Beamte: Kein Anspruch auf Anonymität

Wer eine Hausdurchsuchung filmt und das Video online stellt, verletzt nicht unbedingt die Persönlichkeitsrechte von Polizisten oder Staatsanwälten. Dies stellt das Amtsgericht Rinteln in einer Entscheidung vom 31. März 2009 fest.

Vielleicht abgesehen von den Mitarbeitern der Geheimdienste hätten Staatsdiener keinen grundsätzlichen Anspruch, ihre Arbeit „anonym und unerkannt“ zu verrichten. Aus dem Urteil:

Im übrigen hat das Gericht den Angeklagten von dem Vorwurf freigesprochen, Bildnisse anderer verbreitet und öffentlich zur Schau gestellt zu haben, indem er das Video von der Durchsuchung […] im Internet veröffentlichte.

Was das Video von der Durchsuchung und dabei die Abbildung der betroffenen Polizeibeamten angeht, ist das Tun des Angeklagten aus § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUrhG gerechtfertigt.

Insoweit muss generell überhaupt erst einmal gesehen werden, dass Beamte des Staates bei Verrichtung ihrer öffentlichen Aufgaben, abgesehen vielleicht von den Mitarbeitern der Geheimdienste, gar keinen Anspruch darauf haben, völlig anonym und unerkannt ihren Dienst zu leisten. Richter und Staatsanwälte etwa sind sogar nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verpflichtet, auf ihr Recht am eigenen Bilde zu verzichten, wenn es um ihre Darstellung im Fernsehen geht, sich diese Amtspersonen also im Gerichtssaal vor Beginn der eigentlichen Verhandlung filmen und dann im Fernsehprogramm präsentieren lassen müssen.

Teilweise drängen Richter und Staatsanwälte und/oder Polizeibeamte vor die Fernsehkameras wie etwa im Fall der Hausdurchsuchung und vorläufigen Festnahme des Postmanagers Zumwinkel, der im Verfahren wegen Steuerhinterziehung anlässlich der Durchsuchung seines Privathauses vor laufenden Kameras vorläufig festgenommen und abgeführt wurde, wobei der Tip hinsichtlich dieser bevorstehenden Aktion an die Medien nur aus dem Kreise der Ermittlungsbehörden kommen konnte.

Auf diesem tatsächlichen Hintergrund ist zu werten, dass es sich bei den hier abgebildeten Polizeibeamten um sog. relative Personen der Zeitgeschichte handelt, deren Abbildung gem. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUrhG gerechtfertigt ist.

Als Freibrief darf das Urteil jedoch nicht verstanden werden. Das Gericht bescheinigt dem Angeklagten nämlich ein öffentliches Interesse an der Veröffentlichung des Filmes, weil über seinen Fall schon in der Lokalpresse berichtet worden war. Dementsprechend habe es auch am Ablauf der Durchsuchung ein Informationsbedürfnis gegeben.

Quelle des Links / Urteil als PDF

Erreichbarkeit, gerichtsbekannt

Der Strafbefehl ist nicht indiskutabel, aber die Sanktion doch recht hart. Das meint auch der Richter, mit dem ich telefoniert habe. Er würde sich einer Einstellung des Verfahrens nicht widersetzen, sagte er mir höflich am Telefon.

Sehr gute Nachricht. Jetzt geht es nur noch darum, wer die Staatsanwaltschaft ins Boot holt. „Rufen Sie doch bitte an“, sagte der Richter. „Ich wähle mir nicht mehr die Finger wund, bis ich da mal jemanden an der Strippe habe.“

Gut, ich kümmere mich drum…

Mit Kaufhaustüren ist zu rechnen

Der Besucher eines Kaufhauses muss im Eingangsbereich mit Glastüren rechnen. Mit dieser Feststellung wies das Amtsgericht München die Klage einer Frau ab, die im Sommer unsanft von der Eingangstür eines Kaufhauses gestoppt worden war.

Das Gericht sah sich Fotos der Türen an und kam zu dem Ergebnis, das Kaufhaus habe seine Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt. Auf allen Glastüren befänden sich auffällige Metallgriffe, welche über nahezu die gesamte Türhöhe reichen. Die untere Türkante sei mit einem deutlich erkennbaren Metallrahmen eingefasst.

Darüber hinaus befände sich über der gesamten Breite der Türe ein etwa 82 cm breiter Metallrahmen mit dem Schriftzug des Kaufhauses. Zusätzlich befänden sich ein Aufkleber mit den Öffnungszeiten, ein Aufkleber mit Payback-Informationen sowie ein Aufkleber mit dem Zeichen „Rauchen verboten“ auf der Tür. Diese sei damit hinreichend kenntlich gemacht.

Laut Gericht ist auch zu berücksichtigen, dass sich die Türe nicht innerhalb eines Durchgangsbereichs im Inneren des Kaufhauses befinde, sondern erkennbar im Eingangsbereich zum Kaufhaus. Im Eingangsbereich eines Kaufhauses müsse jedoch ein verständiger Besucher mit dem Vorhandensein von Glastüren rechnen. Insgesamt hatte die Klägerin knapp 3.000 Euro Schmnerzensgeld und Schadensersatz gefordert.

AG München, Urteil vom 26.3.2009, Aktenzeichen 172 C 1190/09

Live-Gezwitscher aus dem Gerichtssaal?

Film- und Tonaufnahmen sind bei Gerichtsverhandlungen in Deutschland verboten. Aus meiner Sicht wäre es an der Zeit, dies mal zu ändern. Es würde vieles anders laufen und sich, jedenfalls im Großen und Ganzen, zum Besseren wenden, wenn Court TV Einzug in deutsche Gerichtssäle hielte.

Die Urteile würden dann nicht nur im Namen des Volkes gesprochen, sondern auch unter dessen Augen.

So lange dies nicht so weit ist, bietet sich eine andere Art der Live-Berichterstattung an. Entweder über im Gerichtssaal getippte und per UMTS gesendete Tickermeldungen oder Blogeinträge. Oder halt über dieses neumodische Twitterdings.

Ist Twittern aus dem Gerichtssaal aber überhaupt zulässig? Grundsätzlich ja, sagt Rechtsanwalt Henning Krieg in diesem interessanten Aufsatz. Twitter sei eben weder Bild-, noch Tonaufnahme. Und für eine ergänzende Auslegung des Gesetzes gebe es keinen stichhaltigen Grund.

Twittergegner auf der Richterbank könnten sich, so Krieg, aber möglicherweise trotzdem helfen – indem sie Twittern als Störung der Ordnung ansehen und es per sitzungspolizeilicher Maßnahme untersagen. Mit welchem Erfolg, müssten dann wohl die entsprechenden Beschwerdeverfahren zeigen.

Ich persönlich halte es so, dass ich nichts Kritisches über die laufende (die Betonung liegt auf laufende) Gerichtsverhandlung aus dem Gerichtssaal twittere oder blogge. Nicht aus Ehrfurcht vor dem Gericht, sondern weil es einfach unhöflich ist, damit nicht wenigstens bis zur nächsten Pause zu warten. In wirklich brisanten Fällen könnte es also anders aussehen…

kriegs-recht.de, das Blog von RA Henning Krieg

Schufa löscht schnell und ohne Diskussion

Heute mal wieder eine positive Resonanz der Schufa. Ausgangspunkt war dieses Schreiben an die Schufa:

Für unseren Mandanten beanstanden wir den Eintrag unter „sonstige Dienstleistungen“ der Firma U. Inkasso GmbH.

Für diesen Eintrag gibt es keine Rechtsgrundlage.

Wie unser Mandant von der U. Inkasso GmbH erfahren hat, soll er angeblich bei einem Kunden des Inkassobüros im Jahr 2006 übers Internet einen Vertrag abgeschlossen haben. Diesen Vertrag hat unser Mandant aber nie geschlossen. Möglicherweise hat ein Dritter sich unter seinen persönlichen Daten angemeldet. Herr K. selbst kennt den Dienstleister noch nicht einmal.

Unser Mandant hat sowohl dem angeblichen Vertragspartner als auch der U. Inkasso GmbH mehrfach mitgeteilt, dass er keine Vertragsbeziehung eingehen wollte und sich entsprechend auch im Internet nirgends angemeldet hat. Dass die Forderung unbegründet ist, ergibt sich auch daraus, dass in all den Jahren keinerlei rechtliche Schritte gegen unseren Mandanten eingeleitet worden sind.

Mangels Existenz eines Vertrages kann ein derartiger Vertrag also auch nicht an die Schufa gemeldet werden. Da es keinen Vertrag gibt, bestehen gegenüber unserem Mandanten auch keine Forderungen.

Hinzu kommt, dass nur unbestrittene bzw. titulierte Forderungen an die Schufa gemeldet werden werden dürfen. Unser Mandant hat die Forderung ständig nachdrücklich bestritten. Ein rechtskräftiger Titel gegen ihn liegt nicht vor.

Überdies ist jedwede Datenübermittlung der U. Inkasso GmbH an die Schufa bezüglich unseres Mandanten auch schon an sich rechtswidrig. Denn Herr K. hat gegenüber der U. Inkasso GmbH und auch gegenüber dem betreffenden Dienstleister, mit dem er angeblich einen Vertrag geschlossen haben soll, keinerlei persönliche Erklärungen abgegeben. Dies bedeutet aber auch, dass unser Mandant eine Schufa-Klausel nicht unterzeichnet hat.

Wir geben Ihnen Gelegenheit, den betreffenden Eintrag bis spätestens 2. November 2009 zu löschen. …

Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt

Die Antwort der Schufa:

… Hierzu möchten wir Ihnen mitteilen, dass die zu Ihrem Mandanten vermerkte Forderung der U. Inkasso GmbH zwischenzeitlich aus dem Schufa-Datenbestand gelöscht wurde. Eine korrigierte Eigenauskunft erhält Ihr Mandant in den nächsten Tagen mit gesonderter Post.

Früherer Eintrag zum Thema

Extra-Ordner

Meine Sekretärin machte sich womöglich Sorgen, mir könnte langweilig sein. Deshalb hat sie mir heute neben den üblichen 15 Kilo Papier den Ordner mit unbezahlten Kostenrechnungen aus dem Jahr 2006 vorgelegt. Die Gebührenansprüche hieraus verjähren Ende 2009.

Mehr widerwillig unterbrach ich meine Gedanken über ein Bürogolfturnier und schaute mir den Aktenordner an. Am Ende waren es magere zwei Rechnungen, die uns irgendwie aus den Augen geraten sind.

Die Betreffenden kriegen jetzt noch verjährungsunterbrechende Mahnbescheide und, im Falle schneller Zahlung, natürlich eine Einladung zum Golfturnier.

Häftling darf in Sütterlin schreiben

Die deutsche Schrift ist weder verdächtig noch geheim. Deswegen darf sie ein Häftling auch benutzen und damit Briefe aus dem Gefängnis an seine Verlobte schreiben. So lautet eine jetzt bekannt gewordene Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle. Die Sütterlinschrift, vor 98 Jahren erfunden von dem Berliner Grafiker Ludwig Sütterlin, wurde 1954 zuletzt an deutschen Schulen unterrichtet.

Dass ein erst 37-jähriger Gefangener sie beherschte, stieß den Bediensteten der Justizvollzugsanstalt Celle sauer auf. Denn sie hatten seine Briefe zu kontrollieren und standen dabei wie der Ochse vor dem Scheunentor. Also machten sie dem Gefangenen
vor einem Jahr die Auflage, alle Kosten für eine „Übersetzung“ der Schreiben übernehmen. Falls nicht, würden die zuückgehalten.

Dieser Ansicht ist der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts nicht (AZ: 1 Ws 248/09). Im Gegenteil. Immerhin sei Sütterlin die „Deutsche Schreibschrift“ gewesen, die erst
1941 nach und nach durch die „Deutsche Normalschrift“, eine lateinische
Schreibschrift, ersetzt wurde. Und dann nimmt der Srenat die Gefägnisverwaltung auseinander: Wenn also schon keine Geheimschrift vom Häftling verwendet wurde, dann bleibe doch nur noch der tatbestand, dass die Schrift „unlesbar“ sei.

Nach welchen Kriterien sich die Lesbarkeit eines Schreibens aber beurteilt, „ist im Gesetz nicht geregelt.“ Es gebe in Deutschland keine verbindlichen Vorschriften darüber, welche Schriftart im Schriftverkehr zu verwenden ist. Gefunden hat der Senat nur Regelungen der Bundesländer darüber, welche Schriften im schulischen Schreibunterricht gelehrt werden – nämlich nach heutigem Stand die Druckschrift als Erstschrift sowie die „Lateinische Ausgangsschrift“.

Zwar sei Sütterlin zwar schon seit Jahrzehnten nicht mehr Grundlage des Schreibunterrichts an deutschen Schulen, könne aber „nach wie vor von weiten
Teilen der Bevölkerung zumindest gelesen werden“. Unstreitig, so schiebt der Senat der Gefängnisverwaltung mit ihrer Forderung böse Absicht unter, seien auch Bedienstete in der Lage, Sütterlin zu lesen: „Dies mag sich in Zukunft ändern, derzeit ist es aber noch Stand der gesellschaftlichen Entwicklung“.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Staat. (pbd)

Eva Redselig

Die Auskunftsfreude einer Kundin, der Journalistin Eva Schweitzer, könnte dem Plagiats-Suchdienst TextGuard langfristig das Geschäftsmodell verhageln. Sie habe ein „Gesamtpaket“ gebucht, mit dem TextGuard nach unerlaubten Veröffentlichungen ihrer Artikel suche, ließ die Autorin freimütig in ihrem taz-Blog verlauten. Was nach dem Kontext recht eindeutig besagte: Ich zahle nichts, kriege aber auch nur im Erfolgsfall Geld.

Dummerweise ist es dann aber nicht mehr so einfach mit den exorbitanten Anwaltshonoraren, die in den Abmahnungen in Rechnung gestellt werden. In Schweitzers Fall waren es knapp 1.000 Euro, die ein Blogger allein an den angeblich von Schweitzer, faktisch aber wohl eher von TextGuard in Marsch gesetzten Juristen zahlen sollte.

(Wobei es dann auch Praxis ist, dass Anwälte ihre Honorare teilweise wieder an den Auftraggeber erstatten und sich so künftige Mandate sichern. Sie sollen ja nicht die einzigen sein, die am Abmahnwesen verdienen. Das nennt sich dann „Abmahnpartnerschaft“.)

Anwaltskosten können von einem Abgemahnten aber regelmäßig nur in der Höhe verlangt werden, wie sie letztlich auch der Abmahner selbst zahlen würde. Zum Beispiel, wenn sich herausstellt, dass der Abgemahnte pleite ist. Oder, was ja vorkommen soll, sich die Abmahnung als haltlos erweist.

Wird aber ein Komplett- bzw. Rundum-Sorglos-Paket auf Erfolgsbasis vereinbart, hat der beauftragte Anwalt gar keinen Gebührenanspruch gegen den Abmahner. Mit der Folge, dass der Abgemahnte auch nichts erstatten muss; jedenfalls nicht die gesetzlichen, bei entsprechenden Streitwerten sehr hohen Gebühren.

Von daher ist es wenig verwunderlich, wenn Firmen wie TextGuard sehr auf die Geheimhaltung ihrer Verträge bedacht sind. Kommen die Vereinbarungen nämlich ans Licht, so wie durch Eva Redselig, eröffnen sich für die Abgemahnten ganz neue Einwendungen.

Diese Gegenargumente sind durchaus vielversprechend. So muss zum Beispiel der bekannte Hamburger Abmahnanwalt Clemens Rasch demnächst in den Zeugenstand treten. Ein Gericht möchte von ihm wissen, ob die Musik- und Filmindustrie ihm tatsächlich jene gesalzenen Gebühren erstattet, die er in seinen Abmahnschreiben lange Zeit geltend machte. Hier geht es um Millionenbeträge.

(In jüngster Zeit werden beim Film-, Musik- und Pornoabmahnungen ja fast nur noch Pauschalen gefordert, die im Vergleich zu den Goldgräberzeiten fast mitleidserregend niedrig sind. Letztlich stellen sich aber auch wieder ähnliche Fragen, wenn im Falle der Nichtzahlung der Pauschale doch wieder die angeblich „tatsächlich angefallenen“ Anwaltsgebühren vor Gericht eingefordert werden – sofern ausnahmsweise mal tatsächlich geklagt wird.)

Kein Wunder also, dass der Geschäftsführer von TextGuard nicht begeistert von Eva Schweitzers Auskunftsfreude ist und, so berichtet es Telepolis, eine Art Geheimnisverrat bejammert. Vielleicht hat er ja den Mumm, die Journalistin deswegen juristisch zu belangen.

Man wird ja noch träumen dürfen.

Rein wirtschaftliche Gründe

Der Anwalt auf der Gegenseite hat den Beschluss angefochten, mit dem das Gericht seinem Mandanten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt hat. Als er einsah, dass er damit nicht weiterkommt, nahm er die Beschwerde zurück. Wir haben dann beantragt, dem Gegner auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Nun möchte der Anwalt folgendes:

… wird beantragt, von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten abzusehen, da die sofortige Beschwerde nur aus rein wirtschaftlichen Gründen zurückgenommen wurde.

Dummerweise hat das Gericht überhaupt gar keine andere Möglichkeit, als der Gegenseite nun auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens, zu denen auch die Anwaltskosten als außergerichtliche Kosten gehören, aufzuerlegen. Eine Ermessensentscheidung ist gar nicht möglich, weil vom Gesetz nicht vorgesehen.

Kein Wunder, dass das Gericht auf eine Stellungnahme von uns verzichtet. Der Schriftsatz wurde nur „zur Kenntnisnahme“ übersandt.

Schnell mal bei der Schufa fragen

In letzter Zeit waren immer mal wieder Mandanten hier, die Probleme durch falsche oder unberechtigte Schufa-Einträge hatten. Entweder waren die Meldungen sachlich unrichtig. Oder die Mandanten hatten nie eine Schufa-Klausel unterschrieben, so dass die Übermittlung der Daten nicht zulässig war.

Die Schufa reagierte in allen Fällen zügig auf das jeweilige Fax. Es dauerte keine zwei Tage, bis die beanstandeten Daten gelöscht – nicht nur vorläufig gesperrt – wurden.

Neugierig geworden, habe ich die 7,80 Euro für eine Schufa-Eigenauskunft investiert. Die war ebenfalls zwei Tage nach Bestellung im Briefkasten.

Bis auf einen sind die Einträge alle nachvollziehbar. Dieser Eintrag stammt von der DKB-Bank. Die Bank hat sich bei der Schufa am 27. Juli 2009 über mich erkundigt. Was die Schufa wiederum als „Konditionenanfrage zu einer Kreditanfrage“ gespeichert hat.

Richtig ist daran lediglich, dass ich im Juli mal auf der Internetseite der DKB-Bank war und das Antragsformular für ein DKB-Cash-Konto ausfüllte. Soweit ich mich erinnere, habe ich auch den mir online vorausgefüllten Eröffnungsantrag runtergeladen und ausgedruckt. Ich habe ihn aber definitiv nicht zurückgeschickt, weil ich dann doch keine Lust auf das Konto hatte. Dementsprechend habe ich auch nie was von der DKB-Bank gehört.

Die DKB-Bank hatte demnach von mir jedenfalls kein verifizierbares Einverständnis mit der „Anfrage“ an die Schufa. Überdies hatte sie auch noch nicht den von ihr selbst verlangten schriftlichen Antrag auf Kontoeröffnung vorliegen, denn diesen Antrag habe ich ja nie abgeschickt.

Auch wenn eine Konditionenanfrage nach Angaben der Schufa nicht den persönlichen Score-Wert verschlechtert, stellt sich mir doch die Frage, wieso die DKB-Bank schon bei der Schufa anklopft, bloß weil irgendwer online Daten eingibt. Kann sie nicht warten, bis der schriftliche Kontoeröffnungsantrag bei ihr eingeht?

Nach den Schufa-Regeln müsste sie es wohl. Zitat aus einer Informationsbroschüre der Schufa:

– Informationen dürfen nur dann angefragt oder weitergegeben
werden, wenn eine Person mit einem Unternehmen einen Vertrag
abschließen möchte oder bereits ein Vertragsverhältnis besteht.

– Im Kreditbereich muss zudem die Einwilligung zur Weitergabe
vorliegen – z.B. die von Ihnen akzeptierte SCHUFA-Klausel.

ACTA – Three strikes, dann doch noch?

Ein Kommentar von Florian Holzhauer

Seit gestern treffen sich die USA, Japan, die EU und acht weitere Staaten in Seoul, um das Anti-Piraterie-Abkommen „ACTA“ zu besprechen. Der Inhalt ist nicht öffentlich, um genau zu sein sogar eine Angelegenheit von „national security“. Klingt beeindruckend, irgendwie nach „Menschen retten“, sozusagen die Antwort auf Schweinegrippe-Hype und Terrorismus. Weniger nach „Anti-Piraterie“. Trotzdem: Was genau drin steht, und weshalb, ist Verschlußsache.

In den letzten 48 Stunden sickern allerdings die ersten Informationen durch, und alles, was bislang öffentlich wird, klingt irgendwie gar nicht mehr nach Terrorgrippe, sondern altvertraut. Es klingt nämlich stark nach dem Wunschzettel der Copyright-Industrie, wieder einmal.

So wurde gestern zunächst über das „Digital Environment“ diskutiert – angeblich mit einigen alten Bekannten: Internetzugang wird bei Copyrightverstössen abgestellt? Drin. Netzzensur bei Copyrightverstössen? Klar, auch. Direkte Mithaftung des Providers? Ebenfalls. Oder, wie es die Zeit deutlich formuliert: „Stimmten die EU-Verhandlungsführer den ACTA-Vorschlägen aus den USA zu, würden sowohl die Sperren gegen Nutzer als auch die Sperrungen von Inhalten auf ausländischen Servern plötzlich internationales Gebot.“

Ob, sozusagen als Bonusfeature, Seitenbetreiber darauf verpflichtet werden sollen, Multimediainhalte proaktiv auf Copyright zu prüfen zu müssen, ist unklar. Verschiedene Medien berichten darüber, andere verlieren kein Wort.

Heute geht es weiter, mit ähnlich sportlichen Vorstellungen zum „Criminal Enforcement“: Nichtkommerzieller Datentausch soll strafbar werden, Gefängnisstrafen inklusive. Genauso strafbar nach Wünschen der Nachmachen von Software-, Video- oder Musik-Verpackungen. Auch Video-Bootlegs von Konzerten. Auch diverse weitere Erweiterungen der Rechte von Copyrightholdern werden angedeutet.

Liebe Contentindustrie: So nicht. Es ist für mich logisch nicht nachvollziehbar, warum auf der einen Seite um Verständnis und Fair play geworben wird. Weshalb – wie auch wieder in den letzten Tagen hier in den law blog Kommentaren – um Mitgefühl für die Multimedia-Branche geworben wird, die durch jedes kopierte MP3 den Gegenwert einer CD als Verlust notiert, und generell kurz vor dem Aussterben durch Geldmangels ist.

Um dann, auf der anderen Seite, völlig ohne öffentliche Debatte, und auch unter vollständiger Ignoranz bisheriger gesetzlicher Diskussionen und Entscheidungen, wieder einmal den gleichen – Entschuldigung – totalitären Mist irgendwo anders auf den Tisch zu bringen.

Fair play und Demokratie sieht für mich anders aus. Und gerade in einer Industrie, dessen Wert sich ausschliesslich aus emotionalen Aspekten ergibt – der rein materielle Wert einer DVD ist eher überschaubar – sollte man sehr vorsichtig sein, wie weit man den Bogen überspannt. In der Geschichte gibt es genug andere Beispiele von scheinbar unangreifbaren Institutionen, die an ihrer eigenen Selbstherrlichkeit erstickt sind.

Für mich bleibt im Moment nur zu hoffen, dass die Behauptung von Daniel Caspary in der Zeit auch tatsächlich so wahr wird: Dass sich für ACTA im Europarlament keine Mehrheit für diesen neuen Vorstoss finden lassen wird. Auch wenn ich skeptisch bin – bislang war diese Episode wieder einmal alles andere als ein Lehrstück in Transparenz und Demokratie.

Mehr Informationen zu ACTA finden sich zum Beispiel bei der EFF oder im Weblog von Michael Geist sowie Heise & Co.

PS: Sollte ich die Stimmung an diesem sonnigem Donnerstag zu sehr vermiest haben, bitte ich um Verzeihung. Zur Stimmungsaufhellung kann ich zum Beispiel die grossartige Madeleine Bloom wärmstens empfehlen.