„Egoist“ klagt gegen das Kontaktverbot – und kriegt am Ende womöglich Recht

In Aachen klagt ein Mann gegen die Kontaktverbote wegen des Corona-Virus. Er will sich insbesondere in der Öffentlichkeit mit seinen Freunden treffen. Das Oberverwaltungsgericht Münster will nach Angaben einer Gerichtssprecherin nächste Woche entscheiden.

Auch wenn sich der Rechtsbehelf „egoistisch“ (so eine Boulevardzeitung) anhört, ganz ohne Chancen ist der Antragsteller nicht. Juristische Probleme erwarte ich weniger bei der Regelung an sich, das robuste Vorgehen der Landesregierung wird angesichts der Bedrohung derzeit wohl kaum als grob unverhältnismäßig eingestuft werden können.

Aber beim Wort „Landesregierung“ sind wir schon mitten in der juristischen Grauzone, welche das Verfahren durchaus brisant macht. Es ist nämlich die Art und Weise, wie sich der nordrhein-westfälische Landtag und wohl auch die weitaus meisten anderen Länderparlamente „verzwergen“, wie es der Juristische Korrespondent der FAZ schon vor Tagen in einem Leitartikel ausgedrückt hat.

Statt das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen und wichtigste Fragen per Gesetz zu regeln, ducken sich die Parlamente weg. Sie überlassen der Landesregierung, also der Exekutive, genau die Aufgaben, die sie in der Krise eigentlich selbst regeln müssen. Die jetzt erlassenen Rechtsverordnungen und Allgemeinverfügungen schränken massiv so ziemlich jedes Grundrecht ein, das wir Bürger haben. Solche Schritte können möglich sein, aber für diese gilt der sogenannte Gesetzesvorbehalt.

Wichtigste Fragen müssen danach vom demokratisch legitimierten Parlament geregelt werden, nicht von der Landesregierung als Exekutive. Das nennt man Gewaltenteilung, und eigentlich ist so was schon Thema im Sozialkundeunterricht an jeder Schule. Es bedarf keiner großen Fantasie, dass sich die Richter schon Gedanken machen werden, wieso man das Parlament einfach außen vor lassen darf. Mit fehlender Handlungsfähigkeit der Landtage kann es ja kaum zu tun haben. Die Finanzhilfen haben die Parlamente ja auch ohne Probleme auf den Weg gebracht.

Gut möglich also, dass die Praxis, alles mit Verordnungen / Allgemeinverfügungen zu regeln, den Verantwortlichen noch ganz schwer auf die Füße fällt. In seiner Pressemitteilung spricht das Oberverwaltungsgericht Münster selbst davon, es sei zu prüfen, ob es für die Anordnung eine Rechtsgrundlage gibt. Problembewusstsein ist also vorhanden. Kein gutes Zeichen.