PRINCESS: STAND DER DINGE

Von Diplom-Jurist Sascha Kremer

Vor gut drei Monaten gab es in Sachen Abmahnungen wegen PRINCESS den ersten Beitrag im law blog.

Tatsächlich waren die damals bekannten Fälle nur die Spitze des Eisbergs, mittlerweile wurden eBay-Verkäufer wegen so ziemlich allem abgemahnt, was auch nur ansatzweise mit Schmuck zu tun hat und unter der Bezeichnung „Princess“ daherkommt (so etwa ein Anbieter von Plastikarmbändchen mit dem Aufdruck „Princess“).

Angesichts der unstrittig zugunsten der Carl Engelkemper GmbH & Co. KG (Münster) eingetragenen Marken „Princess“, die von der Markeninhaberin – entgegen anderweitiger Spekulationen – tatsächlich auch genutzt wird (unter anderem für mit entsprechenden Displays beworbene Ohrstecker), kann eine Verwendung der Bezeichnung „Princess“ für Schmuckstücke im geschäftlichen Verkehr tatsächlich eine Verletzung der Rechte an der Marke „Princess“ darstellen.

Die Folge: Neben die Unterlassungs-, Schadensersatz-, Auskunfts- und Vernichtungsansprüche der Markeninhaberin treten – für den unbedarften Verwender der Marke zumeist am ärgerlichsten – die Kosten für die anwaltliche Durchsetzung der Markenrechte und die (erfolglose) eigene Verteidigung hiergegen, die schnell einen deutlich (!) vierstelligen Betrag erreichen können.

Die Crux: Häufig kann eine solche Abmahnung sogar Privatpersonen treffen, wenn sie etwa auf eBay Waren unter Verwendung geschützter Bezeichnungen anbieten. In einem zu Recht heftig kritisierten Urteil vom 18.03.2005 (Az: 6 U 12/01, – Volltext ) hat das OLG Köln nämlich den Begriff des Handelns im geschäftlichen Verkehr extrem weit ausgelegt:

„Ausgenommen [vom geschäftlichen Verkehr] sind u.a. zwar rein private Tätigkeiten […]. Indes kann auch der Verkauf durch Private bei Hinzutreten bestimmter Umstände geschäftsmäßig sein. Hiervon ist im Interesse eines wirksamen Markenschutzes insbesondere dann auszugehen, wenn Ware außerhalb des Privatbereichs einer unbestimmten Vielzahl von Personen – nicht notwendig gegen Entgelt – angeboten wird […] Nach Maßgabe dieser Kriterien steht ohne weiteres zu vermuten, dass die im Rahmen einer Internetauktion […] tätigen Anbieter stets im geschäftlichen Verkehr i.S. des § 14 Abs. 2 MarkenG handeln. […] Angesichts dessen spielt es daneben keine Rolle, ob die Anbieter sonst unternehmerisch oder gewerblich tätig sind, in welchem Umfang und mit welcher Häufigkeit sie Angebote in die Internetplattformen einstellen und welcher Art die offerierten Artikel sind.“

Ein möglicher Ansatzpunkt, diesen Abmahnungen in Sachen „Princess“ ein Ende zu machen, wäre eine erfolgreiche Löschung der Marken (an deren Stelle dann wohl schnell andere treten würden; so ist etwa die Bezeichnung „Majestic“ für Schmuckstücke ebenfalls markenrechtlich geschützt). Ein solches Verfahren wäre aber mit erheblichen Kosten und Aufwand verbunden, ganz ungeachtet der Frage, ob es letztlich erfolgreich sein wird. Zudem drohen in der Zwischenzeit weitere rechtliche Schritte (einstweilige Verfügungen, Hauptsacheklagen), deren Bewältigung erhebliche Ressourcen (Geld, Zeit, Psyche) bindet.

Viele Betroffene beenden deshalb die Auseinandersetzungen wegen Princess durch Abgabe der gewünschten Unterlassungserklärung bzw. einer Abschlusserklärung, wenn man sich bereits eine einstweilige Verfügung vom LG Stuttgart gefangen hatte. Mit der Abgabe der Unterlassungserklärung bzw. Abschlusserklärung (hierdurch wird die einstweilige Verfügung kraft Parteivereinbarung dem Grunde nach zur rechtskräftigen Hauptsacheentscheidung) ist aber zugleich im Regelfall die Verpflichtung zur Tragung der Anwaltskosten (sowohl der gegnerischen als auch der eigenen) verbunden, hinzukommen ggf. die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens.

Diese Kosten bestimmen sich nach dem sog. Streitwert, also dem wirtschaftlichen Interesse der Markeninhaberin an der unberechtigten Nutzung ihrer Marke. Während für die Abmahnungen durch die gegnerischen Anwälte zunächst unisono ein Streitwert von 200.000,- EUR zugrunde gelegt wurde (Anwaltskosten dank § 140 Abs. 3 MarkenG und der Zuziehung eines Patentanwalts verdoppelt = rund 5.000,- EUR nur für die gegnerischen Anwälte, im Einzelfall verhandelbar), wurde in den einstweiligen Verfügungen und bei etwaigen Abschlusserklärungen wiederum auf Vorschlag der gegnerischen Anwälte stets ein Streitwert von 150.000,- EUR zugrunde gelegt, was Anwaltskosten (nur gegnerische Anwälte) für das Verfügungsverfahren von rund 4.000,- EUR und für die Abschlusserklärung von rund 2.800,- EUR zuzüglich rund 1.700,- EUR Gerichtskosten bedeutet, summa summarum also runde 8.500,- EUR zzgl. der Kosten für den eigenen Anwalt.

Diese Spruchpraxis des LG Stuttgart zum Streitwert bei Markenverletzungen durch die Verwendung einer geschützten Bezeichnung in der Titelzeile einer Online-Auktion erschien nicht nur uns, sondern auch dem OLG Stuttgart reichlich überzogen. Die gegen die Festsetzung des Streitwerts auf 150.000,- EUR gerichtete Streitwertbeschwerde (bis zu sechs Monate nach Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung oder anderweitige Erledigung möglich!) war deshalb im Ergebnis ein voller Erfolg:

Ausdrücklich „unter Aufgabe der bisherigen Streitwertpraxis“ hat das LG Stuttgart (Beschluss vom 30.09.2005 –Az: 41 O 150/05 KfH = Download pdf; siehe auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 04.08.2005 – Az: 2 W 48/05 = Download pdf) nunmehr den Streitwert auf „nur“ noch 75.000,- EUR festgesetzt (ob noch mehr möglich ist, wird sich zeigen). Mit einem Schlag reduzieren sich damit als Ergebnis einer für wenige hundert Euro zu bekommenden Streitwertbeschwerde die Kosten für gegnerische Anwälte und das Gericht für das einstweilige Verfügungsverfahren und die Abschlusserklärung um fast 2.500,- EUR zzgl. der Ersparnis bei den eigenen Rechtsanwälten.

Fortsetzung folgt. Bestimmt.