Unsere Mandantschaft

„Da unsere Mandatschaft nun in die Situation gesetzt ist, sich anderweitig bewerben zu müssen, wird der Erteilung eines Zeugnisses bis zum 11. Juni 2008 entgegengesehen.“

In solchen Fällen schlage ich vor, die Mandantschaft möge einen Entwurf übermitteln, wie das zu erteilende Zeugnis gestaltet sein sollte. Dadurch lässt sich nämlich vermeiden, einem unerquicklichen Streit entgegenzusehen.

Umfragen

Seminararbeit, Diplomarbeit, Doktorarbeit. Ich habe allein seit Ende letzter Woche elf Anfragen erhalten, ob ich nicht an einer Umfrage über Weblogs teilnehmen möchte. Früher habe ich ab und zu mal Kreuzchen gemacht oder Fragen beantwortet. Aber in der Masse ist das nicht mehr zu bewältigen.

Ich werde also solche Anfragen nicht mehr beantworten. Übrigens auch aus dem Grund, weil praktisch nie ein Feedback kommt. Eine Kopie der Arbeit oder Veröffentlichung, zumindest eine Zusammenfassung der Ergebnisse wäre doch ganz nett. Manche sagen das sogar mit warmen Worten zu, von ihnen gehört habe ich aber nichts mehr.

Berührungsängste

Sehr geehrte Damen und Herren,

infolge einer Straßenumbenennung durch das Bezirksamt Berlin-Kreuzberg-Friedrichshain ist die Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße umbenannt worden. Den Mietern des GSW-Hochhauses, in dem sich auch die Büroräume der Bundesingenieurkammer befinden, wurde angeboten, wahlweise unter der Adresse „Rudi-Dutschke-Straße“ oder der Seiteneingangsadresse „Charlottenstraße“ zu firmieren.

Der Vorstand der Bundesingenieurkammer hat sich einstimmig für die Adresse „Charlottenstraße“ entschieden. Die neue Anschrift der Bundesingenieurkammer lautet daher ab sofort:

Bundesingenieurkammer
Charlottenstraße 4
10969 Berlin

Besucher der Bundesingenieurkammer können wie bisher beide Hauseingänge benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

RA B.
stellv. Geschäftsführer

(Danke an RA Karsten Voigt für den Hinweis)

Tut nicht weh

Die Preise sind zwar unschön, aber ansonsten kann ich mich heute bislang nicht über die Bahn beschweren. Der ICE fuhr auf die Minute pünktlich in Düsseldorf ab, und er kam auf die Minute pünktlich in Ulm an. Der Anschluss nach Ravensburg war mit sechs Minuten eher knapp, klappte aber reibungslos.

Auf der Rückfahrt (ich sitze im ICE ab Ulm) bisher ebenfalls keine Sekunde Verzögerung. Ich bin beeindruckt. Übrigens auch deswegen, weil man praktisch auf der ganzen ICE-Strecke online sein kann.

Noch was: Ich fahre zweiter Klasse. Tut überhaupt nicht weh.

Wie das so läuft

Ich versuche gerade, eine Junge Dame in Baden-Württemberg vor der Abschiebehaft zu bewahren. Der zuständige Polizeibeamte ist außerordentlich freundlich. So kommt man halt ins Gespräch darüber, wie das läuft, mit den verfälschten holländischen Pässen, der „unerlaubten Erwerbstätigkeit“ und dem Druck auf die Familie im afrikanischen Heimatland.

Ich fand es sehr geschickt, wie er zwischendurch fragte, woher ich denn überhaupt so schnell von der Verhaftung wisse und wer mich beauftragt hat. Er hat dann aber doch nicht ernsthaft erwartet, dass ich ihm jetzt nähere Angaben mache. Jedenfalls hat er sich nichts anmerken lassen, als ich seine Frage überging.

Was natürlich nicht heißt, dass ich ihm was Relevantes hätte sagen können.

Bahntarife

Eine Zugfahrt Düsseldorf – Ravensburg – Düsseldorf kostet in der 1. Klasse 372 Euro. Ich stelle das nur mal fest.

Immer die gleiche Leier

„Da es sich um einen Privatverkauf handelt, ist eine Rücknahme nicht möglich.“

Als Privatverkäufer kann sich jeder fühlen. Ob er es ist, steht auf einem anderen Blatt. Ein paar Dutzend Gasthermen, in wenigen Wochen über ebay verkauft, sehen doch eher gewerblich aus.

Außerdem ist die Klausel mehr als dürftig. „Nicht möglich“ klingt eher nach der Wiedergabe einer – falschen – Rechtslage, weniger nach dem Ausschluss von Gewährleistungsrechten. Vom gesetzlichen Widerrufsrecht will der Gegner ohnehin noch nie was gehört haben. Und falls doch, gilt es für ihn nicht. EU-Recht, kennen Sie wohl nicht?

Also die übliche dreiste Masche. Aber später, wenn’s teuer wird, wird dann herzerweichend über die „unnötigen Kosten“ gejammert.

Entstaubt

Am 27. Mai 2005 habe ich gegen ein Urteil des Amtsgerichts Neuwied Berufung eingelegt. Heute, also nach gut drei Jahren, fragt das Landgericht Koblenz, ob die Sache am 5. August 2008 verhandelt werden kann. Ich habe erst mal geguckt, ob da vielleicht 2018 steht.

Dann habe ich meine Sekretärin ins Archiv geschickt, die Akte entstauben. Die Akte war nämlich schon abgelegt.

Bürger von Schäubles Gnaden

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hat laut Süddeutscher Zeitung zunehmende Schwierigkeiten damit, dass ein Terrorist den gleichen Schutz des Grundgesetzes genießen soll wie jeder Bürger.

Die Grund- und Verfahrensrechte, die Schäuble bedrücken, gelten nicht für Bürger. Sie gelten für Menschen. Das hat seinen Grund. Früher wurde auch schon gern gelabelt. Juden, Intellektuelle, Zigeuner, Homosexuelle, die Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, waren mit einem Mal auch keine „Bürger“ mehr. Die Folgen sind Gegenstand unzähliger Gedenkstunden, bei denen der Innenminister gewöhnlich die Ansprache hält.

Nun also neue Label. Terrorist. Gefährder. Wer das ist, entscheiden – vor einer rechtskräftigen Verurteilung – dann wohl die Bedarfsträger. So werden sie ja jetzt verharmlosend genannt, die künftigen Superpolizisten mit der Lizenz zum Schnüffeln, Ausquetschen und Festsetzen. Ausgerechnet jene, Staatsanwälte und Richter eingeschlossen, welche die Grund- und Verfahrensrechte zu rechtsstaatlichem Handeln veranlassen sollen, sollen über die Anwendung dieser elementaren Rechte entscheiden? Die Kontrollierten setzen die Kontrolle außer Kraft. Wie praktisch.

Dem Bürger bleibt natürlich Vertrauen. Bedarfsträger sind nämlich unbestechlich und unfehlbar. Sie lieben uns alle, sie kämpfen für das Gute. Es wird deshalb schon keine Falschen treffen. Aus diesem Grund hat man auch nichts zu befürchten, so lange man Bürger von Schäubles Gnaden ist.

Und als Mensch zweiter Klasse hat man es halt nicht anders verdient.

Gerichtskostenmarken sterben aus

Kaufen, lecken, kleben – ganze Generationen haben so die Kosten für Zahlungsbefehle (die heutigen Mahnbescheide), für Klageschriften oder Anträge bezahlt. Denn klebte erstmal die entsprechende Gerichts- später: Justizkostenmarke fest auf der ersten Seite der Akte, dann war auch für immer der Nachweis für die nötige Vorauszahlung der Gebühren erbracht.

Das galt für Anwälte und deren Gehilfen ebenso wie für nach Recht suchende Bürger und Geschäftsleute. Auch für Menschen, die aus der Kirche austreten und lediglich eine amtliche Beglaubigung ihrer Unterschrift oder eine Abschrift haben wollten. Damit ist es bald vorbei. Die nordrhein-westfälische Justiz hat zwar noch rund 400 000 dieser bunten Marken. Wenn die aber ausverkauft sind, könnten sie bei spezialisierten Sammlern zu Raritäten werden: Der Gebührenstempler löst die Papier-Wertzeichen ab, beschafft werden keine mehr.

Sie entstanden in der Berliner Bundesdruckerei. Niemand hat dort festgehalten, wie viele für wie viel Geld jemals in die Gerichtskassen der Bundesländer geliefert worden sind. Diese Marke mit der gummierten Rückseite war Mittel zum Zweck, sie taucht kaum in Statistiken auf. Selbst das Internetlexikon „Wikipedia“ bietet mal gerade 46 Einträge. Und doch sind in NRW jährlich für bis zu zehn Millionen Euro verkauft worden – im vorigen Jahr waren es noch 483.000 Marken der unterschiedlichsten Werte zwischen fünf Cent und 200 Euro.

Schon 1949/51, in den Kindertagen der Bundesrepublik, hatten sich die Bundesländer auf eigene Marken geeinigt, die dennoch bundesweit anerkannt wurde. Nach der Wiedervereinigung zogen auch die neuen Länder mit.

Die wahrhaft neue Zeit kam Anfang 2002 mit der Währungsumstellung auf den Euro. Ab da gab es auch den neuen offiziellen Begriff „Justizkostenmarke“ und ein verändertes Gesicht. Die edle Justitia mit den berühmten verbundenen Augen und der Gerechtigkeit signalisierenden Waage rückte in den Mittelpunkt. Genau deshalb bietet der Abschied von der Justizkostenmarke bei aller Trauer nun einen nicht zu unterschätzenden Vorteil. Läutet er doch das Ende einer höchst unschicklichen Maßnahme ein. Niemand wird sich nämlich künftig noch veranlasst sehen, eine Gebühr zu entrichten – um danach einer sichtbehinderten Dame den Rücken abzuschlecken. (pbd)


Justizkostenmarken

Abspielgerät

Vor 27 Jahren wurde am Ammersee Ursula Herrmann entführt und in eine vergrabene Kiste gesperrt. Darin erstickte sie, während ihr Entführer Lösegeld von den Eltern der 11-Jährigen forderte. Der Täter wurde nie ermittelt. Jetzt soll es Fortschritte geben. Verdächtig ist ein 58-jähriger Mann, der damals in der Nähe des Kindes wohnte und auch 1981 schon beschuldigt wurde:

Wie der Leitende Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz mitteilte, haben die Ermittler in der Wohnung des mutmaßlichen Entführers nun ein Abspielgerät beschlagnahmt, auf dem sich eine Melodie befindet, die der Entführer immer dann abspielte, wenn er bei den Eltern des Mädchens anrief, um neue Bedingungen zu stellen. Außerdem würden noch DNA-Spuren überprüft, sagte Nemetz. (stern)

Dass ein mutmaßlicher Täter, der schon unmittelbar nach der Tat überprüft wurde und sich schon damals in Widersprüche verstrickte (BR-online), so ein „Abspielgerät“ und das verfängliche Tonband 27 Jahre aufbewahrt und zwischenzeitlich auch noch damit umzieht, ist schon bemerkenswert. Zumal bei ihm schon mehrfach durchsucht worden sein soll, wie es in diesem Bericht heißt. Aber man wird wohl annehmen dürfen, dass es sich um eine seltenere Melodie handelte als zum Beispiel diese.

Wollen sie „Wilde“ sein?

In Brasilien soll es noch Stämme geben, die bislang keinen Kontakt mit der Außenwelt hatten.

Spiegel online zeigt sehr eindrückliche Fotos von Kriegern, die das über ihnen schwebende Flugzeug mit Pfeilen beschießen. Außerdem wird der Sprecher einer Regierungskommission mit der Forderung zitiert, die Gebiete der Indianer zu schützen; die Rodung des Regenwaldes bedrohe ihren Lebensraum.

Unabhängig davon, dass der Regenwald natürlich schützenswert ist, stellt sich mir aber die Frage, ob es richtig ist, diese Menschen von oben herab von der Zivilisation auszuschließen. Ist es zum Beispiel in Ordnung, wenn in solchen Dörfern Kinder an Krankheiten sterben, die jeder Arzt mit einem Medikamentenkoffer problemlos retten könnte? Wer sagt denn, dass die Stammesangehörigen auch vor der Zivilisation geschützt werden wollen? Ihr Dorf sieht jedenfalls nicht so aus, als wäre der Alltag paradiesisch.

Natürlich ist es möglich, dass die Menschen vom Kontakt mit der Außenwelt überfordert sind. Aber rechtfertigt das, die Indianer in einem Ethnik-Zoo zu halten? Zumal der Kulturschock ja in absehbarer Zeit ohnehin eintreten wird. Journalisten und Abenteurer werden sicher nicht zögern und sich auf die Suche nach den jetzt zur Schau gestellten Stämmen machen.