Subjekt, Prädikat, Objekt

Ausländer, die zu ihren in Deutschland lebenden Ehegatten nachziehen wollen, müssen sich zumindest auf einfache Weise in deutscher Sprache verständigen können. Das Verwaltungsgericht Berlin hat die seit dem 28. August 2007 geltende Regelung des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Aufenthaltsgesetz bestätigt.

Die Klägerin, eine 1982 geborene indische Staatsangehörige, hatte sich nach ihrer Hochzeit mit ihrem in Deutschland lebenden deutschen Ehemann bei der Deutschen Botschaft in Neu Delhi ab Dezember 2004 vergeblich um ein Visum zum Zwecke der Familienzusammenführung bemüht. Die Botschaft hatte dies zuletzt im März 2007 unter Hinweis auf das vermeintliche Vorliegen einer Scheinehe abgelehnt.

Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin verneinte zwar entgegen der Auffassung des beklagten Auswärtigen Amtes das Vorliegen einer Scheinehe. Die Klage hatte gleichwohl keinen Erfolg, weil die Klägerin nach Überzeugung des Gerichts die gesetzlichen Mindesterfordernisse hinsichtlich ihrer zu verlangenden deutschen Sprachkenntnisse nicht erfülle. Zwar sei sie imstande, einzelne deutsche Worte zu sagen. Dies sei nicht ausreichend. Eine Verständigung auf einfache Art in deutscher Sprache setze wenigstens voraus, dass der Ausländer Sätze mit Subjekt, Prädikat und Objekt bilden und entsprechende Sätze Anderer mit geläufigen Alltagsbegriffen mehr als nur selten verstehen könne.

Das Gericht setzte sich in der Kammerentscheidung ausführlich mit der Vereinbarkeit der gesetzlichen Regelung mit höherrangigem Recht auseinander. So sei das Spracherfordernis zum einen mit der EU-Familienzusammenführungsrichtlinie vereinbar. Zum anderen stehe die Regelung auch mit Artikel 6 GG (Schutz der Ehe und Familie) in Einklang, weil die Freiheit, die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet zu führen, nicht uneingeschränkt gelte.

Vielmehr seien verhältnismäßige Eingriffe in die Freiheitssphäre der Eheleute zum Schutze öffentlicher Interessen zulässig. Hierzu zählten auch rechtzeitig erworbene Kenntnisse der deutschen Sprache, um die wünschenswerte schnelle Integration des zuziehenden Ausländers zu erleichtern.

Schließlich liege in der Neuregelung auch dann kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Artikel 3 GG), wenn Angehörige bestimmter anderer Staaten (u.a. Australien, Israel, Japan, Kanada und die USA) unter bestimmten weiteren Voraussetzungen von dem Spracherfordernis ausgenommen seien.

Das Gericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Berufung zugelassen.

Pressemitteilung des Gerichts

Petition gegen Sprachtest für ausländische Ehegatten

Erpressung, bitte

Eine Online Service Ltd. meinte, meiner Mandantin einen negativen Schufa-Eintrag in Aussicht stellen zu können. Denn angeblich hatte meine Mandantin auf der Seite berufe-testen.de einen kostenpflichtigen Vertrag geschlossen.

Auf mein Schreiben (früherer Beitrag im law blog)
meldet sich jetzt der Geschäftsführer persönlich, per Einwurf/Einschreiben. Auf drei Seiten erklärt er unter anderem:

Wir werden natürlich keine Forderungen gegen Ihre Mandantin mehr geltend machen, da diese die Internetseite nach Ihrem Bekunden ja niemals besucht hat. Hieraus resultiert natürlich auch, dass zu keinem Zeitpunkt Daten Ihrer Mandantin an die Schufa Holding AG übermittelt werden. …

Wir stellen aber gerne noch mal klar, dass die Forderung mit sofortiger Wirkung, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne jedes Präjudiz für die Sach- und Rechtslage, gleichwohl rechtsverbindlich und endgültig nicht mehr geltend gemacht wird.

Das ist doch schon mal was.

Ein echtes Schmankerl ist dieser Hinweis:

Schlussendlich ist natürlich auch die vorbehaltene Strafanzeige wegen eines Nötigungsversuchs unsinnig; darüber hinaus wäre im vorliegenden Fall ein Epressungsversuch einschlägig. Offensichtlich haben Sie sich mit der Thematik nicht gründlich befasst…

Manchmal ist es ganz sinnvoll, eine Nacht zu schlafen, bevor man Briefe absendet.

Fritz

Fritz-Lau-Straße = Friedrich-Lau-Straße? Es ist nicht unbedingt sinnvoll ist, die eigene Adresse etwas „lockerer“ zu machen. Jedenfalls nicht, wenn man seine Post auch erhalten will. Die Deutsche Post hat in dieser Richtung keinen Humor. Das muss ich dem neuen Mandanten bei Gelegenheit mal sagen.

Auffällig ist verdächtig

214 Bürger bekamen heute Besuch von der Polizei. Weil sie in der Kundenliste eines Aachener Grow-Shops stehen, berichtet die Zeit. Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen unterstellt den Kunden des Ladens, sie würden mit den bestellten Waren Cannabis anbauen.

Teile des (nach meinen Informationen von vorne bis hinten legalen) Sortiments seien auch im Baumarkt erhältlich, räumte ein Polizeisprecherin ein. Aber die Konstellation des Angebots sei „auffällig“ gewesen.

Auffällig gleich verdächtig. Diese neue Formel wird man sich wohl merken müssen.

Leider wird man auch in diesem Fall wahrscheinlich nie erfahren, wie hoch die Quote der harmlosen Hobbygärtner ist, die sich für ihre Orchideen ein wenig High Tech gegönnt haben. Bleibt nur zu hoffen, dass die unschuldig Betroffenen der Pfeife von Richter, die so eine Schnüffelei abnickt, mit Anträge auf gerichtliche Entscheidung tüchtig Feuer unter dem Hintern machen.

Ansonsten ist nämlich für Monate dafür gesorgt, dass unzählige Polizeibeamte Beschäftigungstherapie machen, statt Kriminalität von etwas mehr sozialer Relevanz zu bekämpfen.

Man braucht sich ja nur mal vorsichtig bei Google zu informieren, wie viele Grow-Shops es in Deutschland gibt. Aber natürlich auf eigene Gefahr, denn wer weiß schon, ob demnächst nicht schon ein Besuch auf der Seite so eines Ladens für eine Hausdurchsuchung reicht.

Mein Beileid schon mal allen, die auf anderen Kundenlisten stehen.

Angestaubter Bericht

Mein Mandant hat Ende Januar 2008 zwei Drittel seiner Haftstrafe verbüßt. Im Oktober 2007 habe ich schon mal einen Antrag auf Strafaussetzung zur Bewährung nach § 57 Strafgesetzbuch gestellt.

Das Gericht kümmerte sich auch darum und forderte einen aktuellen Bericht der Haftanstalt an. Das geht automatisch und ist Teil jedes Verfahrens. Bei einem Telefonat mit der Richterin letzte Woche erfuhr ich, dass diese den Bericht nicht besonders aussagekräftig findet. Und die wenigen Angaben seien auch nicht sehr überzeugend. Jedenfalls könne man darauf schwer eine positive Sozialprognose stützen.

Ich bat um Übersendung des Berichtes. Inhaltlich hat die Richterin völlig recht. Der Bericht datiert zwar vom 4. Dezember. Allerdings, aber das fiel mir auch erst nach einem Gespräch mit dem Mandanten auf, vom 4. Dezember 2006. Er ist also 13 Monate (!) alt und damit reichlich angestaubt. Mein Mandant war damals gerade ein paar Monate im Knast. Seitdem hat sich viel getan. Positives vor allem.

Morgen rufe ich die Richterin an. Da müssen wir jetzt schnellstmöglich Klarheit schaffen.

Nicht daran gedacht

Der Mandant wollte unbedingt, dass ich über seine Bußgeldsache verschärft nachdenke. Ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt, aus der Sache rauszukommen.

Ich habe keine gefunden. Außer natürlich, im Gerichtstermin auf Verständnis und gute Laune beim Richter zu hoffen. Der könnte Geldbuße auf 35 Euro senken und so die leidigen drei Punkte aus der Welt schaffen.

Ob man für diese ungewisse Aussicht aber nach Brühl fährt? Ich riet dem Mandanten ab. Er zögerte. „Ich habe aber auch kein Problem, wenn wir den Termin wahrnehmen“, sagte ich darauf. „Ihre Rechtsschutzversicherung zahlt mir dafür sogar ein paar hundert Euro.“

Das hat den Mandanten wohl überzeugt, dass mein Ratschlag sachlich ist. Wir nehmen den Einspruch zurück. Als ich das Schreiben diktiere, fällt mir ein, dass ich für die Einspruchsrücknahme (und die vorausgehende Beratung) eine besondere Erledigungsgebühr erhalte. Die beträgt immerhin zwei Drittel von dem, was ich für den Gerichtstermin bekommen hätte.

Aber beim Gespräch habe ich echt nicht daran gedacht.

Dem Gemeinwohl verpflichtet

Ein Vermieter erläutert die Hausmeisterkosten:

Für die Hauswartkosten erhält Frau H. seit Mai 2000 eine monatliche Entschädigung von 306,78 € (x 12) = jährlich 3.681,36 €, die mit den Mietzahlungen verrechnet werden. Die Hauswarttätigkeit wird seit Jahren nicht von Frau, sondern von Herrn H. ausgeübt, dieser Umstand sowie die geänderten Verhältnisse in der Steuergesetzgebung und der Änderungen in der Versicherungsbranche haben uns veranlasst mit der Familie H. Kontakt aufzunehmen, um das bestehende Vertragsverhältnis neu zu regeln.

Da hier Kosten gegengerechnet werden und ein Saldo seitens Familie H. überwiesen wird, können ordnungsgemäße Belege … nicht tatsächlich vorgelegt werden, ein Nachweis ist „nur“ möglich durch Zeugenbefragung und Darlegung der Mietkalkulation.

Da hätten wir also Schwarzarbeit, etwas Steuertrickserei und getäuschte Mieter.

Der Vermieter ist übrigens eine dem Gemeinwohl verpflichtete Körperschaft.

Unterbliebene Zuwendung

„… bitten wir um Verlängerung der Schriftsatzfrist um eine Woche. Der Unterzeichner konnte sich der gegnerischen Klageerwiderung aufgrund Arbeitsüberlastung noch nicht zuwenden.“

Und ich dachte, ich kenne jede Formulierung.

Anleitung zum Fummeln

Telefonierst du noch oder…?

Hat schon mal wer eine Ware des Weltkonzerns namens Ikea zusammengebastelt? Ein Schlafzimmerbett vielleicht, einen Schrank oder eines dieser Regale? Manche sprechen von einem Alptraum, andere wissen gar nicht, dass sie sich die Finger brechen können. Dabei liegt in jedem Karton dieses ungewöhnlichen Einrichtungshauses doch eine Anleitung zum Fummeln.

Die gaukelt Hilfe vor: Wer gar nicht mehr weiter weiß, soll bei Ikea anrufen. Bei dieser zentralen Nummer kostet der Anruf 14 Cent pro Minute. Ein Kunde wagte es – er geriet in ein Labyrinth von Ansagen. Er sollte Telefontasten für alle möglichen Probleme drücken, nur seins wurde nie genannt. Er wurde immer wieder weitergeleitet, doch es meldete sich niemand.

Ich weiß nicht, wer an diesen sogenannten Service-Nummern das Geld verdient, dass die Kundschaft für die Anrufe zahlt. Aber das weiß ich jetzt: Die Telefonrechnung könnte irgendwann teurer werden als das Stück Möbel. Dann hieße das neue Anti-Ikea-Motto „Telefonierst du noch oder lebst du schon“?

Dabei verspricht Ikea all seiner Kundschaft: „Wir freuen uns immer, wenn wir dir helfen können.“ Folgerichtig dürfen sie sich jetzt mal, was der Kunde schon hinter sich hat: richtig ärgern. (pbd)