Die Frau ohne Router

Inhaber von Internetanschlüssen haften nicht automatisch für Urheberrechtsverletzungen, die über ihren Anschluss begangen worden sind. Vielmehr müssen laut einer aktuellen Entscheidung des Landgerichts München I die Rechteinhaber beweisen, dass der Inhaber des Anschlusses tatsächlich für einen illegalen Download (mit-)verantwortlich ist.

Genau dies konnten die Kläger im Fall einer Münchnerin nicht belegen. Die Frau hatte nach eigenen Angaben ihren Computer verkauft und behauptete, ihren Internetanschluss seitdem nicht mehr genutzt zu haben. Außer einem DSL-Splitter besitze sie gar nicht die nötige Hardware, also weder Modem noch Router.

Das Amtsgericht München hatte die Frau noch zu Schadensersatz verurteilt. In der Entscheidung klang durchaus Skepsis mit, ob die Frau die Wahrheit sagt. Genau an diesem Punkt setzt das Landgericht München I nun an. Der Beklagte in einem Filesharing-Prozess müsse nur Tatsachen darlegen, aus denen sich ergibt, dass er weder Täter noch “Störer” ist. Er müsse dagegen nicht beweisen, dass seine Angaben auch stimmen (so lange sie plausibel sind).

Die Rechteinhaber scheiterten nach Auffassung des Landgerichts München I mit der ihnen dann zufallenden Aufgabe, zu beweisen, dass die Frau die Unwahrheit sagt. Es sei auch nicht Aufgabe der Internetnutzerin, den Abmahnern weitere Informationen zu liefern, damit diese sie gegen die Betroffene verwenden können.

Natürlich werden die meisten Internetnutzer kaum glaubwürdig behaupten können, dass sie zwar einen Anschluss, aber null Hardware haben. Dennoch ist das Urteil des Landgerichts München I über den Einzelfall hinaus bedeutsam, weil es sich mit guten Argumenten gegen die ausufernde Haftung von Anschlussinhabern stemmt. Außerdem rückt es die Rollenverteilung im Filesharing-Bereich zurecht, in dem Beklagte oft in eine Rechtfertigungssituation geraten, die von der Zivilprozessordnung so nicht vorgesehen ist.

Landgericht München I, Urteil vom 22. März 2013, Aktenzeichen 21 S 28809/11

Großzügig wie wir sind

Shit happens.

Ein Mandant wartete seit längerem auf Geld von seinem Auftraggeber. Er schickte auch zwei Mahnungen, an denen inhaltlich nichts auszusetzen ist. Den Fehler machten dann wir, und zwar am 21. März.

Eigentlich sollte die Firma, die das Geld schuldet, nach unserem Schreiben jetzt allerspätestens bis zum 28. März zahlen. Eine kurze, aber den Umständen nach angemessene Frist. Ich weiß nicht, wie es passiert ist, aber in dem Schreiben stand keine Zahlungsfrist auf den 28. März. Sondern auf den 28. April, immerhin noch im Jahr 2013.

Diese Großzügigkeit hat die Gegenseite sicher erfreut. Zum Glück war der Brief so formuliert, dass es sich beim 28. April nicht um eine neue Zahlungsfrist im juristischen Sinne handelt. Sondern lediglich um den Zeitpunkt, ab dem unser Mandant gerichtliche Schritte einleiten wird.

Der bereits eingetretene Verzug durch die korrekten Mahnungen des Mandanten dürfte  also nicht nachträglich wieder “aufgehoben” worden sein. Was mir dann wohl auch die Möglichkeit gibt, den Zeitpunkt, zu dem mein Mandant den Rechtsweg beschreiten wird, nachträglich wieder zu verkürzen. Das habe ich dann getan und jetzt den 15. April genannt, also eine weitere Woche nach der Berichtigung.

Es ist mir klar, dass das alles etwas unbeholfen wirkt. Aber ich finde die Klarstellung immer noch eine bessere Lösung, als gegenüber dem Mandanten den Eindruck zu erwecken, wir hätten seinem Gegner tatsächlich mehr als fünf Wochen Zeit zum Bezahlen geben wollen.

Die Gewinner

Leider bin ich momentan ziemlich eingespannt, so dass einfach kaum Zeit für Blogeinträge bleibt. Ich werde mich aber nach Kräften bemühen, dass es nicht übertrieben schweigsam hier im law blog wird.

Immerhin möchte ich schon mal die Gewinner der Osterverlosung bekanntgeben:

Frank Sommer

Tom2

Margit

Nadine

Die Gewinner haben eine Mail mit den Einzelheiten erhalten. Herzlichen Glückwunsch und danke an alle Leser fürs Mitmachen.

Kleine Osterpause

Das law blog verabschiedet sich in eine kleine Osterpause. Ab dem 5. April geht es hier weiter. Bis dahin kann ich zumindest anderweitig für etwas Spannung, Unterhaltung und – womöglich – auch Vorfreude sorgen. Es gibt nämlich mal wieder was zu gewinnen.

Diesmal sind es vier Exemplare des neuen Kreuzberg-Krimis von Susanne Rüster. Das Buch heißt “Der letzte Tanz” und ist im Verlag Josefine Rosalski erschienen.

130327 der letzte tanz

Hierbei geht es im Buch:

Berlin Kreuzberg – Szeneviertel, Bars, Hinterhöfe, Künstler, Aussteiger, Fremde, und nun auch: Immobilien-spekulanten. In der Nacht des 1. Mai zerstört eine gewaltige Gasexplosion eine am Kreuzberger Spreeufer gelegene ehemalige Fabrik. – Die Tänzerin Samantha Dark, die mit ihrem Tanztheater Tanzart das Fabrikgebäude besetzt hatte, wird auf der Bühne von herabfallenden Trümmern getötet.

Staatsanwältin Natalia Kaiser und Kriminalkommissar Michael Pfeil ermitteln im Umfeld des Immobilienunternehmers Johan Belmonte, dem Eigentümer der Fabrik, und einer kämpferischen Kiezaktivistin. Ihre Recherchen führen sie in das von Eitelkeiten und alten Feindschaften durchdrungene Theatermilieu mit ehrgeizigen, nicht immer liebreizenden Tänzerinnen – da geschieht ein weiteres Verbrechen.

Die Autorin Susanne Rüster weiß, wovon sie erzählt. Sie hat lange als Staatsanwältin für Wirtschaftskriminalität gearbeitet und kennt bestens die Schauplätze ihres Krimis. “Der letzte Tanz” ist Susanne Rüsters erster Roman. Vorher hat sie schon viel fürs Radio gearbeitet; sie veröffentlichte Reisereportagen, Kriminalgeschichten und Glossen. Derzeit ist Susanne Rüster Richterin am Sozialgericht.

Hier geht’s zu einem Interview mit Susanne Rüster.

Ich darf vier Exemplare des Buches verlosen. Wer dabei sein möchte, schreibt einfach einen Kommentar zu diesem Beitrag und hinterlässt bitte eine gültige E-Mail-Adresse. Die Gewinner werden ab dem 6. April 2013 über die angegebene E-Mail-Adresse benachrichtigt. Sie bekommen das Buch dann an ihre Wunschadresse zugeschickt.

Der Krimi ist für 15 Euro im örtlichen Buchladen oder bei Amazon erhältlich. Die Kindle-Edition kostet 9,99 Euro.

Aufruf zum Schottern ist strafbar

Der Aufruf zum Schottern ist strafbar. Jedenfalls nach Auffassung des Oberlandesgerichts Celle. Die Richter bestätigten nun ein Urteil des Amtsgerichts Lüneburg gegen einen Mann, der sich namentlich auf der Unterstützerliste für die “Schotter-Aktion” gegen einen Castortransport eingetragen hatte.

Das Gericht sieht in dem Plan, den Castortransport durch Entfernung der Schottersteine auf dem Gleisbett zu verhindern, eine strafbare Störung öffentlicher Betriebe. Der Angeklagte habe über die Unterstützerliste deshalb öffentlich zu Straftaten aufgefordert, was wiederum selbst eine Straftat ist.   

Der Aufruf war nach Meinung des Oberlandesgerichts nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt. Ebenso sei die Schwelle zwischen bloßer Billigung und konkreter Aufruf zu Straftaten überschritten gewesen. Die Veröffentlichung von Aktionsplänen im Rahmen des Aufrufs könne nicht mehr als Versuch der Sensibilisierung anders Denkender innerhalb eines politischen Streites gesehen werden. Vielmehr enthalte der Aufruf die Handlungsanweisung, an einem bestimmten Tattag und Tatort eine näher bezeichnete strafbare Handlung umzusetzen.

Die tatsächliche Verwirklichung der „Aktion-Schottern” sei vom Aufruf bezweckt und durch die Unterschrift des Angeklagten ausdrücklich erwünscht und angestrebt gewesen. Dass die Unterzeichner des Aufrufs jede Gefahr für Leib und Leben von Unbeteiligten und Polizisten ausschließen wollten und sich für ein überragend wichtiges politisches Anliegen einsetzten, spiegelt sich nach Darstellung des Gerichts in der sehr milden Strafe. Der Mann war zu einer Geldstrafe von einem halben Monatsgehalt (30 Tagessätze) verurteilt worden.   

Abgesehen von der Klärung der Frage, ob der Aufruf zum Schottern strafbar ist, ist das Urteil auch ein Grund, gegenüber der Polizei nicht allzu auskunftsfreudig zu sein. Der Betroffene konnte natürlich nur ermittelt und verurteilt werden, weil er sich zu seiner Unterschrift unter den Aufruf bekannte. Ansonsten gibt es ja regelmäßig erst mal keinen Beleg dafür, ob jemand sich selbst auf eine frei zugängliche Internetseite eingetragen hat.

Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 14. März 2013, Aktenzeichen 31 Ss 125/12

Plaudern über den Ex-Mandanten

Zu den eher unangenehmen Juristen zählen zweifellos jene, die ihre Klappe nicht halten können. Sei es, dass sie ohne Notwendigkeit aus dem Mandatsverhältnis plaudern und dabei Dinge erzählen, die ihrem Auftraggeber eindeutig schaden. Noch schlimmer ist aber eine Sorte Juristen, die einfach mal so über einen Ex-Mandanten herzieht, ohne überhaupt noch beauftragt zu sein.

So ein Exemplar tritt nun am Rande des Prozesses gegen Mario B. auf. Mario B. ist vor dem Landgericht Rostock angeklagt, eine damals 17-Jährige verschleppt, vergewaltigt und gefoltert zu haben. Vor Gericht vertritt ihn aktuell ein anderer Anwalt, aber sein Ex-Verteidiger meldet sich mit Statements zu Wort, die kaum mit Mario B. abgesprochen sein dürften und sicherlich auch nicht von ihm gebilligt werden. 

So berichtet der Jurist gegenüber der Printpresse, aber auch in Fernsehinterviews, wie das war, als er Mario B. in einem früheren Fall verteidigte. Dabei gibt er allerhand Details zum Besten, unter anderem aus einer nichtöffentlichen Verhandlung vor dem Schöffengericht. Das Ganze gipfelt dann in einer Zusammenfassung, mit der er Mario B. charakterisiert. Etwa gegenüber der Ostsee-Zeitung. Dem Blatt sagte er, er habe

eine solche Abgebrühtheit und Menschenverachtung noch nie und nie wieder erlebt.

So was geht natürlich nicht, unabhängig wie viel Wahres in den Äußerungen steckt. Der eigene Verteidiger ist eine Person, die sich mit solchen Werturteilen zurückzuhalten hat. Das hat ganz einfache Gründe: die Schweigepflicht. Ein Anwalt darf eben nur Dinge aus dem Mandatsverhältnis ausplaudern, wenn er hierfür einen berechtigten Grund hat. Sich auf Kosten eines Ex-Mandaten in den Medien zu profilieren, gehört mit Sicherheit nicht dazu.

Na ja, immerhin tritt der Mann nicht mehr als Anwalt auf. Seiner Zulassung ist er schon vor geraumer Zeit verlustig gegangen. Den Falschen hat es in diesem Fall wohl nicht getroffen.

RA Christoph Nebgen zum gleichen Thema

Streit ums Vier-Augen-Prinzip

Nicht nur vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Gleiches gilt auch für Lasermessungen der Polizei. Gerichte haben in jüngster Zeit die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Messung runterdefiniert. Ein Beamter reicht aus, und der muss dem Angehaltenen noch nicht mal das Messergebnis auf dem Display zeigen.

Als unrühmliche Vorreiter profilieren sich die Oberlandesgerichte Hamm und Düsseldorf. Sie betonen unisono, bei Lasermessungen im Straßenverkehr sei das Vier-Augen-Prinzip nicht erforderlich. Jeder Betroffene muss also fest daran glauben, dass der Messbeamte ordentlich arbeitet und ihm auch keine Flüchtigkeitsfehler unterlaufen. Dabei spielt es keine Rolle, ob am Ende sogar ein Fahrverbot steht – nur die Aussage des einzelnen Beamten zählt.

Allerdings gibt es auch Gerichte, die sich nicht so ganz mit dieser etwas bizarren Wirklichkeit abfinden wollen. Dazu gehört das Amtsgericht Sigmaringen. Der zuständige Richter musste sich von den erwähnten Oberlandesgerichten sogar der “freien Rechtsschöpfung” bezichtigen lassen. Dabei hat er nur die Richtlinien herangezogen, welche für die Polizei in seinem Bundesland gelten.

In einem aktuellen Beschluss zitiert das Gericht die Vorgaben in Baden-Württemberg:

Die Geschwindigkeitsmessungen sind grundsätzlich als Anhaltekontrollen mit mindestens zwei uniformierten Beamten/Beamtinnen (einem Messbeamten/Messbeamtin und einem zweiten Beamten/Beamtin) und als Einzelmessungen durchzuführen.

Das Messergebnis muss immer von diesen beiden Beamten/Beamtinnen abgelesen werden (Vier-Augen-Prinzip). Der zweite Beamte/Beamtin muss nicht zwingend die Laser-Schulung absolviert haben. Dies wird jedoch empfohlen.

Das aus dem Display angezeigte Geschwindigkeitsmessergebnis kann dem Betroffenen auf dessen Wunsch gezeigt werden, soweit der Messbetrieb dadurch nicht beeinträchtigt wird.

Ganz so fernliegend ist die Idee vom Vier-Augen-Prinzip deshalb nicht. Auch der Kollege Detlef Burhoff wundert sich in seinem Blog, dass soch ansonsten immer so viel Wert auf die Einhaltung von Vorschriften gelegt wird.

Früherer Eintrag im law blog

Wer betrachtet wen?

Verdeckte Videoüberwachung ist eine heikle Angelegenheit. Gerade im öffentlichen Raum. So wird derzeit diskutiert, ob Verkehrsbetriebe in ihre Haltestellenwände kaum erkennbare Minikameras einbauen dürfen, um den Bahnsteig zu überwachen. Aus den USA kommt jetzt die Meldung, dass dort Schaufensterpuppen womöglich lebendiger sind, als man vermuten könnte. Auch bei namhaften Labels sollen Kameras in den Augen der Puppen installiert sein, um das Verhalten potenzieller Kunden zu analysieren.

Im Vordergrund steht bei solchen Kameras weniger die Sicherheit. Dafür soll festgestellt werden, wer wann die Auslagen bewundert, achtlos daran vorbeigeht und wie Kunden sonst auf das Angebot reagieren. In Deutschland, so viel ist klar, stoßen die technischen Möglichkeiten auf rechtliche Probleme. Hierbei geht es gar nicht um die Frage, ob und wie die Aufnahmen ausgewertet werden. Oder ob sie gar mit Kundeprofilen zusammengeführt werden, was zum Beispiel mit RFID-Chips in der Ware oder die Verknüpfung mit Kundenkarten ja zumindest denkbar ist.

Nein, die Überwachung des öffentlichen Raums durch Private ist bei uns grundsätzlich verboten. Videokameras, die zum Beispiel Ladeneingänge überwachen, dürfen nicht gleichzeitig das Geschehen auf dem Fußweg aufzeichnen. Oder per Weitwinkel gar etliche Meter links und rechts des Gebäudes. Bei Kameras, die auf Kunden gerichtet sind, die vor einer Auslage stehen, gilt natürlich nichts anderes.

Aber es gibt da auch noch andere Vorschriften. Hierauf weist der Kölner Anwalt Arno Lampmann hin. Im Telekommunikationsgesetz gibt es nämlich eine – wenig beachtete – Vorschrift, die getarnte Kameras sogar unter Strafe stellt. Danach ist es verboten,

Sendeanlagen oder sonstige Telekommunikationsanlagen zu besitzen …, die ihrer Form nach einen anderen Gegenstand vortäuschen oder die mit Gegenständen des täglichen Gebrauchs verkleidet sind und auf Grund dieser Umstände oder auf Grund ihrer Funktionsweise in besonderer Weise geeignet und dazu bestimmt sind, das nicht öffentlich gesprochene Wort eines anderen von diesem unbemerkt abzuhören oder das Bild eines anderen von diesem unbemerkt aufzunehmen.

Man wird sicher noch darüber diskutieren können, ob solche Kameras tatsächlich “Telekommunikationsanlagen” im Sinne des Gesetzes sind. Aber die Stoßrichtung der Vorschrift ist klar. Ladenmanager, die sich in Deutschland auf so eine Überwachung tatsächlich einlassen, könnten deshalb sogar Gefängnis riskieren. Das ist etwas mehr als die Bußgelddrohungen, mit denen die meisten Datenschutzverstöße bedacht sind. Immerhin würde die Stafdrohung bis zu zwei Jahren Gefängnis reichen. 

Beitrag von Arno Lampmann

Selbstverständliche Pflicht

Wer sich als Kunde nicht beschwert, zahlt einen Aufschlag. Diese eigentümliche Regelung hatte ein Kreuzfahrtveranstalter in seiner Preisliste. Damit fiel das Unternehmen nun auf die Nase. Das Kammergericht Berlin untersagte der Firma, ihren Kunden Zuschläge für einwandfreie Dienstleistungen zu berechnen.

Geworben hatte der Anbieter mit einem Preis von 555 Euro für die siebentägige Reise. Im Kleingedruckten fand sich folgender Hinweis:

Preise zzgl. Service Entgelt. Am Ende der Kreuzfahrt fällt zusätzlich ein Entgelt in Höhe von € 7,- pro Erw. und beanstandungsfrei an Bord verbrachter Nacht an. Ausführliche Informationen zum Service Entgelt finden Sie im aktuellen Kreuzfahrtenkatalog.

Der Veranstalter war der Meinung, die sieben Euro seien nur eine Art Trinkgeld und somit eine freiwillige Leistung. Außerdem stehe vorher gar nicht fest, wie viele “beanstandungsfreie Nächte” der Gast auf dem Schiff verbringe. Das hänge im übrigen von ihm selbst ab, da er sich ja beschweren könne. Das Kammergericht Berlin wollte diese Verdrehung der Tatsachen nicht mitmachen.  Die Richter merken nüchtern an:

Einen beanstandungsfreien Service zu liefern, ist die selbstverständliche Pflicht des Reiseveranstalters.

Dementsprechend sahen sie einen Verstoß gegen die Pflicht, Preise klar auszuzeichnen. Der Anbieter wurde dementsprechend zur Unterlassung verurteilt.

Kammergericht Berlin, Urteil vom 12. Februar 2013, Aktenzeichen 5 W 11/13

Ein teurer Sahnefleck

Es genügt, wenn die Verkaufsflächen in einem Supermarkt alle 15 Minuten kontrolliert werden. Rutscht in der Zwischenzeit ein Kunde aus und verletzt sich, kann er vom Markt keinen Schadensersatz verlangen. Denn der Betreiber hat seinen Kontrollpflichten genügt. So urteilte jetzt das Landgericht Coburg und wies die Klage einer Frau ab. Diese hatte nach einem Sturz vor dem Kühlregal 15.000 Euro Schmerzensgeld verlangt.

Zwar ging das Gericht nach der Beweisaufnahme davon aus, dass die Kundin auf einem Sahnefleck ausgerutscht ist. Eine andere Kundin hatte nämlich bestätigt, dass sie kurz vor dem Zwischenfall Sahnespritzer im Bereich des Kühlregals gesehen hatte. Allerdings meinte das Gericht, der Supermarkt habe nicht gegen seine Kontrollpflichten verstoßen. Es genüge nämlich, wenn die Laufflächen alle 15 Minuten auf Verunreinigungen überprüft werden und das Personal die verschüttete Ware sofort entfernt.

Eine Angestellte hatte in dem Prozess bestätigt, sie habe weniger als 15 Minuten vor dem Unfall das Kühlregal nachgefüllt. Dabei habe sie, wie immer, auch nach verschütteter Ware geschaut. Das Landgericht wies die Klage deshalb ab.

Landegericht Coburg, Urteil vom 24.10.2012, Aktenzeichen 21 O 281/12

Urteile graben Massenabmahnern das Wasser ab

Dieses Urteil dürfte den Hauptmietern von Wohngemeinschaften eine große Sorge nehmen. Sie haften nämlich als Inhaber von Internetanschlüssen nicht für Urheberrechtsverletzungen, die ihre Mitbewohner begangen haben. Das hat das Landgericht Köln in einem aktuellen Urteil entschieden.

Die Musikindustrie hatte gegen den Betreiber eines Internetanschlusses geklagt, der seine Wohnung mit anderen teilte bzw. sogar teilweise gar nicht selbst in der Wohnung lebte. Jedenfalls bestand zwischen den Bewohnern keine “häusliche Gemeinschaft”. Dennoch waren die Rechteverwerter der Meinung, der Inhaber hafte dafür, dass sein Mitbewohner Musik und Filme herungeladen habe.

Das sahen die Richter in Köln ganz anders. Sie betonen, dass der Hauptmieter praktisch überhaupt keine Möglichkeit hat, die Internetnutzung seines Untermieters zu kontrollieren. Immerhin würde es nachhaltig die Privatsphäre des Mitbewohners verletzen, wenn er sich von seinem Vermieter kontrollieren lassen müsse. Ebenso wenig sieht das Landgericht Köln aber auch eine Verpflichtung des Anschlussinhabers, Mitbewohner von der Nutzung des Anschlusses auszusperren. Dem Hauptmieter mochten die Richter auch kein “überlegenes Wissen” zu den Gefahren des Internets zubilligen, das eventuell Aufklärungspflichten begründet hätte.

Damit festigt sich die Rechtsprechung, wonach die “Störerhaftung” eines Anschlussinhabers längst nicht so weit geht, wie es die Musik- und Filmindustrie gerne hätte. Ähnliche Entscheidungen gibt es auch schon für erwachsene Kinder und Lebensgemeinschaften. Das Urteil (Aktenzeichen 14 O 320/12) ist noch nicht rechtskräftig.

Gestern hatten die Anwälte von Vodafone bekanntgegeben, dass der Internetanbieter keine dynamischen IP-Adressen seiner Kunden speichern muss. Dies hat nach ihren Angaben das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden. Hintergrund des Streeits ist, dass Vodafone insbesondere bei seinen UMTS-Kunden keine IP-Adressen speichert. Das macht technisch auch wenig Sinn, weil sich im Mobilfunknetz alle Nutzer, die in eine Funkzelle eingebucht sind, die IP-Adresse teilen.

Die Rechteindustrie wollte Vodafone verpflichten, die IP-Adressen wenigstens “auf Zuruf” zu speichern. Dafür sah das Oberlandesgericht Düsseldorf aber keine Verpflichtung. Nach geltender Rechtslage müsse ein Access Provider gar keine IP-Adressen der Kunden speichern. Für ein Quick Freeze durch die Rechteinhaber gebe es keine juristische Grundlage. Internetanbieter müssten lediglich die Daten herausgeben, die ihnen im Zeitpunkt der gerichtlichen Anordnung zur Verfügung stehen. Sie seien nicht verpflichtet, Daten erst zu produzieren.

Das Urteil ist auch deshalb interessant, weil es einen anderen Weg aufzeigt, um der Landplage Massenabmahnung Herr zu werden. Wenn Internetanbieter einfach nicht mehr die genutzten IP-Adressen ihrer Kunden für einen bestimmten Zeitraum speichern, hätten sie auch keine Daten, die sie an die Musik- und Filmindustrie herausgeben können. Gerade bei Flatrates stellt sich ja seit jeher die Frage, wozu die Provider eigentlich festhalten müssen, welcher Kunde wie lange online war.

Richter haben ein Herz für Tiere

Der Bundesgerichtshof zeigt ein Herz für Tiere. Vermieter dürfen es ihren Mietern nicht generell untersagen, in der Wohnung Hunde oder Katzen zu halten. Eine entsprechende Klausel in allgemeinen Vertragsbedingungen ist stets unwirksam, befindet der Bundesgerichtshof in einer heute bekanntgegebenen Entscheidung.

Die neuen Mieter einer Genossenschaftswohnung in Gelsenkirchen hatten ihren Mischlingshund mit in die Wohnung gebracht. Hierbei missachteten sie ein grundsätzliches Hundehaltungsverbot, das die Vermieterin in alle ihre Verträge reinschrieb. Die Genossenschaft versuchte daraufhin, den Hund aus der Wohnung zu klagen.

Laut dem Urteil werden Mieter unangemessen benachteiligt, wenn sie generell keine größeren Haustiere wie Hunde oder Katzen halten dürfen. Eine solche Klausel widersprache dem Grundgedanken des Mietrechts, wonach der Vermieter für die “Gebrauchsgewährung” an der Wohnung Geld erhält – und der Mieter im Gegenzug alles machen darf, was noch als vertragsgemäße Nutzung durchgeht.

Auch Hund und Katz könnten durchaus zum vertragsgemäßen Gebrauch gehören, heißt es in dem Urteil. Von daher komme es immer auf den Einzelfall an, ob die Tierhaltung noch angemessen ist.

Mit einem Federstrich hat der Bundesgerichtshof damit alle entsprechenden starren Klauseln in Mietverträgen für unwirksam erklärt. Auch bei bestehenden Mietverträgen muss der Vermieter künftig im Einzelfall beweisen, dass das Tier tatschlich unzumutbar ist. Das erfordert in jedem Fall eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Interessen.

Somit müssen künftig Richter das letzte Wort über ein Hunde- oder Katzenverbot sprechen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. März 2013, Aktenzeichen VIII ZR 168/12

Keine Telefonsperre bei Kleinbeträgen

Wenn es um (angebliche) Zahlungsrückstände ihrer Kunden geht, greifen Telefonanbieter nach wie vor gern rigoros durch. Da wird halt einfach der Anschluss gesperrt, auch wenn es sich um geringfügige Beträge handelt. Dagegen können Betroffene durchaus was machen, wie eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts Baden-Baden zeigt.

Per einstweiliger Anordnung wurde ein Anbieter verpflichtet, den Anschluss seiner Kundin sofort wieder freizuschalten. Es ging um stolze 33,34 Euro. Mit diesem Betrag soll eine Kundin im Rückstand gewesen sein. Dabei beachtete die Telefonfirma aber nicht, dass eine Anschlusssperre bei Bagatellbeträgen unzulässig ist. Die offene Summe muss sich auf mindestens 75 Euro belaufen.

Die Kundin hatte dargelegt, sie sei dringend auf den Festnetzanschluss angewiesen, weil die Netzabdeckung für Handytelefonate an ihrem Wohnort schlecht sei. Damit war auch ein “Verfügungsgrund” gegeben, um den Anbieter zu einer sofortigen Reaktion zu verpflichten. Entsprechend ließe sich sicher auch argumentieren, wenn man unterwegs aufs Handy angewiesen ist.

Überdies kreidet das Landgericht Baden-Baden der Telefonfirma an, dass sie die Kundin nicht ausreichend aufgeklärt hat. Selbst eine zulässige Sperre müsse in jedem Fall mindestens zwei Wochen vorher angekündigt werden. Außerdem sei der Kunde darüber zu informieren, dass er sich ans Gericht wenden kann.

Gerade bei streitigen Kleinbeträgen muss man sich also nicht von einem Telefonanbieter die Pistole auf die Brust setzen lassen.

Landgericht Baden-Baden, Beschluss vom 3. Dezember 2012, Aktenzeichen 2 T 65/12