KEIN BEWEIS

Auch das Amtsgericht München lässt Einzelverbindungsnachweise nicht als „Beweis“ für die Inanspruchnahme einer Telefondienstleistung gelten. Wenn sich diese Rechtsprechung durchsetzt, kommen Telefonanbieter unter Druck. Denn wie sollen sie mit vertretbarem wirtschaftlichen Aufwand sonst darlegen, dass jemand eine bestimmte Nummer angewählt hat?

UNSCHEINBARE LIEFERWAGEN

Die Polizeigewerkschaft ist enttäuscht über die Einschränkung des großen Lauschangriffs, berichtet die Welt. So soll es ja auch sein.

Immerhin gibt es bald wieder einen Lebensbereich, nämlich die eigene Wohnung, der für den Zugriff von Fahndern ein (relatives) Tabu ist. Die überzogene Äußerung, man fühle sich vom Bundesverfassungsgericht „absolut im Stich gelassen“, sollte der Polizeifunktionär vielleicht noch einmal überdenken. Könnte ja auch sein, dass sich die Bürger nicht mehr wohl mit einer Polizei fühlen, die den nötigen Respekt vor grundlegenden Freiheitsrechten wie Artikel 13 Grundgesetz vermissen lässst.

Eine andere Frage ist, wie die maßvollen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts praktisch umgesetzt werden. So wie ich den Gesetzentwurf verstehe, dürfen Gespräche nicht automatisch aufgezeichnet werden. Es muss ständig geprüft werden, ob wegen Unterhaltung „im Kernbereich privater Lebensgestaltung“ abgeschaltet werden muss.

Das würde aber bedeuten, dass insbesondere bei ausländischen Abgehörten ständig Dolmetscher anwesend sein müssen, die das Gesprochene auch sogleich verstehen.

In Prozessen streiten sich Sachverständige mitunter tagelang erbittert darüber, ob ein arabisch oder chinesich sprechender Abgehörter in einem der unzähligen Dialekte „Es schneit heute“ oder „Ich kaufe mir ein neues Auto“ gesagt hat. Wenn das wirklich die Anforderungen sind, wird es in den unscheinbaren Lieferwagen (die soll es mittlerweile wirklich geben) aber ungemütlich eng werden.

ENDE GUT …

Dieser Protest bei einer Rechtsschutzversicherung hat anscheinend gewirkt. Wenn ich den Kontoauszug richtig interpretiere, hat die Versicherung den Differenzbetrag zur Mittelgebühr überwiesen. Mal sehen, was im Schreiben steht. Ich tippe auf : ohne Präjudiz.

SCHMUSE-SCHUFA

Die Schufa plant einen „sanfteren Umgang“ mit Schuldnern. Forderungen unter 1.000,00 € sollen erst eingetragen werden, wenn der Schuldner nach Aufforderung durch die Schufa nicht innerhalb eines Monats zahlt, berichtet rp-online.

Dass sich gerade Mobilfunkanbieter an dem Modellversuch beteiligen, wundert mich nicht.

GEZEICHNET

Es gibt ja immer wieder Premieren im Leben. So zum Beispiel einen Strafprozess mit Gerichtszeichnerin. Die hat sogar einen eigenen Tisch. Das Wasser, mit dem sie ihre Farben verdünnt, kommt aus einer Sprudelflasche.

SENDEPAUSE

Wegen Vorbereitungen für ein größeres Verfahren wird es hier heute und wahrscheinlich auch morgen nichts Neues geben.

ABM

Die Unionsparteien wollen Freier von Zwangsprostituierten mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestrafen. Wie Spiegel online berichtet, löst dieses Vorhaben in Fachkreisen Kopfschütteln aus.

Sachlich völlig zu Recht.

Unter einem Gesichtspunkt ist es allerdings uneingeschränkt zu begrüßen – als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Strafverteidiger.

KONTAKTSPERRE FÜR ISLAMISTEN

beck online:

Gegen einen unter Terrorverdacht stehenden Tunesier aus Regensburg haben die Behörden weit reichende Sanktionen verhängt. Für den 35-Jährigen gebe es eine Kontaktsperre und strenge Meldeauflagen, teilte Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) am 10.05.2005 mit. Der Mann musste aus seiner Wohnung in eine Gemeinschaftsunterkunft in Niederbayern umziehen. Er darf den neuen Wohnort nicht verlassen und muss sich täglich bei der Polizei melden. Der Gebrauch von Handy, Internet oder E-Mails ist ihm verboten.

Schon erstaunlich, was die heutigen Gesetze so herzugeben scheinen. Der Mann mag zwar zur Ausreise verpflichtet sein, einer schweren Straftat scheint er aber nicht verdächtig zu sein. Denn ansonsten würde sich ja sicherlich die Möglichkeit ergeben, ihn in Untersuchungshaft zu nehmen.

Wie sich aus der Pressemitteilung des Innenministeriums ergibt, werden anscheinend „Kontakte zu islamistischen Gesinnungsgenossen“ unter der strafrechtlich relevanten Schwelle beanstandet. Diese Kontakte sollen „die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland“ gefährden.

Ich hoffe mal, das System wird nicht als ausbaufähig angesehen. Die Wortwahl verheißt jedenfalls nichts Gutes…

15 JAHRE

Meine erste Begegnung mit dem Mordparagrafen ist erfolgreich verlaufen. Die Strafvollstreckungskammer eines Landgerichts hat den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Feststellung der besonderen Schwere der Schuld zurückgewiesen. Dies hätte möglicherweise dazu geführt, dass die Mindestverbüßungsdauer von normalerweise 15 Jahren angehoben worden wäre. Auf 19 Jahre, zum Beispiel.

Zum Hintergrund:

Das Bundesverfassungsgericht hat 1991 entschieden, dass die lebenslange Freiheitsstrafe bei Mord nur dann verfassungsmäßig ist, wenn dem Verurteilten Hoffnung auf Bewährung verbleibt. Über diese Bewährung soll regelmäßig erstmals nach 15 Jahren Haft entschieden werden. Wenig später wurde dann gesetzlich geregelt, dass das Gericht im Urteil eine besondere Schwere der Schuld feststellen kann. Geschieht dies, kann die Mindesthaftdauer von 15 Jahren überschritten werden. Bewährung kommt dann erst später in Frage.

Bei Verurteilungen vor 1991 hatten die Gerichte noch keine Schwere der Schuld geprüft. Das hat zur Folge, dass dies jetzt nachträglich die Strafvollstreckungskammern übernehmen müssen. Heikel wird dies dadurch, dass ca. 14 Jahre nach einer Tat ein Gericht noch einmal in die Prüfung einsteigen muss, wie alles abgelaufen ist und ob die Tat von anderen Morden so stark abweicht, dass eine Haftentlassung nach 15 Jahren nicht akzeptabel erscheint.

Das Gericht war in meinem Fall der – korrekten – Auffassung, dass man sich nicht 14 Jahre später über die Feststellungen des Urteils hinwegsetzen und eine völlig Neubewertung vornehmen darf. Es hat im Kern also nur geguckt, ob die damaligen Feststellungen eine besondere Schwere der Schuld ergeben hätte, hätte diese Prüfung seinerzeit angestanden.

Die Antwort war ein (relativ) klares Nein.

TELEKOM-ANWÄLTE

Der ZDFratgeber berichtet über eine Anwaltskanzlei, die Telekom-Rechnungen anmahnt. Mitunter soll berechtigten Klagen der Betroffenen, dass sie gar nicht gemeint sein können, nicht nachgegangen werden.

Ich habe auch so eine Akte auf dem Tisch. Die gleichen Anwälte haben zunächst mehrere Schreiben, in denen sie darauf hingewiesen wurden, dass der Betroffene den genannten Anschluss gar nicht hat, ignoriert. Und dann haben sie ohne Kommentar ihre Mahnbescheide zurückgenommen.

(Danke an Volker für den Link)

(K)EIN WUNDER

Römer, die beim Öffnen ihres Kühlschrankes Radio Vatikan hörten, wohnten möglicherweise nur zu nahe an den Sendemasten. Wie tagesschau.de berichtet, hagelte es jetzt (kurze) Haftstrafen auf Bewährung für Verantwortliche des weltweiten Senders. Sie sollen in dem Bestreben, die Stimme der Kirche auch im letzten Winkel der Welt hörbar werden zu lassen, illegalen Elektrosmog verursacht haben.

(Link gefunden im Handakte WebLAWg)