Ungerechtigkeit für alle

Aus einer E-Mail:

Hannover habe ich als Treffpunkt gewählt, weil diese Stadt ein Bahnknotenpunkt aus allen vier Himmelsrichtungen ist (also für alle fast gleich ungünstig ist).

Telefonkultur

Meine Sekretärin stellt Herrn N. durch. Ich höre Stimmengewirr, dann ein unwirsches: „Moment mal.“ Ich hänge in der Leitung und werde akustisch Zeuge, wie N. zwei Marlboro und eine Sprite bestellt.

Mehr weiß ich nicht, denn ich lege auf. Wenn Herr N. zu einem günstigeren Zeitpunkt noch mal anruft, können wir gern über sein Anliegen sprechen. Wahrscheinlich möchte er, dass mein Mandant ihm Ratenzahlung gewährt.

Komplizierte Arbeit schnell erledigt

Von EBERHARD PH. LILIENSIEK

Zoff in der Düsseldorfer Justiz: Nur knapp ist Wilfried F., der wegen Anstiftung zur Bestechung und Untreue angeklagte Fraktionsvorsitzende der CDU in Krefeld, an einer Hauptverhandlung vorbeigeschrappt. Womöglich aber hat er sich zu früh gefreut.

Denn im Hintergrund gibt es einen delikaten Streit zwischen der Staatsanwaltschaft und dem Landgericht Düsseldorf. Dort wird dem 65-jährigen F. Stimmenkauf im Stadtrat und Anstiftung zur Bestechung und Untreue vorgeworfen. Es ging und geht um eine offenbar gängige Kungelei. Die Stadt Krefeld hatte vor sieben Jahren an die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) eine Abwassergebühren-Forderung von 2,6 Millionen Mark – ob die denn nicht, so das Ansinnen der LEG an F., um die Hälfte gekürzt werden könne?

„In unmittelbaren Zusammenhang damit“, so die Staatsanwaltschaft, zahlte die LEG für Scheinrechnungen zweimal rund 260.000 Mark. Eine Tranche soll an den Krefelder Eishockey-Club „Pinguine“ gegangen sein. Dessen Generalbevollmächtigter war, bis die Chose aufflog, besagter Christdemokrat F. Die 4. große Strafkammer des Landgerichts hat die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt – sie sieht keinen hinreichenden Tatverdacht. Nun aber wird das Gegenteil bekannt, dieselbe Kammer hegte sehr wohl genau vom ersten Moment an diesen Verdacht!

Sie hatte „von Anfang an Gesprächsbereitschaft erkennen lassen“, das Verfahren gegen Auflagen einzustellen, was nach dem Gesetz nur dann möglich ist, wenn „die Schwere der Schuld“ einer solchen Einstellung nicht entgegensteht – was nichts anderes bedeutet, als dass die Kammer von der Schuld der Täter (wenn auch keiner schweren) ausging.

„Eine solche Gesprächsbereitschaft zur Einstellung des Verfahrens setzt den hinreichenden Tatverdacht voraus“, bestätigt Rechtsprofessor Helmut Frister von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Von Anfang an.

Die Kammer ging vom ersten Tag von der Wahrscheinlichkeit einer späteren Verurteilung aus – dachte aber sofort und zugleich an eine Einstellung. Als dann aber die Staatsanwaltschaft ihre notwendige Zustimmung zur Einstellung verweigerte, kam es bei der Kammer zum kuriosen Sinneswandel: Sie fegte die Sache quasi vom Tisch, will das Hauptverfahren nicht eröffnen. „Vor dem puren Recht stehen manchmal die praktischen Erwägungen“, sagt ein pensionierter Landgerichtspräsident und deutet damit an…

… wie in der Justiz mitunter – und das ist noch vorsichtig formuliert – komplizierte Arbeit schnell erledigt wird. Die überraschende Erledigungsaktion bringt die Staatsanwaltschaft zum Schäumen: „Selbstverständlich sind wir mit der Entscheidung nicht einverstanden“, sagt Behördensprecher Arno Neukirchen. Die Ankläger haben sich mit einer Beschwerde an das Oberlandesgericht gewandt. Das soll nun eine klare Richtung zeigen. (pbd)

Careful tonight

Code Orange ist es noch nicht, aber die amerikanische Botschaft in Berlin warnt Amerikaner in Deutschland trotzdem vor dem heutigen Abend:

Because of the high fan interest in this prestigious semi-final elimination game between Germany and Turkey, there exists the possibility that disturbances, including violent disturbances may occur before, during or after the match, which begins at 20:45. At a minimum, post-game celebrations will likely result in traffic congestion in larger cities. Crowds celebrating previous German and/or Turkish victories have blocked streets and rocked vehicles attempting to pass through them.

We remind American citizens in Germany that even mass gatherings and demonstrations intended to be peaceful can turn confrontational and possibly escalate into violence. American citizens are therefore urged to avoid the areas of demonstrations if possible, and to exercise caution if within the vicinity of any demonstrations.

So lustig oder absurd wie andere finde ich das gar nicht. Ist aber nur so ein Gefühl, das sich hoffentlich nicht bewahrheitet. Ich gucke jedenfalls zu Hause, aber das vor allem, weil ich Massenveranstaltungen nicht mag. Außer Kiss-Konzerten natürlich.

Sedlmayr-Mörder blitzt in Hamburg ab

Mit einer Prozesswelle überschwappt seit einiger Zeit einer der verurteilten Mörder des Schauspielers Walter Sedlmayr die Gerichte. Der Mann bzw. seine Anwälte durchkämmen Internetarchive und prüfen, ob der Name des Täters in Berichten über Sedlmayr noch genannt wird. Der Mann ist seit einiger Zeit auf freiem Fuß.

Unter Berufung auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Resozialisierungsinteresse des Täters wird sofort abgemahnt, eine fette Anwaltsrechnung inklusive. Auch Frau Neuro hatte in einem Uraltbeitrag den Namen des Mörders erwähnt. Der Blogprovider twoday.net erhielt die Abmahnung und bat Neuro, den Namen zu löschen. Was auch geschah. Eine Unterlassungserklärung lehnte twoday ab; man habe unverzüglich reagiert.

Das reichte dem Betreffenden aber nicht. Seine Anwälte beantragten beim Landgericht Hamburg, dem Mann Prozesskostenhilfe für eine Unterlassungsklage gegen die hinter twoday stehende Firma knallgrau zu gewähren.

Doch dieses Ansinnen ging selbst der als nicht sehr forenfreundlich bekannten Pressekammer zu weit. Nicht einmal die Hamburger Richter konnten erkennen, wieso ausgerechnet der Blogprovider „Störer“ gewesen sein soll. Knallgrau habe den Namen sofort nach der Beanstandung entfernen lassen. Eine weitergehende Pflichtverletzung des Providers sei nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.

Ein Beispiel dafür, dass man nicht jede Abmahnung Hand und Fuß hat.

Beschluss des LG Hamburg

Urteil zur Namensnennung verurteilter Straftäter

Umsatzsteuerlicher Organkreis

Es geht um eine Unfallsache:

Zur korrekten Abwicklung des Schadens weisen wir Sie darauf hin, dass die DP Fleet GmbH zum umsatzsteuerlichen Organkreis der Deutsche Post AG gehört. Die Deutsche Post AG ist nur anteilig zum Vorsteuerabzug berechtigt und zwar im vorliegenden Fall zu 95,42 %. § 4 Nr. 11b UStG befreit einen Großteil der Umsätze der Deutsche Post AG und schließt damit gemäß § 15 Abs. 2 UStG den Vorsteuerabzug aus. Der verbleibende Teil von 4,56 % ist somit für uns kostenwirksam. Bitte berücksichtigen Sie dies.

Mir ist ganz wuschig.

Post vom linken Axel

Post von Axel Mende, nach eigenen Angaben Funktionär für „DIE LINKE.Kreisverband Dachau, Direktkandidat zum Bayerischen Landtag, Mitglied der Landesrevision“:

Liebe Freunde, Genossinnen und Genossen,

diese Mail erlaube ich mir an alle jene zu senden, deren Adressen sich in meinem Adressbuch befinden. Wer zukünftig keine Mail von mir erhalten möchte, sende mir bitte diese Mail zurück. Dann kann ich die E-Mail Adresse entfernen. …

Ich habe keine Ahnung, wie meine E-Mail-Adresse in sein Adressbuch gekommen ist. Ich wünsche ihm aber, dass sich die E-Mail-Adressen einiger anderer Anwälte nicht in seinem Adressbuch befinden. Das könnte nämlich teuer werden.

Auch Mutti sieht ihn selten

Mitteilung eines Amtsgerichts:

Der Zeuge W. konnte bisher nicht geladen werden. Nach Mitteilung seiner Mutter ist er zwar bei ihr gemeldet, aber obdachlos und kommt nur unregelmäßig bei ihr vorbei. Sie könne keine Angaben machen, wo er sich zur Zeit aufhalte.

Die Klägerin wird aufgefordert, mitzuteilen, ob auf den Zeugen verzichtet wird.

Das klingt nicht vielversprechend. In doppelter Hinsicht. Auch mir schuldet Herr W. nämlich noch ein paar Euro.

Unerwarteter Laufpass

Ich habe den Mandanten in einer Strafsache verteidigt. Ich nahm schriftlich Stellung, das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt. Mangels Tatverdachts. Also nicht unbedingt ein Ergebnis, für das man sich verstecken muss. Meine Kostenberechnung hat der Mandant bezahlt.

Jetzt, nach einigen Monaten, erreicht mich das Schreiben eines Anwalts. Er kündigt mir im Namen des Mandanten den (erledigten) Auftrag, verliert aber kein Wort über den Grund. Der hätte mich hier ausnahmsweise schon interessiert.

Nichts zu bekritteln

Im Anschluss an den letzten Beitrag von Andreas Kunze, dem ich mal wieder nicht genug für die Urlaubsvertretung danken kann, darf ich vermelden:

Mein Kurzurlaub war mängelfrei.

Reisen und rechnen

Wem der Urlaub nicht gefallen hat, der kann beim Rechtsschutzversicherer Arag gleich mal so überschlägig berechnen, wie viel Minderungsanspruch herausspringen könnte – und zwar mit dem Reisekostenminderungsrechner.
Es kann aber nur jeweils ein Mangeltyp, basierend auf der Frankfurter Tabelle, berechnet werden. Also nur mieses Zimmer oder mieses Essen. Wer gleich beides hatte, der fragt besser seinen Anwalt. Einfach addieren jedenfalls, darauf weist die Arag hin, klappt nicht. Logisch, denn mehr als 100 Prozent gibt es garantiert nicht.

Die Angst vor amtlichen Schreiben

Eine Frau verpasste die Einspruchsfrist bei einem Kindergeld-Bescheid und forderte eine neue Chance, die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand – schließlich habe sie eine Phobie gegen Behördenschreiben. Sie lasse solche Post mitunter wochenlang im Briefkasten, um von weiteren Anfällen verschont zu bleiben.

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz urteilte, dass Krankheiten zwar durchaus als Entschuldigung gewertet werden können. Allerdings wurde der Frau zum Verhängnis, dass sie von einem langen Leiden gesprochen hatte. Dann hätte sie sich, so die Richter, rechtzeitig darum kümmern können, dass andere die Post lesen (Az.: 1 K 2525/07).

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Pressemitteilung dazu gibt es hier.