LEBENSLANG

Angeblich will die US-Regierung Terror-Verdächigte notfalls lebenslang wegsperren, auch wenn die Beweise nicht für eine Verurteilung reichen (Spiegel online).

Wahrscheinlich verlässt man sich dort drüben darauf, dass dies nur für arabisch aussehende Menschen gelten wird.

(Danke an Hartmut Nissen für den Link)

AM LIMIT

Stur, selbstgerecht und abgehoben vom Gesetz – so lautet das Urteil des Bundesverfassungsgerichts über einige selbstherrliche Richter am Oberlandesgericht Naumburg. Diese weigern sich beharrlich, dem Vater eines nichtehelichen Kindes, das von der Mutter zur Adoption freigegeben worden war, regelmäßigen Kontakt mit seinem Kind zu gestatten. Und das, obwohl sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bereits klargestellt hatten, dass dem Vater bis zur endgültigen Klärung des Sorgerechts das Kind nicht völlig entzogen werden darf.

Dabei geht es momentan nur darum, dass der Vater zwei Stunden (!) in der Woche mit seinem Kind zusammen sein kann. Diesen Umgang hatte das zuständige Amtsgericht angeordnet. Das Oberlandesgericht Naumburg hatte die Entscheidung aber auf eine Beschwerde (u.a. des Jugendamtes) wieder ausgesetzt.

Das Bundesverfassungsgericht attestiert den Richtern in seltener Deutlichkeit, dass diese sich nicht mal die naheliegendsten Gedanken machen. Darüber hinaus wirft das Gericht den Kollegen vor, sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Deshalb hätten die Richter sogar die Regelungen der Zivilprozessordnung umgangen, wonach eine Beschwerde
gegen einstweilige Umgangsregelungen gar nicht zulässig ist.

Bei so einer klaren Ansage sollten sich die Naumburger Richter nicht wundern, wenn sie demnächst eine Vorladung als Beschuldigte erhalten. Wegen Rechtsbeugung.

Komplette Entscheidung

HOCHNÄSIG

Wirklich übertrieben ist die deutsche Aufregung, dass in Phuket und anderswo die Bars, Go-Go-Shuppen und Diskotheken wieder den Betrieb aufnehmen.

Wer über die Frauen dort die Nase rümpft, sollte sich mal überlegen, was er bei einer vergleichbaren Katastrophe hierzulande tun würde. Vor allem wenn – wie so häufig in Thailand – die Existenz seiner ganzen Familie vom heimgeschickten Geld abhängig ist.

Nicht mehr arbeiten gehen, ist da wohl keine gute Idee.

AMTSHANDLUNG

Anruf eines Mandanten. Die Waschanlage hat an Silvester die Zierleiste an der linken Tür seines Autos mitgenommen; der Spiegel hat einige Kratzer abbekommen. Die Beschwerde am Ausgang verlief erfolglos. Der Geschäftsführer verwies kalt lächelnd auf seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Danach haftet er nur für grobe Fahrlässigkeit. Eines Versäumnisses sei er sich nicht bewusst. Welche Überraschung.

Bis vor kurzem wäre der Mann damit sogar durchgekommen. Leider scheint er aber nicht zu wissen, dass der Bundesgerichtshof in einem neuen Urteil genau diese Klauseln gekippt hat (Pressemitteilung). Weil Autofahrer – zu Recht – annehmen, dass ihre Autos nicht nur sauber, sondern auch heil aus der Waschstraße kommen, verstösst die Haftungsbeschränkung gegen Treu und Glauben. Sie ist unwirksam.

Aber vielleich weiß es der Geschäftsführer ja schon – und blufft nur. Wie auch immer, wir dürften gute Karten haben. Nachdem ich als erste Amtshandlung in 2005 den Mandanten mit dem Link versorgt habe, geht der auch deutlich lockerer ins neue Jahr.

GOOOOOOGLE

Mein Computerprogramm des Monats (oder, von mir aus, auch des Jahres) ist Google Desktop Search. Weil ich mich jetzt nicht mehr davor fürchte, nach einer E-Mail zu suchen, von der ich nur noch weiß, dass der Begriff „Service Agreement“ drin vorkommt.

WÜNSCHE

Allen Lesern wünsche ich einen schönen Jahresausklang. Und dass 2005 unsere Wünsche erfüllt, die großen und die kleinen.

BITTE

Ich habe gerade 500 Euro für die „Aktion Deutschland hilft“ gespendet. Es wäre schön, wenn jeder Leser, der vielleicht noch unentschlossen ist, sich auch einen Ruck gibt.

Ja, auch ich zweifle natürlich, ob so eine Spende ankommt. Aber angesichts dieser Katastrophe nehme ich das Risiko in Kauf. Lieber soll mein Geld im schlimmsten Fall irgendwo versickern. Ich werde es überleben.

Aber ich käme im Moment nur schlecht mit dem Gedanken klar, dass vielleicht in den nächsten Monaten da unten einem Menschen nicht geholfen werden kann, bloß ich nichts getan habe.

Wenn ihr mitmacht, schreibt es ruhig in die Kommentare.

Online-Spende (Bankeinzug) „Aktion Deutschland hilft“

Seite des Bundespräsidenten mit weiteren Spendenmöglichkeiten

GANZ SCHÖN BRAUN

Der neue Chef der WestLB hat laut rp-online einen Journalisten verklagt. Dieser hatte geschrieben, Thomas Fischer habe bei der Beerdigung seines Vorgängers Friedel Neuber braune Schuhe getragen. Fischer ließ das Gericht mittels eidesstattlicher Versicherung wissen, sein Schuhwerk sei schwarz gewesen.

Wie im FINBLOG jetzt zu lesen ist, muss die Stuttgarter Zeitung tatsächlich die begehrte Gegendarstellung abdrucken.

REINLICH

Schöne Grüße auch an das Stadtreinigungsamt Düsseldorf. Dessen Kehrmaschine flitzt gerade jetzt, am 30. Dezember 2004 kurz nach halb elf, bei uns den Bürgersteig rauf und runter und macht alles schön blitzblank.

Aber wahrscheinlich ist man in der Behörde nur fest davon überzeugt, dass aus bekannten Gründen morgen niemand Böller zündet und Sektflaschen auf die Straße schmeißt.

Wir weniger.

HIERZULANDE

Nehmen wir mal an, du besitzt ein Achtfamilienhaus in der Stadt. Alle Wohnungen sind vermietet. Auf dem Nachbargrundstück stand bisher eine Kirche. Aus Gründen, die hier nicht interessieren, wird die Kirche abgerissen und ein mehrstöckiges Haus errichtet.

Iiiiieh, fluchen deine Mieter. Eine Baustelle. Die Arbeiter kommen morgens um halb acht, und manchmal hämmert sogar um 17 Uhr noch einer rum. Fies, schimpfen deine Mieter, das werktätige Volk hält ja nicht mal eine zweistündige Mittagsruhe ein. Einer deiner Mieter hat jetzt sogar „staubähnliche Substanzen“ entdeckt, die durch seine Fensterritzen dringen.

Na und, sagst du. Hat die Stadt die Baustelle nicht genehmigt? Hat die Gewerbeaufsicht vielleicht eine Überschreitung der Arbeitszeiten festgestellt? Wird nicht modernes Baugerät eingesetzt? Und eine Foliensperre, die den allermeisten Schmutz gar nicht entweichen lässt?

Aber vor allem: Wer könnte ernsthaft der Meinung sein, dass du als Vermieter für eine Baustelle auf dem Nachbargrundstück verantwortlich bist?

Da hast du die Rechnung ohne die deutschen Gerichte gemacht. Die weitaus meisten sind nämlich der Meinung, dass Mieter durchaus die Miete um 10 bis 25 Prozent mindern können – bloss weil nebenan für einen überschaubaren Zeitraum gebaut wird.

Jetzt bist du froh, dass du kein Anwalt bist und einen Mandanten anrufen musst, um ihm genau das zu erklären. Du hast Mitleid mit mir, weil es ja so sicher ist wie das Amen in der kürzlich noch existenten Kirche, dass gleich jemand durch die Leitung gekrochen kommt.

„SORGEN“

So, die letzten eiligen Sachen sind unterschrieben und auf dem Weg. Es verbleiben die üblichen Verjährungssorgen. Aber das ist erfahrungsgemäß nicht dramatischer als die Frage, ob man vor der Abreise den Herd abgeschaltet hat.