Er muss es doch nicht gewesen sein

Den hier beschriebenen Fall hat die Staatsanwaltschaft noch viel krasser fehlbewertet, als es zunächst schien. Der Zeuge hatte den Beschuldigten nicht nur nicht erkannt. Er hatte bei der Fotovorlage eine andere Person erkannt, und zwar mit 60-prozentiger Wahrscheinlichkeit.

Das war sogar dem Amtsrichter zu viel. Der bewegte die Staatsanwaltschaft nämlich dazu, die Anklage zurückzunehmen. So musste er nicht über meinen Antrag entscheiden, es gar nicht zu einer Verhandlung kommen zu lassen.

Die Kosten wird wohl die Staatskasse tragen müssen.

Seelsorgerpauschale

Einem Mandanten hatte ich ganz am Anfang telefonisch gesagt, dass die Vertretung im Ermittlungsverfahren den Betrag X kostet. Er hat dann viel später, das Verfahren wird eingestellt, selbst die Mittelgebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz gegoogelt. Gegen die ist auch nichts einzuwenden, zumal der Unterschied nicht die Welt ausmacht; das habe ich ihm auch mitgeteilt. Vorhin erhalte ich dann folgende Nachricht:

Ich habe Ihnen soeben X EUR überwiesen, da ich in meiner Rechnung einen Punkt vergessen habe:

RVG 8100: 89.34 EUR (Seelsorgerpauschale)

So macht die Arbeit Spaß.

Strukturdelikte

Spiegel online berichtet über die Festnahme von Rockern:

Gleichzeitig durchsuchten Beamte der Abteilung 4 (Organisierte Kriminalität, Rauschgiftkriminalität, Strukturdelikte) des Landeskriminalamts Bremen das Clubheim „Angels Place“ sowie fünf Privatwohnungen.

Was sind Strukturdelikte? fragt law blog – Leser Albrecht Frenzel. Ich wollte ihm spontan in Richtung Organisierter Kriminalität antworten, aber die ist im Namen der betreffenden Polizeiabteilung gesondert aufgeführt.

Google und Wikipedia wissen so gut wie nichts über diese geheimnisvolle Form der Kriminalität. Ich habe deshalb den Pressesprecher des LKA Bremen gefragt und auch eine Erklärung erhalten:

Strukturdelikte gehören im weiteren Sinn zur Organisierten Kriminalität. Der Schwerpunkt liegt hier aber nicht (nur) in der Aufklärung konkreter Straftaten, sondern in der Aufdeckung der Hierarchien und Ermittlung der Drahtzieher. Es geht also um einen erweiterten Blick hinter die Kulissen, wobei verdeckte Ermittler eine wichtige Rolle spielen. Zum Einsatzfeld gehören nicht nur die klassische organisierte Kriminalität im Gewalt- oder Rotlichtmilieu, sondern auch Wirtschaft und Politik (white collar crimes).

Auf dem Rücken der Jungen

Der Bundesumweltminister denkt darüber nach, einen Sozialtarif für Energie einzuführen.

Er könnte natürlich auch darüber nachdenken, Steuern und Sozialabgaben auf ein Maß zu bringen, das es den Betroffenen ermöglicht, von ihrer Arbeit vernünftig zu leben – ohne weitere staatliche Almosen.

Aber mehr Sozialismus in Gestalt des „fürsorgenden Staates“ ist doch viel bequemer; vor allem mit der Linkspartei im Nacken. Mir persönlich ist es schon ziemlich egal. Aber wenn ich daran denke, was hier auf dem Rücken der nachfolgenden Generationen, zum Beispiel meinen 7- und 11-jährigen Patenkindern, abgeladen wird, werde ich schon missmutig.

„Sachgerechte“ Lagerung

Aus dem Begleittext einer Drogenanalyse:

Eine Abnahme des Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) bei Cannabisprodukten ist abhängig von der Art der Lagerung. Licht-, Wärme- und Feuchtigkeitseinflüsse begünstigen drastisch den Abbau von THC innerhalb weniger Monate. Durch „sachgerechte“ Lagerung wie z.B. Luftabschluss (Vakuum) in Verbindung mit Kühlung (Gefrierschrank) und Dunkelheit verringert sich der Wirkstoffgehalt von Cannabisprodukten über mehrere Jahre unwesentliche. … Die durchschnittlichen Wirstoffgehalte von … untersuchtem Haschisch liegen bei ca. 10 Prozent.

Teilweise umgeleitet

Ein Freund von mir macht sich Gedanken, weil er bei jedem Anruf von seinem Handy seit neuestem eine Meldung erhält: „Anrufe teilweise umgeleitet.“ Dabei war er nicht im Ausland. Auch eine Rufumleitung hat er nicht aktiviert. Selbst der Befehl ##002# (Alle Umleitungen deaktivieren) hilft nichts. Bei jedem Anruf erscheint „Anrufe teilweise umgeleitet“.

Mir erzählt er das, weil die Meldung erstmals auftrat, nachdem er mit mit mir telefoniert hat. Ich kann dazu nur sagen, dass ich die Meldung vor ungefähr einer Woche auch mal auf dem Mobiltelefon hatte. Aber nur ein einziges Mal.

Er guckt nachher, ob er auf dem Trödelmarkt eine Prepaid-Karte vom selben Anbieter bekommt. Dann machen wir einen kleinen Test.

Angeblicher Holzklotzwerfer rückt von Geständnis ab

Der mutmaßliche Holzklotz-Werfer Nikolai H. will nun doch sein Geständnis widerrufen. Dazu sollen ihm seine (neuen) Anwälte raten. Begründung: Der Mann war längst verdächtig, wurde aber trotzdem noch als Zeuge und nicht als Beschuldigter verhört. Bei seinem ersten „Geständnis“ soll er an Entzugserscheinungen gelitten und Methadon erst erhalten haben, nachdem er die Tat zugegeben hat. Außerdem sollen Asservate falsch behandelt worden sein.

Ich hatte das schon so vermutet. Nur kam der Beschuldigte zunächst an einen Anwalt, der sofort in der Presse verlauten ließ, sein Mandant habe ihm die Tat noch einmal gestanden. Leichter macht das die Sache natürlich nicht für die offensichtlich etwas umsichtigeren Verteidiger. Allerdings darf man davon ausgehen, dass der erste Anwalt ab sofort nicht mal mehr Piep sagen wird.

Der große Bluff

Falls jemand mit ein paar Zeilen 4.444 Euro einheimsen will, empfiehlt sich die Teilnahme am micromovie Award. DAS VIERTE sucht das beste Drehbuch für einen 100-Sekunden-Film. Thema: „Der große Bluff“.

Eine Idee habe ich schon. Mal sehen, ob ich mich aufraffen kann.

Irgendwas ist immer

Ich muss der Reinigungskraft mal wieder einen Zettel auf den Küchentisch legen:

Frau G.,

bitte werfen Sie keine Asche oder Zigarettenkippen vom Balkon.

Nachbarn haben sich beschwert.

Unsere Mandantschaft

„Da unsere Mandatschaft nun in die Situation gesetzt ist, sich anderweitig bewerben zu müssen, wird der Erteilung eines Zeugnisses bis zum 11. Juni 2008 entgegengesehen.“

In solchen Fällen schlage ich vor, die Mandantschaft möge einen Entwurf übermitteln, wie das zu erteilende Zeugnis gestaltet sein sollte. Dadurch lässt sich nämlich vermeiden, einem unerquicklichen Streit entgegenzusehen.

Umfragen

Seminararbeit, Diplomarbeit, Doktorarbeit. Ich habe allein seit Ende letzter Woche elf Anfragen erhalten, ob ich nicht an einer Umfrage über Weblogs teilnehmen möchte. Früher habe ich ab und zu mal Kreuzchen gemacht oder Fragen beantwortet. Aber in der Masse ist das nicht mehr zu bewältigen.

Ich werde also solche Anfragen nicht mehr beantworten. Übrigens auch aus dem Grund, weil praktisch nie ein Feedback kommt. Eine Kopie der Arbeit oder Veröffentlichung, zumindest eine Zusammenfassung der Ergebnisse wäre doch ganz nett. Manche sagen das sogar mit warmen Worten zu, von ihnen gehört habe ich aber nichts mehr.

Berührungsängste

Sehr geehrte Damen und Herren,

infolge einer Straßenumbenennung durch das Bezirksamt Berlin-Kreuzberg-Friedrichshain ist die Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße umbenannt worden. Den Mietern des GSW-Hochhauses, in dem sich auch die Büroräume der Bundesingenieurkammer befinden, wurde angeboten, wahlweise unter der Adresse „Rudi-Dutschke-Straße“ oder der Seiteneingangsadresse „Charlottenstraße“ zu firmieren.

Der Vorstand der Bundesingenieurkammer hat sich einstimmig für die Adresse „Charlottenstraße“ entschieden. Die neue Anschrift der Bundesingenieurkammer lautet daher ab sofort:

Bundesingenieurkammer
Charlottenstraße 4
10969 Berlin

Besucher der Bundesingenieurkammer können wie bisher beide Hauseingänge benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

RA B.
stellv. Geschäftsführer

(Danke an RA Karsten Voigt für den Hinweis)

Tut nicht weh

Die Preise sind zwar unschön, aber ansonsten kann ich mich heute bislang nicht über die Bahn beschweren. Der ICE fuhr auf die Minute pünktlich in Düsseldorf ab, und er kam auf die Minute pünktlich in Ulm an. Der Anschluss nach Ravensburg war mit sechs Minuten eher knapp, klappte aber reibungslos.

Auf der Rückfahrt (ich sitze im ICE ab Ulm) bisher ebenfalls keine Sekunde Verzögerung. Ich bin beeindruckt. Übrigens auch deswegen, weil man praktisch auf der ganzen ICE-Strecke online sein kann.

Noch was: Ich fahre zweiter Klasse. Tut überhaupt nicht weh.