PLÖTZLICH UND UNERWARTET

PLÖTZLICH UND UNERWARTET

Im Verfahren über eine einstweilige Anordnung – also eine eilige Sache – hat das Landgericht Ende Dezember einen Termin für den 26. Januar anberaumt. Am 20. Januar kommt folgender Beschluss:

… Der anberaumte Termin wird aufgehoben, weil der Einzelrichter mit Ablauf des 20.01.2004 in den Ruhestand tritt. Neuer Termin wird bestimmt, sobald feststeht, wann und unter welchen Voraussetzungen der Kammer ein neues Mitglied zugewiesen wird.

So ein Eintritt in den Ruhestand kommt ja bekanntermaßen plötzlich und unerwartet…

ÄNGSTLICH?

ÄNGSTLICH?

Nicht jeder Schwarzfahrer muss sich fürchten. Kontrolleure haben mitunter so viel Angst vor (vermeintlichen) Mitgliedern der Drogenszene, dass diese unkontrolliert mitfahren dürfen. Der Express berichtet zumindest über etliche Beschwerden brav zahlender Fahrgäste.

Ich habe es neulich erlebt, dass sich ein Kontrolleur auf einen gerade zugestiegenen Jungen geschmissen hat. Der Fahrgast hatte noch nicht einmal den Hauch einer Chance, seine Fahrkarte zu stempeln. An Ort und Stelle wollte der Kontrolleur sich auf keine Diskussion einlassen. Ich habe mich für den Jungen als Zeuge zur Verfügung gestellt, worauf die Rheinbahn die Sache niederschlug.

VERTIPPT

Okay. Wir geben es zu. Unsere Sekretärin hat sich vertippt. Bei einem Antrag auf einen Mahnbescheid schrieb sie zur Adresse Am Rosenhügel in Gelsenkirchen die falsche Postleitzahl. 46881. Statt 45881. Das Amtsgericht Hagen, zuständig für das automatisierte Mahnverfahren, reagiert auf so etwas allergisch:

Die Angaben zu Postleitzahl und Ort beim Antragsgegner stimmen nach unseren Unterlagen nicht überein.

Dann wird zur Berichtigung aufgefordert. Mit Fristsetzung und Belehrung:

… kann Ihr Antrag u.U. kostenpflichtig zurückgewiesen werden. Eine verspätete Monierungsantwort könnte dann keine Berücksichtigung mehr finden.

Wir fassen zusammen: Das Amtsgericht Hagen vergleicht die angegebene Postleitzahl mit dem Orts- und dem Straßennamen. Und stellt fest, dass zu der Adresse eine andere Postleitzahl gehört. Das teilt das Gericht uns als Antragsteller mit und fragt nach einer Postleitzahl, die es ja eigentlich schon kennt, denn in „unseren Unterlagen“ stehen ja sicher nicht nur falsche, sondern auch richtige Postleitzahlen.

Sonst noch Fragen?

RECHNUNGSNUMMER

Seit Anfang des Jahres müssen alle Rechnungen eine fortlaufende Nummer enthalten. Ist dies nicht der Fall, kann der Rechnungsgempfänger die Vorsteuer nicht abziehen. Wie nicht anders zu erwarten, birgt diese Regelung, die für alle Gewerbetreibenden gilt, einige bürokratische Tücken – und zusätzlichen Verwaltungsaufwand.

Die Bundesrechtsanwaltskammer beschreibt in PDF 1 und PDF 2 kryptisch genau, wie was in welchen Ordnern abzulegen ist, damit Steuerprüfer nicht stinkig werden. Da noch bis 30. Juni 2004 eine Übergangsfrist gilt, reicht es, die Anleitungen erst mal ungelesen zu speichern. Was hiermit geschehen ist :-)

(link gefunden bei Vertretbar.de)

WORTLAUT

Aus einer dpa-Meldung vom 19. Januar 2004:

Wer in erster Instanz einen Gerichtsprozess gewinnt, hat damit nicht zwangsläufig Anspruch auf Prozesskostenhilfe, wenn der Gegner in Berufung geht. Das hat das Koblenzer Oberlandesgericht (OLG) in einem Beschluss entschieden. Die Berufungsinstanz habe das Recht, die Erfolgsaussichten der Klage selbstständig zu prüfen. Komme sie zu einer anderen Einschätzung als die Vorinstanz, dürfe sie die begehrte Prozesskostenhilfe verweigern, betonten die Richter (Az.: 5 U 1635/02).

Das ist ein schönes Beispiel dafür, welchen Stellenwert der Wortlaut des Gesetzes hat, wenn er Richtern nicht in den Kram passt. § 119 Zivilprozessordnung ordnet für diesen Fall nämlich exakt das Gegenteil an. Wörtliches Zitat:

In einem höheren Rechtszug ist nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussichten auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat.

„KONZENTRIERT“

„KONZENTRIERT“

Mit Leuten vom Finanzamt redet man nicht so gern. Über die bitteren Folgen berichtet rp-online:

Mancher Beamte mag zwar während seiner Arbeit weitgehend leblos erscheinen. Im Falle eines finnischen Finanzbeamten aber täuschte dieser Eindruck nicht. Während seine Kollegen glaubten, dass er mit angestrengter Konzentration über Steuerklärungen brütete, war der Mann in Wirklichkeit schon zwei Tage tot.

KNAST FÜR ULLA

KNAST FÜR ULLA

Da werden viele Krankenkassenmitglier dem Staatsanwalt die Daumen drücken:

Im Zusammenhang mit der Gesundheitsreform hat ein Taxifahrer Strafanzeige gegen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt und andere Politiker erstattet. Grund ist der Tod eines mittellosen Dialysepatienten aus Hameln, der verstarb, weil er die Zuzahlung für Taxifahrten zur Behandlung nicht aufbringen konnte.

Ob die Bundesministerin jetzt wirklich mit einem Strafverfahren wegen fahrlässiger Tötung rechnen muss, fragt ein „stiller Leser“ des law blog unter Hinweis auf den Bericht in rp-online.

Da gibt es Probleme auf mehreren Ebenen. Zunächst einmal ist Gesetzgebung nicht justiziabel. Richter sollen die Gesetze anwenden und sie nicht auf ihre Richtigkeit übeprüfen (Gewaltenteilung). Eine Ausnahme wird nur für den Fall anerkannt, dass Gesetze gegen allgemeine ethische Grundsätze, zum Beispiel das Recht auf Leben, verstoßen. Diese Begründung musste jedenfalls dafür herhalten, um überhaupt gegen die Verantwortlichen für die Todesstreifen an der Zonengrenze vorgehen zu können. Dass die Praxisgebühr Menschen töten soll, wird man kaum behaupten können.

Zum anderen setzt Fahrlässigkeit voraus, dass der Erfolgseintritt für den Täter vorhersehbar ist. Konnte Frau Schmidt wirklich ahnen, dass sich jemand auf so tragische Weise im Gestrüpp ihrer Gesetze verheddert? Und hätte der Betroffene nicht wenigstens noch zum Sozialamt gehen können? Und im Falle der Ablehnung zu einem Rechtsanwalt, der eine einstweilige Anordnung beantragt (und ihm die 10 Euro vorstreckt)?

Die Strafanzeige taugt für schöne PR. Frau Schmidt muss sich aber keine Sorgen machen.

FERIEN-FAKIRE

Erholsame Ferien in Dalmatien. Von wegen:

Auf den Betten unserer Mandanten befanden sich Federkernmatratzen. Diese Matratzen waren so durchgelegen, dass die Auflage nur noch fingerdick war. Ein Polsterungseffekt war mit diesen Matratzen nicht mehr zu erzielen, so dass unsere Mandanten praktisch ohne ausreichende Unterlage auf dem Bettkasten lagen. Dieser Bettkasten ist noch dazu ein durchgehendes, nicht gefedertes Brett.

Außerdem drückten die zusammengepressten Federkerne durch den Bezug, so dass unsere Mandanten eher auf einem „Nagelbett“ lagen als auf einer Matratze. Eine ruhige Schlafposition war auf der Unterlage nicht zu finden. Unsere Mandanten rügten den Mangel bei der Reiseleiterin. Hierauf wurden die Matratzen zwar ausgetauscht. Jedoch erhielten unsere Mandanten lediglich die Matratzen aus einem anderen Zimmer auf dem Flur; diese waren genauso durchgelegen.

Herr K. verzog sich beim Versuch, in dem Bett auch nur annähernd Ruhe zu finden, schmerzhaft den Rücken. Da er am Morgen des 2. Juli 2003 sich kaum noch bewegen konnte, musste er einen Arzt aufsuchen, der ihm eine mobilisierende Spritze gab. Die Behandlungsrechnung ist beigefügt. Da Abhilfe vor Ort nicht zu erhalten war, mussten unsere Mandanten ihre Luftmatratzen unterlegen, um einigermaßen Schlaf finden zu können.

Demnächst entscheidet das Amtsgericht Köln, ob und in welcher Höhe solche Zustände eine Reisepreisminderung begründen. Zugesagt war ein „gut geführtes Mittelklassehotel“.

JETZT BEWERBEN

Spiegel online über ehrenamtliche Richter:

Der Weg zum Richteramt ist lang. Acht Jahre Ausbildung sind Durchschnitt, zwei Staatsexamina Pflicht, und nur die Besten ziert schließlich die Richterrobe.
Es geht auch schneller. Eine formlose Bewerbung genügt, und schon darf man im Namen des Volkes verurteilen. Konkurrenten? Kaum vorhanden. Fachkenntnisse? Nicht erwünscht.

Wer Lust und Zeit hat, als Schöffe Staatsmacht auszuüben, sollte sich jetzt bewerben. Die Kommunen suchen – teilweise händeringend – 60.000 neue Schöffen.

(link von Mathias Schindler)

EISIG

Der Präsident des Deutschen Anwaltsvereins im jumag zur Einkommenssituation der Rechtsanwälte:

In Mecklenburg-Vorpommern hat annähernd die Hälfte der Rechtsanwälte ein zu versteuerndes Monatseinkommen von bis zu 2.000 Euro und in NRW sind dies ebenfalls mehr als 1/3 aller Kolleginnen und Kollegen. Von dem zu versteuernden Einkommen geht dann selbstverständlich noch Einkommenssteuer und Solidaritätszuschlag ab sowie der Teil der Vorsorgeaufwendungen, der steuerlich nicht abziehbar ist.

Unter Hinweis auf diese schlechten Zahlen wendet sich Hartmut Kilger vehement dagegen, die Anwaltsgebühren komplett freizugeben.

Wenn die Gebührenordnung aber angeblich Einkommen und anwaltliche Qualität sichert – warum sind die Durchschnittseinkommen trotz seit jeher bestehender Gebührenordnungen so dramatisch gesunken?

Tatsächlich ist es gerade das festgefahrene Gebührenrecht, das es unmöglich macht, viele Mandate kostendeckend zu bearbeiten. Würde sich der Preis nach dem Markt richten und nicht nach Tabellen, dann könnte auch im unteren und mittleren Segment ein adäquates Honorar leichter durchgesetzt werden. Ich bin ziemlich sicher, dass das Durchschnittshonorar für gute Anwälte eher steigen würde.

Was Kilger weiß, aber nicht ausspricht: Viele Anwälte haben einen inneren Block, mit ihren Kunden über Geld zu sprechen. Statt einen fairen Preis auszuhandeln und dafür auch mal einen Mandatsverlust in Kauf zu nehmen, verstecken sie sich hinter der Gebührenordnung.

Die BRAGO schützt daher die leistungsschwachen, profillosen und bequemen Anwälte vor dem rauen Wind des Wettbewerbs. Wer allerdings auf die Blockierer wie Verdi und Konsorten schimpft, kann gleichzeitig nicht glaubwürdig verlangen, dass ausgerechnet der eigene Markt auch künftig unter Schatzatmosphäre verpackt bleibt.

(link via Handakte WebLAWg)

HERRN DR. UND GEMAHLIN

HERRN DR. UND GEMAHLIN

Aus unserem Schreiben an die X-Bank:

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir vertreten die rechtlichen Interessen von Frau Dr. Kirsten B.

Unsere Mandantin ist gemeinsam mit ihrem Ehemann, Herrn Dr. Martin B, Kundin bei Ihrer Bank. Unter anderem bestehen ein Girokonto mit Unterkonto, zwei Wertpapierdepots und eine Immobilienfinanzierung.

Schon seit Beginn der Geschäftsverbindung hat unsere Mandantin Sie darauf hingewiesen, dass die meisten Ihrer Briefe und Kontoauszüge falsch adressiert sind. So trifft die Anschrift „Herrn Dr. Martin B. und Frau Kirsten B.“ ebenso wenig zu wie „Herrn Dr. Martin B. und Ehefrau“ oder „… und Gemahlin“. Auch die üblicherweise verwendeten Anreden „Sehr geehrter Herr Dr. B, sehr geehrte Frau B.“ sind unrichtig.

Nachdem alle Gespräche am Schalter nichts geholfen haben, hat Frau Dr. B. im November ihre Promotionsurkunde der Universität Düsseldorf – per Einschreiben – eingereicht. Mit der freundlichen Bitte, doch freundlicherweise auch ihren akademischen Titel zu berücksichtigen und sie nicht als „Anhängsel“ ihres Ehemannes zu behandeln.

Sämtliche Jahresauszüge waren trotzdem wieder an „Herrn Dr. B. und Ehefrau“ adressiert. Bevor wir über rechtliche Schritte nachdenken, möchten wir hiermit noch einmal einen Versuch machen, die Sache einvernehmlich zu regeln. Deshalb die einfache Frage:

Warum kriegen Sie so eine simple Sache eigentlich nicht auf die Reihe?

Wir erbitten Ihre Antwort bis zum 5. Februar 2004.

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt

KRALLEN

Statt zu pfänden oder den Gerichtsvollzieher zu schicken, blockieren die Hamburger Finanzbehörden die Autos säumiger Zahler mit Parkkrallen. Die Zahlungsmoral säumiger Bürger soll sich deutlich verbessert haben. Spiegel online berichtet schon über Pläne, die Parkkralle bundesweit einzusetzen.