EDE ONLINE

Ede Zimmermann im Internet? Ganz so melodramatisch ist die Seite ProPK.de nicht. Dahinter verbirgt sich, sperrig wie ein Kübelwagen, das „Programm Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes“. Unter der Rubrik Rubrik „Vorbeugung“ erfährt der Leser zum Thema Raub etwa folgendes:

Schauplätze solcher Verbrechen können entlegene, ruhige Orte wie beispielsweise einsame Wege sein, wenig bevölkerte Stadtränder oder das Umfeld von Gaststätten, genauso gut – besonders im Fall eines Handtaschenraubes – aber auch belebte Straßen und Plätze.

Mal ehrlich: Haben Sie das geahnt?

Die banalen, teilweise sogar voreingenommenen Texte (Kontrolle des Haushaltsgeldes als „Gewalt“) sind anscheinend aus älteren Lehrbüchern für angehende Streifenpolizisten geklaubt. Anders ist es ja wohl kaum zu erklären, dass sich die Seite eingehend mit so brisanten Dingen wie dem „Zechanschlussraub“ beschäftigt. Hochinteressant der dortige Verhaltenstipp:

Schöpfen Sie Misstrauen, wenn sich Ihre „Kneipenbekanntschaft“ anbietet, Sie nach Hause bringen zu wollen.

Fazit: Mal wieder Steuergelder erfolgreich versenkt.

(link gefunden beim HaiTechBlog)

NOTFALL

Gestern nachmittag noch ein kleiner Noteinsatz. Ein Mandant von mir, der eine Autowerkstatt betreibt, hat die Gewerbeaufsicht im Betrieb. Ein Nachbar hat sich beschwert, weil er angeblich am Sonntag, dem heiligen Sonntag, in der Halle Licht gesehen hat. Dadurch fühlte er sich in seiner Ruhe gestört. Wie soll man im dritten Stock ausspannen, wenn 50 Meter weiter möglicherweise jemand an einem Auspuff schraubt?

Die Herren von der Gewerbeaufsicht waren eigentlich ganz nett. Dass sofort ein Anwalt kommt, hat sie vielleicht auch vorsichtig gemacht. Jedenfalls konnten wir die Beamten relativ leicht überzeugen, dass mein Mandant im Büro bloß die Umsatzsteuererklärung ausgefüllt und Rechnungen geschrieben hat. Das ist keine gewerbliche Tätigkeit im engeren Sinn und somit auch sonntags nicht verboten.

Der Schmiere an den Händen und dem Blaumann wurde wegen dieser überzeugenden Darlegung keine Bedeutung beigemessen.

Der Mittelstand dankt.

DO IT YOURSELF

Von einer Anwaltshomepage (für einen link fehlt mir der Mut):

Als Einzelanwalt bearbeite ich alle Mandate alleine. Daher nehme ich sämtliche Termine bei Gericht selbst wahr und fertige alle Schriftsätze eigenhändig an. Telefongespräche, Faxmitteilungen, Briefpost und elektronische versandte Nachrichten nehme ich stets persönlich entgegen.

Auch ´ne Art zu sagen, dass man sich keine Sekretärin leisten kann.

ABGEFRÜHSTÜCKT

ABGEFRÜHSTÜCKT

Das Freiburger Max-Planck-Institut für Strafrecht hat sein lange erwartetes Gutachten zur Telefonüberwachung vorgelegt. Direktor Hans-Jörg Albrecht im taz-Interview:

Der Richter soll feststellen, dass die Telefonüberwachung nur als letztes Mittel zum Einsatz kommt. Bei komplexen Verfahren wie im Bereich der organisierten Kriminalität müsste er eigentlich mehrere dicke Aktenordner studieren. Eine solide richterliche Entscheidung würde da mindestens eine Woche benötigen. So viel Zeit hat kein Richter.

Also wird einfach unterschrieben?

Nein, ein Richter prüft den Sachverhalt schon einige Stunden, aber das genügt eben bei weitem nicht.

Einige Stunden? Herr Albrecht, wer hat Ihnen denn diesen Bären aufgebunden?

Sie schildern die tatsächliche Situation im Absatz vorher doch selbst:

Fast jede Abhörmaßnahme, die die Staatsanwaltschaft beantragt, wird auch genehmigt. Die Ablehnungsquote liegt im Promillebereich. Dabei übernimmt eine Stelle die Begründung von der anderen: Die Staatsanwaltschaft wiederholt die Ausführungen der Polizei und der Richter die Ausführungen der Staatsanwaltschaft.

Herr Albrecht, Fakt ist: Das kursorische Lesen und die Verfügung „Abhörbeschluss antragsgemäß erlassen, markierten Text in die Begründung einrücken“ erledigt ein geübter Richter schneller als sein Frühstücksmüsli.

(link gefunden beim Schockwellenreiter)

VORZÜGLICH

VORZÜGLICH

Biker grüßen sich. Anwälte auch. Aber hier wie dort gibt es Feinheiten:

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Der Standardgruß. Absolut neutral.

Mit kollegialer Empfehlung

Beliebt bei Anwälten, die Fliege tragen und Rotwein mögen.

Mit freundlichem kollegialem Gruß

Kernige Variante der Standardformel. Typ Vorstadt-Eiche, gewinnt seine Mandanten auf dem Schützenfest.

Mit kollegialer Hochachtung

Meint das Gegenteil von dem, was er sagt. Entweder arrogant oder Partner in einer Nobelsozietät. Vermutlich beides.

Hochachtungsvoll!

Man sieht sich immer zweimal im Leben.

Manche Kollegen entblößen ihre Befindlichkeit, indem sie im Laufe der Korrespondenz von den „freundlichen kollegialen Grüßen“ zum schnippischen „Hochachtungsvoll“ wechseln und ganz am Ende nur noch mit „Rechtsanwalt“ unterzeichnen. Für mich ist das ein gutes Zeichen, weil es dann in der Sache garantiert zum Besten steht.

Ach ja, dann gibt es hier in Düsseldorf noch einen Anwalt, der mir schon seit 8 Jahren nur „Mit freundlichen Grüßen“ schreibt, so als wolle er mich damit aus der Anwaltsliste radieren.

Aber das ist eine andere Geschichte…

SITZ!

SITZ!

Die Benutzung einer Toilette ist zwangsläufig mit Geräuschen verbunden. Es besteht kein Anspruch darauf, dass die Benutzung im Sitzen erfolgt, weil dies leiser ist.

Ein verbreiteter Irrtum ist, dass es bei den Ruhezeiten eine Ausnahme für Familienfeste gibt. Ein Recht auf eine lautstarke Feier nach 22 Uhr, selbst wenn dies nur einmal im Jahr vorkommt, besteht nicht.

Die BZ hat einige interessante Streitfälle unter Nachbarn zusammengetragen. Abspeichern und bei Gelegenheit den nervigen Nachbarn mailen.

HUMORFREIE ZONE

Auf der Seite mit dem schönen Namen pickelfrei.de dokumentiert Wolfgang Smidt, wie er ins Visier der Justiz gerät. Die beschuldigt ihn plötzlich, fürs eigene Kind keinen Unterhalt zu zahlen.

Unser Wolfgang Smidt, der Gute, hat kein Kind und setzt sich auf seine Art und Weise zur Wehr. Die Reaktionen auf seine Schreiben belegen: Humor beeindruckt deutsche Richter und Urkundsbeamte nicht die Bohne. Gegen Herr Smidt ergeht sogar ein Strafbefehl. Wenn er den nicht zahlt, muss er ins Gefängnis.

Von der Art und Weise, wie sich unser Held wehrt, kann ich nur dringend abraten. Gegen deutsche Bescheide helfen nur eindeutige Rechtsmittel, also hier zum Beispiel ein klarer Einspruch. Wolfgang wäre nicht der erste, der verurteilt wird, obwohl er mit der Sache gar nichts zu tun hat. Und das sich anschließende Wiederaufnahmeverfahren wird nie und nimmer ein Zuckerschlecken. Richter tun sich nämlich mitunter sehr schwer damit, a) eigene Fehler zu erkennen und b) diese auch noch rückgängig zu machen.

Deshalb meine klare Ansage: Im Falle einer Verwechslung mit Argumenten und Dokumenten kontern. Und zwar so lange, bis auch der ignoranteste Justizbedienstete merkt, dass die Flinte auf den falschen zeigt.

Aber auch Wolfgang hat gerade noch mal Glück gehabt:



(danke an den Ghettomaster für den link)

WINKELZUG

In einem hoffnungslosen Fall hilft häufig nur noch eins – ein juristischer Winkelzug. Wenn es wirklich düster aussieht, schaue ich mir zum Beispiel immer die Zustellungsurkunden doppelt sorgfältig an. Seitdem die Post privatisiert ist, scheinen Stress und Frust bei den Zustellern zu steigen – und damit auch die Fehlerquote.

Aktuelles Beispiel:

Ein Bußgeldbescheid (40 Euro, 2 Punkte in Flensburg) ging so spät bei der Behörde raus, dass er die Verjährung gerade noch auf der Ziellinie unterbrochen hätte. Der Postbote hat die Zustellungsurkunde auch ordentlich ausgefüllt. Bis auf das Datum. Das fehlt immer häufiger, weil viele Zusteller die Urkunden vorher fertig ausfüllen. Nach dem Dienst vergessen sie dann aber, noch Datum und Uhrzeit reinzuschreiben.

Ich habe mich natürlich beschwert, dass die Zustellung unwirksam ist. Denn nach § 182 Nr. 7 ZPO gehört das Datum zu den Pflichtangaben. Die Bußgeldstelle hat dann ihrerseits den Notanker geworfen, indem sie bei der Post nachfragte, ob diese nachträglich bestätigen kann, wann das „am 13. Mai 2003 übersandte Schriftstück“ zugestellt worden sei.

Wie nicht anders zu erwarten, bestätigte die Post, das Schriftstück sei am 15. Mai 2003 zugestellt worden. Allerdings stammte diese Bestätigung von einer Frau Manzke. Der Zusteller hieß Fischer. Ich habe dann mal Frau Manzke angerufen. Die hat mir erklärt, wie das bei der Post mit amtlichen Bestätigungen läuft:

Wenn am 14. Mai bei uns ein Zustellungsauftrag eingeht, wird er am 15. Mai erledigt. Dafür brauche ich den Postboten nicht zu fragen.

Thank you very much. Das Verfahren wurde dann sang- und klanglos eingestellt.

SONNENSTRAND

Wenn die Berufswahl schon misslungen ist (vorstehender Eintrag), geht man als gescheiterter Jurist eben zum Sozialamt. Das bezahlt mir sogar die Miete am Sonnenstrand:

Zugegeben, der Mann ist vom Schicksal gebeutelt. Erst verlor er die Frau, schließlich den Job. Doch dann geschah Unglaubliches: Erst bescheinigte ihm ein Psychiater, dass ihm ein Leben in Deutschland nicht mehr zumutbar sei. Nun entschied ein Gericht, dass ihm das Sozialamt die Miete für eine teure Strandwohnung in Florida bezahlen muss. (Spiegel online)

Sommerloch – oder deutsche Realität?

VOLKES STIMME

Beliebter Spruch: 2 Juristen, 3 Meinungen. Aber leider ist da was dran. Wie zum Beispiel im folgenden Fall:

Gegen meinen Mandanten wurde ein Verfahren wegen Unterhaltsverletzung eingestellt. Als Auflagen musste er a) EUR 2.500,00 an einen gemeinnützigen Verein zahlen und b) den inzwischen mit seiner geschiedenen Frau vor dem Oberlandesgericht getroffenen Unterhaltsvergleich „für die Zeit von 6 Monaten“ nach dem Beschluss erfüllen.

Für die 8 Monate nach dem Einstellungsbeschluss hat ihm seine Exfrau dann später schriftlich die Zahlung erlassen, weil er mit seiner Firma Probleme hatte.

Der Staatsanwalt meint, die Auflage sei nicht erfüllt und will, dass das Strafverfahren wieder neu beginnt. Ich meine, dass die Staatsanwaltschaft ja nicht päpstlicher sein kann als der Papst. Wenn die Berechtigte aus freien Stücken auf die Zahlung verzichtet, dann reduziert sich die Verpflichtung meines Mandanten auf 0.

Der Richter meint, dass sich die 6 Monate ans Ende der Stundungsperiode verlagern. Demgemäß könne erst eingestellt werden, wenn tatsächlich 6 Monate gezahtl wurden. Die Frist zur Zahlung beginne aber frühestens, wenn die Ehefrau keine Stundung mehr gewähre.

Falls jemand eine Meinung hat, kann er diese gerne posten. Ich kann die Kommentare ja dann als Volkes Stimme verkaufen, in dessen Namen Urteile schließlich ergehen. (Aber natürlich nur, wenn meine Ansicht gewinnt.)

KAUGUMMI-VERFAHREN

Das Bundesverfassungsgericht hat lahmen Ermittlern und Richtern mal wieder einen auf den Deckel gegeben. Ein Kaugummi-Verfahren, in dem sich monate- oder jahrelang nichts tut, verstößt gegen die Grundrechte.

Der Beschuldigte muss deshalb deutlich milder behandelt werden.

Wenn ich Sachen in der Berufung oder Revision übernehme, stelle ich immer wieder fest, dass Anwälte häufig jahrelangen Verfahrensstillstand einfach so hinnehmen. Dabei haben viele Richter mittlerweile Verständnis für diesen Einwand. Sie ärgern sich nämlich auch darüber, dass sie ständig olle Kamellen auf den Tisch bekommen, in denen sich die Zeugen schon wegen des Zeitablaufes nicht mehr richtig erinnern.

(link gefunden bei Handakte WebLawG)

WENN …

WENN …

… schon eine dreiviertel Stunde lang 2 Polizeihubschrauber über dem Viertel kreisen, kann man beim besten Willen keine psychiatrischen Gutachten lesen. Deshalb gehe ich jetzt nach Hause.

WAHRHEIT

Die folgende Nachricht ist doppelt lehrreich:

Der Beaujolais wird von vielen Weinkennern weltweit geschätzt – ein Fachmann hat ihn dagegen als „Scheißwein“ angeprangert. Das ist allerdings nicht erlaubt, hat ein Gericht in Lyon in Frankreich festgestellt. (RP online)

1. Wer mal richtig schimpfen will, sollte es besser in Österreich tun (siehe auch hier).

2. In Frankreich darf man jetzt nicht mal mehr die Wahrheit sagen.

VERLOREN

Ein Kollege erzählt mir auf dem Gerichtsflur, dass ein Mandant bei ihm 114.000 Euro vergessen hat:

Wir haben den Prozess noch zu DM-Zeiten gewonnen. Die Gegenseite hat gezahlt. Als ich ihm das Geld schicken wollte, war er einfach nicht mehr da. Empfänger unbekannt. Telefon und Fax tot. Sogar die e-mails kamen zurück.

Wir haben ein bisschen überlegt, wann der Rückzahlungsanspruch wohl verjährt. Aber eigentlich ist das gar nicht so wichtig. Der Kollege:

Der Mandant macht mir doch die Bude platt, wenn ich in ein paar Jahren sage: Ätschibätsch, ihr Geld ist jetzt der Porsche vor der Tür.

Na ja, wenigstens freut er sich jetzt schon ein paar Jahre über die Festgeldzinsen.

Btw: Falls bei jemandem jetzt ganz laut ein Groschen fällt, die Adresse für den „Finderlohn“ steht im Impressum.