Handy am Steuer: Erfolg mit Schwindelei

Das Oberlandesgericht Bamberg hat in zweiter Instanz einen Autofahrer freigesprochen, der vor einer roten Ampel mit dem Handy telefoniert hat. Der Fahrer hatte sich damit verteidigt, er habe den Motor an der Ampel ausgeschaltet.

Das Amtsgericht meinte zwar, ihm nicht das Gegenteil beweisen zu können. Trotzdem verurteilte es den Autofahrer wegen verbotener Handynutzung. Das ist deshalb gewagt, weil nach dem Wortlaut der Vorschrift dann kein Bußgeld fällig ist, wenn „das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist“.

Für das Oberlandesgericht steht diese Auslegung nicht mehr auf dem Boden des Gesetzes. Wenn der Gesetzgeber Fahrzeuge mit abgeschaltetem Motor ausnehme, sei dies zu respektieren.

Allerdings dürfte das kein Friebrief fürs Telefonieren am Steuer sein. Das Oberlandesgericht weist in der Entscheidung ausdrücklich darauf hin, die Angaben des Autofahrers seien nur eine Schutzbehauptung. Trotzdem kam es zum Freispruch, weil das OLG aus formalen Gründen die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts zu Grunde legen musste.

(Beschluss vom 27. 9. 2006 – 3 Ss OWi 1050/06, abgedruckt in NJW 2006, 3732; via)

Und immer schön fächern

Ich glaube, die Deutschen finden das Einwegpfand geil. Es wird ihnen heimelig ums Herz, wenn sie sich vor dem Automaten im „nah & gut“ versammeln. Jedes Mal können sie dort aufs Neue staunen, wie die Flaschen mit dem Boden voran durchs Blitzgewitter zischen und zerknöselt werden.

Gern goutiert werden auch fachkundige Kommentare, wenn eine Flasche nicht akzeptiert wird, als praktisch jede zweite. „Ist da auch ein Pfandlogo drauf?“ „Die Flasche ist bestimmt vom Lidl, die können Sie nur beim Lidl zurückgeben.“ „Stimmt nicht, nur der Plus nimmt nichts von Lidl.“ „Pfandlogo, ich sage nur Pfandlogo.“ „Vielleicht ist sie auch nur zu fest zugedreht. Da muss Luft rankommen…“

Fast noch schöner die manuelle Sortierung im Kaufland. „Die Flaschen bitte nicht in der Tüte“, werde ich belehrt. „Schön im Einkaufswagen fächern.“ Der Mitarbeiter nimmt sich Zeit. Ob Pepsi oder Eistee, er dreht jede Flasche sorgfältig um, bis das Pfandlogo oben liegt. Täusche ich mich, oder rubbelt er wirklich mit dem Daumen über manche Behältnisse? Aufgemalte Logos wären vielleicht kein schlechter Nebenverdienst. Fast schon skandalös, dass es die passenden Aufkleber noch nicht bei ebay gibt.

Manchmal vertreibe ich mir die Wartezeit mit dem Gedanken, wie viel Produktivität der Volkswirtschaft durch Flaschen sammeln, Flaschen wegtragen, in der Pfandschlage stehen und sich über PETs von Lidl in die Haare kriegen entzogen wird. Nicht gerechnet den schlichten Umstand, dass die Einwegflaschen über die gelbe Tonne doch garantiert auf dem gleichen Müllberg wandern würden, wie es die Flaschen nach der Laserbehandlung im Pfandautomaten tun.

„Mehrweg? Lohnt sich kaum noch“, erklärt mir der Chef vom nah & gut. Er hat sich meiner erbarmt, weil ich nach werktätiger Bevölkerung aussehe. Ich darf schon mal einkaufen gehen, er füttert persönlich den Automaten und ich kriege meinen Pfandbon an der Kasse hinterlegt. „Die Leute schleppen doch alle nur noch Plastikgebinde nach Hause.“ Ob mir schon aufgefallen ist, dass selbst in vielen Getränkekisten nur noch Einwegflaschen sind? Ist es nicht. Stimmt aber.

Neulich hatte ich Besuch aus dem Ausland. Ich wurde mehr als argwöhnisch beäugt, als ich mit spitzen Fingern den Red Bull aus dem Küchenmüll fischte. Ich erklärte treuherzig, dass ich die Dosen einpacke, sie zum Supermarkt fahre und dann wegen 75 Cent mein Kofferraum stinkt und der Boden im Kaufland klebt.

„Auf so was steht ihr Deutschen?“ lautete die Frage. Ich konnte mir die Antwort sparen. Mein Lächeln verriet mich.

Zufallsfund

Es ist ja so wichtig, sich von unnötigem Ballast zu trennen. Diese Magnesium-Kautabletten (MHD 3/2000), deren Hersteller nicht mal Google kennt und die es so lange zwischen Ostfriesentee und Grünem Tee ausgehalten haben, wandern jetzt also wirklich in die Tonne.

Dönertiere vs. BigKebab-Burger

Dass McDonald’s Österreich mit türkischem Slang und Goldkettchen für BigKebab-Burger und Onion Rings warb, fanden Erkan & Stefan („Dönertier“) nicht komisch. Vor dem Landgericht München I klagten die Komiker auf Unterlassung und Schadensersatz.

Der Schuss ging nach hinten los. Denn Erkan & Stefan haben es jetzt schwarz auf weiß, dass sie keinen eigenen Sprachstil entwickelt haben. Sie haben, so das Landgericht, nur bei türkischsprachigen Jugendlichen abgeguckt. Da sie nur imitieren und parodieren, liegt gerade keine „nur ihnen eigene Form der sprachlichen Darstellung in Wort und Stimmklang“ vor, wie es die Anwälte ihrerseits unnachahmlich behaupteten.

Wahrscheinlich hatten die Richter nur Angst, dass Erkan & Stefan im nächsten Arbeitsgang ein paar Millionen Jugendliche abmahnen lassen. Jetzt ist sie vorbei, die historische Chance.

(Infos gefunden bei RA Dr. Bahr)

Zahlenlotto

Wieder so ein hingeschlunzter Strafbefehl vom Amtsgericht. Ist es denn wirklich zu viel verlangt, wenigstens das Aktenzeichen leserlich zu schreiben?

Ich rufe lieber nicht selbst an. Dann kriegt man nämlich schon mal gern Antworten wie: „Ohne genaues Aktenzeichen kann ich Ihnen nicht helfen.“

Für so was ist meine Jahresanfangs-Laune doch zu fragil.

Teurer Anwalt

Auf die Forderung eines Werkstattbetriebs, den wir vertreten, hat Herr B. allergisch reagiert. Unter anderem hat er mir mit seinem Anwalt gedroht, dessen Rechnung deutlich höher ausfalle. (Was wohl etwas über die Qualität seines Anwalts sagen sollte.) Nachzulesen hier.

Nach gewonnenem Prozess und eingeleiteter Zwangsvollstreckung teilt das Amtsgericht mit, Herr B. habe bereits die eidesstattliche Versicherung abgelegt. Er ist also pleite.

Zum Offenbarungseid hat ihn übrigens der teure Anwalt getrieben.

Quasi – ein Wort mit Zukunft

Innenminister Wolfgang Schäuble scheint nicht damit leben zu können, dass in unserem Land Menschenleben nicht für andere Menschenleben geopfert werden dürfen. Mit dieser Begründung und dem eindringlichen Hinweis auf die Menschenwürde hatte das Bundesverfassungsgericht ein neues Gesetz für unwirksam erklärt, das den Abschuss entführter Passagierflugzeuge erlaubte.

Jetzt propagiert der Politiker ein neues Gesetzeskonstrukt. Er will die Entführung eines Passagierflugzeugs als „Quasi-Verteidigungsfall“ einstufen und damit das Kriegsvölkerrecht aktivieren. Unter dessen Geltung sei der Abschuss erlaubt, erläutert Schäuble in der Süddeutschen Zeitung.

Die Sache wird schon daran scheitern, dass man nicht per definitionem etwas zum Krieg / Verteidigungsfall erklären kann, was ersichtlich keiner ist. Da wird es auch nichts helfen, das Grundgesetz um den Quasi-Verteidigungsfall zu ergänzen in der Hoffnung, so mal kurzerhand lästige Grundrechte suspendieren zu können.

Wir halten zunächst fest, dass man sich nicht einmal mehr davor scheut, mit juristischen Winkelzügen menschliches Leben als solches disponibel zu machen. Welche Missachtung gleichzeitig dem Bundesverfassungsgericht entgegengebracht wird, ist da fast schon nebensächlich.

Quasi dürfte ein Wort mit Zukunft sein.

Das Wesentliche kommt am Schluss

Nach fast zwei Tagen in einem mobilfunk- und damit auch blogfreien Teil Bayerns weile ich wieder im Einzugsgebiet eines WLAN. Der Vortrag auf dem 23C3 in Berlin hat nicht nur Spaß gemacht; auch die Bewertungen der Besucher auf der Kongress-Homepage klingen positiv. Puh.

Aber ich schweife jetzt, kurz vor neun am Silvesterabend, besser nicht ab. Sonst kommt noch der Silvestermuffel in mir durch und ich verschlafe den Jahreswechsel so was von unspektakulär.

Also komme ich nun zum eigentlichen Zweck dieses Beitrags:

Ich wünsche allen Lesern ein gesundes, erfolgreiches und möglichst sorgenfreies Jahr 2007.

Beitrags-Gau

Der Beitrags-Gau bei den Krankenkassen schockt sogar Experten, berichtet Spiegel online. Rund 40 Millionen Kassenmitglieder und ihre, sofern vorhanden, Arbeitgeber sollen ab Januar Abgaben in Rekordhöhe zahlen.

Und das alles im teilweisen Vorgriff auf eine sogenannte Gesundheitsreform, die noch gar nicht verabschiedet ist.

„Um im weltweiten Wettbewerb bestehen zu können, müssen wir Strukturreformen vorantreiben, auf europäischer Ebene ebenso wie auf nationaler“, schreibt Angela Merkel im Handelsblatt.

Ob sie auch mal tut, was sie verspricht?

AG Duisburg: Deutschland existiert

Gute Nachrichten aus Duisburg. Das dortige Amtsgericht hat festgestellt:

Das Bonner Grundgesetz ist nach wie vor in Kraft. Eine deutsche Reichsverfassung, eine kommissarische Reichsregierung oder ein kommissarisches Reichsgericht existieren ebenso wenig, wie die Erde eine Scheibe ist.

Die saloppe Aussage hat einen ernsten Hintergrund. Ein Schuldner wandte sich gegen Vollstreckungsmaßnahmen mit der Begründung, es gebe die Bundesrepublik Deutschland gar nicht. Deshalb müsse er sich auch ihren Gesetzen nicht unterwerfen.

Zum Beschluss: Weiterlesen

JVA Ratingen, aber das darf keiner sagen

Vor rund fünf Jahren begann die Planung – jetzt endlich steht nach allerlei Hickhack fest: Für die baufällige Justizvollzugsanstalt Düsseldorf (in der Bevölkerung JVA Ulmer Höh’ genannt) wird eine neue mit 845 Haftplätzen in Ratingen gebaut. Allerdings, das sieht sogar der notarielle Vertrag vor, darf der Name vom kleinen Nachbarn der Landeshauptstadt niemals damit in einen Zusammenhang gebracht werden.

Selbst Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) spricht deshalb von einem Projekt „im Großraum Düsseldorf“. Der Ratinger Rechtsdezernent Klaus Pesch nannte das alles gestern „ein schwieriges Thema“: Manche Menschen hätten Probleme mit dem „Image“ eines Gefängnisses im Städtchen. Wohl deswegen ließ Bürgermeister Harald Birkenkamp nach der Genehmigung durch den Rat wissen: „Besonders wichtig ist mir, dass der Name der JVA keinen Bezug zu Ratingen aufweisen wird“. Er hätte sich für das Grundstück am Gemeinderand, einer ehemaligen britischen Kaserne an der Oberhausener Straße, zwar eine andere Nutzung gewünscht. Aber die JVA wäre „letztlich nicht zu verhindern“ gewesen.

Ende nächsten Jahres soll mit dem Bau begonnen werden, der vermutlich 90 Millionen Euro kosten wird. Erleichterung herrscht auch im Justizministerium, das nun nach einem Namen suchen muss: „Der Volksmund wird uns helfen“ – auf dessen Fantasie setzt Behördensprecher Ralph Neubauer. Oft, meint er, helfen geographische Beschaffenheiten. Ein Bach vielleicht. Oder auch ein Wäldchen. In Düsseldorf besteht die Ulmer Höh’ aus einem winzigen Hügel der Ulmenstraße…(pbd)

Ich und kein PowerPoint

Vorhin habe ich hier im Büro auch die Folien für meinen kleinen Vortrag auf dem 23C3 am Freitag (21.45 Uhr) fertig gestellt. Der Versuch, das Ganze auch mal auf dem Notebook laufen zu lassen, scheiterte.

Auf dem Gerät ist die Office Basic Edition 2003 installiert; zu der gehört gar kein PowerPoint. Ist mir in knapp drei Jahren noch gar nicht aufgefallen. Was vielleicht darauf hindeutet, dass ich die Vortragstätigkeit etwas vernachlässige.

Zum Glück musste ich dann doch nicht in die Stadt und Software kaufen. Es gibt nämlich einen kostenlosen PowerPoint Viewer. Der spielt alle PP-Präsentationen. Nur bearbeiten kann man nichts.

Danke an Andreas Kunze für den Tipp.