FAHRTENBUCH

Ja, so kann´s gehen. Da verleiht man sein Auto mal für ein paar Stunden, und schon kriegt man einen Zeugenfragebogen. „Sehr geehrte Frau Sowieso“ soll dem Ordnungsamt verraten, welcher Herr am 14. Juli 2003 mit ihrem Auto gefahren ist und nicht auf den Starenkasten geachtet hat.

Plötzlich sitzt Frau Sowieso zwischen allen Stühlen. Der Fahrer findet es gar nicht gut, verpfiffen zu werden. Die Bußgeldstelle droht, dass Frau Sowieso ein Fahrtenbuch führen muss, wenn sie nicht mit dem Namen des Verkehrssünders rausrückt.

Kleine Entscheidungshilfe:

Ein Fahrtenbuch darf nicht angeordnet werden, wenn der Halter nicht zeitnah befragt worden ist. Die meisten Urteile gehen davon aus, dass man sich maximal 14 Tage daran erinnern kann, wem man wann sein Auto gegeben hat. Viele Anhörungsbögen kommen später; die anderen mit normaler Post.

Nach meiner Erfahrung liegen Welten zwischen der Androhung eines Fahrtenbuches und der tatsächlichen Verhängung. Die meisten Behörden wären wohl gar nicht in der Lage, den riesigen Verwaltungsaufwand zu bewältigen. Wer nicht zu häufig mit Erinnerungslücken auffällt, dürfte deshalb wenig zu befürchten haben.

FLASH MOB

Irgendwie macht das Internet diese an sich witzige Idee kaputt. Der 1. Düsseldorfer flash mob fand heute sogar unter Polizeischutz statt:

Erster Düsseldorfer Flashmob ist vorbei!

Ja ich komme gerade von dort und ich möchte einige Sachen sagen.

1. Schade das alles vorher Angekündigt wurde in z.B. Zeitung.

2. Schade das nur so wenige Leute da waren (ist aber nicht schlim).

3. Schade das 5 Polizeiwagen da waren. Das war so lächerlich!

4. Lustig war es allemale!

5. Auf zum nächsten!
(Quelle)

Hmm, ich kenne da jemanden, der verdient sein Geld mit Döner-Buden…

Nachtrag: Der Mehrzweckbeutel hat vor Ort das Verhältnis flash mobber : Journalisten : Polizisten ermittelt: 1 : 1 : 1.

FRAU AM STEUER

Am frühen Nachmittag ruft mich eine Bekannte an. Sie hat in der Mittagshitze einen dicken Bums gebaut. „Rechts vor links, im Wohngebiet“, schildert sie. „Der Kerl im Cabrio kam so schnell rausgeschossen, ich konnte einfach nicht mehr bremsen.“

Der Unfallgegner war ungehalten. „Führerschein wohl in der Lotterie gewonnen“, dröhnte er. Und natürlich „Frau am Steuer.“ Das seien noch die harmloseren Beschimpfungen, erzählt meine Mandantin. „Ich war froh, als die Polizei endlich kam.“ Auch bei den Beamten zog der Unfallgegner eine schrille Show ab. „Die waren noch nicht aus ihrem Auto raus, da hat er schon verlangt, dass sie meinen Führerschein kassieren.“

„Viel Schadensersatz kriegen wir aber nicht“, warne ich. „Wenn du ihm die Vorfahrt genommen hast.“ „Die Geschichte ist ja noch nicht zu Ende“, erzählt sie. „Die Beamten schauten sich die Stellung der Wagen genau an. Dann knöpfte sich der eine meinen Unfallgegner vor.“ Mit dem rechts vor links liege er schon grundsätzlich richtig, grinste der Polizist. Dann zeigte er auf ein Schild, dem bislang keiner an der Unfallstelle so richtig Beachtung schenkte:

„Aber das gilt natürlich nicht, wenn man falsch durch eine Einbahnstraße fährt.“

Entschuldigt hat sich der Blödmann übrigens nicht. Stattdessen legte er sich noch so mit den Polizisten an, dass diese jetzt auf jeden Fall eine Anzeige schreiben werden.

HELLO, LENIN

HELLO, LENIN

Kleinere juristische Probleme bleiben auch großen Persönlichkeiten nicht erspart. So musste zum Beispiel Lenin 1910 in Paris gegen einen Autobesitzer klagen, der sein Fahrrad überfahren hatte (zitiert nach H. Weber, Lenin):

Ich kam vom Juvisy, und ein Auto überfuhr mein Fahrrad (ich konnte noch abspringen). Die Leute auf der Straße halfen mir, die Nummer aufzuschreiben und stellten Zeugen. Ich habe den Eigentümer des Autos gefunden (ein Vicomte, der Teufel soll ihn holen) und führe jetzt einen Prozess gegen ihn (über einen Rechtsanwalt). Radfahren würde ich jetzt ohnehin nicht: es ist zu kalt (obwohl der Winter schön ist, herrlich zum Spazierengehen).

Lenin hat den Prozess gewonnen. Ob er seinen Anwalt später mal in den Kreml eingeladen hat, ist nicht überliefert.

LÜCKEN

LÜCKEN

Sobald das neue Urheberrecht in den nächsten Tagen in Kraft getreten ist, darf der Kopierschutz von gekauften CDs und DVDs nicht mehr geknackt werden. Doch das neue Gesetz hat Lücken, die sich für den privaten Gebrauch nutzen lassen.

Zumindest einige Lücken finden sich hier.

Kopien an der Soundkarte. Die Rückkehr des analogen Zeitalters. Und. Und. Und. Man darf ja wohl bezweifeln, dass Gesetze das Problem in den Griff kriegen können. Vorausgesetzt natürlich, es gibt überhaupt ein Problem.

NO SEX, NO CRIME

NO SEX, NO CRIME

Sex and crime sells, kommentiert Jörg im vorigen Eintrag. Habe auf die Schnelle keinen Sex in meinen Akten gefunden. Crime in ausreichender Menge, allerdings nichts, was ich ohne nähere Gedanken zur anwaltlichen Schweigepflicht publizieren könnte.

Also drücke ich die Leserzahlen mit Humor, noch dazu schamlos kopiert bei Transblawg:

Q: Doctor, before you performed the autopsy, did you check for a pulse?

A: No.

Q: Did you check for blood pressure?

A: No.

Q: Did you check for breathing?

A: No.

Q: So, then it is possible that the patient was alive when you began the

autopsy?

A: No.

Q: How can you be so sure, Doctor?

A: Because his brain was sitting on my desk in a jar.

Q: But could the patient have still been alive, nevertheless?

A: Yes, it is possible that he could have been alive and practicing law

somewhere.

Der Witz könnte auch als Lehrbeispiel durchgehen für den Unterschied zwischen einem guten und einem schlechten Anwalt. Der schlechte Anwalt hätte aufgegeben und die letzte Frage nicht mehr gestellt.

KUHHANDEL

Sind diese Richter eigentlich für mich zuständig?

Die Frage lohnt sich immer, wie dieses aktuelle Beispiel aus dem Zivilrecht zeigt.

Es ist gar nicht so selten, dass Richter munter Fälle aus ihrem „Spezialgebiet“ an sich ziehen, obwohl der Geschäftsverteilungsplan des Gerichts hierfür kreativ ausgelegt werden muss.

Zu den beliebten und alltäglichen Fehlern im Strafrecht gehört die Anklage eines Verbrechens (Mindeststrafe ein Jahr) vor dem Strafrichter. Dabei ist für Verbrechen eben nicht der einfache Amtsrichter zuständig, sondern das Schöffengericht. Da sitzen 2 zusätzliche ehrenamtliche Richter.

Wenn der Amtsrichter nicht gerade verschrieen ist, sollte sich der falsch angeklagte Beschuldigte allerdings nicht ans Schöffengericht drängen. Schließlich ist der Strafrahmen dort größer. Es drohen also tendenziell härtere Urteile. Außerdem kann man die fehlende Zuständigkeit mit der Revision angreifen, falls das Urteil vor dem Amtsgericht zu hart ausgefallen ist.

Auch in größeren Sachen sollte man immer gucken, ob das Gericht wirklich zuständig ist. Man wird immer wieder fündig: Da ist ein Zivilrichter schon am 30. des Monats als „Aushilfe“ in einer Strafkammer tätig, obwohl er erst ab dem Monatsersten abgeordnet ist. Oder eine Richterin hat früher mal als Staatsanwältin gearbeitet und im Rahmen einer Urlaubsvertretung die Akte nur einmal auf dem Schreibtisch gehabt.

Die größte Quelle von formalen Fehlern sind aber die Schöffen, also die ehrenamtlichen Richter. Wenn man sich in die Unterlagen vertieft, die meistens sowieso nicht oder nur teilweise greifbar sind, ist mitunter schon die Schöffenwahl nicht ordnungsgemäß gelaufen. Jedenfalls tauchen aber immer wieder Schöffen in Verhandlungen auf, die eigentlich gar nicht dran sind. Schließlich ist es für einen Richter ja auch eine Versuchung, immer wieder einen gerichtsbegeisterten Rentner oder eine Barbara-Salesch-gestählte Hausfrau neben sich zu setzen als den widerwilligen Geschäftsmann, der nie Zeit hat.

Es wäre aber ein gern wiederholter Anwaltsfehler, dem Gericht jeden formalen Fehler sofort mit Triumphgeheul zu präsentieren. Ein Gespräch im Richterzimmer bringt fast immer die besseren Resultate. Motto: Wenn wir diese Schluderei nicht zum Thema machen, könnte uns das Gericht doch vielleicht in diesem oder jenen Punkt entgegen kommen. Teileinstellung, Korrekturen beim Strafmaß, ein verkürztes Fahrverbot – Verhandlungsmasse für einen Kuhhandel ist praktisch immer da.

ALLTAG

Wer denkt, so ein Strafverteidiger haut nur die dicke Fische raus, dem präsentiere ich hier mal meinen Alltag am Amtsgericht.

Die wichtigsten Utensilien der Verteidigung kommen im Artikel vor:

Blauer Anzug = noch immer Mamas Jung´. Traurige Miene = zu Reue fähig. Künftiger Pizzakurier = für die Gesellschaft noch nicht verloren.

Diese gründliche Gestaltung der Kulisse hat sich im Übrigen ausgezahlt. Die Staatsanwaltschaft wollte anfangs 3 Jahre – ohne Bewährung.

LERNSCHWÄCHE

LERNSCHWÄCHE

Es ist doch immer schön, wenn auch Richter mal gute Laune haben. Und jemanden von der Untersuchungshaft verschonen, obwohl sie es nicht müssten. Handel, auch mit weichen Drogen, ist halt kein Kavaliersdelikt.

Weniger schön sind manche Lektionen in Bezug auf Lernfähigkeit. Zum Beispiel, wenn ich mich draußen vor dem Gericht vom Mandanten und seinen „Freunden“ verabschiede. Und im Weggehen noch die Worte höre: „Komm, jetzt gehen wir erst mal eine rauchen.“

EINLADUNG

Hallo Ela, lange nichts mehr von dir gehört. Darf ich dich mal wieder zum Essen einladen? Vielleicht in das Restaurant in Wittlaer, wo dir der Salat so gut geschmeckt hat? Ich habe auch echt keine Hintergedanken, sondern handele nur aus Nächstenliebe:

Magersüchtige müssen bei starkem Gewichtsverlust mit dem Entzug ihrer Fahrerlaubnis rechnen. Das hat das Verwaltungsgericht Stade festgestellt. Eine 22 Jahre alte Studentin aus Buxtehude war nach einem Verkehrsunfall im Februar 2002 der Polizei durch ihre dünne Figur aufgefallen. Nach mehreren Untersuchungen musste die Frau ihren Führerschein abgeben. (Details)

Freue mich auf eine Nachricht.

Udo

STATISTIK

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Vielen Dank.

Die stillen Leser sollten unbedingt auch in die Kommentare schauen. Die Diskussionen dort sind meistens unterhaltsam und sachlich.

Zu den treuen Lesern gehören ausweislich der referrer Mitarbeiter von 2 Anwaltskammern und eines Justizministeriums. Um den Spruch eines bekannten Bloggers zu plagiieren: Allerschärfstes Willkommen.

F+++ YOU

F+++ YOU

A juvenile calling a police officer „fucking pig, fuckin´kangaroo“ and telling the officer „fuck you“ during a traffic contact was found to be constitutionally protected speech.

The Smoking Gun veröffentlicht einen 7-seitigen Anwaltsschriftsatz aus den USA, der eine höchst lesenswerte und unterhaltsame Geschichte des auch bei uns beliebten 4-letter-Wortes enthält.

Überdies zeigt die Prozessverlauf, dass sich der Einsatz des Anwaltes lohnte. Das Verfahren wurde vor der Verhandlung eingestellt.

(Danke an Mathias Schindler für den link.)

SCHÖN SEIN

SCHÖN SEIN

Also, liebe Leute, seid vorsichtig, wenn ihr demnächst diesen Radlader mieten wollt. Das in Fachkreisen Dieselsparschwein genannte und auch vom Militär geschätzte Fahrzeug muss nämlich mit Samthandschuhen angefasst werden.

Meint jedenfalls eine Leasingfirma. Die stellt meiner Mandantin nach Rückgabe des Radladers € 4.150,00 in Rechnung. Für Lackierarbeiten. Zum Entsetzen der Leasingfirma hatte das Gerät bei Rückgabe „einige Kratzer“ aufzuweisen. Das ist natürlich ein dickes Ding. Hätte der Leasingfirma bloß jemand gesagt, dass der Radlader vorwiegend auf Baustellen, Halden und Schuttplätzen eingesetzt wird.

Die dachten bestimmt, der Geschäftsführer fährt damit zum Kaffeetrinken auf die Kö.