holocaust-Leugners Ernst Zündel gerät ins Visier der Staatsanwaltschaft. Die Ermittler überprüfen, ob eine Verteidigungsschrift der Anwältin eine Volksverhetzung darstellt. Im Visier ist laut einem Bericht von tagesschau.de auch Rechtsanwalt Horst Mahler. Es soll Anhaltspunkte dafür geben, dass er trotz Berufsverbotes die Verteidigung weiter beeinflusst.

Für mich stellt sich die Frage, wie man so einen Mann wie Zündel wirksam verteidigen soll, wenn man sich als Anwalt durch Wiedergabe des historischen Standpunktes des eigenen Mandanten – und sei dieser noch so absurd – der Gefahr der Strafverfolgung aussetzt. Ich hoffe, dass das Einschreiten der Staatsanwaltschaft nur seinen Grund darin hat, dass sich die Anwältin (nachweislich) die Meinung ihres Auftraggebers zu Eigen macht. Damit wäre dann wohl wirklich eine Grenze überschritten, welche das geltende Strafrecht derzeit zieht.

(Danke an Torsten Kleinz für den Link)

MITJAGEN

Gerne weisen wir auf diese Fahndung hin:

Es wurde ein 3-er BMW gestohlen! Ich bitte 1000,- EURO Belohnung oder 1000,- EURO Kopfgeld für dem der mir sagt wo mein Wagen steht oder zeig dem der mein Wagen hat! …

Bitte stehlen sie sich vor dass das ihrer Wagen gestohlen ist. Versuchen sie sich in meine Situation zu versetzen. Mein Wagen ist mir viel Wert, das wegen gebe ich dem den ihm findet 1000,- bar auf die Hand. …

Sollte die anzeige Der sehen den mein Wagen hat, sage ich nur: Du wirst damit nicht Glücklich und ich werde dich finden. Meine Damen und Herren Die Jagdsehsohn ist eröffnet. ich wünsche viel Glück und bedanke mich jetzt schon.

(Link gefunden bei Statler & Waldorf; danke auch an malaventura für den Hinweis)

KEIN QUELLCODE – FREISPRUCH

In den USA weigert sich ein Hersteller von Atemalkoholmessgeräten, den Quellcode für die Software seiner Geräte herauszugeben. Dies hatten Anwälte verlangt – und vor Gericht Recht erhalten. Den gerichtlichen Verfügungen will die Firma allerdings trotzen. Die 150 Betroffenen können jetzt auf Freisprüche hoffen, berichtet GROKLAW.

Das könnte auch bei uns ein Thema sein. Zwar werden neue Geräte zentral überprüft und zugelassen. Die Richtigkeit der einzelnen Messung wird aber von einem Sachverständigen überprüft, sofern der vermeintliche Temposünder nachvollziehbare Bedenken hat. Man wird dann wahrscheinlich den Sachverständigen überzeugen müssen, dass er sich unbedingt näher mit dem Innenleben des Geräts beschäftigen muss.

Ähnliches Thema: Lasermessungen jetzt aus ein Kilometer Entfernung.

(Danke an Mathias Schindler für den Link)

EINE PIN FÜR ALLE

Die Eingangskontrollen bei Gericht sind streng. Ein gutes Beispiel: das Gericht, an dem ich heute Morgen einen Termin hatte. Eine Mutter musste vor uns sogar ihren Kinderwagen durch den Metalldetektor schieben. Das Handy meines Mandanten wurde gegen Quittung einkassiert.

Jenes Gericht ist nicht nur renommiert. Es wurde auch gerade renoviert. Die Kantine im unteren Stockwerk ist „öffentlich“ und durch einen Seiteneingang zu betreten, der auf der Rückseite des Gebäudes liegt. Ohne Kontrolle. Das geht auch nicht anders. Denn dort werden auch die Mitarbeiter umliegender Behörden verpflegt.

Mitarbeiter des Gerichts und Besucher wollen sich allerdings auch stärken. Deshalb ist der Kantineneingang innerhalb des Gerichtsgebäudes durch eine Doppelschleuse gesichert. Richter und Angestellte haben Mikrochips erhalten. Damit winken sie vor einem Display, dann geht die Schleuse auf.

Auch für die Besucher, die schon die Eingangskontrolle des Gerichts hinter sich haben, hat man eine Lösung gefunden. Neben dem Display steht auf einem Zettel eine handschriftliche PIN. Diese PIN gibt der Besucher ein, die Schleuse zur Kantine öffnet sich.

Der Besucher muss sich die PIN des Tages merken. Sie gilt zwar für alle Gäste, aber auf dem umgekehrten Weg durch die Schleuse ist sie nicht angeschlagen. Wer die PIN allerdings im Kopf behält, kann sie auf der anderen Seite der Schleuse wieder eingeben. Die Schleuse geht auf, der „Rückweg“ ins Gericht ist frei. Ohne Kontrollen.

Als ich mir ansah, wie die Justizwachtmeisterin am Haupteingang im Kinderwagen nach Waffen, Säure und Bomben kramte, tat mir die Frau fast ein wenig Leid. So viel Einsatz. Und alles sinnlos, weil die Architekten des Sicherheitssystems potentielle Gewalttäter offensichtlich für unterbelichtet halten.

Wenn sie sich da mal nicht irren.

IN NICHT VERJÄHRTER ZEIT

Der Berliner Generalstaatsanwalt Karge soll auf einer Podiumsdiskussion gesagt haben, er lasse sich bei der Kindererziehung einen Klaps nicht verbieten. Das berichten die Berliner Zeitung und der Tagesspiegel.

Das wäre wirklich eine bemerkenswerte Äußerung für einen Beamten – insbesondere für einen Chefankläger. Immerhin genießen alle Kinder in Deutschland einen Anspruch auf gewaltfreie Erziehung. Das ergibt sich nicht nur aus dem Grundgesetz. Auch in den Länderverfassungen (z.B. Artikel 6 in Nordrhein-Westfalen), im Bürgerlichen Gesetzbuch und etlichen anderen Vorschriften, zum Beispiel in den Gesetzen zur Jugendhilfe, ist das Gewaltverbot seit geraumer Zeit verankert.

Eigentlich müsste jetzt – durchaus im öffentlichen Interesse – ermittelt werden, ob und in welchem Umfang Herr Karge in nicht verjährter Zeit von seinem vermeintlichen Recht Gebrauch gemacht hat. Einen Anfangsverdacht wird man kaum verneinen können.

(Danke an Tilman Hausherr für den Hinweis)

SCHNELLER IN DIE KARTEI

Für Beschuldigte und Verurteilte ist der Weg in die DNA-Kartei kürzer geworden. Bisher war in der Regel eine richterliche Anordnung erforderlich. Diese wird jetzt nicht mehr gebraucht, wenn der Betreffende schriftlich einwilligt. Er muss vorher darüber belehrt werden, wofür die Daten verwendet werden.

Die Unterschrift muss aus freien Stücken erfolgen. Sie darf nicht mit irgendwelchen (leeren) Versprechungen erkauft werden. Ob und wie man sich künftig daran halten wird, darf mit Spannung erwartet werden. Wenn man die Sorgfalt erlebt, mit der Beschuldigte mitunter über ihre Schweigerechte belehrt werden, sollte man sich allerdings keine zu großen Hoffnungen machen, dass jede Einwilligung auch eine solche ist.

Die Aufnahme in die DNA-Kartei wird insgesamt erleichtert. Künftig reicht es auch aus, wenn jemand mehrere leichte Straftaten begangen hat bzw. dieser verdächtig ist. Eine Serie wird also der sonst erforderlichen schweren Straftat gleichgestellt. Konkret bedeutet dies, dass sich die Sammelfreude künftig auch auf Schwarzfahrer, Ladendiebe und Sprayer erstrecken wird.

ANWALTSGEHEIMNIS

Manche Anwälte haben Nerven. Oder keine Ahnung.

Ein Kollege verlangt zum Beispiel von mir, dass ich ihm die Privatadresse eines früheren Mandanten gebe. Auf über zwei Seiten erklärt er mir, warum seine Auftraggeberin, eine Firma, ein „berechtigtes Interesse“ daran habe, die Adresse zu erfahren.

Ich sei angeblich zur Herausgabe der Adresse verpflichtet, weil der frühere Mandant meinen Namen auf seiner Internetseite erwähnt.

Schön und gut. Ich habe dem Kollegen allerdings schon telefonisch gesagt, dass ich mit meinem früheren Mandanten gesprochen habe. Früheren deshalb, weil ich in der aktuellen Sache eben noch kein Mandat habe. Und dass dieser frühere Mandant es untersagt hat, Daten über ihn an den Anwalt zu übermitteln. Das habe ich dem Juristen auch noch per Mail bestätigt.

Trotzdem werde ich nun unter Fristsetzung noch einmal aufgefordert, die Adresse herauszugeben. Oder meine Weigerung schriftlich („nicht per E-Mail“) zu begründen.

Dazu sage ich nur a) Anwaltsgeheimnis und b) ich verstoße nie gegen Weisungen meiner Mandanten. Der Kollege hat diese Info selbstverständlich auch noch einmal erhalten.

Per Mail.

VERSTOSSEN WÄRE NETT

Frau Z. hat sich von ihrem Mann scheiden lassen. Beide kommen aus einem Land im Nahen Osten, leben aber schon lange in Deutschland. Das Scheidungsurteil eines deutschen Amtsgerichts ist rechtskräftig. Seit Jahren. Jetzt möchte Frau Z. wieder heiraten.

Das geht laut Auskunft des Standesamtes aber nicht. Die deutsche Scheidung reiche nicht. Die Ehe bestehe nach islamischem Recht, der Scharia, fort, so lange der Ehemann nicht sein Einverständnis gegeben bzw. die Ehefrau verstoßen habe. Und zwar gegenüber einem Imam. Ohne entsprechende Bescheinigung dürfe Frau Z. nicht neu heiraten.

Die Wikipedia weiß dazu:

Scheidung ist für den Mann durch Verstoßung leicht möglich, für die Frau jedoch kaum. … Die Frau ist dem Mann in allen Bereichen untergeordnet, kann allerdings mit ihrem eigenen Geld wirtschaftlich selbstständig handeln. Nur Männer sind zum Unterhalt verpflichtet, der allerdings nicht eingeklagt werden kann. Eine maßvolle körperliche Züchtigung der Frauen durch ihre Ehemänner ist durch die Scharia gedeckt.

Der frühere Ehemann weigert sich beharrlich, eine Erklärung abzugeben oder seine frühere Frau zu verstoßen. Wie es derzeit aussieht, kann die Zustimmung nach islamischen Recht auch nicht ersetzt werden.

Mir fällt für die anstehende Diskussion mit dem Standesamt auch nur ein, dass man wohl mal an den ordre public denken muss. Es kann doch nicht sein, dass die Willkür des Ehemannes – davon kann man nach neunjähriger Trennung ja wohl sprechen – so brutal über das weitere Leben der Frau bestimmt.

WEITERE VERFOLGUNG

Jemand ärgert sich über einen Kommentar. Er mailt:

„Wir bitten um Übermittlung der Userdaten zur weiteren Verfolgung der Angelegenheit. Besten Dank.“

Ich antworte:

„Meinen Sie das wirklich ernst?“

Er schreibt:

„Nein, das war ein Test. Ich werde natürlich unsere Anwälte bitten, die nötigen rechtlichen Schritte gegen Unbekannt einzuleiten und bei der Staatsanwaltschaft beantragen zu lassen, Sie zur Speicherung und Herausgabe der entsprechenden Daten aufzufordern.“

Hurra, ich habe bestanden.