Gründlich über das Ziel hinaus schießt eine Fahndungsseite des Bundeskriminalamtes. Die Behörde plaudert dort so viele Details über einen Doppelmord aus, dass die Staatsanwaltschaft Mainz regelrecht angesäuert ist. Näheres berichtet die Allgemeine Zeitung.
Archiv des Autors: Udo Vetter
HOSE RUNTER
Verteidiger müssen sich beim Besuch einer Justizvollzugsanstalt mit einer Metallsonde untersuchen lassen, sofern ein Durchlauf-Metalldetektor ein Signal liefert. Allerdings darf der Verteidiger nicht weiter abgetastet oder sogar zum Entblößen seines Körpers gezwungen werden, wenn auch die Sonde keine eindeutige Quelle für das Signal liefert. Mit diesem Beschluss vom 13. Januar 2004 (PDF) zieht das Oberlandesgericht Nürnberg übereifrigen Justizbeamten deutliche Grenzen. Im konkreten Fall hatten sie die Verteidigerin noch gezwungen, ihre Beine zu spreizen, die Hose bis unter das Gesäß und die Bluse bis über den BH zu ziehen. Außerdem stellt das OLG Nürnberger erneut fest, dass das Durchblättern der Handakte des Verteidigers unzulässig ist.
KAISERSCHNITT
Eine 29-jährige Frau steht in den USA unter Mordanklage, weil sie einen Kaiserschnitt verweigert hat. Angeblich wollte sie auf keinen Fall Narben auf dem Bauch. Dabei blieb sie auch, als die Ärzte sie auf die Lebensgefahr für ihre ungeborenen Zwillinge hinwiesen, berichtet der Express.
ILLEGAL
Der Prozess gegen Sänger R. Kelly steht vor dem Aus. Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung hat der Richter entschieden, dass die belastenden Videos im Prozess nicht verwendet werden dürfen. Die Polizei habe das Material rechtswidrig erlangt, als sie ohne ausreichenden Grund Kellys Haus durchsuchte.
In Deutschland würden die Gerichte um so was einen Affentanz veranstalten, der letztlich zu Lasten des Angeklagten ausgeht. Zwar werden Durchsuchungen nach Grundsatzurteilen des Bundesgerichtshofes mittlerweile häufig für rechtswidrig erklärt. Zu einem Verwertungsverbot führt das aber in den wenigsten Fällen.
Bei uns wird nämlich eine „Gesamtabwägung“ für erforderlich gehalten. Auf der einen Seite stehen die Verfahrensrechte des Beschuldigten, auf der anderen Seite das Strafinteresse des Staates. Mit den Floskeln „erhebliche kriminelle Energie“ und „Höhe der Strafdrohung“ wird es dann regelmäßig gerechtfertigt, dass rechswidrig gewonnene Beweise gegen den Beschuldigten verwendet werden können.
Deshalb werden bei uns auch munter weiter Wohnungen und Firmen wegen „Gefahr im Verzug“ durchsucht. Die Ermittler wissen längst, dass ihnen zwar per Gerichtsbeschuss die Rechtswidrigkeit bescheinigt wird, dies aber meistens keine Auswirkung auf den späteren Prozess hat.
Na ja, wir haben Jahrzehnte darauf gewartet, dass Beschwerden gegen bereits vollzogenene Durchsuchungen überhaupt zulässig werden. Jetzt können wir nur darauf hoffen, dass sich in unserem Land mutige Strafrichter finden und illegal gewonnene Beweise einfach nicht mehr akzeptieren.
DEPPENBILDSCHIRM
Endlich gibt es den „Deppenbildschirm“. Speziell für Juristen. Außerdem geplant: Browser, die nur sichere Informationen aus dem Intranet anzeigen, Links, die nicht funktionieren und Computer, auf denen zum Schutz vor Raubkopien keine Programme installiert werden können.
GERICHTSSTEMPEL BEI EBAY
Bei ebay gibt es bis morgen noch einen Stempel des Amtsgerichts Hamburg zu ersteigern. Auch wenn es keiner mit Dienstsiegel ist, bezweifle ich, dass sich fritz-frutz (bisher 0 Bewertungen) mit dieser Auktion eine Freude macht.
NICHTS GEMERKT
Wer versehentlich eine farbige statt einer schwarzen Druckerpatrone kauft, kann diese nicht zurückgeben, wenn er den Irrtum bemerkt. Dies hat das Amtsgericht Daun zumindest für den Fall entschieden, dass die Patrone bereits geöffnet war. Durch das Aufreißen der Verpackung erlösche das an sich vorhandene Rücktrittsrecht zwar nicht. Jedoch müsse die Käuferin ihrerseits dem Verkäufer nach dem Gesetz Wertersatz für die unverkäufliche Patrone leisten, weil sie fahrlässig die Verwechslung nicht bemerkt habe. Immerhin stehe groß auf der Packung drauf, welche Farbe die Patrone hat. (AG Daun, Beschluss vom 22.12.2003, AZ: 3 C 222/03)
STRANGE
Verstößt der Versand einer unverschlüsselten e-mail mit MS Outlook Express gegen den Datenschutz? Wer Spaß an skurrilen juristischen Streitigkeiten hat, kann sich hier über 44 Seiten (PDF, 6 MB) durchaus amüsieren.
HOFFNUNGSLOS
An das AG Köln:
In der Bußgeldsache gegen M. – AZ: 809 OWi … – bitte ich darum, den Termin vom 24. März 2004 aufzuheben. Ich sage hiermit verbindlich zu, dass die Betroffene den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid am 2. April 2004 zurücknimmt. Eine frühere Rücknahme ist nicht möglich, weil der Führerschein dann wegen der 4-Monats-Frist zu einem absolut unpassenden Zeitpunkt zurückgegeben werden müsste. Sollte der Termin nicht aufgehoben werden, bitte ich darum, wenigstens die Zeugen abzuladen. Die Betroffene und ich werden den Termin dann nicht wahrnehmen, allerdings Rechtsmittel gegen die Verwerfungsentscheidung einlegen.
Rechtsanwalt
Irgendwie peinlich, wenn man ausgerechnet seine eigene Kollegin nicht vor einem Fahrverbot retten kann.
PROZESSZIEL
Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)
FAKTISCH
Ein Düsseldorfer Kommissar hatte nur mit Ladendiebstählen zu tun und langweilte sich. Frustriert ließ er, so berichtet der Express, die Akten liegen. Dafür bekam er jetzt die Quittung: 11 Monate auf Bewährung wegen Strafvereitelung.
Ich könnte jetzt zu meinen Aktenschränken gehen und Ermittlungsakten rausziehen, in denen sich verdächtig lange überhaupt nichts getan hat. Die Akten stammen aber beileibe nicht nur von Kommissar Victor W. Und manche sind auch erst bei der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht im bürokratischen Räderwerk versumpft. Aus Verteidigersicht auf jeden Fall höchst praktisch, so eine faktische Einstellung des Verfahrens…
AUFSCHWUNG
Eine Kündigung wegen schlechter Auftragslage ist auch wirksam, wenn die Firma später einen Großauftrag erhält und neue Mitarbeiter sucht. Etwas anderes gilt laut Arbeitsgericht Frankfurt nur, wenn die Firma während der noch laufenden Kündigungsfrist vom Stellenbedarf erfährt.
DAMPF ABLASSEN
Von Allroundlaie bis Zartliner, von Pförtnerkenner bis Vorstandsgroupie: Andreas Rother hat den Ratgeber „Die ultimativen Schimpfwörter für das Büro“ verfasst. Im Interview mit Spiegel online erzählt er, wie er auf die Idee für den Grund- und Aufbauwortschatz gesammelter Beleidigungen kam.
WO KEIN RICHTER…
WO KEIN RICHTER…
Das Oberlandesgericht Celle hat einen neuen Internetauftritt, unter anderem mit umfassender Urteilsdatenbank. Sogar zu einem Telefonverzeichnis mit Durchwahlen hat man sich durchgerungen. Auffällig ist allerdings, dass auch diese Richter es mit der Impressumspflicht nicht so genau nehmen. Gerichtsname, Adresse und Telefonnummer der Zentrale dürften den gesetzlichen Anforderungen kaum genügen.
(link gefunden im Handakte WebLAWg)
Zu schnell gemotzt, siehe die Kommentare.
TRENDY
Telefonat mit einer Richterin in Dortmund.
Ich kenne Sie.
Äh, Frau Vorsitzende, gut möglich, dass ich schon mal bei Ihnen in einer Sitzung war.
Nein, ich bin erst seit drei Monaten Richterin. Ich kenne Sie aus dem Internet. Sie schreiben doch diese Seite, den law blog.
Das kann nicht dementieren.
Wirklich interessant, die Dinge von der anderen Seite zu sehen. Ich habe Sie auch schon einer Kollegin empfohlen.
Das ist aber nett.
Sagen Sie mal, ist das eigentlich kompliziert, so ein Blog?
Nein, überhaupt nicht. Es gibt da verschiedene Möglichkeiten…
Mal sehen, ob sie sich traut.