Soll Kinderpornografie straffrei werden?

Der Besitz von Kinderpornografie soll legalisiert werden. Diesen Vorschlag macht Rick Falkvinge, Gründer der schwedischen Piratenpartei. Seine Idee stieß schon innerhalb weniger Stunden nach Veröffentlichung auf eine breite Front der Ablehnung. Neben vielen anderen hat sich auch der Vorsitzende der Piratenpartei Deutschland, Bernd Schlömer, entschieden von Falkvinges Vorstellungen distanziert.

Ich möchte nachfolgend erläutern, warum Falkvinges Argumente nicht stichhaltig sind. Dazu beleuchte ich die gesellschaftspolitische Dimension und juristische Einzelfragen, die Falkvinge aufwirft.

Zu kaum einen Thema dürfte es einen ähnlich hohen gesellschaftlichen Konsens geben, wie er für die ablehnende Haltung zu sexuellem Missbrauch von Kindern besteht. Es bedarf keiner Meinungsumfragen, um sicher annehmen zu können, dass die ernsthaften Befürworter pädophiler Handlungen in Deutschland eine verschwindend kleine Minderheit sind.

Auch die Frage, ob es so etwas wie einvernehmliche sexuelle Beziehungen unter Beteiligung von Kindern geben kann, ist jedenfalls vom Gesetzgeber mittlerweile eindeutig beantwortet.

Das sexuelle Selbstbestimmungsrecht von Kindern ist in Deutschland derzeit absolut geschützt. Das heißt sexuelle Kontakte eines Erwachsenen zu einem Kind sind auch dann strafbar, wenn das Kind äußerlich „eingewilligt“ hat. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass grundsätzlich gar keine Einwilligungsfähigkeit eines Kindes besteht; ein wie auch immer als „Zustimmung“ interpretiertes Verhalten des Kindes ist juristisch unbeachtlich.

Kindern wird also ein umfassender Schutzraum zugebilligt, der ihnen eine ungestörte, das heißt eingriffsfreie sexuelle Entwicklung ermöglicht. Kinder sind nach deutschem Recht Personen bis zum Alter von 14 Jahren. Auch die weitaus meisten Rechtsordnungen anderer Länder orientieren sich in etwa an dieser Altersgrenze.

Das vom Gesetzgeber festgelegte absolute Schutzalter für Kinder entspringt sicher nicht dem luftleeren Raum. Auch hier kann man davon ausgehen, dass eine Altersgrenze von 14 Jahren jedenfalls breiter gesellschaftlicher Konsens ist. Aktuelle Bestrebungen, gerade auch auf europäischer Ebene, das Schutzalter auf 18 Jahre auszuweiten, belegen mittelbar, dass die Bürger die bisherige Altersgrenze eher als Minimal- und nicht als Maximallösung ansehen.

Die vorstehenden Erwägungen betreffen zunächst den tatsächliche Missbrauch von Kindern. Sie gelten aber im Kern auch für Kinderpornografie.

Dazu muss einleitend gesagt werden: Was gemeinhin als Kinderpornografie umschrieben wird, sollte auch dokumentierter Kindesmissbrauch genannt werden. Denn es handelt sich (heute) in den weitaus meisten Fällen um Videoaufnahmen und Fotostrecken real stattfindender sexueller Kontakte unter Beteiligung von Kindern.

Über den richtigen Umgang mit dokumentiertem Kindesmissbrauch gibt es durchaus unterschiedliche Ansichten. Das zeigt nicht nur die Initiative Rick Falkvinges. Auch in der Vergangenheit ist die Strafbarkeit in Frage gestellt worden. Das gilt weniger für die Herstellung (diese ist ja Teil des unmittelbaren Missbrauchs), aber durchaus für die Verbreitung und insbesondere für den Besitz solchen Materials.

Die wesentlichen Argumente der Strafbarkeits-Gegner lauten wie folgt:

– Das Film- oder Fotomaterial fügt nach seiner Herstellung keinem Kind mehr Leiden zu.

Das ist nur vordergründig richtig. Tatsächlich verletzt schon die Existenz, aber gerade auch die Verbreitung der Bilder immer und wieder wieder die Persönlichkeitsrechte der missbrauchten Kinder.

Dies geschieht auf denkbar schwerste Art und Weise. Auch Kleinstkinder können sich später auf solchem Material wiedererkennen, wobei das durch die beteiligten Personen, aber auch durch die Umgebung (z.B. das eigene Kinderzimmer, von dem es ja auch andere Aufnahmen gibt) oft auch nach langer Zeit wirklich möglich ist. Bei missbrauchten Kindern im Alter von acht, zehn oder gar 13 Jahren, die ja schon eigenständige Persönlichkeiten sind, gilt dies noch viel mehr.

Das sind keine theoretischen Erwägungen. Ich war erst vor kurzem in eine Strafsache involviert, in der ein Deutscher seine drei Töchter im Alter von 9 bis 12 Jahren schwer missbraucht und dies dokumentiert hat. Durch die Festnahme des eigenen Vaters blieb es den mittlerweile jeweils fünf Jahre älteren Betroffenen nicht erspart, über den eigentlichen Missbrauch hinaus auch noch zu erfahren, dass die Videos mit ihren nicht anonymisierten Gesichtern seit Jahren in einschlägigen Tauschbörsen kursieren. Dies führte bei den Mädchen zu einer erneuten Traumatisierung.

Gerade in Zeiten, in denen Ermittlungsbehörden rigoros gegen die Verbreitung von Kinderpornografie vorgehen und entsprechend viele Täter festnehmen, sind das auch keine Einzelfälle. Vielmehr kommt es immer wieder vor, dass Missbrauchsopfer später auf schmerzliche Art und Weise mit der Dokumentation des eigenen Missbrauchs konfrontiert werden.

– Die Freigabe von Kinderpornografie könnte den tatsächlichen Missbrauch eindämmen.

Es gibt in der Tat einige Studien aus anderen Ländern, die besagen, dass eine Zugänglichkeit kinderpornografischen Materials das reale Missbrauchsrisiko senken kann. Ähnliche Argumente gibt es ja auch für den Bereich legaler Pornografie. Deren weitgehende Verfügbarkeit wird heute von einigen Wissenschaftlern als eine Mitursache dafür gesehen, dass Sexualstraftaten statistisch bundesweit eher rückläufig sind.

Unabhängig von der Belastbarkeit solcher Studien wird dagegen eingewandt, dass frei verfügbare Kinderpornografie einladend oder gar anstiftend wirken kann, gerade auch für nicht pädophil veranlagte Menschen. (Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass nur Pädophile Kinder missbrauchen. Ein beachtlicher Teil des Missbrauchs findet durch nicht pädophil Veranlagte statt, und zwar oft aus Mangel an „normalen“ sexuellen Kontakten.)

Selbst wenn man einen missbrauchsdämpfenden Effekt von Kinderpornografie bejahen wollte, wäre die freie Verfügbarkeit derartigen Materials als Mittel zur Triebabfuhr, der Stammtisch würde von Wichsvorlagen sprechen, gesellschaftlich aus meiner Sicht jedenfalls nicht zu vermitteln.

Diskussionsfähig scheint allenfalls die kontrollierte Überlassung solchen Materials zu sein, falls es aus ärztlicher Sicht im Rahmen einer Therapie sinnvoll ist.

– Mit Kinderpornografie wird kein Geld verdient.

Nach meiner Erfahrung aus zahlreichen Fällen gibt es tatsächlich keinen Markt, der die Herstellung solchen Materials lukrativ macht. Selbst die wenigen Bezahlseiten im Netz verkaufen lediglich den dokumentierten Kindesmissbrauch, welcher in einschlägigen Foren, Tauschbörsen und über Messenger-Dienste seit jeher kostenlos erhältlich ist.

Tatsächlich gibt es nach meiner Kenntnis kein Material, das auf eine kommerzielle Produktion hindeutet. Vielmehr handelt es sich bei den Aufnahmen neueren Datum sowohl von der Technik als auch vom „Setting“ her um private Missbrauchssituationen. So weit es sich um kommerzielles Material handelt, stammt dies aus einer Zeit, in dem die Produktion in den jeweiligen Ländern noch straflos oder jedenfalls nicht eindeutig strafbar war.

Ich war vor kurzem in einem Großverfahren tätig, in dem gegen Verantwortliche für eines der größten Kinderporno-Foren verhandelt wurde, das es nach Auffassung der Ermittlungsbehörden jemals in Europa gab. Es bestand Einigkeit darüber, dass auf diesem Forum so gut wie alles gepostet war, was in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten an Kinderpornografie in Europa im Netz veröffentlicht wurde. Bei keinem einzigen der vielen tausend Videos und Fotoserien gab es Anhaltspunkte dafür, dass diese mit gewerblichem Hintergrund produziert wurden.

Allerdings stellt sich die Frage, ob dokumentierter Kindesmissbrauch bloß deswegen straffrei bleiben sollte, weil damit kein Geld verdient wird. Der Gesetzgeber hat hier, wie ich meine, den korrekten Weg eingeschlagen. Er belegt die kommerzielle Herstellung und Verbreitung kinderpornografischer Schriften mit deutlichen Strafschärfungen.

Nun präsentiert Rick Falkvinge einige weitere Bedenken, die wenigstens in der Zukunft dazu führen sollen, den Besitz kinderpornografischen Materials straffrei zu belassen.

Schauen wir, ob Ricks Argumente stichhaltig sind.

Falkvinge nennt zunächst den technischen Fortschritt. Wer zum Beispiel künftig mit einer Google-Brille sein gesamtes Leben videografisch dokumentiere, laufe Gefahr, unfreiwillig Kinderpornografie herzustellen. Beobachte er zum Beispiel zufällig den Missbrauch eines Mädchens in einem Park, sei er bereits im Besitz von Kinderpornografie und damit strafbar.

Zu so einem Argument lässt sich eigentlich nur sagen: Es gibt immer wieder extreme Lebenslagen, für welche die Gesetze schlicht nicht zugeschnitten sind. Allerdings ist dies auch kein durchgreifendes Problem. Denn nach deutschem Recht wäre die Aufnahme jedenfalls gerechtfertigt oder zumindest entschuldigt, wenn der Betreffende sie (auch) macht, um der Polizei später Beweismaterial zur Verfügung zu stellen.

Falkvinge behauptet auch, es sei nicht risikolos möglich ist, etwa versehentlich heruntergeladene oder per E-Mail zugesandte Kinderpornografie an die Polizei zu übergeben. Denn der Betroffene besitze das Material bereits und sei somit strafbar. Dadurch würden viele solche Filme und Fotos lieber vernichten, als zur Polizei zu gehen. Hierdurch werde die Aufklärung erschwert.

Das ist in der Tat ein Punkt, über den man diskutieren kann. Es kommt durchaus vor, dass Polizeibeamte erst mal auch eine Straftat des Empfängers vermuten, wenn dieser eine Anzeige macht. Besitz im formalen Sinne liegt ja spätestens ab dem Zeitpunkt vor, in dem der Empfänger das Material zur Kenntnis genommen hat.

Allerdings ist dies ein Problem, das es auch in anderen Rechtsbereichen gibt. So hatte ich letztes Jahr einen Mandanten, der auf einem Autobahnrasthof einen Turnbeutel gefunden hat. Erst zu Hause merkte er, dass keine stinkigen Schuhe drin waren, sondern Tütchen mit einem dreiviertel Kilo Kokain. Bei einer Polizeikontrolle hätte er ebenso unangenehme Fragen beantworten müssen, wie sie der unfreiwillige Empfänger von Kinderpornografie gestellt bekommt.

Wie auch immer, so ist dieses Argument Falkvinges aber doch allenfalls dafür geeignet, für solche Fälle Klarstellungen ins Gesetz aufzunehmen. Es würde zum Beispiel eine Regelung reichen, dass Besitz jedenfalls dann nicht strafbar ist, wenn der Empfänger das Material nicht aktiv beschafft hat und sich nach Erhalt innerhalb von 24 Stunden bei der Polizei meldet. Wegen dieser unbestreitbaren individuellen Risiken eine Legalisierung des Besitzes von Kinderpornografie zu fordern, geht jedenfalls nicht nur einen, sondern viele große Schritte zu weit.

Weiterhin sieht Falkvinge die Meinungsfreiheit in Gefahr, wenn zum Beispiel Journalisten oder Abgeordnete nicht investigativ in der Kinderpornoszene recherchieren können. Richtig ist in diesem Zusammenhang, dass auch Journalisten und Abgeordnete – in Deutschland ist der Fall Jörg Tauss in guter Erinnerung – sich ohne rechtliches Risiko kein authentisches Bild über das Ausmaß der Kinderpornoszene machen können.

Selbst wenn man dies als relevant einstuft, bedarf es zur Lösung noch keiner Legalisierung des Besitzes von Kinderpornografie. Schon heute sieht das Gesetz Ausnahmen für Polizeibeamte, Staatsanwälte und Richter vor. So weit diese von dem Material aufgrund ihrer Berufspflichten Kenntnis nehmen dürfen, ist das nicht strafbar. (Das ist auch der Grund, warum ich als Strafverteidiger inhaltliche Aussagen über Kinderpornografie machen kann.)

Es spräche aus meiner Sicht nichts dagegen, die Ausnahmevorschrift moderat zu erweitern. Die generelle Legalisierung des Besitzes von Kinderpornografie ist aber nicht notwendig.

Letzlich weist Falkvinge darauf hin, dass der energische Kampf gegen Kinderpornografie im Netz als Türöffner für Zensur- und Kontrollwünsche der Contentindustrie dient.

Diese Debatte haben wir bereits im Rahmen des Websperren-Gesetzes geführt. Hier kam der deutsche Gesetzgeber immerhin zu der Einsicht, dass Websperren ein ungeeignetes Mittel sind. Gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Stopschild-Infrastruktur offensichtlich missbrauchsanfällig für andere Interessengruppen ist. So wurde ja schon unmittelbar nach Inkrafttreten des Gesetzes gefordert, dass auch rechte und hetzerische Seiten gesperrt werden müssen. Und selbstverständlich auch Filesharing-Börsen sowie Filehoster.

Natürlich ist es auch nach dem Erfolg gegen das Websperren-Gesetz notwendig, sich gegen Zensurpläne für das Netz zu stellen. Allerdings greift Falkvinge zu kurz, wenn er meint, mit der Legalisierung des Besitzes von Kinderpornografie entfalle der Hauptanreiz für derartige Maßnahmen. Genauso gut können Hetzseiten jeder politischen oder religiösen Färbung als Rechtfertigung für Internetzensur dienen.

Dagegen hat sich inzwischen der Ansatz „Löschen statt sperren“ in Deutschland, Europa und sogar weltweit bewährt.

Alles in allem hat es also seinen guten Grund, wenn die Piratenpartei Deutschland keine Bereitschaft zeigt, über eine Legalisierung des Besitzes von Kinderpornografie nachzudenken.

Vielmehr ist es richtig, diese Perpetuierung des realen Kindesmissbrauchs zu ächten und auch strafrechtlich zu verfolgen. Wichtig ist dabei aber ebenso, die Verhältnismäßigkeit im Auge zu behalten und zu verhindern, dass mit Hilfe des Strafgesetzes sachfremde Motive verfolgt oder gar Hexenjagden betrieben werden.

Dieser Beitrag ist auch auf dem Bundesportal der Piratenpartei und auf golem.de veröffentlicht.

Keine Fingerabdrücke von Kindern

Die Aachener Polizei hat einen schnellen Fahndungserfolg errungen. Nachdem sie von einem mutmaßlichen Exhibitionisten im Bereich einer Kindertagesstätte erfahren hatten, legten sich die Beamten auf die Lauer und stellten den mutmaßlichen Täter. Es soll sich um einen 12-jährigen Jungen handeln.

Erwähnenswert wird die Geschichte durch einen eher beiläufigen Satz in der Pressemeldung der Polizei. Danach musste der geständige Junge “seine Fingerabdrücke bei der Polizei abgeben”.

So eine Praxis lässt aufhorchen. Auch wenn die Aachener Polizei, wie sie selbst schreibt, dem Jungen eine “Lehre” erteilen wollte, sollte sie sich dabei an Recht und Gesetz halten. Was sie leider nicht getan hat, denn die Abnahme der Fingerabdrücke war offensichtlich nicht zulässig.

Kinder unter 14 Jahren dürfen für die Zwecke des Strafverfahrens grundsätzlich nicht erkennungsdienstlich behandelt werden. Sie sind nämlich strafunmündig. Deshalb können Sie keine “Beschuldigten” sein. Laut Strafprozessordnung dürfen aber nur Beschuldigte zu Fingerabdrücken gezwungen werden. Kinder scheiden somit als Adressaten solcher Maßnahmen aus.

Auch nach dem Polizeigesetz, im Rahmen der Verbrechensvorbeugung, ist es nicht so einfach möglich, Kindern Fingerabdrücke zu nehmen. Hier muss eine umfassende Abwägung stattfinden, und die Verhältnismäßigkeit ist in besonderem Maße zu wahren. Außerdem können Betroffene Rechtsmittel einlegen. Dass im Aachener Fall die rechtlichen Voraussetzungen vorlagen und überdies ein “Sofortvollzug” erforderlich war, ist schwer vorstellbar.

Aber es ergibt sich ja schon aus dem Text, dass die Polizei pädagogisch motiviert war. Das mag zwar gut gemeint sein, hinterlässt aber einen faden Beigeschmack. Immerhin lassen sich Spielregeln nur schlecht im Bewusstsein der Menschen verankern, wenn sich ausgerechnet der Schiedsrichter ihnen nicht verpflichtet fühlt.

Schufa online – eine Kostenfalle im Internet?

Jeder Bürger kann bei Auskunfteien, Adresshändlern und anderen gewerblichen Datendiensten Auskunft verlangen, welche Daten über ihn gespeichert sind. Eine Auskunft muss überdies pro Jahr kostenlos sein. Die Verbraucherzentrale Sachsen kritisiert nun einen der größten Dienste dieser Art, die Schufa. Das Unternehmen soll nach Kräften dafür sorgen, dass Kunden für die Auskunft bezahlen. 

Die Verbraucherzentrale Sachsen erhält nach eigenen Angaben immer wieder Beschwerden darüber, dass auf der Webseite der Schufa keine kostenfreie Auskunft zu finden sei. Vielmehr sollen Interessierte 18,50 Euro für die Informationen bezahlen.

"Die Kritik ist berechtigt, die Schufa versteckt auf ihrer Internetseite das kostenfreie Angebot sehr gut", sagt Andrea Heyer, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Sachsen.  Demgegenüber werde Verbrauchern das kostenpflichtige Angebot regelrecht "aufgeschwatzt".

Zuerst stoße der Interessierte nämlich auf die Schufa-Bonitätsauskunft und die Schufa-Auskunft online. "Da entsteht beim Leser oft der irrtümliche Eindruck, dass er an dieser Stelle richtig ist", weiß Heyer. Doch bei den Angeboten handele es sich um die kostenpflichtigen, über die gesetzliche Regelung hinaus gehenden Auskünfte.

Die kostenfreie Auskunft verberge sich bei der Schufa hinter der sperrigen Bezeichnung "Datenübersicht nach § 34 Bundesdatenschutzgesetz". Sie sei erst über mehrere Klicks unter dem Button "Auskünfte" oder "Produkte" zu finden.

Gerade mit Blick auf die Diskussion um Kostenfallen im Internet rät die Verbraucherzentrale Sachsen der Schufa, die Internetspräsenz möglichst schnell umzugestalten. Verbraucher, die sich wegen der Intransparenz in die Irre geleitet fühlen, können sich beim Schufa-Ombudsmann beschweren.

“Dann lauf ich Amok”

Das Landgericht Aachen zeigt Augenmaß bei einem heiklen Thema. Es sprach heute einen Schüler frei, der auf Facebook folgendes in seine Timeline gepostet hatte:

Leute die ich so gar nicht leiden kann, haben Facebook – wenn die mir Freundschaftsanfragen schicken, lauf ich Amok.

Das Amtsgericht hatte den Post noch als ernstzunehmende Morddrohung gewertet. Es verurteilte den Schüler wegen Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten. Das ist leider eine gängige Sicht von Gerichten, die regelmäßig bei solchen Äußerungen keinen Spaß verstehen – im wahrsten Sinne des Wortes. Umso erfreulicher, dass sich das Landgericht Aachen zu einer differenzierten Sicht der Dinge durchringt.

Schon der Wortlaut des Textes spricht ja eher für eine jugendtypische Formulierung, mit der sich keine Gewaltpläne verbinden. Immerhin geht es ja “nur” um Freundschaftsanfragen auf Facebook, nicht um die Zerstörung der Welt.

Ein weiterer, oft nicht beachteter Aspekt ist die Frage, ob die Ankündigung wirklich geeignet war, den öffentlichen Frieden zu stören. Dazu muss sie nämlich nennenswerte Teile der Bevölkerung erreichen. Bei 40 Facebook-Freunden, die der Schüler hatte, kann davon keine Rede sein. Auch dieser Umstand wird oft sehenden Auges ignoriert, um die im Ergebnis gewünschte Disziplinierung durchzusetzen.

Ich freue mich für den Kollegen Jens Ferner, dessen Kanzlei den Freispruch erreichen konnte. Ich bin letztes Jahr in einem vergleichbaren Fall beim Oberlandesgericht München auf taube Ohren gestoßen. Die bayerischen Richter hatten für meine Revision nur Unverständnis übrig. Für sie war alles sonnenklar. Deshalb freue ich mich über das Urteil aus Aachen, weil meine Argumente ja anscheinend doch nicht so hanebüchen waren.

Meinem Mandanten, der sich eine Verfassungsbeschwerde nicht leisten konnte, hilft das alles aber nicht mehr. Er ist jetzt vorbestraft. 

Eine Wasserrechnung für Facebook

Facebook geht aktuell gegen Nutzer vor, die möglicherweise nicht ihren echten Namen verwenden. Das Profil wird dann schon mal gesperrt. Eine erneute Freischaltung macht Facebook davon abhängig, dass der Nutzer eine Ausweiskopie oder andere aussagekräftige Unterlagen hochlädt.

Facebook formuliert den Wunsch so:

Bitte lade eine Kopie deines amtlichen Lichtbildausweises hoch,
damit wir bestätigen können, dass dies dein echter Name ist. In
unseren Ausweis-Richtlinien erfährst du mehr darüber, warum wir eine
Kopie deines Ausweises benötigen und welche Arten von Ausweisen wir
akzeptieren.

Laut den Ausweisrichtlinien muss sich der Nutzer nicht unbedingt mit seinem Personalausweis legitimieren. Facebook begnügt sich auch mit anderen Dokumenten wie Studenten-, Arbeits- oder Büchereiausweis und wohl auch dem Führerschein.

Man kann natürlich lange darüber streiten, ob Facebook überhaupt solche Dokumente anfordern darf, nur um den “echten Namen” des Nutzers zu verifizieren. Erst mal spricht natürlich nichts dagegen, dass sich ein Vertragspartner darüber vergewissert, mit wem er es tatsächlich zu tun hat. Andererseits sind Ausweiskopien nichts, was in die falschen Hände geraten sollte. Es stellt sich also zumindest die Frage, ob Facebooks Ansinnen dem Nutzer zumutbar ist. Das kann man, wie immer, so oder anders sehen. Allerdings ist die Diskussion eher müßig, da Facebook jedenfalls am längeren Hebel sitzt.

Das soziale Netzwerk akzeptiert jedoch auch Alternativen zu Ausweisen. So genügt es Facebook, wenn eine Gas-, Wasser- oder Stromrechnung hochgeladen wird, aus der sich der Name des Nutzers ergibt. Da liegt der Gedanke natürlich nahe, sich so ein Schreiben selbst zu malen. Immerhin ist es unzweifelhaft schneller “gefälscht” als ein Ausweis.

Aber auch risikoloser? Ich meine nicht, denn eine fingierte Rechnung könnte durchaus den Staatsanwalt interessieren. Ein Betrug zu Lasten von Facebook liegt zwar nicht vor. Denn es kommt dem Nutzer ja nicht darauf an, sich auf Kosten von Facebook zu bereichern. Diese Absicht, einen finanziellen Vorteil zu erlangen, verlangt aber das Gesetz.

Kritischer ist die Frage, ob eine Urkundenfälschung vorliegt. Früher war in dieser Richtung die Welt noch in Ordnung. Kopien, und eine solche entsteht ja auch beim Hochladen, galten nämlich nicht als Urkunden im rechtlichen Sinn. Mit der Verbreitung von (Farb-)Kopierern ist diese Regel aber immer mehr aufgeweicht worden. Gerade die Verwendung authentisch wirkender Kopien, egal ob das “Original” nun authentisch ist oder nicht, sehen Gerichte unterer Instanzen immer häufiger als Urkundenfälschung an.

Richter folgen da weniger theoretischen Erwägungen, sondern sehen das schlicht praktisch. Sie fragen: Hat der Empfänger das Papier wie eine Urkunde zur Kenntnis genommen? Dann kann es doch keinen Unterschied machen, ob nun das Original oder eine Kopie vorgelegt wurde. Solche Gedankengänge sind durchaus unbeeindruckt von den juristischen Theorien, die in den Sphären übergeordneter Gerichte und der Wissenschaft zur Urkundenfrage gewälzt werden. Aber das ist nicht ungewöhnlich. Auch andere Fragen werden an der juristischen “Basis” robust gelöst.

Es besteht also die Möglichkeit, dass eine falsche Rechnung an die Adresse von Facebook als Urkundenfälschung gewertet wird. Allerdings muss Facebook dem Nutzer erst mal auf die Schliche kommen – und seinen echten Namen ermitteln. Außerdem wäre natürlich eine Anzeige erforderlich. Zweifelhaft, ob das soziale Netzwerk sich wirklich auf so eine Art und Weise beliebt machen will.

Aber ein Risiko bleibt, und das sollte man wissen.

Nur ein “Laptop” pro Verteidiger

In einem Großverfahren, das derzeit läuft, ist mir einer der merkwürdigsten Gerichtsbeschlüsse untergekommen, die ich jemals erlebt habe. Und ich habe in rund 18 Jahren als Strafverteidiger schon einige erlebt.

Es geht um die Frage, wie viele “Laptops” ein Rechtsanwalt im Gerichtssaal benutzen darf. Und warum ein Gericht auf die Idee kommt, diese Zahl zu beschränken. Wobei ich vorwegnehme: Die Frage nach dem warum wird nicht zufriedenstellend beantwortet. Ich fürchte, nicht mal das Gericht weiß es.

Ausgangspunkt war eigentlich die Frage, wie den zahlreichen Angeklagten der Prozessstoff vermittelt werden kann. Jeder Angeklagte hat Anspruch darauf, die gesamte Ermittlungsakte zu kennen. Die umfasst mit Sonderbänden rund 30.000 Seiten. Genau kenne ich die Zahl nicht, denn die Akte ist uns gleich in elektronischer Form zur Verfügung gestellt worden.

Freundlicherweise, darf ich sagen. Denn ab einer gewissen Menge Papier wird es ziemlich unbequem. Andererseits ist es meist nicht einfach, Untersuchungsgefangenen die Lektüre einer elektronischen Akte zu ermöglichen. Nur wenige Gefängnisse stellen “Lesegeräte” zur Verfügung. Auf jeden Fall ist das immer ein Kampf.

Doch darum geht es letztlich auch gar nicht. Die Frage war nämlich, wie die Angeklagten im Gerichtssaal in der Akte mitlesen können. Verteidiger schlugen vor, den Angeklagten ein Notebook mitbringen zu dürfen, damit diese eigenständig in der Akte lesen können. Dies lehnte das Gericht ab mit der Begründung, die Angeklagten könnten ja mit in die Notebooks der Verteidiger schauen.

So weit, so gut. Auch ich gehe nicht davon aus, dass ein inhaftierter Angeklagter Anspruch darauf hat, im Gerichtssaal einen Computer benutzen zu dürfen. Sei es nun sein eigener. Oder einer von seinem Verteidiger.

Allerdings beließ es das Gericht nicht bei seiner Ansage, sondern verkündete auch noch einen Beschluss. Inhalt: Jedem Verteidiger ist es im Gerichtssaal lediglich gestattet, einen Laptop zu verwenden. Begründung: keine.

Aus der Diskussion darüber, ob Angeklagte einen Computer nutzen dürfen, wird plötzlich eine Vorschrift für die Anwälte, wie viele Computer sie in den Gerichtssaal mitbringen dürfen. Ich habe mich mündlich über diese Anordnung beschwert, erhielt aber nur die lapidare Auskunft des Vorsitzenden, auf meinem Tisch sei ja ohnehin für höchstens einen Laptop Platz.

Unabhängig davon, dass der Tisch gar nicht so klein ist, hat die Stoßrichtung des Beschlusses für das Gericht ein gewisses Risiko. Die Regelung schränkt nämlich die Verteidigung ein. Und das, wie ich meine, ohne sachlichen Grund. Ich zum Beispiel pflege durchaus mal zwei Computer mit in den Gerichtsaal zu bringen. Nämlich dann, wenn umfangreiche Dokumente verlesen werden. Auf dem einen Bildschirm, meist ist es mein Tablet,  lese ich dann mit, mit dem zweiten Gerät kann ich ganz normal arbeiten.

Computer gehören heute auch zur selbstverständlichen Ausstattung jedes Verteidigers. Ich wüsste auch nicht, inwiefern es die Funktionsfähigkeit des Gerichts tangiert, ob ich ein oder zwei Computer verwende. Oder sogar drei, denn mein Smartphone ist ja eigentlich auch einer.

Ich habe es erwähnt: Der Beschluss, der mir die Zahl der “Laptops” vorschreibt, enthält leider keine Begründung. Sollte das Gericht damit bezwecken, dass die Angeklagten nicht “heimlich” das Zweitnotebook des Verteidigers nutzen, ist er aus meiner Sicht völlig verfehlt. Genau so gut kann ich dem Angeklagten, der dicht neben mir sitzt, mein einziges Notebook am Platz rüberschieben.

Sofern die Notebook-Nutzung durch Angeklagte verboten sein soll (obwohl sie ja laut Gericht mit reingucken dürfen), müssen das Gericht oder die Wachtmeister also so oder so gucken, ob der Angeklagte Tasten tippt oder über einen Tablet-Bildschirm wischt. Von diesen Wachtmeistern sitzen auch genug im Saal. Damit es so weit kommt, müsste ich ja auch erst mal ganz bewusst gegen den Wunsch des Gerichts verstoßen, dass Angeklagte im Saal keine Computer nutzen dürfen. Dieser Verstoß ist aber ziemlich unabhängig davon, wie viele Geräte ich habe. Denn, ich wiederhole mich, ich könnte ihm ja auch meinen einzigen Computer gebrauchen lassen. Oder mein Mobiltelefon. Oder…

Kurz gesagt: Die Einschränkung ist völlig ungeeignet, das einzig denkbare Ziel zu erreichen. Damit stellt sich noch nicht mal die Frage, ob meine Arbeitsmöglichkeiten als Verteidiger zu Gunsten des hehren Zwecks vielleicht eingeschränkt werden können.

Das alles wiederum ist schlecht für das Gericht. Ich muss mich notgedrungen an den Beschluss halten, denn ich kann ihn im laufenden Verfahren nicht anfechten. Meine Möglichkeit zur Verteidigung ist auf jeden Fall eingeschränkt, weil ich nicht so arbeiten kann, wie ich will. (Grundsätzlich habe ich als Verteidiger Anspruch darauf, dass mir das Gericht nicht in meine Methoden reinredet, so lange ich die Verhandlung nicht beeinträchtige.) Die Einschränkung ist aus meiner Sicht nicht mal ansatzweise gerechtfertigt.

Dummerweise ist die Einschränkung der Verteidigung ein absoluter Revisionsgrund. Man kann höchstens darüber streiten, ob es sich bei der Sache, wie vom Gesetz gefordert, um einen “wesentlichen Punkt” handelt. Wenn man sinnlose Gängelei durch Gerichte ablehnt, wird man das am Ende aber wohl kaum verneinen können. Die Folge wäre einfach: Ein Mammutprozess darf komplett wiederholt werden.

Zwang, kostenpflichtig

Die bayerische Polizei lässt sich dafür bezahlen, dass sie dich festnimmt. Aus einem Schreiben des Polizeipräsidiums Oberfranken:

Für die Anwendung unmittelbaren Zwangs anlässlich der Gewahrsamsnahme am 04.08.2012, gg. 0.00 Uhr, in B., sind von Ihnen gem. Art. 58 Abs. 3, Art. 76 Polizeiaufgabengesetz, § 1 Nr.  6, § 2 Polizeikostenverordnung und Art. 10 Abs. 1 Nrn. 1 und 5 Kostengesetz folgende Kosten zu entrichten:

Gebühr                                                          48,00 €

Diensthandlung war laut Schreiben die “Verbringung zum Dienst-Pkw mittels Fesselung”. Möglicherweise, entnehme ich dem Scheiben, wäre das an sich noch gratis gewesen. Aber mein Mandant, aufgebracht über die vorhergehende Behandlung, für die er aber wohl kein Geld von der Polizei bekommt, soll doch tatsächlich versucht haben, nach einem Polizisten zu treten.

Der Tritt ging glücklicherweise ins Leere, löste aber, so die Sachbearbeiterin Frau R., nun endgültig und unvermeidbar “unmittelbaren Zwang” seitens der Beamten aus. Dieser Zwang ist aber nun mal kostenpflichtig “gem. Art. 58 Abs. 3 PAG”.

In dieser krampfhaften Ernsthaftigkeit artikuliert sich der fürsorgende Staat, wie er wohl für uns alle dämmert. In kleinen Dingen zeigt er schon mal sein Gesicht.

Alle Daten

Heute mal wieder eine Leserfrage, die sicher auch andere interessiert:

Ich habe da gerade ein Problem mit meinem ehemaligen Hoster. Habe gleichzeitig zu meiner Kündigung eine Selbstauskunft meiner Daten angefordert. Die Antwort des Hosters ist kurz: "Alle Daten wie wir über Sie gespeichert haben können Sie im KC [Kundencenter] einsehen."

Wie man sich vorstellen kann, hat ein Kundencenter nicht viel. Anschrift, Name. Wenn es hochkommt noch einige Rechnungen und das Produkt (Serverberzeichnung, Webhostingaccount). Reichen diese Angaben wirklich? Sind Tickets aus dem Ticketsystem nicht auch davon betroffen?

Fehlen da nicht noch Daten?  Wie kann ich überprüfen, ob so eine Auskunft wirklich komplett ist?

Ideen und Anregungen dürfen gern in die Kommentare gepostet werden.

Vollmachts-Tricks

Es kommt schon mal vor, dass alle da sind. Gericht. Staatsanwalt. Verteidiger. Nur der Angeklagte fehlt. Gerade im Strafbefehlsverfahren kann dies misslich sein. Das Gericht darf den Einspruch gegen den Strafbefehl nämlich ohne Sachprüfung verwerfen, wenn der Angeklagte nicht oder nicht rechtzeitig erscheint.

Spätestens nach Ablauf einer Viertelstunde wird von dieser Möglichkeit auch gern Gebrauch gemacht. Allerdings ist ein Anwalt in dieser Situation nicht chancenlos, selbst wenn er keinen blassen Schimmer hat, warum der Mandant nicht auftaucht. Eine Möglichkeit ist die besondere Vertretungsvollmacht. Hat der Mandant so ein Papier unterschrieben, muss das Gericht auch ohne ihn verhandeln. (Oder halt vertagen, wenn es den Angeklagten unbedingt persönlich sehen will.)

Was aber, wenn so eine Vollmacht nicht vorhanden ist? Ich hab’s schon erlebt, dass Anwälte es in dieser Situation schulterzuckend hinnehmen, dass der Einspruch gegen den Strafbefehl verworfen wird. Was das Urteil zementiert, so dass sich in der Sache kaum noch was erreichen lässt. Dabei ist die Lösung ziemlich einfach: Man stellt sich als Verteidiger einfach selbst eine Vollmacht im Namen des Mandanten aus. Unterschrift, fertig.

Hört sich seltsam an, ist aber völlig legal. Die Vollmacht muss zwar schriftlich vorgelegt werden. Allerdings steht nirgends, dass eine Vollmacht tatsächlich eigenhändig vom Vollmachtgeber ausgestellt werden muss. Die Vollmacht kann vielmehr auch mündlich erteilt werden. Ist der Anwalt also von seinem Mandanten entsprechend beauftragt, kann er diese formlose Vollmacht persönlich zu Papier bringen.

Das Oberlandesgericht Dresden hat aktuell einen Beschluss gefasst, in dem diese alte Weisheit bestätigt wird.

Ähnliche Grundsätze gelten übrigens auch im Zivilrecht. So ist es entgegen landläufiger Meinung weder Betrug noch Urkundenfälschung, wenn man zum Beispiel einen Kaufvertrag mit den Namen einer fremden Person unterschreibt. Aber natürlich nur, sofern der Betreffende damit einverstanden ist. 

Links 780

„Die Funkzellenabfrage ist ein Lehrbuchbeispiel für die bei Strafverfolgern inzwischen übliche Methode, neue Befugnisse, die durch die Weiterentwicklung von Technologie möglich geworden sind, in Paragraphen hineinzuinterpretieren, deren Zweck niemals eine Massenerfassung der sozialen Aktivitäten von Menschen war“

„Gesunde Familien“

Soest: Polizei hat Zeit für privaten Massen-DNA-Test

Fünf Fragen zum Leistungsschutzrecht

Einstweilige Anordnung auf Rufnummernportierung

Das Aus der Glühlampe rückt immer näher

Schulweg ist 17 Meter zu kurz

Anwälte stoppen Internetpranger

Die Regensburger Anwaltskanzel Urmann + Collegen wird vorerst keine mutmaßlichen Filesharing-Sünder an den Internetpranger stellen. Die Rechtsanwälte erklärten heute, sie würden ihren “Porno-Pranger” zunächst nicht verwirklichen.

Das geschieht allerdings nicht ganz freiwillig. Nachdem gestern schon das Landgericht Essen eine einstweilige Verfügung gegen Urmann + Collegen erließ, zog heute das Amtsgericht Regensburg nach und untersagte es den Anwälten, Namen und Adresse eines Abgemahnten zu veröffentlichen.

Außerdem hat das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht der Kanzlei die Namensliste untersagt, berichtet regensburg-digital. Urmann + Collegen kündigen an, für ihre vermeintlichen Rechte juristisch zu kämpfen. Man werde keinesfalls die Beschneidung der eigenen Grundrechte hinnehmen.

Früherer Beitrag im law blog

Ohrlöcher für Kinder – Körperverletzung?

In Berlin erhält ein dreijähriges Mädchen 70 Euro Schmerzensgeld von einem Tattoo-Studio. Dem Kind waren Ohrlöcher gestochen worden, die aber nicht an der richtigen Stelle gewesen sein sollen. Außerdem soll das Mädchen Schmerzen gehabt haben.

Der vordergründige “Sieg”, vor Gericht wurde ein Vergleich geschlossen, könnte aber für die Eltern des Kindes noch nachteilige Konsequenzen haben. Ebenso für das Tattoo-Studio. Der Richter am Amtsgericht Berlin-Lichtenberg will die Akte nämlich an die Staatsanwaltschaft schicken. Diese soll prüfen, ob sich Eltern oder Ohrlochstecher wegen Körperverletzung strafbar gemacht haben.

Der Richter bezweifelt, dass die Eltern einer Dreijährigen dem Wohl des Kindes dienen, wenn sie so eine Behandlung zulassen. Das Mädchen soll sich die Ohrlöcher zum Geburtstag gewünscht haben. Ebenso ist natürlich die Frage, wieso ein Tattoo-Studio so jungen Menschen Ohrlöcher sticht.

Der Verband der Kinder- und Jugendärzte fordert bereits, das Mindestalter für derartige kosmetische Eingriffe auf 14 Jahre festzusetzen. Bei Piercings komme sogar noch eine höhere Altersgrenze in Betracht.

Der Fall weist auch Parallelen zum Beschneidungs-Urteil des Kölner Landgerichts auf. Die Kölner Richter haben Beschneidungen von Jungen für strafbar erklärt, sofern sie nicht medizinisch notwendig sind. Der wichtigste Unterschied ist, dass Ohrlochstechen für die Optik passiert, Beschneidungen aber meist einen religiösen Grund haben.

Ob nun die Schönheit und/oder der Glaube solche Eingriffe rechtfertigen können, ist Gegenstand der laufenden Debatte. Im letzteren Fall halte ich es – wie etwa die Mehrheit des Bundestages – zumindest für denkbar, im ersteren eher nicht.

Bericht des rbb

Warteschleifen werden billiger

Das Ende kostenpflichtiger Warteschleifen rückt näher. Ab morgen müssen die ersten 120 Sekunden Wartezeit bei Anrufen auf Sonderrufnummern kostenfrei sein. Dies sieht eine Übergangsregelung im Telekommunikationsgesetz vor. Mit Ende der  Übergangsregelung ab 1. Juni 2013 werden die Kosten für Warteschleifen bei Sondernummern wie 0180- oder 0900-Nummern komplett entfallen.

Lediglich bei Ortsnetzrufnummern, herkömmlichen Mobilfunkrufnummern, Sonderrufnummern mit Festpreisen und entgeltfreien Rufnummern dürfen Warteschleifen weiterhin eingesetzt werden; hier entstehen dem Anrufer ohnehin keine oder nur die “normalen” Gebühren.

In allen anderen Fällen, unter anderem bei allen Sonderrufnummern, dürfen am Juni 2013 Warteschleifen nur noch eingesetzt werden, wenn für den Anruf ein Festpreis gilt oder der Anruf für die Dauer der Warteschleife kostenfrei ist. Die Neuregelung gilt sowohl für Telefonate aus dem Festnetz als auch aus dem Mobilfunknetz.

Nachtrag: Laut Tagesschau hat das Gesetz große Lücken