Die blutverschmierte Tür

Rund vier Monate hat ein Schwurgerichtsprozess gedauert. In diesem Verfahren spielte eine Kellertür eine wichtige Rolle. Einfach weil bei den Ereignissen, um die es im Prozess geht, Blut auf die Tür gespritzt ist. Und das nicht zu knapp. Außerdem gibt es auf der Tür Spuren von Pfefferspray, was natürlich wichtig für die Frage ist, wer sich bei dem letztlich tödlichen Streit gegen wen verteidigt hat.

Die Tür stand bzw. lehnte nun vier Monate im Gerichtsaal im Bereich der Fensterbank. Direkt vor der Tür saß der Staatsanwalt, ich als Verteidiger guckte immer auf die Tür (und den Staatsanwalt), weil ich gegenüber an der Saal-Eingangsseite saß.

Nun wurde während der letzten vier Monate in diesem Gerichtsaal nicht nur gegen meinen Mandanten verhandelt. Sondern auch gegen andere Angeklagte. So mancher Prozessauftakt lockte auch Fotografen und gar das Fernsehen an. Was dazu führte, dass immer die blutbespritzte Tür mit abgefilmt wurde. So viele andere dankbare Einstellungen bietet ein Gerichtsaal ja ohnehin nicht.

Mit der Zeit hat mein Mandant nun schon einige Mitgefangene in „seiner“ Justizvollzugsanstalt gehabt, die nach ihrem Prozessauftakt gar nicht glücklich über die Bilder waren. Wegen der Tür. Mein Mandant konnte aber letztlich auch nur darauf hinweisen, dass er für die Innengestaltung des Schwurgerichtsaales nicht verantwortlich ist.

Nun ist unser Prozess letzte Woche zu Ende gegangen. Wie mir ein Anwaltskollege bestätigt hat, steht die Tür immer noch im Gerichtsaal. Sie scheint vom Beweismittel zum Deko-Objekt mutiert zu sein. Hoffen wir nur, dass sie nicht nochmal für Untersuchungen benötigt wird, falls die Revision meines Mandanten erfolgreich ist.