Die Angst vor amtlichen Schreiben

Eine Frau verpasste die Einspruchsfrist bei einem Kindergeld-Bescheid und forderte eine neue Chance, die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand – schließlich habe sie eine Phobie gegen Behördenschreiben. Sie lasse solche Post mitunter wochenlang im Briefkasten, um von weiteren Anfällen verschont zu bleiben.

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz urteilte, dass Krankheiten zwar durchaus als Entschuldigung gewertet werden können. Allerdings wurde der Frau zum Verhängnis, dass sie von einem langen Leiden gesprochen hatte. Dann hätte sie sich, so die Richter, rechtzeitig darum kümmern können, dass andere die Post lesen (Az.: 1 K 2525/07).

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Pressemitteilung dazu gibt es hier.

Verbraucherzentralen als GEZ-Berater

Dass Verbraucherzentralen ratlose Menschen rund um die Gebührenpflicht beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk (Volkmund: GEZ-Gebühren) beraten, ist nicht neu.
Neu allerdings wird sein, dass mit Steuermitteln finanzierte Verbraucherzentralen vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk dafür zusätzlich Geld bekommen.

Der NDR hat dazu mit dem Geschäftsführer der norddeutschen Verbraucherzentralen eine Vereinbarung unterzeichnet. Aus der Pressemitteilung:

Die Verbraucherzentralen in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg starten den bundesweit ersten Dienst dieser Art am 1. Juli, die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein zieht am 1. Oktober 2008 nach. Auch Rundfunkteilnehmer in Bremen werden das Beratungsangebot wahrnehmen können: Da der NDR beim Gebühreneinzug eng mit Radio Bremen kooperiert, ist auch die Verbraucherzentrale Bremen in die Zusammenarbeit einbezogen – sie beginnt dort ebenfalls am 1. Juli.

Im Rahmen dieser „Zusammenarbeit“ wollen Verbraucherzentralen persönlich, telefonisch, schriftlich beraten, ebenso Publikationen zur GEZ anfertigen. Natürlich strikt neutral, unabhängig und kostenlos. Gezahlt wird allerdings vom NDR:

Der NDR fördert den Beratungsbereich Rundfunkgebühren der Verbraucherzentralen mit einem Zuschuss.

Wie viel Zuschuss, steht da nicht. Die FAZ spricht von 54.000 Euro (offenbar für ein Jahr) und schreibt, der WDR habe ein ähnliches Abkommen angekündigt. Das dürfte dann mit der Verbraucherzentrale NRW geschlossen werden, die schon Erfahrungen mit Förderern hat.

Die FAZ kommentiert für meinen Geschmack treffend:

Ob mit den Verbraucherzentralen jetzt wirklich eine unabhängige Instanz parat steht, ist fraglich. Denn die Verbraucherzentralisten sitzen im Rundfunkrat des NDR wie des WDR. Und ihr Bundesverband hat zuletzt fleißig Lobbyarbeit für die Online-Pläne von ARD und ZDF betrieben.

Geld zurück von Unitymedia

Die vor einem halben Jahr vom Kabelbetreiber Unitymedia um monatlich 2,41 Euro erhöhte Gebühr auf 17,90 Euro können sich die fünf Millionen Haushalte in Nordrhein-Westfalen und Hessen jetzt zurückholen – dazu rät jedenfalls die Verbraucherzentrale NRW.
Sie hatte die Preiserhöhung von Anfang an als unzulässig kritisiert und das Unternehmen abgemahnt. Doch erst während eines Prozesses vor dem Landgericht Köln knickte die Unitymedia NRW GmbH ein und unterzeichnete eine strafbewehrte Unterlassungserklärung: Die Gesellschaft wird sich auf ihre umstrittene Preiserhöhungsklausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen nichtr mehr berufen.
Kostenlose Musterschrei­ben für die Rückforderung sind online (www.vz-nrw.de/unitymedia) oder in den Beratungsstellen der Verbraucherzentrale NRW erhältlich. (pbd)

Neutral, deckend, unwirksam

Ein weiteres Urteil, das Mieter freuen dürfte:
Sie können vertraglich vereinbarte Schönheitsreparaturen ablehnen, wenn der Vermieter zu konkrete Vorschriften dazu gemacht hat, wie etwa „neutrale, deckende, helle Farben und Tapeten“. Eine solche Klausel ist unwirksam und die Renovierungspflicht entfällt komplett, hat heute der Bundesgerichtshof entschieden (Az: VIII ZR 224/07).

Wenn ich die Pressemitteilung zum Urteil richtig interpretiere, wäre eine Vorschrift dann in Ordnung, wenn sie nur für den Auszug gelten würden. Da aber der Mieter zwischendurch ebenfalls renovieren sollte, wäre das letztlich eine Vorschrift, wie der Mieter zu wohnen hat.

Mieter haben damit eine weitere Möglichkeit bekommen, Renovierungen zu verweigern (wenn ihr Mietvertrag eine solche Vorschrift enthält). In den vergangenen Jahren hatte der BGH mehrfach bereits Renovierungsklauseln untersagt, mit denen starre Fristen vorgeben wurden. Also wenn zum Beispiel das Bad in jedem Fall alle zwei Jahre gestrichen werden soll, selbst wenn es noch wegen geringer Nutzung in einem Top-Zustand ist.

Servicemodul

Interessante Idee der Berliner Anwaltskanzlei Dr. Schulte:
Auf der Homepage (unten links) gibt es einen speziellen Richter-Login, genannt „Servicemodul für deutsche Gerichte“:

Im internen Bereich stellen wir deutschen Gerichten zum Zwecke der Arbeitserleichterung von uns zitierte Urteile und sonstige Dokumente zur Verfügung. Die Zugangsdaten erhalten die Gerichte schriftlich in den betreffenden Rechtsstreitigkeiten.

Po-lizeiarbeit

Es gibt Einsätze, so hat gestern die Polizei in Münster gestern berichtet, „da staunen selbst alt gediente Kriminalisten“. Zwei davon haben einen Einbruch in eine Schule untersucht. Die unbekannten Täter, das steht fest, waren eingebrochen. Aber sie klauten nichts, sie nahmen nichts weg, sie zerstörten auch nichts. Aber sie hatten sich mit ihren entblößten Gesäßen auf den Kopierer gesetzt und so dieses Körperteil mehrfach ablichten lassen. Wie die genaue kriminalistische Aufarbeitung und die eventuelle Klärung des Einbruches aussehen wird, mag die Polizei in Münster „aus ermittlungstaktischen Gründen“ nicht sagen. (pbd)

Es schwemmt weiter

Neue Zahlen zu Rechtsanwälten in Deutschland:
Laut Bundesrechtsanwaltskammer waren zu Jahresbeginn knapp 147.000 zugelassen – im Vergleich zum Vorjahr knapp drei Prozent mehr. 44.403 davon waren Rechtsanwältinnen – knapp fünf Prozent mehr als im Vorjahr.
Eine außergewöhnlich hohe Anwaltsdichte hat Deutschland damit aber noch nicht, wie sich hier sehen lässt (mit Zahlen von 2006, letzte Seite des PDF). In den USA, aber auch in Spanien oder Griechenland gibt es demnach im Verhältnis zu den Einwohnern sehr viel mehr Rechtsanwälte.
Außerdem fahren Rechtsanwälte ja auch mal in den Urlaub.

Erfolgreich

Am 1. Juli tritt das „Rechtsdienstleistungsgesetz“ in Kraft, es löst das alte „Rechtsberatungsgesetz“ ab.
Eine Neuerung wird sein, dass Rechtsanwälte künftig Erfolgshonorare vereinbaren dürfen. Der Rechtsanwalt bekommt also wie in US-Filmen nur dann Geld, wenn der Prozess tatsächlich gewonnen wird. Haufe.de beschreibt in seinen Kanzlei-Tipps Details:

Ein Erfolgshonorar darf

1. nur für den Einzelfall (= einzelne Rechtsangelegenheiten und einzelne Mandanten) und nur dann vereinbart werden,
2. wenn der Auftraggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse
3. bei verständiger Betrachtung
4. ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars
5. von der Rechtsverfolgung abgehalten würde (§ 4a Abs. 1 Satz 1 RVG n. F.).

Was Haufe.de noch schreibt, liest sich eher so, wie der Rechtsanwalt erfolgreich Erfolgshonorare vermeidet.

Ministerin 2.0

In Deutschland ist mir schon eine Zeitlang kein spektakulärer Blog-Neueinsteiger mehr aufgefallen. Anders in Spanien, wo derzeit der Blog von Bibiana Aído Almagro Furore macht. Bibiana wer? Die Autorin ist seit April Ministerin für Gleichberechtigung im früheren Macho-Paradies Spanien.

Mit 31 Jahren ist sie nicht nur die jüngste Ministerin des Landes, sie außerdem die einzige mit einem Blog („Amanece en Cádiz„). Wie sie selber schreibt, möchte sie eine „Ministerin 2.0“ sein und beteuert, dass sie weiterhin selber alle Kommentare liest und moderiert.

Nach den Namen in den Kommentaren zu urteilen, sind eine Vielzahl der Leser Männer. Was bei einer Gleichberechtigungsministerin m.E. nicht unbedingt selbstverständlich ist. Vielleicht liegt es auch ein wenig daran, dass sie ohne rot gefärbte Haare und sonstige Emanzen-Folklore auskommt.

Streit um Blutprobe

Nur noch pusten oder lieber stechen lassen? Diese Frage sorgt für Wirbel. NRW-Innenminister Ingo Wolf möchte alkholisierte Verkehrsstraftäter von der Polizei mit einem Atemtest überführen lassen – genau davor aber warnt der Deutsche Richterbund (DRB) mit einem Aufschrei: Nur die entnommene Blutprobe sei gerichtsfest.

Der DRB-Landesvorsitzende Jens Gnisa appelliert deshalb an die momentan in Celle tagende Konferenz der Justizminister, die Blutalkoholanalyse nicht aufzugeben. Der von Geräten gemessene Atemakoholgehalt sei nur zu 95 Prozent vergleichbar mit dem Wert einer Blutprobe: „Bei einem solchen Verdachtsgrad kann aber keine strafrechtliche Verurteilung erfolgen“, kritisiert Gnisa.

Er sieht „zahlreiche Einwendungen“ in den Strafprozessen. Mit der Folge einer nicht akzeptablen Mehrbelastung der Justiz und einer großen Rechtsunsicherheit. Gestern nun freute sich Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter über den Beschluss der Konferenz. Bei Straftaten wird weiter Blut entnommen: „Wir können nicht hinnehmen, dass statistisch gesehen in jedem zwangstigen Fall ein Fehlurteil ergeht“. (pbd)

Deutsche im Hotel: Sauber, aber unhöflich

Das Online-Reisebüro Expedia hat weltweit Hoteliers gefragt, welche Gäste ihnen die liebsten sind. Auf dem ersten Platz landen die pflegeleichten Japaner. Die Deutschen – sie gelten als pünktlich, sauber, aber unhöflich – kommen auf Platz zwei, gleichauf mit den Briten.

Auf den letzten Plätzen landen Spanier, Mexikaner, Russen, Franzosen, Inder und Chinesen.

Die FAZ erklärt Einzelheiten.

Flottes Amt

Eine Mandantin schmort seit einigen Tagen im Neusser Abschiebeknast. Für sie habe ich um kurz nach zwei einen Asylantrag an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gefaxt. Ganz zehn Minuten (!) später rief schon der Sachbearbeiter an und fragte nach den Sprachen, für die ein Dolmetscher benötigt wird.

Ganz schön fix, die Außenstelle M 21.