Billige Mietkassetten

Der bayerische Gesetzentwurf zum Verbot von Killerspielen soll weitreichende Einschränkungen mit sich bringen. Auf eine eher merkwürdige weist Spiegel online hin: Der Verleih von Pornofilmen wäre in Videotheken künftig untersagt – auch an Erwachsene.

Die bayerische Staatsregierung soll in der Antragsbegründung so argumentieren:

„Es ist durchaus gängige Praxis, dass sich erwachsene beziehungsweise heranwachsende Personen mit billigen Mietkassetten beziehungsweise DVDs versorgen und diese an ihre noch nicht volljährigen Freunde weitergeben oder ihnen vorführen“. Dies habe dazu geführt, „dass heute schon viele Kinder und Jugendliche mit Porno-, Horror- und Gewaltdarstellungen konfrontiert werden“. Ein höherer Kaufpreis sei „zumindest eine gewisse Hürde für den Erwerb jugendgefährdender und indizierter Medien“.

Mit der gleichen Folgerichtigkeit muss man auch Mietwagen verbieten. Ich kann da von einem erschütternden Fall aus meiner Praxis berichten. Ein 20-Jähriger hat sich einen Wagen gemietet – und seinen 17-jährigen Cousin fahren lassen. Hammerunfall. Da würde ich als Minister gleich ganz hektisch werden und dem Jugendschutz knallhart den Vorrang geben.

Außerdem, mal unter uns: Scheiß auf die Freiheit, danach krakeelen sowieso nur Onanisten, Freizügigkeitsfanatiker und Grundgesetzleser.

Kein Grund weiterhin, schon auf halber Strecke stehen zu bleiben. Ein Verleihverbot reicht weder für Pornos noch für Mordwerkzeuge auf vier Rädern aus. Wir brauchen auch Mindestverkaufspreise, um die Hürde möglichst hoch zu setzen. Unter dreißigtausend Euro sollte ein Fiat Panda definitiv nicht zu haben sein.

Justiert

Mit dem „Justieren“ des Kilometerzählers ist es heute nicht getan. Das wusste der Verkäufer einer noblen Karosse offensichtlich nicht. Denn die im Steuergerät gespeicherte „Ölwechseltabelle“ und die „Schadenshistorie“ weisen übereinstimmend schon für November 2005 eine Laufleistung von 270.000 Kilometern auf.

Im Oktober 2006 wurde der Wagen dann mit angeblichen 165.000 Kilometern verkauft. Bin mal gespannt, was für eine Erklärung es dafür gibt. Den Glauben an reibungslose Rückabwicklungen habe ich jedenfalls schon lange verloren.

Nur für Neukunden

An jeder Ecke kriegt man ordentliche Zinsen für Tagesgeld. Einzige Voraussetzung: Man darf bisher nicht Kunde des Geldhauses sein, schon gar kein langjähriger und womöglich auch noch guter.

Echt geniales Marketing.

Anwälte gegen Staats-Hacking

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) lehnt die Forderung des Bundesinnenministers, verdeckte Online-Durchsuchungen gesetzlich zu erlauben, ab. Die Politik ist aufgefordert, Grundrechtswerte zu vermitteln – nicht aber zu missachten. Insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird aber ausgehöhlt, wenn Persönlichkeit und Intimität der Bürger zur Disposition gestellt werden. Dies ist der Fall, wenn heimlich und ohne weiteres auf private Daten Zugriff genommen werden darf.

„Staats-Hacking darf nicht legitimiert werden“, so Rechtsanwältin Dr. Heide Sandkuhl, Vorsitzende des Ausschusses Gefahrenabwehrrecht des DAV. Bereits im Jahr 2004 hat das Bundesverfassungsgericht die akustische Wohnraumüberwachung partiell für verfassungswidrig erklärt und klargestellt, dass Strafverfolger nicht in den absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung eingreifen dürfen. Hieran müssen sich alle Forderungen messen lassen, die eine heimliche Online-Durchsuchung geregelt wissen wollen.

Pressemitteilung

Mit den Füßen nach vorne

Mandanten teilen mir mit, ihr Prozessgegner werde gerade mit beiden Füßen nach vorne aus der Wohnung getragen. Der Nachbar soll schon zwei Wochen tot in der Wohnung gelegen haben.

Damit ist das Verfahren unterbrochen (§ 239 Zivilprozessordnung). Es ging um Unterlassungsansprüche. Also liegt es nicht nahe, den Prozess in der Sache fortzusetzen. Sofern es Erben gibt, könnten wir mit denen noch über die Kosten streiten.

Aber auch nur, sofern die Rechtsschutzversicherung darauf besteht.

Hausrecht im Forum

Das Landgericht München hat ein „virtuelles Hausrecht“ für Forenbetreiber bestätigt. Der Heise Zeitschriften Verlag setzte sich damit gegen einen User des heise-Forums durch. Der Verlag hatte dem Nutzer nach etlichen Störungen weitere Beiträge untersagt. Dennoch meldete sich der Betreffende unter anderen Identitäten erneut an und schrieb weiter.

Das Gericht ist der Ansicht, Forenbetreiber und Nutzer schlössen einen Vertrag. Mit entsprechenden Rechten und Pflichten, wie sie zum Beispiel in den Forenregeln festgelegt sind. Der Forenbetreiber habe das Recht, diesen Vertrag zu kündigen.

Der Gegner des Heise Verlags hatte bereits eine Unterlassungserklärung abgegeben. Das Gericht musste nur noch über die Verfahrenskosten entscheiden.

Näheres bei heise online.

Müüüüde

Die Mitarbeiter an der Sicherheitsschleuse des Amtsgerichts blinzeln in die Sonne. „Verbürgen Sie sich für Ihren Mandanten?“ fragt mich einer.

Das wirft Fragen auf:

1. Ist es schon Parteiverrat, wenn ich „nein“ sage?

2. Ahnen die Beamten eigentlich, welcher Belastungsprobe sie das Mandatsverhältnis aussetzen?

3. Rettet es ihren Kopf, wenn großmütig durchgewunkener Auftraggeber Richter oder Staatsanwälte metzelt?

4. Habe ich eine Zahnbürste dabei?

Heute noch nicht jeck

In der Kantine des Landgerichts Aachen schmückt das Personal gerade für Altweiber. Die Justizbediensteten an den Tischen tragen allerdings Montagsmiene.

Im Hauptverhandlungstermin ab 11.30 Uhr ist hoffentlich nicht mit jecken Vorkommnissen zu rechnen. Geständnis gegen Bewährung. Das kommt häufig doch besser als markante Auftritte in der Bütt, jedenfalls vom Ergebnis her gesehen.

SPD-Politiker: Schäuble handelt leichtfertig

Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses Sebastian Edathy (SPD) fordert Innenminister Wolfgang Schäuble auf, die Gelder für die geplante Online-Durchsuchung von Computern einzufrieren. Im Interview mit Spiegel online sagt Edathy:

Neben der politischen Diskussion ergibt sich in der Praxis eine merkwürdige Situation. Das Geld für die Technik ist bereits im Haushalt eingestellt, die Maßnahme aber selbst vom Bundesgerichtshof gestoppt. Es ist in der Tat eine ungewöhnliche Situation, dass im Haushalt Gelder für die Entwicklung einer Technik eingestellt sind, deren Anwendung nach augenblicklichem Stand rechtswidrig wäre.

Für den Innenpolitiker handelt der Minister voreilig und leichtfertig:

Der Bundesinnenminister schlägt regelmäßig erhebliche Eingriffe ins Grundgesetz vor, hat dafür aber keine guten Argumente. Ich bin der Überzeugung, dass wir auf der Grundlage der geltenden Verfassung die Scherheits-Herausforderungen gut bewältigen können. Demokratische Rechte zu beschneiden, um die Demokratie zu schützen, wäre ein massiver Fehler. Für die SPD-Bundestagsfraktion stehen die Bürgerrechte nicht zur Disposition, der Innenminister agiert hier aus meiner Sicht zu leichtfertig.

Anständig finde ich den Hinweis, auch ein mutmaßlicher Straftäter habe Persönlichkeitsrechte und sei nicht vogelfrei.

Vom Richter zum Vollstrecker

Seit über einem Jahr verhandelt das Langericht Mannheim gegen den mutmaßlichen Volksverhetzer Ernst Zündel. Der Prozess neigt sich jetzt dem Ende zu, berichtet die taz. Die Verteidiger überfluten das Gericht mit Anträgen. Sie wollen beweisen, dass der Holocaust nicht stattgefunden hat. Das Gericht weist die Anträge mit einer Begründung zurück, die zumindest aufhorchen lassen sollte:

Zuletzt lehnte das Gericht alle Anträge mit der lapidaren – und für einige Antifaschisten im Publikum schockierenden – Begründung ab, dass es völlig unerheblich sei, ob der Holocaust stattgefunden habe oder nicht. Seine Leugnung stehe in Deutschland unter Strafe. Und nur das zähle vor Gericht.

Richtig ist, dass nach der Rechtsprechung eine Beweiserhebung über die Tatsache des Völkermordes an den Juden während der NS-Zeit nicht erforderlich ist. Die Gerichte, auch das Bundesverfassungsgericht, halten den Holocaust für eine offenkundige historische Tatsache. Über offenkundige Tatsachen – zum Beispiel, dass morgens die Sonne aufgeht – braucht kein Beweis erhoben zu werden.

Trifft die Darstellung der taz zu, begibt sich das Landgericht Mannheim ohne Not auf angeknackstes Eis. Denn es stimmt nicht, dass die Leugnung des Holocaust unabhängig davon strafbar ist, ob er stattgefunden hat. Es besteht nämlich Einigkeit, dass Volksverhetzung auch in diesem Kontext nur strafbar ist, wenn historisch wahre Tatsachen geleugnet werden.

Letztlich würde der argumentative Schlenker aber wahrscheinlich doch keine Rolle spielen. Die Bewertung fällt im Ergebnis ebenso aus wie bei der Feststellung, dass der Holocaust eine offenkundige historische Tatsache ist.

Hat die Strafkammer allerdings so argumentiert, sollte das grundsätzlich zu denken geben. Ein Gericht, dem Sinn und Zweck eines Gesetzes egal sind und das nicht die Kontrollfrage nach der materiellen Gerechtigkeit stellt, könnte bei entsprechenden Normen schnell zum Vollstrecker eines Gesetzgebers werden, der selbst verbrecherisch handelt.

Auch hierfür liefert die fragliche Epoche historische Tatsachen, wenn auch vielleicht etwas weniger offenkundig.

(Link gefunden bei RA Hoenig)

18 Bundeswehr-Ausbilder vor Gericht

MÜNSTER. Die Dienstränge der Angeklagten reichen vom Hauptmann, der Kompaniechef war, bis zum Feldwebel: Alle 18 Bundeswehr-Ausbilder, denen die Misshandlung von 181 Rekruten im Sommer 2004 vorgeworfen wird, müssen sich in einem Strafprozess ab dem 19. März vor dem Landgericht Münster verantworten.

Ihnen wirft die Staatsanwaltschaft einfache und gefährliche Körperverletzung vor, sie sollen die Untergeben auch – entgegen einer Vorschrift des Wehrstrafgesetzes – entwürdigend behandelt haben. Zu den Anklagepunkten gehören Fußtritte, Schläge, Stromstöße und Fesselungen. Die Staatsanwaltschaft hat rund 200 Zeugen benannt, das Landgericht rechnet mit wenigstens 45 Verhandlungstagen. Es hatte, wie berichtet, die Anklage zunächst nicht zugelassen, war aber nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft vom Oberlandesgericht Hamm dazu gezwungen worden. (pbd)

Mal angenommen

Mal angenommen, der Administrator eines Netzwerks wird auf Folgendes hingewiesen:

Auf einem privaten Computer, der ans Netzwerk angeschlossen ist, sind Teile der Festplatte freigegeben. Die dort gespeicherten Dateien haben Namen, die auf kinderpornografische Inhalte schließen lassen.

Der Administrator kann mit seinen Möglichkeiten ermitteln, wo der Computer steht. Was aber soll er tun? Er kann den Nutzer anzeigen. Ihn ansprechen. Sich nicht um die Sache kümmern.

Alles ist legal. Es gibt für die in Frage kommenden Delikte keine Anzeigepflicht. Das Gespräch mit dem Betreffenden ist die riskanteste Alternative. Denn so was könnte dann doch in Richtung Strafvereitelung gehen.

Paris Hilton weit abgeschlagen

Telepolis vermerkt heute, dass das Video meines Vortrags „Sie haben das Recht zu schweigen“ bei Google Video auf dem zweiten Platz der Top 10 rangiert.

Meine unmittelbaren Konkurrenten sind „Hot Girls Answer Every Guy’s Question“. DSDS. Das „Sex Without Condoms“-Commercial. Und eine Filmdatei namens „lesbo“.

Also von Platz 1 bis 10 unanständiges Zeug, wie man heute zu sagen pflegt.

Nicht mehr lange

Bei einer Kontrolle auf der Autobahn stellte sich heraus, dass mein südländisch aussehender Mandant keine Fahrerlaubnis hat. Von den Mitarbeitern des Zolls fühlte er sich etwas rüde behandelt. Er wies darauf hin, dass er deutscher Staatsbürger ist.

Die Antwort: „Aber bestimmt nicht mehr lange.“

Das nenne ich mal eine fundierte Einschätzung der Sach- und Rechtslage.

Die neue Definition von anständig

„Außerdem bin ich anständig, mir muss das BKA keine Trojaner schicken.“

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble im taz-Interview.

Wikipedia zur Rolle Schäubles in der CDU-Parteispendenaffäre:

Im Rahmen einer Sitzung des Deutschen Bundestages, am 2. Dezember 1999, wurde Wolfgang Schäuble durch Zwischenrufe des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele auf seine Kontakte zum Waffenhändler Karlheinz Schreiber angesprochen. Wolfgang Schäuble äußerte in öffentlicher Sitzung vor dem Deutschen Bundestag, er habe „irgendwann im Spätsommer oder im Frühherbst 1994“ bei „einem Gesprächsabend in einem Hotel in Bonn […] einen Herrn kennengelernt, der sich mir als ein Mann vorgestellt hat, der ein Unternehmen leitet. Ich habe später festgestellt, daß es dieser Herr Schreiber war. […] Auf der damaligen Veranstaltung bin ich Herrn Schreiber begegnet. Das war es.“

Am 10. Januar 2000 hatte Schäuble dann eingeräumt, von Karlheinz Schreiber im Jahre 1994 eine Bar-Spende von 100.000 D-Mark für die CDU entgegengenommen zu haben. Am 31. Januar 2000 gibt Schäuble ein weiteres Treffen mit Schreiber im Jahr 1995 zu. Die Schatzmeisterei der CDU habe den Betrag als „sonstige Einnahme“ verbucht.

Schäuble behauptete, dass er das Geld in einem Briefumschlag von Schreiber in seinem Bonner Büro persönlich empfangen habe. Diesen Umschlag habe er „ungeöffnet und unverändert“ an Brigitte Baumeister weitergeleitet, später habe er erfahren, dass die Spende nicht „ordnungsgemäß behandelt worden“ sei. Die damalige CDU-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister widersprach allerdings dieser Version Schäubles.

Anfang September 2000 entschuldigte sich Schäuble vor dem Bundestag gegenüber der deutschen Öffentlichkeit dafür, „dass unter der Verantwortung der CDU Gesetze gebrochen wurden“. Weiterhin entschuldigte er sich auch „beim“ Bundestag dafür, dass er – Schäuble – im Dezember 1999 einen Teil der Wahrheit über seinen Kontakt zum Waffenhändler Karlheinz Schreiber verschwiegen hatte.

Das Geld jedenfalls tauchte in keinem Rechenschaftsbericht der CDU auf. Am 13. April 2000 erklärt Schäuble vor dem Bundestagsuntersuchungsausschuss zur CDU- Parteispendenaffäre, dass die CDU-Führung und die Bundesregierung unter Helmut Kohl nicht bestechlich gewesen seien. Ein Ermittlungsverfahren gegen Schäuble wegen uneidlicher Falschaussage im Zusammenhang mit der fraglichen Spende wurde eingestellt, ebenso wie die Ermittlungen gegen Brigitte Baumeister. Die Berliner Staatsanwaltschaft konnte keine hinreichende Tatbestandsverwirklichung für eine Anklage feststellen. Nach den damaligen Angaben der Staatsanwaltschaft sei aber davon auszugehen, dass die 100.000 D-Mark nur einmal gespendet wurden. Spekuliert wurde nämlich über die Frage, ob es womöglich zwei Mal 100.000 D-Mark von Schreiber gegeben hat: einmal als „unverfängliche“ Wahlkampf-Spende für die CDU, ein anderes Mal möglicherweise „unter der Hand“ als Bestechungsgeld für ein Rüstungsprojekt. Ungeklärt sind außerdem die Spekulationen, ob und gegebenenfalls inwiefern Schäuble seine Verbindungen ins Kanzleramt genutzt hat (was Schäuble stets vehement bestritten hat). Fraglich ist weiterhin, wo die 100.000 D-Mark verblieben sind.

Unabhängig davon grübele ich, ob die taz Schäuble falsch zitiert. Seit wann interessiert sich das Bundeskriminalamt dafür, ob jemand unanständig ist? Eigentlich hat es sich nur dafür zu interessieren, ob jemand einer Straftat verdächtig ist. Oder eine Straftat von erheblichem Gewicht vorbereitet.

Ich habe bei der Pressestelle des Bundesinnenministeriums nachgefragt, wie Herr Schäuble das gemeint hat. Bericht folgt, sofern ich eine Antwort erhalte.