Kontaktschmutz

Aus einem Gutachten für das Amtsgericht:

Ein Reinigungsversuch des unterzeichneten Sachverständigen mit einem für Kunstoffböden üblichen Reinigungsmittel und Schrubber sowie Nachwaschen mit klarem Wasser zeigte beim Abreiben mit einem weißen Baumwolltuch, dass die Oberfläche der beschichteten Treppenstufen durch Kontaktschmutzansammlungen infolge der Frequentierung durch die Mieter oder deren Besucher verschmutzt vorlag, da an der Rückseite des Baumwolltuchs hellgraue bis dunkelgraue Rückstände nach dem Abwischen resultierten.

Kriminellenhatz im Provinzbahnhof

Zur Bundespolizei, die erst neulich wieder zwei Schwarzfahrer angezeigt hat, hat law blog – Leser „bo“ einiges zu sagen. Hier seine Anmerkungen:

Vor dem 11. September gab es in Deutschland ernsthafte Bestrebungen, den damaligen BGS (heute Bundespolizei) aufzulösen oder zumindest stark zu verkleinern. Grund war, dass nach den EU-Erweiterungen ein gesonderter polizeilicher Grenzschutz neben der Tätigkeit des Zolls, des Militärs (v.a. Flugraumüberwachung) und der Länderpolizei allenfalls noch an Flughäfen benötigt wurde. Mit m.E. nach guten Argumenten wurde vorgebracht, dass angesichts der ganz erheblichen Kosten, die die Institution BGS für den Steuerzahler mit sich bringt, die Bewachung von Flughäfen und Bahnhöfen ebensogut den für Polizeiaufgaben ohnehin zuständigen Ländern übertragen werden konnte.

Dank dem 11.09. und Innenminister Schily wurden derartige Bestrebungen aber abgemeiert. Das wiederum führt dazu, dass eine eigene Bundespolizei vermutlich zu mindestens 90% eben nicht Flughäfen schützt oder dem BKA bei länderübergreifender, organisierte Schwerkriminalität oder bei der Terrorismusbekämpfung zur Seite steht, sondern schon fast verzweifelt im Umfeld deutscher Provinzbahnhöfe nach irgendeinem Anlass sucht, irgendwelche teils an den Haaren hebeigezogenen Strafverfahren einzuleiten, um Gründe für die eigene (sehr teure) Existenzberechtigung zu schaffen.

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Haftanstalten: NRW schafft neue Stellen

Von EBERHARD PH. LILIENSIEK

Seht her: Wir haben die unglaublichen Missstände ja nur übernommen! Mit dieser Botschaft ließ Justizministerin Müller-Piepenkötter (CDU) vor Beginn des Rechtausschusses im Landtag eine Erklärung ihres Vor-Vorgängers verteilen. Darin gestand Sozialdemokrat Jochen Dieckmann bereits am 3. Mai 1999: „Angespannte Lage im Strafvollzug verlangt Bediensteten äußerste Anstrengungen ab“.

Die aber kenne die christdemokratische Justizministerin, so drehte die SPD gestern den Spieß um, seit eineinhalb Jahren. Und in denen habe sie nicht nur nichts gegen die prekäre Lage getan. Die habe sie, sagte der SPD-Landtagsabgeordnete Ralf Jäger, noch im Sommer wahrheitswidrig beschönigt. Sie hatte erklärt, sie habe die Forderungen des Bundesverfassungsgerichts bereits erfüllt – also gesetzliche Vorkehrungen dafür getroffen, dass Gefangene vor wechselseitigen Übergriffen geschützt sind. Das rechnete ihr heute die SPD als Lüge an und erwägt einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss.

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Kaminkehrer müssen sich dem Markt öffnen

Dem Schornsteinfegermonopol geht es möglicherweise an den Kragen. Spiegel online berichtet:

Der Schornsteinfeger kehrt alljährlich die Kamine, auch wenn sie blitzsauber sind. Er misst die Abgaswerte, selbst wenn die Heizung gerade gewartet wurde. Und er kassiert dafür Gebühren, die keiner unterbieten kann, weil die Kehrordnung sie festschreibt.

Geschaffen wurde dieses eigentümliche Biotop vor gut 70 Jahren. Damals teilten die Nazis das Deutsche Reich in lauter kleine Kehrbezirke auf. Das Dritte Reich ging unter, das Kehrmonopol aber blieb bestehen: Noch heute kann sich kein Hausbesitzer aussuchen, wen er in den Keller lässt. Und wenn der Schornsteinfeger dann noch etwas an den Abgaswerten auszusetzen hat, offenbart das System seine ganze Fragwürdigkeit.

Dann nämlich darf der Meister nicht etwa an Ort und Stelle selbst die Heizung neu einstellen, es wäre eine Kleinigkeit für ihn. Es muss vielmehr extra ein Installateur bestellt werden. Hat dieser die Anlage dann justiert, kommt der Schornsteinfeger erneut zur Visite, um noch einmal die Werte zu prüfen – und wieder eine Gebühr zu kassieren.

Der Bundesrepublik droht ein Vertragsverletzungsverfahren der EU. Deshalb soll in Berlin derzeit eifrig an einer Öffnung des „Marktes“ gearbeitet werden.

Schöne Erinnerung

Nachdem wir den Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid zurückgenommen haben, entdeckt der Mandant doch noch Sinn in meiner Tätigkeit:

Immerhin habe ich das Video von dem Motorradpolizisten. Ist doch eine schöne Erinnerung.

OLG-Richter angeklagt

In Sachsen-Anhalt zeichnet sich ein ziemlich einmaliges Verfahren ab. Gegen Richter eines Familiensenats am Oberlandesgericht Naumburg hat die Generalstaatsanwaltschaft Anklage erhoben – wegen Rechtsbeugung.

Recht und Alltag zitiert eine Pressemitteilung des Oberlandesgerichts (23/06, derzeit wohl nicht online):

Dem OLG ist bekannt geworden, dass die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg gegen zwei Richter des OLG Naumburg und einen Richter des Landgerichts (LG) Halle Anklage wegen Rechtsbeugung beim LG Halle erhoben hat. Die Vorwürfe beziehen sich auf ein Verfahren, das als Familiensache gemäß § 170 GVG nichtöffentlich verhandelt wurde. Schon deshalb verbietet sich eine inhaltliche Stellungnahme. Das OLG vertraut darauf, dass die erhobenen Vorwürfe in einem rechtsstaatlichen Verfahren geprüft werden.

Für Angehörige der Justiz gelten in diesem Zusammenhang keine anderen Verfahrensregeln als für jeden anderen Bürger. Die Betroffenen können aber wie jeder andere Bürger auch ihre von der Verfassung garantierten Rechte wahrnehmen. Zu diesen Rechten gehört insbesondere die Unschuldsvermutung, d.h. dass die Betroffenen solange als unschuldig zu gelten haben, bis ein unabhängiges Gericht ihre Schuld rechtskräftig festgestellt hat.

Die Richter sollen im Verdacht stehen, einem türkischen Vater das Umgangsrecht mit seinem Kind zu verwehren. Unter anderem hatte sich der Familiensenat gegen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts gestellt, welche dem Vater den Rücken stärkten.

Anklagen wegen Rechtsbeugung lassen sich in der Geschichte der Bundesrepublik an zwei Händen abzählen. Verurteilungen sind noch viel seltener.

Für die Richter ist dies jedenfalls eine ernste Sache. Die Mindeststrafe beträgt ein Jahr Gefängnis. Eine Veurteilung, auch auf Bewährung, hätte zwangsläufig zur Folge, dass die Justizdiener demnächst dem freien Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.

Frühere Berichte im law blog:

Recht gebeugt?

Renitent

Polizei: Handyortung bleibt günstig

Von EBERHARD PH. LILIENSIEK

Im Streit um zu hohe Gebühren und Behinderungen bei akuten Rettungsarbeiten der nordrhein-westfälischen Polizei ist der Bonner Mobilfunkbetreiber „T-Mobile“ nun doch eingeknickt. Das Tochterunternehmen der deutschen Telekom AG hatte zum 1. November plötzlich schriftliche Telefax-Anträge und jeweils eine Gebühr von 30 Euro dafür verlangt, etwa die Handys vermisster Menschen in höchster Lebensgefahr auch öfters genau zu orten – und sich damit den Zorn von Innenminister Ingo Wolf (FDP) eingehandelt.

Dessen Drohung, für jede solcher Hilfsverweigerungen von T-Mobile ein Zwangsgeld zu je 2.500 Euro zu verlangen, hat gewirkt. Die Polizei, das regelt auch ein Erlass des Innenministeriums an alle Behörden (AZ: 44 – 57.01.63 (2056) – 02), fragt künftig per Telefax zu 0,05 Cent pro Minute an und bekommt auf diesem Wege Antwort.

Zur „Abwehr schwerwiegender Gefahren“ gibt es bei T-Mobile einen Eildienst. Damit kassiert das Unternehmen weiter, aber etwas weniger. Der Anruf dort kostet 1,86 Euro die Minute. Außerdem zahlen die Ermittlungsbehörden eine pauschale Gebühr von 17 Euro pro Fall, also nicht für jede Ortung. Mehrere davon sind dann notwendig, wenn Menschen in „akuter Gefahr für Gesundheit oder Leben“ sind und beispielsweise mit dem Auto fahren.

An die Pauschalgebühr für schnelle Hilfe hatten sich alle Mobilfunkgesellschaften gehalten; nur T-Mobile scherte aus, verweigerte eine ständige Rufbereitschaft und bestand auf der teuren Telefaxanfrage. Minister Wolf sorgte für den Meinungswechsel: mit deutlichem Hinweis auf die gesellschaftliche und gesetzliche Verantwortung von T-Mobile. (pbd)

Früherer Bericht zum Thema

Zur Anzeige gebracht

Pressemitteilung der Bundespolizei:

Am Montag wurde beim Amtsgericht Dortmund gegen ein 17 -Jährige und ihren 21 -jährigen Verlobten, wegen einer Schwarzfahrt mit der Bahn AG, verhandelt. Es ging dabei um eine Fahrgeldnachforderung der Bahn AG in Höhe von 40 Euro. Nach der Urteilsverkündigung sollten alle Beteiligten dem Richter ihre Auslagen nennen, zwecks Erstattung durch die Gerichtskasse.

Als die 17 -Jährige auf diese Frage des Richters zunächst nicht antwortete, mischte sich der 21 -jährige Verlobte der jungen Frau in das Gespräch ein und gab an, dass ihnen keine Kosten entstanden sind, weil sie schwarzgefahren seien, um an der Verhandlung teilnehmen zu
können.

Eigentlich hätte die Fahrt mit der Bahn AG 12,90 Euro gekostet. Diese Aussage konnte von allen anwesenden Personen im Gerichtssaal deutlich verstanden werden. Von den als Zeugen anwesenden Bundespolizeibeamten werden die jungen Leute erneut, wegen Erschleichens von Leistungen, zur Anzeige gebracht.

Die am Prozess beteiligte Staatsanwältin stellte sich als Zeugin zur Verfügung.

Mehr Bundespolizei – dann ist der Justizkollaps wirklich nicht mehr weit. Ein Schreibkundiger für die Pressestelle wäre auch ’ne Idee.

(Link gefunden über das RA-Blog)

Passwort der Polizei

Wer sich im Internet auf die Spuren von Bastian B. begibt, dem Amokläufer von Emsdetten, liest Folgendes: „Diese Website wurde gesperrt.“ Oder er wird aufgefordert, das Passwort der „Polizei NRW“ einzugeben. Überdies legen die Behörden Mirrorseiten lahm, heißt es in einem Bericht auf gulli.

Weder der Abschiedsbrief, der es sicher wert wäre, im Schulunterricht behandelt zu werden, noch die sonstigen Inhalte verwirklichen Straftatbestände. Was also ist der Grund für das Einschreiten? Stellen die Texte eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar? Das kann ich nicht erkennen, es sei denn, man fasst darunter auch den Wunsch, dass der junge Mann nicht zum Märtyrer stilisiert wird.

Dann wird die Polizei aber endgültig zur moralischen Instanz. Gute Nacht, kann ich da nur sagen.

Nachtrag 1: Die Polizei hat eine Presseinformation veröffentlicht. Darin heißt es: „Die in den Medien dargestellten Tagebuchaufzeichnungen sind nach bisherigen Erkenntnissen authentisch vom Täter. Die im Internet vom Täter eingestellten Inhalte sind im Web so weit gestreut, dass diese immer wieder auftauchen und aufzufinden sind. Eine polizeilich veranlasste Sperrung / Blockierung ist aus diesem Grunde im Moment unmöglich.“

Nachtrag 2: unfehlbar.net analysiert die Rechtslage.

Cicero: Skeptische Fragen in Karlsruhe

heise online berichtet über die Anhörung des Bundesverfassungsgerichts zur Cicero-Affäre:

Mehrere Verfassungsrichter konfrontierten die Regierung mit kritischen Nachfragen. Da nach der derzeitigen Lesart der Gerichte ein Journalist schon durch die bloße Veröffentlichung vertraulicher Dokumente in den Verdacht einer Beihilfe geraten könne, bestehe keine wirkliche Hürde gegen Ermittlungen, sagte Wolfgang Hoffmann-Riem, in dem Verfahren als Gerichts-Berichterstatter federführend. Sein Kollege Reinhard Gaier vermutete ein strukturelles Problem: „Was der Gesetzgeber will – nämlich einen prophylaktischen Schutz der Pressefreiheit – findet nicht mehr statt.“

Das lässt hoffen.

Übliche Höhe

Bekanntlich mussten Sie in zurückliegender Zeit abgemahnt werden, Ihren Komposthaufen auf eine allgemein übliche Höhe zu reduzieren. Ihnen dürfte bekannt sein, dass die übliche Höhe von Komposthaufen bei 1 m bis 1,20 m liegt.

Man lernt nie aus.

Gelbe Scheine bleiben aus

Die Mitarbeiterin einer Mandantin ist krank. Schon länger als sechs Wochen. Die Mandantin muss also keinen Lohn mehr zahlen. Anscheinend zieht die Angestellte daraus den Schluss, dass sie auch keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mehr einreichen muss. Jedenfalls hat sie meiner Mandantin seit Wochen keinen gelben Schein mehr geschickt. Die letzte Bescheinigung nennt als voraussichtliches Ende der Arbeitsunfähigkeit den 2. November 2006.

Die Vorlagepflicht besteht unabhängig davon, ob dem Arbeitnehmer noch ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung zusteht und damit auch nach Ablauf der sechswöchigen Entgeltfortzahlungspflicht.

Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, § 98 Randnummer 125

Das macht Sinn. Immerhin muss der Arbeitgeber seinen Personaleinsatz planen.

Bleibt nur die Frage nach der richtigen Sanktion. Mein Vorschlag: Abmahnung. Die Mandantin zieht aber einen höflichen Brief vor. Das kann ich respektieren.

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Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)

Siegburg: Tatablauf noch unklar

Obwohl die drei mutmaßlichen Mörder aus der Jugendhaftanstalt Siegburg in der vergangenen Woche „mehrfach“ von Kriminalbeamten und einem Staatsanwalt vernommen worden sind, mochte die Staatsanwalt Bonn noch immer keine Einzelheiten nennen.

Über eine Woche nach der Tat beschrieb Behördensprecher Fred Apostel in seinem äußerst kargen Zwischenbericht lediglich mit dürren Worten die Arbeit der sechsköpfigen Mordkommission: 12 Justizvollzugsbedienstete und 13 Gefangenen seien als Zeugen gehört worden. Die Sicherung der Spuren „mit der gebotenen höchsten Genauigkeit“ sei noch nicht abgeschlossen, auch der Tatort (die Gemeinschaftszelle) ist weiter versiegelt.

Apostel macht „ermittlungstaktische Gründe“ geltend und informiert deshalb weder über das Obduktionsergebnis noch über weitere Ermittlungen – es gebe noch keine verlässliche Beurteilung des Tatgeschehens. (pbd)

Strafe für Urlaub

Am Arbeitsgericht Köln ging es heute um eine Prämie. Der Arbeitgeber hatte die Prämie für September 2006 nicht gezahlt, weil die Angestellte in dem Monat drei Tage krank war und zweieinhalb Wochen Urlaub hatte.

Der Arbeitgeber berief sich auf folgende Regelung:

Bei übermäßigen Fehlzeiten (>20 % Krankheit der Arbeitstage) entfällt die Grundlage für den Bonus…

Nach seiner Auffassung gehört auch der Urlaub zu den Fehlzeiten. Jedenfalls müsse der Urlaub aber aus den „Arbeitstagen“ rausgerechnet werden, so dass die drei Krankheitstage mehr als 20 % der Restarbeitszeit im Sinne der Vereinbarung ausmachten.

Die Richterin reagierte, wie zu erwarten: Urlaub ist keine vorwerfbare Fehlzeit, sondern gesetzlich vorgeschriebene Freistellung. Wer Urlaub nimmt, darf dafür nicht bestraft werden. So die klare Regelung im Bundesurlaubsgesetz. Das hatte ich der gegnerischen Anwältin auch schon am Telefon gesagt, Tage vor dem Termin. Aber irgendwie scheint man auf der Gegenseite die eigene Argumentation so brillant gefunden zu haben, dass man es tatsächlich auf einen Gerichtstermin ankommen ließ.

Nun ja, letztlich gut für die Mandantin. Hätten wir uns außergerichtlich noch auf 2/3 verständigt, kriegen wir jetzt alles. Weitere Sorgen muss sie sich wegen dieses Chefs ohnehin nicht machen. Das Arbeitsverhältnis ist mittlerweile beendet.