Was Jungs am liebsten frisieren

Bis zu ein Jahr Haft droht einem 16-Jährigen aus Bornheim-Waldorf, weil er sein Mofa frisiert hatte. Passanten hatten den deutlich zu schnell fahrenden Jugendlichen gesehen und die Polizei informiert.

Die Beamten sahen auf den ersten Blick technische Veränderungen. Bei der gründlichen Überprüfung stellte sich heraus: Das Motorfahrrad war so frisiert, dass es 115 km/h erreichen konnte, statt erlaubter 25. Damit hatte der 16-jährige Eigentümer ein Fahrzeug gefahren, das gar nicht zugelassen war. Und: Für das er gar keine Fahrerlaubnis hatte.

Die Polizei warnt: Die Bremsen, Rahmen, Reifen und andere Fahrzeugteile sind nicht für das Fahren mit hohen Geschwindigkeiten ausgelegt. Ein Mofa ist damit nicht mehr verkehrssicher. Schon geringe technische Veränderungen können zum Erlöschen der Betriebserlaubnis führen. (pbd)

Früher im law blog: Mofafahnder rüsten auf

Online-Mahnantrag

Die Zeiten, in denen man sich im Schreibwarenladen Vordrucke für Mahnbescheidsanträge holen musste, sind übrigens vorbei. Beim Online-Mahnverfahren gibt es die Möglichkeit, den Antrag auf weißes Papier zu drucken.

Die Daten werden in einen Barcode übertragen. Verschickt werden muss der Antrag aber nach wie vor per Post. Aber schon mal nicht schlecht für Gelegenheitsanwender.

Ein richtiger Online-Mahnantrag ist nur mit elektronischer Signatur und zusätzlicher Justizsoftware möglich.

Service f-ä-l-l-i-g

Eigentlich habe ich mein Auto nur zur Inspektion gebracht, um von dem Pop-up im Display verschont zu werden, wonach der Wagen zur Inspektion muss. Sie haben (hoffentlich) alles inspiziert, 229 Euro kassiert, aber den Bordcomputer nicht ordentlich zurückgesetzt. Schon einige Tage nach der Inspektion erinnert mich das altbekannte Pop-up daran, dass der gerade erledigte Service fällig ist.

Jetzt überlege ich, was nerviger ist. Wegen so einem Scheiß zur Werkstatt fahren. Oder einfach warten, bis der Wagen sowieso zurückgeht. Noch zehn Monate, an sich ist das ja keine Zeit.

Die Täter sind oft selbst noch Kinder

Für Schlagzeilen sorgt der Fall eines 17-jährigen Deutschen, der seit zwei Monaten in der Türkei inhaftiert ist. Er soll im Urlaub einer 13 Jahre alten Britin nähergekommen sein und wird jetzt des sexuellen Missbrauchs von Kindern beschuldigt.

Wenn es tatsächlich zu sexuellen Handlungen gekommen sein sollte, hätte sich der Jugendliche auch in Deutschland strafbar gemacht (§ 176 Strafgesetzbuch). Es kommt nach unserer Rechtslage nur darauf an, dass das Opfer jünger als 14 Jahre ist. Wie alt der Täter ist, spielt – entgegen zahlreicher Gerüchte – für den Grundtatbestand bei uns keine Rolle. Unter 14-jährige Täter werden nur selbst dadurch geschützt, dass sie noch nicht strafmündig sind. Ist der Täter aber über 14 Jahre alt, macht er sich des sexuellen Missbrauchs strafbar. Nach der Polizeilichen Kriminalstatistik, zitiert nach Wikipedia, sind in etwa 6 Prozent der erfassten Fälle die Verdächtigen selbst Kinder, insgesamt über 20 Prozent entfallen auf Kinder und Jugendliche.

Sexuelle Handlungen im Sinne des deutschen Gesetzes können auch Küsse und Berührungen sein. Möglicherweise auch Händchenhalten, wenn es sexuell motiviert ist. Maßgeblich ist nach deutschem Recht die „Erheblichkeit“ der sexuellen Handlung. Wie in vielen Bereichen ist die Eingriffsschwelle in den letzten Jahren sicher nicht höher gesetzt worden. Der Rettungsanker, das Opfer habe älter gewirkt oder ein falsches Alter genannt, wird meistens vergeblich ausgeworfen. Gerade bei längeren Kontakten werten Gerichte das regelmäßig als „Schutzbehauptung“ (mitunter nicht zu Unrecht).

Wenn es also zu sexuellen Handlungen gekommen sein sollte, wäre der Jugendliche in Deutschland ebenfalls mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Einige Staatsanwälte würden es sich möglicherweise auch nicht nehmen lassen, ihn erst mal Untersuchungshaft schmecken zu lassen.

Steinbrück: Schäuble handelt vorsätzlich

Auch Finanzminister Peer Steinbrück hat sich am Wochenende zu den neuen Terrorwarnungen des Bundesinnenministers geäußert. Die FAZ berichtet:

Ähnlich äußerte sich Finanzminister Peer Steinbrück auf einer SPD-Veranstaltung in Hannover: „Man sollte nicht ständig Alarmmeldungen abgeben.“ Er ergänzte: „Ich sehe sie skeptisch. Sie sind nicht nur fahrlässig, sondern vorsätzlich.“

Mit ihnen solle offenbar eine Qualitätsveränderung der offenen Gesellschaft bewirkt werden, sagte der SPD-Politiker mit Blick auf Datenschutz und Bürgerrechte. Der Charakter der offenen Gesellschaft müsse bewahrt bleiben. Es habe keinen Sinn, die Menschen zu verunsichern. „Die Gesellschaft muss wachsam sein, aber sie muss auch Balance und Augenmaß halten.“

Selbst Terroranschläge, möchte ich ergänzen, wären kein Grund, die offene Gesellschaft aufzugeben. Denn Terrorismus lässt sich nicht dadurch verhindern, dass man die Freiheit abschafft. Die vom Innenminister beschworenen Selbstmordattentäter sind das beste Beispiel dafür.

Außerdem muss man auch die Gefahr sehen, dass sich die Freunde gepflegter Rundum-Kontrolle ihren eigenen, möglicherweise nicht mehr gewaltfreien Widerstand heranzüchten, wie legitim dieser auch immer wäre. Terrorismus hieße er in jedem Fall, zumindest bei denen, welche die Definitionshoheit für sich beanspruchen.

Gut zu lesen, dass man in der SPD der Schäuble-Fraktion anscheinend nicht kampflos weichen will. Und wenn die Sozialdemokraten das tun, obwohl die Umfragewerte im Keller sind, schätzen sie – so denken Politiker nun mal – das Thema Freiheitsrechte vielleicht sogar als wahlkampftauglich ein.

Dass der Mindestlohn allein nicht als Abgrenzungskriterium zur CDU reichen wird, dürfte den Sozialdemokraten jedenfalls klar sein. Die SPD als Notanker der Bürgerrechte? Ein Baustein in diesem Konzept wäre, die Stasi 2.0 erst mal warten zu lassen. Genau das ist Anfang der Woche geschehen, als die SPD mit Schäuble nicht über die Online-Überwachung von Computern sprechen wollte. Spätestens ab Herbst geht es ohnehin nur noch um die Bundestagswahlen im Jahr 2009. Ein akzentuiertes „Bis hierhin und nicht weiter“ fällt dann unendlich leichter.

Geheimdienste: Keine neue Terror-Lage

Erhöhte Terrorgefahr in Deutschland? Ja, sagt der Bundesinnenminister. Nein, sagen die deutschen Geheimdienste, berichtet die Welt. Die Einschätzung des Innenministers „ist nicht unsere“, will das Blatt aus Geheimdienstkreisen erfahren haben. Danach gebe es keine neue Bedrohungslage.

Vor wenigen Tagen war Innenminister Wolfgang Schäuble beim Koalitionspartner SPD aufgelaufen. Die Sozialdemokraten sagten ein Gespräch über die Online-Überwachung von Computern ab. Damit ist es unwahrscheinlich geworden, dass über die bislang gesetzlich nicht legitimierte Maßnahme vor der Sommerpause entschieden wird.

Schon auffällig, dass der Bundesinnenminister wenige Tage nach dem vorläufigen Njet der SPD nicht nur eine erhöhte Terrorgefahr erkennt, sondern im gleichen Atemzug sogleich die Online-Überwachung deutscher Computer fordert. Als wäre dies ein Wundermittel gegen Terroristen. Die, möchte man meinen, werden die ersten sein, die ihre Hardware gegen die Stasi 2.0 abschotten.

Nachtrag: Selbst der bayerische Innneminister findet die Terrorwarnung überzogen

Danke, Polizei

„In der Ermittlungssache wegen V.g. BtMG – illegaler Handel mit Amphetaminen/Methamphetamin u.d. Derivate in Pulver- o. flüssiger Form vom 04.05.2007 bis 01.06.2007 … ist Ihre Vernehmung als Beschuldigter erforderlich.“

Schreibt die Polizei.

Damit nicht genug. Unter einem weiteren Aktenzeichen ermittelt ein anderer Polizist aus demselben Kommissariat gegen meinen Mandanten wegen angeblicher Drogenverkäufe „in der Zeit von Dezember 2006 bis zum 23.05.2007“.

Ich persönliche finde diese Arbeitsteilung hervorragend. Zwei Ermittlungsverfahren bei der Polizei sind zwei Akten bei mir. Das bedingt einen weiteren Kostenvorschuss. Deshalb heute absolut kein böses Wort über die deutsche Bürokratie.

Mit Blaulicht

Beim werten Kollegen sprang das Fax nicht an. Also schickten wir das Schreiben mit der Post. Wie ich gerade sehe, wurde zwar die Zeile mit der Faxnummer aus der Adresse gelöscht. Nicht aber der fettgedruckte Hinweis:

Eilt! Bitte sofort vorlegen!

Im Zivildienst haben wir immer darüber gelacht, wenn Patienten einen Krankenwagen mit Blaulicht bestellten. Für morgen um 10.

Tempo

Heute vor einer Woche haben wir eine Berufungsbegründung an das Oberlandesgericht geschickt. Nun liegt schon eine mehrseitige Stellungnahme des Senats vor. Das nenne ich Tempo.

Weniger erfreulich ist, dass sich das Gericht mit unseren Argumenten nicht anfreunden kann.

Deutsch im Alltag

Aus einer E-Mail:

Falls nicht, empfehle ich Ihnen, dem Einwohnermeldeamt mitzuteilen, dass Frau W. dort nicht mehr wohnt.

Gemeint war eigentlich die Mitteilung, dass Frau W. nicht mehr an der S-Straße wohnt.

Leider habe ich schon „Senden“ gedrückt.

Sein verdammtes Recht

Der Shopblogger überlegt, ob man nicht einfach die 200- und 500-Euro-Scheine abschaffen sollte:

Mir ist spontan auch kein triftiger Grund ersichtlich, diese Scheine im normalen Alltag zu verwenden, denn größere Zahlungen werden normalerweise bargeldlos durchgeführt.

Für mich sind solche Überlegungen ein Beleg dafür, wie sich langsam, aber sicher unser Denken wandelt. Es ist heute schon verdächtig, wenn man mit großen Scheinen zahlt. Oder überhaupt Bargeld verwendet. Terroristen, Mafiosi, Geldwäscher. An jeder Ecke.

Und der normale Bürger? Obwohl es sein verdammtes Recht ist, sein Bargeld auch in großen Scheinen unter die Leute zu bringen, lässt er es lieber gleich sein. Wer möchte schon ins falsche Raster geraten…

Irgendwann steht die Freiheit halt nur noch auf dem Papier. Wenn überhaupt.

Frustrierte Richter setzen auf Vitamin B

Gültige Regeln für Strafprozesse werden missachtet, das glauben sechs frustrierte Amtsrichter aus Neuss. Das halbe Dutzend beschwerte sich kürzlich bei Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) darüber, dass ihre Urteile von den Kollegen beim Landgericht Düsseldorf oft geändert werden.

Die Schuld an den – in zweiter Instanz – zu milden Urteilen sieht Amtsrichter Heiner Cöllen in erster Linie bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf. Deren Ankläger, sagt er, treten bei ihm und seinen Kollegen in Neuss noch forsch auf und fordern die Bestrafung von Angeklagten. Damit sei es in der Berufungsverhandlung aber vorbei. In der wollten müde gewordene Staatsanwälte, zusammen mit dem Landgericht, „nur noch ein schnelles Ende“ erreichen“.

„Angeklagte verlassen beim Landgericht grinsend den Saal“, kritisiert Cöllen die aus seiner Sicht zu lasche Rechtsprechung. Das Gespräch mit der Ministerin im Landtag stand unter der Überschrift „Wo drückt der Schuh in der richterlichen Alltagspraxis?“ Und Cöllen, Mitglied im geschäftsführenden Vorstand der Neusser CDU, hatte es nicht ganz uneigennützig eingefädelt.

„Kriminelle kriegen bei uns keine Bewährungsstrafen, bekommen sie aber der zweiten Instanz mit herbeigezogenen Gründen“. Da genüge es plötzlich, dass sie eine neue Freundin haben oder eine Arbeitsstelle in Aussicht. Die Angeklagten stoßen laut Cöllen mit ihrer Berufung auf „willfährige Erfolgsgaranten“. Gemeint ist eine Kumpanei von einerseits Staatsanwalt und Landgericht mit andererseits angeklagten Straftätern.

Dieser harte Tadel sei zwar polemisch, treffe aber die „Schmerzgrenze“. Es zähle nur noch die „schnelle Erledigung“ der Verfahren. Gregor Steinforth, der Chef der Staatsanwaltschaft, verbittet sich solche Vorwürfe: „Staatsanwälte lassen sich bei der Wahrnehmung des Sitzungsdienstes nicht von sachfremden Erwägungen leiten!“ Auch Ulrich Thole, Sprecher des Landgerichts, betonte, es werde nach Recht und Gesetz verhandelt. Cöllen gab sich dennoch zuversichtlich: Die Ministerin habe sich die Beschwerden notiert und wolle ihnen nachgehen. (pbd)