BESSER DRAN

Ein gegnerischer Anwalt bittet mich um Zustimmung zu einer Fristverlängerung. Begründung:

„Die geringe Zeit, die mir bis zum Jahreswechsel noch verbleibt, ist mit der Bearbeitung von Mandaten ausgefüllt, in denen Verjährung der Ansprüche droht. Ich nehme an, dass es Ihnen nicht viel anders geht.“

Doch. Zum Glück.

KÖ-NÄHE

Das Landgericht Köln ist der Auffassung, dass der Flughafen in Weeze sich nicht „Airport Düsseldorf Regional (Weeze)“ nennen darf. Der große Flughafen „Düsseldorf International“ versucht mit allen Mitteln zu verhindern, dass im Namen des kleinen Konkurrenten das Wort „Düsseldorf“ auftaucht.

Bei diesem Bemühen steht das Gericht auf seiner Seite. Die Richter sehen im gewählten Namen eine Irreführung des Verbrauchers. Dieser könne mit dem Namen „Weeze“ nichts anfangen, haben sie heute in der mündlichen Verhandlung erklärt. Deshalb habe er falsche Vorstellungen von der Entfernung des Flughafens zur Stadt Düsseldorf.

Richtig ist, dass Weeze rund 80 Kilometer von Düsseldorf entfernt liegt, aber über die Autobahn (rund eine dreiviertel Stunde Fahrtzeit), per Bahn und Shuttle-Bus gut an Düsseldorf angebunden ist. Die Entfernung als solches ist auch nichts ungewöhnliches. Insbesondere bei den Billigfliegern wie Ryanair, die auch von Weeze aus starten, ist es europaweit gang und gäbe, dass diese sich nach der nächsten Metropole benennen. Niemand, der mit einem Billigflieger nach London-Stansted, Barcelona-Gerona, Mailand-Bergamo oder Stockholm-Skavsta fliegt, erwartet, dass er unmittelbar am Stadtzentrum landen wird.

Darüber klären die Fluglinien auch auf. Auf den Buchungsseiten sind für jeden Flughafen Entfernungen und Anreisemöglichkeiten detailliert dargestellt.

Aber alle diese Argumente ziehen nicht – zumindest nicht am Landgericht Köln. Dort hält man den Kunden, der immerhin eine komplette Reise im Internet zu buchen in der Lage ist, für ein einfältiges Schäfchen, das einen Metropolenbezug mit einer Garantie dafür verwechselt, dass er von der Kö aus direkt zum Abflugterminal spazieren kann.

Nun denn, wir liegen nach der ersten Halbzeit 1 : 0 zurück. Zum Glück wechseln in der Pause die Schiris – den vorläufigen Abpfiff erledigt das Oberlandesgericht. Ich hoffe mal, dass wir bis dahin noch punkten können.

SCHWEIGEN

Okay, Finanzgerichte sind nicht nicht die schnellsten. Aber vom 1. Senat des Sächsischen Finanzgerichts in Leipzig datiert das letzte Schreiben in der Sache 1 K 283/01 vom 16. August 2001. Seitdem hat sich nichts, ich wiederhole: nichts mehr getan. Das ist eine bemerkenswert lange Phase des Schweigens. Selbst für Finanzgerichte.

COOL, EY

Aus einem Bericht des Tagesspiegel über jugendliche Straftäter:

Mit 14 sitzt Hamudi nach einer Schlägerei erstmals auf der Anklagebank. Es klingt, als hätte ihm die Justiz einen lang gehegten Wunsch erfüllt: „Ich fand das cool, wie im Film: mit Anwalt an der Seite und allem drum und dran.“ Bei seinem zweiten Prozess – es geht um Raub – ist es mit der Lockerheit vorbei, die Angst vor dem Gefängnis kriecht ihm in die Glieder. Aber auch beim dritten Mal – einem Diebstahl – kommt Hamudi mit einer Verwarnung davon.

Ja, das kenne ich. Manchmal hat man das Gefühl, dass solche Leute sich im Licht der Aufmerksamkeit sonnen – offensichtlich haben sie das Gefühl schon länger vermisst. Mit dem eigenen Anwalt auf dem Flur schäkern, bei Beweisanträgen wichtig gucken und nicken, wenn er die Zeugen auseinander nimmt.

Cool, ey.

Weiß ja keiner, dass ihn der Staat bezahlt. Den Anwalt.

(Link via jurabilis)

AUFRECHNUNG

Eine Mandantin von mir hatte einen Verkehrsunfall mit einem Bus der örtlichen Verkehrsbetriebe. Sie war nicht schuld. Wie so häufig stellte sich die Schadensabteilung quer und regulierte nur das Nötigste. Wegen ein paar Euro klagen ist nicht jedermanns Sache.

Ich weiß nicht, ob sich meine Mandantin insgeheim entschlossen hat, den Restbetrag einfach abzufahren. Jedenfalls wurde sie vor einigen Tagen beim Schwarzfahren erwischt. Sie hat die Zahlung verweigert und dem verdutzten Kontrolleur erklärt, dass sie die Strafe von 40 Euro mit ihrer Restforderung aus dem Verkehrsunfall aufrechnet.

Da der Mann nicht wusste, was eine Aufrechnung ist, haben wir noch ein Fax geschickt. Ich bin gespannt, ob wir damit durchkommen.

KNAST-VERSORGUNG

In Sachsen-Anhalt gab es eine Großrazzia gegen Gefängniswärter. Sie sollen gegen Geld Häftlinge mit Drogen und Handies versorgt haben. Politiker sprechen von einem System organisierter Kriminalität, berichtet Spiegel online.

Mit diesem Problem hat allerdings nicht nur Sachsen-Anhalt zu kämpfen. Auch wenn man es anderswo vielleicht nicht zugeben wird.

UNTREUE ELTERN

Eltern können sich auch gegenüber den eigenen Kindern strafbar machen. Zum Beispiel wegen Untreue. 5 Monate Haft auf Bewährung verhängte jetzt das Amtsgericht Bonn gegen eine Mutter. Sie hatte 50.000 Euro Schadensersatz, die ihre damals 6-jährige Tochter nach einem Unfall erhalten hatte, für sich verwendet und das Geld nicht, wie vorgesehen, in eine Rentenversicherung investiert. Der Tochter blieben letztlich nur 7.000 Euro, berichtet der Express.

RAUSWURF

Freunde bzw. Lebenspartner können schnell auf die Straße fliegen, wenn sie sich nicht ausreichend vertraglich absichern. So entscheidet zum Beispiel das Amtsgericht Mettmann:

„Die ursprüngliche Räumungsklage des Klägers war … begründet. Der Kläger hat das Nutzungsverhältnis … wirksam durch fristlose Kündigung beendet.

Insoweit kann dahinstehen, ob zwischen den Parteien ein Mietverhältnis bestand und die Kündigung wegen Zahlungsverzuges erfolgte. Denn auch wenn die Beklagte unentgeltlich beim Kläger wohnen durfte, war er berechtigt, die sofortige Räumung zu verlangen.

Für den Fall, dass die Parteien eine nichteheliche Lebensgemeinschaft geführt haben, hat der in die Wohnung aufgenommene Lebenspartner diese auf Verlangen zu räumen, da er gegenüber dem Anderen über die Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft hinaus kein eigenständiges Recht zum Besitz hat (Weinreich, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 3. Auflage, Kap. 11, Rn. 72, 81).

Falls eine nichteheliche Lebensgemeinschaft nicht bestanden hat, gilt dies erst recht.“

(Beschluss vom 3. Dezember 2004, 21 C 259/04).

ARBEITSLOSENHILFE

Die Agentur für Arbeit hat vielen Arbeitslosen möglicherweise zu Unrecht Arbeitslosenhilfe verweigert. Das Bundessozialgericht hat es in einem aktuellen Urteil jedenfalls der Behörde untersagt, Ablehnungen ohne weitere Prüfung darauf zu stützen, dass die Freibeträge in der Arbeitslosenhilfeverordnung überschritten werden. Das Gericht bemängelt, so berichtet beck-aktuell, eine fehlende Härtefallregelung. Im Ergebnis wird es also darauf hinauslaufen, dass die Agentur für Arbeit den Einzelfall genauer unter die Lupe nehmen muss.

Interessant kann das Urteil für alle Antragsteller sein, deren Bewilligungsbescheide noch nicht rechtskräftig sind.

VERDACHT

Der Präsident des Oberlandesgerichts Hamm Gero Debusmann steht unter dem Verdacht, einen Meineid geschworen zu haben. Und wenn er es nicht war, dann hat ein hochrangiger Beamter aus dem Justizministerium gelogen. Wie der Westfälische Anzeiger berichtet, geht es um die Ambitionen von Dr. Monika Anders, Präsidentin des Oberlandesgerichts Köln zu werden. Die Juristin ist zumindest jedem Examenskandidaten bekannt, denn sie ist Verfasserin eines Standardwerks zur Prüfungsvorbereitung.

Da sie derzeit als Präsidentin des Landgerichts Essen tätig ist, war Gero Debusmann für eine dienstliche Bewertung zuständig. Er soll Frau Anders „Illoyalität, falsches Zeitmanagement und mangelnde Wahrheitsliebe“ attestiert haben – was ihrer Bewerbung nach Köln natürlich nicht förderlich war.

Frau Anders behauptet, Gero Debusmann habe sich für sie „als Frau“ interessiert. Er soll sogar ihren Lebenspartner, den besagten Beamten aus dem Justizministerium, aufgefordert haben, sich von Anders zu trennen. Ansonsten werde er sie im Gerichtsbezirk isolieren. Die Bewertung wäre also nichts anderes als der Racheakt eines verschmähten Verehrers.

Nun hat jede Seite ihre Version vor dem Verwaltungsgericht geschildert. Obwohl es keine der Prozessparteien für nötig hielt, hat der Richter beide Zeugen vereidigt.

Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft. Könnte gut sein, dass hier mehr als eine Karriere den Bach runtergeht.

(Danke an Volker für den Link; weitere Quellen auch bei Google News)