Ich soll nicht lügen

„Die Akte wird für drei Tage übersandt“, stand auf dem Begleitschreiben des Gerichts. Der Brief ging mitsamt der Akte, in die wir Einsicht haben wollten, gestern bei uns ein.

Was allerdings den Mitarbeiter des betreffenden Gerichts nicht daran hinderte, vorhin einen Riesenwirbel in meinem Sekretariat zu machen. Und unter anderem mit „Folgen“ in Form einer Beschwerde bei der Anwaltskammer zu drohen, welche die angeblich verspätete Rücksendung der Akte haben werde.

Verspätet? Ich konnte dem Mann am Telefon zunächst auch nur sagen, dass wir die Akte gestern für drei Tage erhielten. Und dass wir sie mit Sicherheit schon heute, spätestens aber morgen wieder zurückschicken werden. Weil wir uns, sofern irgend möglich, immer mit der Rückgabe beeilen.

Er wollte mir das nicht glauben. „Das kann nicht stimmen, ich habe die Akte am 1. April rausgegeben.“ Er erklärte mir, die Poststelle brauche höchstens zwei Tage, bis der Brief in die Post geht. Deshalb solle ich ihn doch bitte nicht anlügen. Ich musste mich wirklich bemühen, bei dem Ton nicht die Contenance zu verlieren.

Dass Ostern war und vielleicht am Gericht mal was liegengeblieben ist – für ihn völlig außerhalb des Möglichen. Ich habe ihm dann auch nur sagen können, dass ich seinen Konsequenzen gelassen entgegensehe. Zur Sicherheit archiviere ich einfach den Briefumschlag des betreffenden Gerichts. Der trägt den Poststempel 13. April. Und da wir nun nachweislich nicht so viel Post von diesem Amtsgericht in Thüringen bekommen, kann mir das Kuvert ja vielleicht den Hintern retten. Ich sehe meine berufliche Zukunft also noch nicht gefährdet.