ANWÄLTE, MANDANTEN, SENSATIONEN

ANWÄLTE, MANDANTEN, SENSATIONEN

Die Kaufhausanwälte haben ein Problem. Das Landgericht Berlin hat es ihnen per einstweiliger Verfügung untersagt, ihre Kanzlei neben dem Süßwarenstand oder der DOB-Abteilung zu betreiben.

Den Vizepräsidenten der Anwaltskammer erinnert die Kaufhauskanzlei „an das Mittelalter, wo man sich bekanntlich auf Jahrmärkten vor den Augen der Zuschauer die Zähne ziehen lassen konnte“ (Pressemitteilung).

Unser Besprechungszimmer geht zur Straße raus. Müssen wir jetzt immer die Jalousien geschlossen halten?

(link gefunden bei Jurabilis)

AUSBEUTER

Eine Mitarbeiterin machte ein etwas mürrisches Gesicht. Magenkrämpfe. Mein Rat, doch mal den Doktor aufzusuchen, kam nicht gut an. „Kommt gar nicht in Frage, das kostet ja 10 Euro.“

Ist das jetzt ein Prinzip. Oder zahlen wir so schlecht?

IDEALISMUS

Die Kämpfer gegen Spam kriegen zwar vor den Gerichten häufig Recht. Die Gegner werden zur Unterlassung verurteilt, selbst politische Parteien haben keine Sonderrechte. Im Jura-Forum finden sich einige Beiträge über die Streitwerte in den Prozessen. 2500 Euro, wie in diesem Fall, gelten offensichtlich schon als Erfolg.

Das macht bei einem normalen Prozess Gebühren von unter 400 Euro brutto – und das häufig auswärts und sicherlich mit erheblichem Begründungsaufwand. Bei einem Streitwert von 1000 Euro kommt der Anwalt auf knapp 220 Euro brutto.

Ohne Idealismus lässt sich dieses „Geschäft“ offensichtlich nicht betreiben.

MIETERFREUNDLICH

Mieter müssen bei Auszug nicht das Parkett abschleifen, selbst wenn dies im Mietvertrag vereinbart ist. So ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Außerdem haben die Richter entschieden, dass nicht jeder Kratzer und nicht jede Schleifspur auf Parkett eine übermäßige Abnutzung darstellt, die zur Schadensersatzpflicht führt. Einzelheiten bei n-tv.

(via advobLAWg)

FREIWILLIG

Zusatz in einem Anschreiben:

Die Staatsanwaltschaft bittet Sie um freiwillige Angaben zu Ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, damit eine eventuelle Geldstrafe korrekt berechnet und eine möglicherweise nachteilige Schätzung Ihrer Einkommensverhältnisse vermieden werden kann.

Nach meiner Erfahrung werden Einkommen in der Regel sowieso zu niedrig geschätzt. Das liegt wahrscheinlich daran, dass Staatsanwälte denken, sie würden gut verdienen und manchmal auch nicht wissen, was so in der wirklichen Welt gezahlt wird. Es spricht also eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass man ohne Angabe der Einkommensverhältnisse besser wegkommt. Außerdem kann die Staatsanwaltschaft sowieso nichts endgültig festlegen, da jedem Beschuldigten der Weg zum Gericht frei steht.

Dass so Formular beim Staatsanwalt außerdem nicht unbedingt den Eindruck erweckt, dass der Beschuldigte sich für unschuldig hält, wird man ebenfalls kaum bezweifeln können.

BRAV

„Ich bin überhaupt nicht verpflichtet, irgendeinen Gast zu fahren, und Sie Neger sowieso nicht.“ Mit diesen Worten soll ein Berliner Taxifahrer einen Fahrgast beleidigt haben. Außerdem hat der Mann noch diverse Anklagen wegen Freiheitsberaubung am Hals. Wenn er mit seinen Gästen übers Fahrgeld stritt, verriegelte er angeblich kurzerhand die Türen.

Gegen den Entzug des Taxischeines wehrte sich der Mann vor dem Verwaltungsgericht Berlin. Erfolglos. Das Gericht bescheinigte ihm laut beck-aktuell, dass er in jeder Hinsicht verfahrensresistent und somit unzuverlässig ist.

Der Taxifahrer ist mit Sicherheit der Meinung, dass er im Vergleich zu vielen seiner Kollegen ein ganz braver Kerl ist.

ANWALT, MEISTBIETEND

ANWALT, MEISTBIETEND

Neu auf ebay:

Sie bieten hier auf eine umfassende Beratung (bis 60 Minuten) eines Fachanwaltes für Familienrecht, bei der auf familien- und erbrechtliche Fragen (z.B. Scheidung, Unterhalt, Ehevertrag, Testament) eingegangen wird.

Rechtsanwalt Dr. Schurer arbeitet in Berlin-Mitte, Friedrichstraße 95, Tel. 030/255 64 300, email: anwalt@kanzlei.info. Bei Bedarf kann die Beratung auch telefonisch oder bei Ihnen (innerhalb Berlin, gegen Erstattung der Fahrtkosten) erfolgen.

Auf Anfrage senden wir vorab gern unsere Informationsbroschüre zu.

Drei Tage vor Schluss liegt das Angebot schon bei stolzen 5,51 Euro. Wie auch der Kollege Rainer Langenhan hoffe ich, dass es sich um einen Scherz auf Kosten eines (noch) ahnungslosen Anwaltes handelt. Falls nicht, wünsche ich schon mal viel Erfolg Streit mit abmahnfreudigen Kollegen. Und im Verfahren vor der Anwaltskammer.

TESTTESTTEST

Nachdem ich gerade am Landgericht Frankfurt/Main einen auf den Deckel gekriegt habe, sitze ich jetzt in der „Connection Bar“ am Hauptbahnhof. Milchkaffee, Cola light. Eine fahle Wintersonne blitzt durch ungeputzte Scheiben. Aus dem Lautsprecher dröhnen Elton John und Kikidee. Am Tisch gleich links neben der Tür gibt es eine praktische Steckdose fürs Notebook. Um 11.30 Uhr geht der ICE zurück nach Düsseldorf. Warum ich das schreibe? Irgendwie muss ich ja mal feststellen, ob das High-Speed-GPRS von Vodafone auch fürs mobile Bloggen geeignet ist…

In einer Strafsache fragt die Staatsanwaltschaft an, ob wir die Ermittlungsakte in Fotokopie haben. Begründung: Die Akte sei bei der Staatsanwaltschaft nicht mehr auffindbar. Gleichzeitig bittet die Behörde um Übersendung unserer Kopie.

So einfach ist es nun auch wieder nicht. Wenn die Staatsanwaltschaft keine Akte (mehr) hat, kann sie meinen Mandanten auch nicht bzw. nicht richtig verfolgen. Wenn ich der Staatsanwaltschaft also meine Akte übersende, helfe ich mit, dass er verfolgt werden kann. Das kann man ganz zwanglos einordnen. Unter Parteiverrat. Und selber strafbar machen möchte ich mich dann doch nicht, so freundlich der Staatsanwalt auch anfragt.

Sicherstellen kann die Staatsanwaltschaft meine Aktenkopie auch nicht, weil sie zu den Unterlagen der Verteidigung gehört. Die unterliegen einem grundsätzlichen Beschlagnahmeverbot (§ 97 Strafprozessordnung) und die Maßnahme wäre rechtswidrig. (Ob eine von einer rechtswidrig beschlagnahmten Akte gefertigte Kopie zu einem Verwertungsverbot gegenüber meinem Mandanten führen würde, ist eine andere Frage.)

Mit einem Nö mache ich mich sicher nicht beliebt. Aber dafür werde ich ja auch nicht bezahlt.

ZUM GÄHNEN

ZUM GÄHNEN

Weil der Richter im Prozess eingeschlafen war, haben drei Männer in Großbritannien Berufung gegen sein Urteil eingelegt. Wegen versuchten Raubes waren sie zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt worden. Wie die Netzeitung berichtet, hat der Richter sogar eingeräumt, dass er gedöst hat. Patzig soll er allerdings angemerkt haben, es tue nichts zur Sache, ob der Vorwurf des Schnarchens stimmt.

Gerade Mammutprozesse provozieren mitunter Müdigkeitsattacken. Mein schlimmstes Erlebnis in dieser Richtung: In einem Verfahren wegen Menschenhandel haben die Richter einmal anderthalb Tage Telefonabhörprotokolle vorgelesen. Das macht besonders viel Spass, wenn man als Verteidiger die Papiere sowieso schon mehrere Male studiert hat. Ich würde nicht beschwören, dass mich – gerade nach der Mittagspause – nicht auch mal der Sekundenschlaf übermannt hat.

Ansonsten habe ich mich mit Reclam-Heftchen durch den Tag gerettet.

(danke an law blog-Leser Torsten K. für den link)

NETT SEIN

Italiener müssen nett zur Schwiegermutter sein. Sie dürfen ihre Schwiegermütter nicht mit unverhohlener Abneigung behandeln. Das Kassationsgericht in Rom verhängte gegen einen Geschiedenen 25 Euro Geldstrafe, weil er sich „in offener Ablehnung“ in Sichtweite vor das Haus seiner Schwiegermutter gestellt habe. Mitunter habe der Mann, ein 37-jähriger Lastwagenfahrer aus dem süditalienischen Taranto, sogar provozierend den Namen der Mutter seiner Ex-Frau gerufen, berichtet beck-aktuell. Das Urteil des Berufungsgerichts fällt noch milde aus. Die erste Instanz hatte dem Mann 15 Tage Haft aufgebrummt.

HERZKREISE

WDR 5 berichtete über die Herz- und Schenkkreise. Unter anderem darüber, dass reuige Teilnehmer immer wieder abgeblockt werden. Fordern die nämlich ihr Geld zurück, wird gern behauptet: Geschenkt ist geschenkt. Das sogar unter Hinweis auf das Bürgerliche Gesetzbuch. Zwar müsse eine Schenkung notariell beurkundet werden, räumen die Beschenkten ein. Sobald das Geld aber fließe, sei der Mangel geheilt.

Knapp vorbei ist auch daneben, argumentierte ein Kölner Anwalt, der nach eigenen Angaben 300 Geschädigte vertritt. Sein Argument: Es handelt sich gar nicht um Schenkungen, sondern um „Eintrittsgelder“, um am Spiel teilnehmen zu können. Da Pyramidenspiele aber nach mehreren Entscheidungen des Bundesgerichtshofes illegal und sittenwidrig seien, könne das gezahlte Geld als „ungerechtfertigte Bereicherung“ zurückgefordert werden.

Klingt plausibel. Es sollen auch schon etliche Prozesse laufen.

Update: Express berichtet über den Auftakt zum ersten Rückforderungsprozess.

TELEKOM INNOVATIV

Da hat die Telekom über Monate einen DSL-Anschluss doppelt berechnet. Schließlich hat der Kunde sich sein Geld zurück geholt. Auf Beschwerden antwortet die Telekom nur mit Blabla. Ihre Hausanwälte Seiler & Kollegen beantragen androhungsgemäß einen Mahnbescheid beim Amtsgericht Euskirchen.

Wir tun nichts – außer Widerspruch einlegen. Darauf nehmen die Telekom-Anwälte den Mahnbescheid zurück, womit die Sache erledigt ist.

Zurück bleibt ein staunender Anwalt. Nämlich ich. Jemand bei der Telekom hat den Fehler selbst bemerkt. Oder sich tatsächlich die Mühe gemacht, die Briefe eines Kunden, der den Sachverhalt der Doppelberechnung minutiös schildert, zu lesen und – zu begreifen. Es geht voran…