Auf die Liste

Im neuen Jahr ändert sich einiges im Bereich der Strafverteidigung. Für Beschuldigte, gegen die Untersuchungshaft angeordnet wird, gibt es eine wichtige Verbesserung. Sie müssen möglichst sofort anwaltlich vertreten sein. Haben sie keinen Anwalt, wird ihnen ein Pflichtverteidiger bestellt. Bisher musste ein Pflichtverteidiger erst beigeordnet werden, wenn der Beschuldigte länger als drei Monate in Untersuchungshaft saß.

Die Rechtsanwaltskammer Düsseldorf erstellt eine Liste „williger“ Anwälte, die auch außerhalb der Bürozeiten ansprechbar sein sollen. Ich lasse mich eintragen. Mal sehen, ob und wie oft ich rausgeklingelt werde, wenn mich ein Beschuldigter auswählt. Ich hoffe jedenfalls, dass es so fair zugeht, erst mal den Beschuldigten in die Liste gucken und Vorschläge machen zu lassen.

Gegen die Benennung durch einen Richter oder Staatsanwalt würde ich mich natürlich auch nicht wehren. Allerdings bevorzugen diese Kreise seit jeher eher weichgespülte Anwälte. Von einem Richter oder Staatsanwalt regelmäßig als Gegner geradezu angefordert zu werden, würde mich jedenfalls etwas an meinen Qualitäten als Strafverteidiger zweifeln lassen.

Letzte Chance jetzt

Das Inkassobüro accumio verwendet im Briefkopf seiner Mahnungen den fettgedruckten Slogan:

Aktives Inkassounternehmen mit bundesweitem Außendienst

Es ist für den Schuldner, ob nun echt oder vermeintlich, natürlich beruhigend, dass er künftig nicht nur mit Formschreiben bombardiert wird. Sondern dass accumio einen funktionierenden Außendienst hat. So ein Außendienst ist eine feine Sache. Da fühlt man sich als Schuldner gleich besser betreut. Denn nichts geht über einen persönlichen Ansprechpartner vor Ort, so lange er nicht Mitglied der Bandidos ist. Durch Kompetenz und Hilfsbereitschaft kann auch das weitere, überraschend uneigennützige Motto accumios weitaus effektiver umgesetzt werden:

aktiv schuldenfrei

Ich werde meinem Mandanten empfehlen, sich mal jemanden von accumio nach Hause kommen zu lassen mit der Bitte um beherzte Hilfestellung für ein schuldenfreies Leben.

Den Herrn oder der Dame kann er sodann erst mal voller Dankbarkeit und mit Tränen in den Augen umarmen. Dann gibt es vielleicht Gelegenheit zur Frage, ob angesichts der rührigen Bemühungen accumios, Menschen aktiv schuldenfrei zu machen, indem man freiwillig ihr Geld entgegennimmt, Spenden an accumio steuerlich abzugsfähig sind.

Anschließend sollte der Mandant seinem Gast aber einen Packen Papier neben die Kaffeetasse legen, denn der Gute muss ja schließlich auch noch andere von ihren Schulden befreien. Das ist oft gar nicht leicht, weil mitunter schon Katharina Saalfrank oder Peter Zwegat die kleine Sitzgruppe im Wohnzimmer blockieren und er deshalb später wieder kommen muss.

Bei dem Packen Papier handelt es sich um den Schriftwechsel, den der Mandant mit einer Mobilfunkfirma, Auftraggeberin des Inkassobüros, geführt hat. Haarklein und nachvollziehbar hat er dort belegt, dass ein Rechnungsposten einfach nicht stimmen kann. Außerdem hat er mehrfach mitgeteilt, er werde die angeblich angefallenen Telefongebühren nicht bezahlen. Klare Ansage, in der Sache absolut nachvollziehbar.

Womöglich wird der accumio-Mitarbeiter dann unschuldig gucken und sagen, wenn ich das gewusst hätte, wäre ich jetzt gar nicht hier und würde Ihren Kaffee trinken, obwohl das ein guter Kaffee ist. Schuld sind unsere Auftraggeber, die schicken immer nur die Daten und tun so, als wären alle Adressen von Leuten, die nur nicht zahlen, weil sie keine Lust haben und deshalb einen kleinen Stubs benötigen. Dabei haben Sie doch recht. Dass Sie diese Telefongebühren nicht zahlen müssen, kann sogar ich verstehen, und das will was heißen.

Der Außendienstler wird sich also womöglich kleinlaut verabschieden, die Kopien der Korrespondenz einpacken und seinen Chef fragen, warum Auftraggeber von Inkassobüros eigentlich nicht begreifen, dass man mit Inkassobüros, die sich an die Gesetze halten und deshalb nicht nicht mit bösen Kerlen zusammenarbeiten, nichts reißen kann, sofern Kunden schon vorher ausdrücklich die Zahlung verweigern.

Diese Frage wird der Chef womöglich wiederum an seinen Chef weitergeben, der näher am Kunden sitzt. Letzterer wird womöglich lachen und sagen, so ist es nun mal. Und jetzt sorgen wir bitte ganz schnell dafür, dass der betreffende Kunde auch morgen was von uns im Briefkasten findet. Am besten eine quasi individuelle Stellungnahme. Nehmen wir unseren größten Trumpf, den Textbaustein A 74:

Sie verlieren durch Mahnverfahren und Zwangsvollstreckung zusätzlich viel Geld. Es liegt nun bei Ihnen, aktiv zu werden. Ersparen Sie sich diesen Verlust und nutzen Sie Ihre letzte Chance jetzt!

Spätestens da ist noch jeder durchgedreht und hat gezahlt. Einfach, um aktiv schuldenfrei zu werden und – Ruhe vor uns zu haben.

Gewisse Kreise

Mit dem Staatsanwalt in einer etwas weiter entfernten Stadt hatte ich noch nicht zu tun. Er kann also nur begrenzt etwas gegen mich haben. Deshalb fiel ich fast hintenüber, als ich folgendes Schreiben von ihm erhielt:

Es wird darum gebeten, mitzuteilen, auf welchem Wege der Beschuldigte um eine Verteidigung von dort gebeten hat.

Eigentlich hatte ich mit einer Besuchserlaubnis für meinen künftigen Mandanten Herrn N. gerechnet. Diese Besuchserlaubnis hatte ich beantragt, weil Herr N. seit einigen Tagen in Untersuchungshaft sitzt und, wie aus aussieht, wohl von mir verteidigt werden möchte.

Ich rief also den Staatsanwalt an und sagte ihm kurz und knapp, wie es ist. Herr N. hat mir über einen Angehörigen ausrichten lassen, dass er mit mir darüber sprechen möchte, ob ich seine Verteidigung übernehme. Ich möchte also ein sogenanntes Anbahnungsgespräch über ein Mandat mit ihm führen. Was angesichts der Umstände nur möglich ist, wenn ich eine Besuchserlaubnis bekomme.

Der Staatsanwalt bohrte, aber mehr sagte ich nicht. Er meinte, er müsse sicherstellen, dass ich keine Mitbeschuldigten vertrete. Darauf konnte ich nur erwidern, als Verantwortlicher für die Ermittlungen könne er doch am besten übersehen, ob ich schon für einen Mitbeschuldigten tätig sei. Was, wie er einräumen musste, offensichtlich nicht der Fall ist. Tolles Argument, also.

Was er in Wirklichkeit meinte, war natürlich, dass mir das Mandat N. möglicherweise von „gewissen Kreisen“ angetragen worden sein könnte. Ich fragte zurück, ob, wenn man das mal als richtig unterstellt, damit der Verdacht verbunden wird, ich würde mit diesen „Kreisen“ irgendwelche krummen Dinger drehen und meine Tätigkeit als Verteidiger nicht auf meine Mandanten ausrichten. Oder anders gefragt: Seit wann maßt sich die Staatsanwaltschaft an, einen Beschuldigten bei der Wahl seines Verteidigers zu „schützen“?

Irgendwie wollte sich der Staatsanwalt aber doch nicht darauf festlegen, dass ich ein Böser bin. Ich solle das nicht persönlich nehmen, wiegelte er ab. Was mich wiederum zu der Frage bewegte, ob er das grundsätzlich so macht und wie groß der Prozentsatz der Strafverteidiger in seinem Bezirk ist, die permanent so auf sich rumtrampeln lassen.

Schließlich trat der seltene Fall ein, dass ich mich meine Rolle als „Organ der Rechtspflege“ bemühte. Und für mich in Anspruch nahm, dass ich als Strafverteidiger einen Anspruch darauf habe, zu Anbahnungsgesprächen in Justizvollzugsanstalten vorgelassen zu werden. Ebenso wie Beschuldigte einen Anspruch darauf haben, sich auch im Gefängnis einen Verteidiger auszusuchen. Wobei letzteres sicher noch wichtiger ist als mein bescheidenes Anliegen, meinen Beruf ausüben zu können.

Es sei denn natürlich, sagte ich von mir aus in freiem Zitat der einschlägigen Kommentare zur Strafprozessordnung, es liegen tatsächliche Anhaltspunkte vor, die auf einen Missbrauch durch mich schließen lassen. Antwort: siehe oben. Oder es ist so, dass Herr N. sein Recht, einen Verteidiger auszuwählen, über Gebühr strapaziert – indem er zum Beispiel täglich fünf verschiedene Anwälte antanzen lässt (und dadurch die Abläufe in der JVA behindert).

Solche Anhaltspunkte, das musste der Staatsanwalt einräumen, gibt es nicht. (Tonfall: noch nicht!) Ich war nun ohnehin nahe dran, nach seinem Vorgesetzten zu fragen. Oder vielleicht mal den zuständigen Ermittlungsrichter anzurufen, damit der wieder die Haftkontrolle übernimmt und mir eine Besuchserlaubnis ausstellt.

An diesem Punkt ging es dann plötzlich doch. Die Besuchserlaubnis soll kommen. Da ein Fax bei der betreffenden Justizvollzugsanstalt nicht akzeptiert wird und ich ein Original benötige, wird es aber wohl nichts mehr mit dem an sich für morgen geplanten Besuch.

Letztlich ist der Inhaftierte Leidtragender des Geplänkels. Herr N. könnte zwei, drei Tage länger eingesperrt bleiben. Sofern ich was für ihn erreichen kann, was ja zumindest nicht auszuschließen ist.

Kalender! Kalender! Wer braucht noch Kalender?

RAK.10.JAN.sehr klein

Mit schönen Traditionen soll man nicht brechen. Deshalb verlose ich auch dieses Jahr wieder fünf Anwaltskalender des Düsseldorfer Karikaturisten wulkan. Macht sich gut am Arbeitsplatz jedes Juristen – oder Juristenfeindes. Hält das ganze Jahr 2010.

Wer einen der Kalender gewinnen will, schreibt bitte bis zum 14. Dezember 2009 zu diesem Beitrag einen Kommentar. Drei Kalender werden unter allen Einsendern verlost. Zwei Kalender gehen an die Kommentatoren, die am lustigsten begründen, warum sie unbedingt so einen Kalender haben müssen. Oder die einfach den besten Spruch zum law blog oder den Rest der Welt auf Lager haben. Mein Humor entscheidet.

Bitte eine gültige E-Mail-Adresse angeben, denn ich frage die Versandanschrift ausschließlich über diese E-Mail-Adresse ab. Die Kalender werden frei Haus an die von den Gewinnern gewünschte Adresse geliefert.

Viel Glück.

RAK10.DeckblattKLEIN

Wärter öffnete Straftätern die Türen

Ein Beamter der Justizvollzugsanstalt Aachen hat ohne sichtliche Bedrohung den beiden Straftätern Heckhoff und Michalski in die Freiheit verholfen. Das schilderte gestern NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU). Sie habe die Videoaufzeichnungen ausgewertet. Darauf sei zu sehen, dass der Beamte am vergangenen Donnerstag in der Zeit von 19.56 bis 20.03 Uhr „in unvorstellbarer Weise“ den fliehenden Gefangenen alle fünf Türen auf dem Weg von der 1. Etage über Haus 4 und das Erdgeschoss bis Haus B aufgeschlossen habe. Dann habe habe er die Gefangenen mit geladenen Waffen versorgt.

„Der hochkriminelle Bedienstete stand unter keinem Druck!“ betonte die Ministerin. Ihr fehlt zum Motiv des 40-Jährigen weiter jede Erkenntniss: „Keiner kann sich vorstellen, dass ein Beamter Gefangene befreit und ihnen Waffen besorgt“. Um solche Taten künftig auszuschließen, kündigte Müller-Piepenkkötter eine „sehr genaue Analyse“ des Personals an, mochte aber keine konkreten Einzelheiten nennen.

Am Rande verwies sie darauf, dass der Beamte wohl nicht allein gehandelt hat: „Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen weiteren Gefangenen wegen des Verdachts der Mithilfe.“ Unterdessen will Klaus Jäkel, der Landesvorsitzende des Bundes der Strafvollzugsbediensteten, der Ministerin heute einen Vorschlag machen, der solche Fluchten verhindern soll: „Im Gefängnis im belgischen Hasselt gibt es keine durchgehenden, sondern nur eingeschränkte Schließbereiche – nur für Zellen, nicht für ganze Durchgangsbereiche“.

Wäre das System in Aachen praktiziert worden, so Jäkel, hätte es die Flucht nicht geben können. (pbd)

Abmeldung ohne Anmeldung

Die Bundesregierung hatte mich ja zum IT-Gipfel eingeladen. Fand ich nett. Leider kam die Einladung so spät, dass mein Terminkalender für die Gipfeltage schon zu ist. Und zwar mit Gerichtsterminen, die ich, wenn überhaupt, nur mit größter Mühe noch hätte verlegen lassen können.

In der Einladung hatte es geheißen:

Mit Ihrem persönlichen Zugangscode BZXWXrXm können Sie sich auf der Seite www.bmwi-veranstaltungen.de zur gewünschten Veranstaltung anmelden.

Ich habe mich logischerweise nicht angemeldet. Heute kam dann eine Mail, die mich mahnte, doch bitte eine Rückmeldung zu geben. Ich drückte auf den Antwortbutton, bedankte mich für die Einladung und teilte mit, dass ich Gerichtstermine habe, die ich, wenn überhaupt nur mit größter Mühe noch verlegen könnte. Deshalb würde ich nicht zum IT-Gipfel kommen.

Die Antwort ließ nur wenige Minuten auf sich warten:

Sehr geehrte Herr Vetter,

wir bedauern, dass Sie nicht zum Vierten Nationalen IT Gipfel kommen können. Bitte melden Sie sich dennoch mit ihrem persönlichen Anmeldecode von der Veranstaltung ab.

Mit den besten Grüßen
Ihr BMWi – Organisationsteam

Bleibt nur die Frage: Wieso muss ich mich von einer Veranstaltung abmelden, zu der ich mich gar nicht angemeldet habe?

Heinos Konzertversicherung muss nicht zahlen

Der 70-jährige Heinz Georg Kramm, besser bekannt als Heino, hat seine Versicherung arglistig getäuscht. Das hat gestern die 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln entschieden. In dem Urteil heisst es, Heino habe vor gut zwei Jahren in einer Gesundheitserklärung verschwiegen, dass er an Tinnitus erkrankt war und ein bestimmtes Medikament nahm.

Als der Barde deswegen zwei Monate später eine Tournee absagte, sollte die Gothaer Allgemeine Versicherung AG in Köln für den Ausfall aufkommen. Die weigerte sich und wurde letztlich vergeblich von der Kult Musik GmbH (Hamburg) verklagt, deren Mitgesellschafter Heino ist.

Er und die Gesellschaft bleiben nach dem Urteil auf 3.625.000 Euro sitzen (AZ: 20 O 189/08). Das Gericht hatte in seiner Beweisaufnahme Heino, seine Ehefrau und – unter Ausschluss der Öffentlichkeit – seine Hausärztin als Zeugen vernommen. Danach kam die Kammer zu der Überzeugung, dass Heino „bereits seit vielen Jahren an Tinnitus leidet“, also diese Vorerkrankung in der Gesundheitserklärung verschwiegen worden ist. Das Gleiche gilt für die Einnahme eines verschreibungspflichtigen Medikaments.

Das Urtel ist nicht rechtskräftig. Binnen einen Monats ist die Berufung beim Oberlandesgericht Köln möglich. (pbd)

Die gute alte Zeit

Einige Anwaltskollegen träumen noch von den alten Zeiten. Als sie am Oberlandesgericht zugelassen waren und ihren Lebensunterhalt mit Berufungen verdienten. Das war gemütlich, denn man war abgeschottet von quengeligen Mandaten. Die Aufträge kamen ja meist von den Kollegen, die – nur – am Landgericht zugelassen waren. Lukrativ war die Sache auch, denn ans Oberlandesgericht kamen nur die besseren Streitwerte.

Einige Kollegen träumen nicht nur von den alten Zeiten. Sie tun es sogar öffentlich. Wie die beiden Seniorpartner einer Kanzlei in Düsseldorf. Auf dem Briefkopf steht hinter ihrem Namen seit jeher ein *. In der Legende heißt es dort noch heute:

*OLG Düsseldorf

Das ist wirklich niedlich. Denn schon seit Mitte 2007 sind auch die letzten Zulassungshürden gefallen. Heute kann jeder deutsche Rechtsanwalt an allen Amts- und Landgerichten auftreten. Und an jedem Oberlandesgericht. In der Tat gibt es in allen Gerichtszweigen nur noch eine einzige Zugangshürde – das ist der Bundesgerichtshof in Zivilsachen. Etwas, das die Kollegen offensichtlich noch nicht gekräckert haben.

Manche Gerichte sehen in solchen Angaben einen Wettbewerbsverstoß und verdonnern die Altvorderen zur Unterlassung. Mir ist es egal. Aber dass die betreffenden Anwälte bislang nicht an einen Kollegen geraten sind, der sie kurzerhand verklagt hat, spricht für deutlich weniger Mandate als in der guten alten Zeit.

Massenabmahner im Zwielicht

Derzeit gibt es ein hektisches Hin und Her zwischen Abmahnanwälten, Abmahnwälte-Gegnern, von Abmahnanwälten beauftragten Rechtsanwälten und eingeschalteten Gerichten. Wer hierbei den Überblick zu verlieren droht, dem empfehle ich eine aktuelle Zusammenfassung auf Telepolis.

Unter dem Titel Massenabmahner im Zwielicht gibt Markus Kompa, übrigens auch ein Anwalt, den aktuellen Stand wieder. Das ist sogar unterhaltsam, etwa wenn Kompa über den Schreibstil eines von einem Abmahnanwalt eingeschalteten Anwalts befindet:

Auch der vehementen Beteuerung, Stadler verbreite die Unwahrheit, wollte S. mit einem Doppel-Ausrufezeichen Gewicht verleihen. Vom Einsatz von Großbuchstaben, farbiger Schrift und graphischer Illustrierung des Fegefeuers hatte S. gerade noch absehen können.

Schriftlicher Antrag

Die Staatsanwaltschaft Paderborn verschickt Besuchserlaubnisse für Verteidiger ausschließlich auf schriftlichen Antrag. So hat es mir eine Mitarbeiterin gerade erklärt. Den Antrag kann man immerhin auch per Fax stellen, was natürlich schon sehr modern ist und auch Zeit spart.

Bei den meisten anderen Staatsanwaltschaften, aber auch bei fast allen Ermittlungsrichtern wird das anders gehandhabt. Dort reicht der Anruf, den man als neuer Verteidiger ja ohnehin fast immer macht. Irgendwas ist stets unbekannt. Zum Beispiel das Aktenzeichen. Oder die JVA, in welcher der Mandant eingesperrt wurde. Man hinterlässt bei der Gelegenheit kurz Namen und Adresse. Dann wird die Besuchserlaubnis, sofern sie erteilt wird, geschrieben und zugeschickt. Oder man kann sich die Erlaubnis abholen, wenn der Weg nicht zu weit ist.

Das Paderborner Konzept ist mir nur das zweitliebste.

Vergütung, Vorschuss oder was?

Die Ex-Mandantin klang bestimmt. „Sie haben gesagt, ich kriege meine 50 Euro zurück, wenn es nicht zum Prozess kommt.“ Äh, ja. Wie sich herausstellte, war die Dame vor zweieinhalb Jahren hier. Ich habe sie beraten. Sie hat 50 Euro bezahlt, die sie jetzt zurückverlangt.

Mir fehlt, ehrlich gesagt, die Erinnerung an das Gespräch. Aber das, was mir die frühere Mandantin erzählte, klang seltsam. Sie sei mit ihrem Sohn (Zeuge!) hier gewesen. Ich hätte sie beraten und dann gesagt, die Beratung koste nichts. Sie habe daraufhin von sich aus 50 Euro bezahlt. Ich hätte das Geld angenommen und ihr erklärt, dass sie ihre 50 Euro wieder kriegt, wenn ich nicht mehr tätig werde.

Ich bin nicht hartherzig, aber zu einem meiner Prinzipien gehört, dass ich nur in Ausnahmefällen kostenlos arbeite. Zu meinem Beruf gehört auch juristische Beratung. Somit gibt es Beratung nur in begründeten Fällen kostenlos. Schon daran scheitert für mich die Geschichte. Wenn ich sie beraten habe und sie 50 Euro bezahlt hat, war das mit Sicherheit Honorar für die Beratung. Das ich kostenlose Beratung eher restriktiv handhabe, müsste ich mich überdies an die Frau erinnern.

Entscheidend ist aber, dass ich keine kostenlose Beratung durchführe, mir dann aber trotzdem 50 Euro aufdrängen lasse. Das wäre dann ja wohl allenfalls unter „Kostenvorschuss“ einzuordnen. Aber ich habe noch nie 50 Euro Kostenvorschuss gefordert. Das weiß ich nun sicher, denn 50 Euro Kostenvorschuss sind, auch der Kostenstruktur einer Anwaltskanzlei geschuldet, ein Witz. Gerade in einer Ausländersache, um die es hier wohl ging.

Meiner Sekretärin hat die Dame am Telefon dann auch noch was anderes erzählt. Ihr sagte sie, ich hätte gesagt, sie bekomme „einen Teil“ der 50 Euro zurück, wenn die Sache nicht weiter geht. Der Umstand, dass sich der Sachverhalt vom Vorgespräch im Sekretariat bis zum Durchstellen in mein Büro schon mal grundlegend ändert, lässt mich wirklich nicht mehr daran zweifeln, schlicht angelogen zu werden.

Auch um die Sache abzukürzen, habe ich der Ex-Mandantin gesagt, sie soll mich auf die 50 Euro verklagen. Bin mal gespannt, ob sie einen Anwalt hierfür findet. Wenn ja, ist er hoffentlich gewarnt und lässt sich gleich alles schriftlich geben.

Händler kassieren kräftig beim Versand

Extreme und damit auch ärgerliche Unterschiede gibt es bei Versandkosten, wenn Weihnachtsgeschenke im Internet bestellt werden: „Die Händler versenden gleichartige Waren zu höchst unterschiedlichen Preisen“, berichtet jetzt die nordrhein-westfälische Verbraucherzentrale, nachdem sie 100 Online-Shops überprüft hat.

Während fünf Unternehmen Flachbildschirme im Ausmaß von 42 Zoll für vergleichsweise geringe 5,90 Euro bis zehn Euro lieferten, nahmen die meisten anderen bis zu 65,00 Euro dafür. Bei Paketdiensten liegt der Durchschnittspreis für solche Sendungen bei 37,90 Euro. Drastische Differenzen machten die Verbraucherschützer bei Versandkosten federleichter Speicherkarten aus: Online-Shops wollten bis zu 8,95 Euro kassieren.

Wieder anders wurde der Versand von Tischrechnern kalkuliert. Kein Händler im Test, berichtet die Verbraucherzentrale, mochte hier auf Erstattung der Paket-Auslagen verzichten. Bei Versandkosten zwischen 3,56 Euro und 8,95 Euro lag der Schnitt bei fast sechs Euro: „Bisweilen überstieg das den Produktpreis.“

Nicht jeder Shop, der mit Versandkostenfreiheit wirbt, verschickt wirklich gratis. Iwona Gromek, Juristin von der Verbraucherzentrale NRW weiß, welche Kosten die Online-Shops ihren Kunden überhaupt in Rechnung stellen dürfen. Dazu zählen die Portokosten inklusive eventueller Versandversicherungen, die Kosten für Verpackungsmaterial sowie „in angemessenem Rahmen“ der Aufwand für die Verpackungsarbeit.

Verboten sei es dagegen, die Versandkosten in den AGB zu verstecken, sie nur vage oder als undurchschaubare „Klassen“´anzugeben. (pbd)

Warten auf Bestätigung

Am 11. November habe ich unsere Autoversicherungen bei der Victoria gekündigt. Nicht so sehr wegen der Tarife, obwohl die schon auf Apothekenniveau zu liegen scheinen. Vielmehr gab es ziemlichen Ärger mit einem Vertrag. Hatte bisher alle drei Jahre bei der Zulassung neuer Wagen durch das Autohaus alles problemlos geklappt, schafften es neue Vertreter, die plötzlich für uns zuständig waren, beim letzten Wagen meiner Kollegin nicht, die vorläufige Deckung in eine ordentliche Police umzuwandeln.

Ohne jede Vorwarnung flatterte die Stilllegungsverfügung des Straßenverkehrsamtes ins Büro. Nach zwei Tagen, etlichen Telefonaten und einigen deutlichen Worten, dass wir den Antrag abgeschickt hatten und für den Fall, dass dieser nicht angekommen ist, man uns ja mal hätte erinnern können, war das Auto zwar wieder zugelassen und die Victoria übernahm alle Kosten. Aber der Frust über so einen miserablen Kundenservice blieb natürlich.

Die Kündigungen vom 11. November schickte ich nun mit einfacher Post. Einfach mit dem Gedanken, dass bis ja nicht jedes Schreiben von uns „verloren“ gehen kann und überdies bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 30. November genug Zeit sein wird, damit die Victoria die Kündigung bestätigen kann – und dies auch tun wird.

Letzteres war allerdings eine vergebliche Hoffnung. Keine Kündigungsbestätigung. Auch nicht in der Samstagspost. Ich hatte schon überlegt, ob ich die Kündigungen morgen persönlich in dem Laden vorbei bringe und dem Pförtner einen Eingangsstempel abringe. Oder, falls der nicht will, irgendeinen Stromberg ins Foyer zitieren lasse. Die Regionaldirektion ist zum Glück gleich um die Ecke.

Ist allerdings unnötig, fiel mir vorhin auf. Denn vor einigen Tagen, am 25. November, kam ja Post von der Victoria. Wenn auch in anderer Sache. Ohne unsere Kündigungen auch nur zu erwähnen, teilte die Versicherung mit, dass sich die Beiträge durch Änderungen in den Regional- und Typklassen im nächsten Jahr saftig erhöhen.

Ansonsten ein Ärgernis, aber in dieser Situation doch eine erfreuliche Nachricht. Die Beitragserhöhung gibt nämlich ein gesondertes Kündigungsrecht. Innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung darf, zusätzlich zum regelmäßigen Kündigungsrecht am 30. November, ebenfalls zum Ablauf des Versicherungsjahres gekündigt werden.

Bis zum Ablauf dieses Monats habe ich dem Laden eine Kündigungsbestätigung aus dem Kreuz geleiert. Da bin ich mir sicher. Und danach: Hasta la vista, Victoria. Und zwar dauerhaft.