Das Polizeipräsidium Essen hat ein Notfax für Gehörlose.
Archiv des Autors: Udo Vetter
KONTOSCHNÜFFLER
Ab kommenden Jahr sollen praktisch alle Behörden direkten Zugriff auf Kontodaten der Bürger haben. Gegen die Ausweitung der Schnüffelpraxis sind jetzt Verfassungsbeschwerden eingelegt worden, berichtet das manager magazin.
Den Klägern kann man nur viel Glück wünschen.
EBAY: WIDERRUFSRECHT
Wer bei Ebay von einem gewerblichen Händler kauft, hat grundsätzlich ein zweiwöchiges Widerrufsrecht. Er kann die Ware ohne Begründung zurückschicken und sein Geld zurückverlangen. Das hat der Bundesgerichtshof in seiner heute verkündeten Grundsatzentscheidung (Pressemitteilung) festgelegt.
Für gewerbliche Anbieter bedeutet das auch, dass sie jetzt auf ordentliche Widerrufsbelehrungen achten müssen. Ansonsten kann der Kunde das Widerrufsrecht auch noch nach Ablauf der zwei Wochen ausüben.
BÖSER ANWALT
Ja, alles meine Schuld.
1. Die Sache mit dem Führerschein. Der Bußgeldbescheid war rechtskräftig geworden. Das Fahrverbot begann spätestens in vier Monaten. Der Mandant verbummelte den Termin. Begründung: „Sie wollten mir die Adresse des Ordnungsamtes geben.“ Daran konnte ich mich nicht erinnern. Abgesehen davon, dass die Adresse auf jedem Schreiben der Behörde abgedruckt ist. Außerdem haben wir uns in den letzten vier Monaten mindestens dreimal gesehen. Hätte er da nicht fragen können?
2. Die Überweisung. 236,35 Euro. Genau der Betrag, der in meiner Kostenberechnung steht. Jetzt heißt es plötzlich, das Geld sollte an einen Gläubiger weitergeleitet werden. Mit dem waren allerdings Raten von 250,00 Euro vereinbart. Außerdem handelt es sich um eine ganz andere Angelegenheit.
3. Die Sache mit dem Brief. Wenn man mir kommentarlos die Nachricht faxt, dass auf dem Gericht in Mülheim/Ruhr ein Schriftstück niedergelegt ist, heißt das dann, dass ich mich ins Auto setze – und den Brief abhole? Ich meine, für 160 Euro die Stunde mache ich ja viel. Aber dass ich einen Postfachservice unterhalte, war mir neu. Natürlich ist mein entsprechender Hinweis auf der Mailbox nie angekommen. Die Nachricht, dass in einer anderen Akte Geld eingegangen ist, schon. Komisch, hatte ich beide Sachen nicht in die gleiche Nachricht gsprochen?
Bevor es zu 4. kommt, ist jetzt mal ein anderer Anwalt dran mit schuld sein. Es kommt zwar selten vor, aber manchmal habe sogar ich die Schnauze voll.
EVIDENZ
Dem schlafmützigen Richter mal richtig die Meinung sagen. Das kommt dabei raus, wenn einem am Diktiergerät der Mut verlässt:
Möglicherweise muss davon ausgegangen werden, dass dem Gericht während des langen Verfahrens Teile der Unterlagen außer Evidenz geraten sind.
FRISTSETZUNG
In der Sache: 01.11.2004
Sekr. I. Hoheit ./. Vetter
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Vetter,
in Beantwortung Ihrer nicht aufgeworfenen Frage teilt Unterfertigter, im
Falle einer Stellvertretung der Vertretene, unter üblichem Vorbehalt bei
entsprechender Bittstellung folgendes mit.
Sie änderten die Internetadresse (URL) Ihrer Webpräsenz – einem sog.
Weblog – auf www.lawblog.de. Zuvor lobten Sie im Rahmen eines
Gewinnspiels T-Shirts, denen die alte URL udoslive.blogspot.com
aufgedruckt war, aus. Diese sind nunmehr unbrauchbar.
Ich darf Sie daher unter Fristsetzung auf
Freitag, den 12. November 2004
bis 12.00 Uhr hier eingehend
zur Nachlieferung eines mangelfreien Shirts mit aktueller URL auffordern
(*). Bei fruchtlosem Fristablauf sehe ich mich leider gezwungen, Sie unter
Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe bis ans Ende meiner Tage mit Klagen
aller Art zu behelligen.
Sollten Sie die notwendigen Schritte bereits veranlasst haben oder dazu
keine Zeit aufbringen können, betrachten Sie dieses Schreiben bitte als
gegenstandslos.
Ich danke bereits im Voraus für das aufgebrachte Verständnis.
Mit vorzüglicher Hochachtung,
i.A. Fritz Pfiffig
Sekretariat Ihre Hoheit
Institut für die Weltmachtergreifung
http://kqe.de – ach@du.meine.kqe.de
VIEL PAPIER
Bei manchen Richtern hat man das Gefühl, es macht ihnen Freude, wenn sich Anwälte die Finger wund schreiben. Da wird der Sachverhalt zum fünften Mal durchgekaut, jedes bereits dagewesene Argument nochmals aufgewärmt.
Wenn man sicher sein könnte, dass Richter nicht wiegen, sondern lesen, könnte man sich glatt die Stellungnahme auf die Stellungnahme zur Klageerwiderung sparen. Ja, wenn…
GOOGLE-SUCHE
Martin Röll verwendet in einem Vortrag die Google-Suche „Novitel“. Das Thema des Kapitels ergibt sich von selbst.
ABMAHNUNGEN
Links, die direkt oder indirekt auf Seiten mit verbotenen Kopierschutzprogrammen führen, provozieren die Musikindustrie. Ein Forenbetreiber soll laut golem.de 3980 Euro Abmahngebühren zahlen – wegen eines Links, der auf eine Seite führt, von der erst auf ein entsprechendes Angebot verlinkt wurde.
Lesenswert ist die Stellungnahme des Betroffenen. Es ist abseits von allen anderen rechtlichen Fragen schon merkwürdig, dass man nach Auffassung der Musikindustrie in unserem Land anscheinend nicht mal mehr über Kopierschutzprogramme reden darf.
Ich würde mal darauf setzen, dass das Bundesverfassungsgericht die Vorschriften im Urheberrechtsgesetz zu Gunsten der Meinungsfreiheit „einchränkend“ auslegt. Falls nicht ohnehin schon die Instanzgerichte ein ungutes Gefühl beschleicht.
(Danke an Volker für den Link)
BUMMELSTUDIUM
Ein Bummelstudium kann den elterlichen Unterhalt kosten. Das Oberlandesgericht Hamm hat jetzt zum Beispiel einer Studentin Unterhalt abgesprochen, weil sie auch nach neun Semestern kein Vordiplom nachweisen konnte, berichtet Spiegel online.
(Danke an Hartmu Nissen für den Link)
FÜR DIE SICHERHEIT
Im Interesse der Flugsicherheit wird man sich künftig häufiger „nackt“ fotografieren lassen müssen. Interessanter Bericht auf ORF.at. Wird wohl auch nur eine Frage der Zeit sein, bis die ersten Promibilder die Runde machen…
(Danke an Matthias Böse für den Link)
RÜCKBAU
Mit allen Mitteln, Polizeieinsätze inklusive, zwang die Stadt Frankfurt einen Hauseigentümer, Räume nicht als Zahnarztpraxis zu vermieten. Die Behörde hatte gerade den Rückbau umgesetzt, als die Bauordnung vereinfacht wurde. Jetzt erhielt der Vermieter problemlos die Genehmigung, berichtet die Frankfurter Neue Presse. Auf rund 200.000 Euro Kosten bleibt der Eigentümer allerdings sitzen.
(Danke an Mathias Schindler für den Link)
KLEINE PAUSE
In den letzten anderthalb Wochen war ich wegen auswärtiger Termine selten im Büro. Es hat sich einiges angestaut an Arbeit. Zum Glück ist am Montag in Nordrhein-Westfalen Feiertag. Damit ich nicht von meinen Akten abgelenkt werde, verbinde ich das lange Wochenende mit einer Blogpause bis Dienstag.
EHEGATTENVERSCHICKUNG
Das Sekretariat hat sich selbst eine Kurzmitteilung für E-Mails gemalt:
… beiliegenden Anhang erhalten Sie mit der Bitte um Kenntnisnahme.
Das muss ich ändern, bevor wir es in den Zwiebelfisch schaffen.
DRUCKMITTEL
Wie hilfreich für Strafverfolger das Druckmittel Untersuchungshaft ist, zeigt sich am Fall Karsten Speck. Jahrelang hat er geleugnet, nach einer Woche Gefängnis legt er eine Art Geständnis ab. Und seine Verteidiger ziehen 77 Beweisanträge zurück.
Das ist übrigens genau die Situation, in der immer wieder passiert, was man sich gemeinhin kaum vorstellen kann: ein falsches Geständnis.